Marktberichte

Börsen-Ausblick Ist die Herbstrally vorbei?

Der Dow-Jones-Index erreichte mit 23.602 Punkten ein Rekordhoch.

Der Dow-Jones-Index erreichte mit 23.602 Punkten ein Rekordhoch.

(Foto: REUTERS)

Eine extrem spannende Woche steht den Anlegern bevor. Denn mit dem nahen Ende der Berichtssaison setzt nicht nur Ernüchterung ein, sondern auch die Psychologie spielt eine wichtige Rolle.

An der Börse ist es manchmal wie beim Sport: Wer zu schnell losspurtet, dem geht irgendwann die Puste aus. Auch der Dax wird nach Einschätzung von Experten in der neuen Woche eine Verschnaufpause einlegen.

"Einigen Investoren scheint aufgefallen zu sein, dass der Aktienmarkt mit dem jüngsten Anstieg für die Jahresendrally zu früh dran gewesen ist", sagt Analyst Jochen Stanzl vom Brokerhaus CMC Markets. Innerhalb weniger Tage war der Dax um rund 700 Punkte auf ein Rekordhoch von 13.525 Zählern marschiert, bevor es gegen Ende der alten Woche einen deutlichen Rückschlag gab.

Viele Analysten rechnen schon länger mit einer Korrektur und sehen nun die Zeit dafür gekommen. "Die jüngsten Kurseinbrüche waren mit gestiegenem Handelsvolumen verbunden", sagt Finanzmarktexperte Jörg Haldorn vom Vermögensberater Zaldor. "Möglicherweise liefert dieser Verkaufsdruck in der neuen Woche erst einmal eine weitere Konsolidierung."

In den vergangenen Monaten waren die Börsen von kräftigen Gewinnen geprägt. Der japanische Leitindex Nikkei erklomm den höchsten Stand seit 26 Jahren, der Dow-Jones-Index an der Wall Street markierte mit 23.602 Punkten ein Rekordhoch.

Einige Börsianer begründen die Entwicklung mit den von US-Präsident Donald Trump angekündigten Steuererleichterungen für Firmen und Privatleute. "Das Thema könnte als Bremsklotz wirken, sollte es hier zu Verzögerungen in der Umsetzung kommen", so Fondsmanager Thomas Metzger vom Bankhaus Bauer. "Die Tatsache, dass die Aktienmärkte in Erwartung all der Versprechen von Trump gestiegen sind und sie jetzt womöglich nicht umgesetzt werden, könnte zu Kursverlusten führen", meint Chefhändler Ken Polcari vom Brokerhaus O'Neil Securities in New York.

Andere Börsianer führen den kräftigen Anstieg und den jüngsten Rücksetzer dagegen auf die Geldpolitik der Notenbanken zurück. Ihr Argument: Sowohl die amerikanische Fed als auch die Europäische Zentralbank würden langsam ihre Geldpolitik verschärfen und so den Treibstoff reduzieren, der die Börsen in den letzten Jahren beflügelt habe.

Sorge um eigene Performance

Auch enttäuschende Quartalszahlen spielen wohl eine Rolle. Als besonders negativ wurde vermerkt, dass Branchenriesen wie Siemens nur einen völlig verhaltenen Ausblick auf 2018 gegeben haben, obwohl die brummende Konjunktur gerade in den Gewinnen der Industriewerte ihren Niederschlag finden sollte. Mit anderen Worten: Die Angst vor einem bevorstehenden Höhepunkt des Wachstums ("Peak Growth") in Europa wird an den Märkten immer fühlbarer.

Da die hohen Aktienbewertungen ein anhaltend hohes Wachstum benötigen, könnte ein Abknicken des Momentums beim Gewinnwachstum noch schneller zum Kassemachen am Aktienmarkt führen, heißt es. So weisen die Strategen der Deutschen Bank auf die klaren Zeichen der Abschwächung hin: Noch im ersten Quartal habe es einen kräftigen Gewinnsprung von rund 26 Prozent beim Gewinn je Aktie im europaweiten Stoxx-600-Index gegeben. Im zweiten Quartal habe sich das Wachstum dann abgeschwächt auf plus 18 Prozent. Im nun laufenden dritten Quartal auf nur noch 7,6 Prozent, wobei knapp 80 Prozent der Unternehmen berichtet haben. Dabei sei es nur noch 51 Prozent der Unternehmen gelungen, die Erwartungen zu übertreffen, was die schwächste Vorlage seit fast zwei Jahren sei.

Den Fondsmanagern geht damit langsam die Kursfantasie aus. Gleichzeitig beginnt bei ihnen, eine "persönliche" Komponente zu wirken - nämlich die Sorge um ihre Jahres-Performance. "Die Korrektur war von fast allen erwartet worden, sie kommt jetzt nur zu einem sehr ungünstigen Zeitpunkt", sagte ein Händler. Schließlich sei mit der bevorstehenden Messung ihrer Jahresleistung auch das Urteil über ihren persönlichen Erfolg verbunden: "Daher ist die Angst, Performance zu verlieren, extrem ausgeprägt und die Bereitschaft zu sofortigen Verkäufen sehr hoch".

Per Saldo führt dies nun zu veränderten Kursreaktionen am Markt. Schlechte Nachrichten oder Quartalszahlen werden nun mit Abverkäufen bestraft. Die Verlierer-Aktie darf zum Jahresende nicht mehr im Portfolio liegen, lautet die Devise. Klar zu sehen war dies bei Kurseinbrüchen von fast 10 Prozent bei Prosieben oder fast 20 Prozent bei Vestas Wind.

Umgekehrt findet auch das vormals beliebte "buying the dip", also das Kaufen von Kursabschlägen, nicht mehr statt. Gefallene Aktien werden nun liegengelassen. Schließlich würde sich der Fondsmanager damit nur noch Risiko einbuchen.

Signale zum künftigen Zinskurs könnte am Dienstag die Elite der internationalen Notenbanker-Szene in Frankfurt liefern. Bei einer Konferenz der Europäischen Zentralbank sprechen EZB-Präsident Mario Draghi, die Chefin der US-Notenbank Fed, Janet Yellen, Bank-of-England-Präsident Mark Carney sowie der japanische Notenbankchef Haruhiko Kuroda.

Bereits am Montag beginnt in Frankfurt die alljährliche "Euro Finance Week". Reden werden dort Vorstände von Deutsche Bank, Commerzbank, Landesbanken sowie ausländischen Instituten wie Santander und ING.

Berichtssaison klingt aus

Am Dienstag erfahren Anleger zudem mehr über das Wachstum der deutschen Wirtschaft im dritten Quartal. Experten rechnen mit einem zum Vorquartal stabilen Plus von 0,6 Prozent. Die ebenfalls für Dienstag erwartete Umfrage des Mannheimer ZEW-Instituts vom November wird nach Ansicht von Ökonomen positiv ausfallen. "Die Aussichten für die kommenden sechs Monate dürften deutlich besser eingeschätzt werden als zuvor", sagt DZ-Bank-Volkswirt Rütger Teuscher. "Hier spielen die guten Absatzchancen im Export eine wesentliche Rolle."

Wie es um die Wirtschaft Japans bestellt ist, zeigt sich am Mittwoch mit der Veröffentlichung des Bruttoinlandsprodukts für das dritte Quartal. Ebenfalls am Mittwoch stehen in den USA die Einzelhandelsumsätze und die Verbraucherpreise im Oktober auf der Agenda. Commerzbank-Experte Christoph Balz erwartet einen Anstieg der Inflation um 0,1 Prozent zum Vormonat. "Die Fed wird damit kaum zufrieden sein, aber trotzdem an der avisierten Zinserhöhung im Dezember festhalten."

Die Bilanzwelle flacht unterdessen in der neuen Woche ab. Aus dem Dax legen am Dienstag noch Henkel und Infineon Zahlen für das abgelaufene Quartal vor. Ebenfalls am Dienstag berichten die MDax-Konzerne Deutsche Wohnen und Salzgitter. K+S, Lanxess und Leoni folgen am Mittwoch.

Quelle: ntv.de, jga/rts/DJ

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen