Marktberichte

Janet Yellen als neue Fed-Chefin? Dax steigt auf höchsten Stand der Geschichte

Die Bullen regieren den Markt und erwischen manchen Anleger auf dem falschen Fuß.

Die Bullen regieren den Markt und erwischen manchen Anleger auf dem falschen Fuß.

(Foto: dpa)

Die Hoffnung auf ein langsameres Ausklingen der Geldspritzen der US-Notenbank schießt den Dax auf ein Allzeithoch. Der Treibstoff: Janet Yellen. Die Favoritin für die Nachfolge von Fed-Chef Bernanke dürfte die Geldschleusen noch lange geöffnet halten, wetten die Börsianer. Und blenden Risiken aus.

Die Hoffnung auf eine länger anhaltende lockere Geldpolitik der US-Notenbank Fed hat den Dax im Handelsverlauf zwischenzeitlich auf ein neues Rekordhoch von 8626 Zählern getrieben. Der deutsche Leitindex legte am Ende über 1,2 Prozent zu und ging mit 8613,00 Zähler aus dem Handel. Damit toppte er sein Allzeithoch von 8557,86 Zählern im Mai. Der MDax gewann 1,1 Prozent auf 15.004,19 Punkte. Der TecDax notierte rund 1,2 Prozent fester bei 1.075,93 Stellen.

Treibstoff für den Optimismus war die Nachricht, dass der frühere US-Finanzminister Lawrence Summers hat seine Kandidatur für die Nachfolge von US-Notenbankchef Ben Bernanke zurückgezogen hat. Damit gilt Janet Yellen, die stärker als Summers für eine lockere Geldpolitik der Fed steht, als Favoritin für den Posten. US-Präsident Barack Obama hatte angekündigt, sich im Herbst zur Nachfolge Bernankes zu äußern, dessen Amtszeit Ende Januar 2014 endet.

"Wer auch immer ernannt wird, er wird bei der Rückführung der Fed-Konjunkturhilfen sicher vorsichtig sein", schrieb Berenberg-Volkswirt Christian Schulz. Hedgefonds-Manager Lex Van Dam bezeichnete den Summers-Rückzug als Startschuss für eine Jahresend-Rally. Die Experten der Commerzbank betonten, charttechnisch habe der Dax Luft bis 8800 Punkte. Auch der EuroStoxx50 kletterte mit 2901 Punkten auf den höchsten Stand seit Mai 2011. "Das ganze Geld muss ja irgendwo hin und da sind die Aktienmärkte ein willkommener Abnehmer", sagte ein Börsianer.

Er halte es für möglich, dass die Fed mit Yellen an der Spitze die Leitzinsen erst ab 2016 und nicht wie bislang geplant 2015 anzuheben beginnt, sagte Chris Rupkey, Chef-Finanzvolkswirt der Bank of Tokyo-Mitsubishi UFJ. Darüber hinaus könnte Yellen eine Arbeitslosenquote von 5,5 Prozent statt wie bisher 6,5 Prozent als Zielmarke für ein Ende der Fed-Konjunkturhilfen ausgeben.

Potentielle Fed-Chefin beflügelt Börsianer

Unter Yellens Führung könnte sich ein Ausstieg der US-Notenbank aus den milliardenschweren Anleihenkäufen wohl länger hinziehen, als dies unter Summers zu erwarten gewesen wäre, prognostizieren auch die Analysten der Metzler Bank. An den Börsen hört man solche Nachrichten gerne - schließlich gilt der offene Geldhahn der Fed als Garant für steigende Kurse.

"Der Summers-Rückzieher sollte aber keinen Einfluss auf die Entscheidung des FOMC diese Woche haben", betonte Aktienhändler Adam Seagrave von der Saxo Bank. Der Fed-Offenmarktausschuss (FOMC) will am Mittwochabend verkünden, ob und wie stark die Notenbank ihre Wertpapier-Käufe drosseln wird. "Eine Drosselung von mehr als 15 Milliarden Dollar wäre negativ für den Aktienmarkt", sagte Anlagestratege Gerard Lane von Shore Capital.

Bislang kauft die Fed monatlich für 85 Milliarden Dollar Staatsanleihen und Immobilienpapiere. Am Mittwoch will sie entscheiden, ob sie die Käufe angesichts einer inzwischen stabileren Konjunktur drosselt. Erwartet wird eine Reduzierung von zehn bis 20 Milliarden Dollar pro Monat.

Dax wieder auf Rekordjagd

Schon im Mai war der Dax wegen der ultralockeren Geldpolitik der Notenbanken weltweit auf ein Rekordhoch von 8557,86 Zähler geklettert. Danach folgte ein nervöses Auf und Ab, weil Investoren mit einem baldigem Ende des Geldsegens rechneten. In den vergangenen Wochen machte zudem die Furcht vor einem US-Militärschlag in Syrien dem deutschen Aktienmarkt zu schaffen. Doch nun haben sich Russland und die USA auf einen Zeitplan für die Vernichtung syrischer Chemiewaffen verständigt.

Börsianer bezweifeln allerdings, dass die Rekordjagd im Dax von Dauer ist. "Es gibt noch viele Unsicherheiten, die auch ganz schnell wieder ordentliche Kursverluste mit sich bringen können", sagte ein Händler. "Noch weiß keiner, wie die Fed tatsächlich ihren Ausstieg aus der Geldpolitik organisieren wird, hinzu kommen die am Sonntag anstehende Bundestagswahl und die Frage, ob die Konjunktur langfristig auf dem Erholungspfad bleibt." Der Dax hat in diesem Jahr bislang rund zwölf Prozent zugelegt, der EuroStoxx50 knapp neun Prozent.

Auch die Aktienmärkte des Nahen Ostens legten dank der Enspannung des Syrien-Konflikts zu. Die Leitindizes der Syrien-Nachbarn Türkei und Israel kletterten auf ein Mehr-Wochen-Hoch. Der israelische Schekel war zeitweise sogar so teuer wie zuletzt im August 2011. Spekulationen auf einen möglichen syrischen Vergeltungsangriff als Reaktion auf einen US-Militärschlag hatten die Währung in den vergangenen Wochen belastet.

Lufthansa braucht neuen Chef

Auf Unternehmensebene standen die Aktien der Deutschen Lufthansa im Vordergrund: Bei der größten deutschen Fluggesellschaft steht kurzfristig ein Führungswechsel an. Lufthansa-Chef Christoph Franz wechselt an die Spitze des Verwaltungsrats des Schweizer Pharmakonzerns Roche, wie die Lufthansa am Morgen bestätigt. Die Aktie brach zunächst ein, kletterte dann aber mit dem Markt etwa 0,4 Prozent nach oben.

"Fundamental gesehen ist die Nachricht, dass Christoph Franz das Unternehmen verlässt, nichts Gutes", sagte ein Händler. "Das wirft viele Fragen auf, so zum Beispiel, ob das derzeitige Sparprogramm auch unter einem neuen Chef auf der Agenda bleiben wird". Auch aus Sicht von DZ-Bank-Analyst Dirk Schlamp kommt der Chefwechsel zum falschen Zeitpunkt. Das Unternehmen befinde sich gerade mitten in einem Restrukturierungsprogramm, schrieb er in einer Studie. "Die Nachricht ist eine große Überraschung."

Bei den Unternehmen waren BASF sowohl im Dax als auch im EuroStoxx50 am gefragtesten. Die Aktien stiegen um rund 3,7 Prozent auf ein Drei-Monats-Hoch, nachdem BASF am Freitag höhere Gewinne im Geschäft mit der Suche und Förderung fossiler Brennstoffe in Aussicht gestellt hatte. Der Öl- und Gassektor der Ludwigshafener sei eine verlässliche Ertragsperle, die das Wachstum in den Chemiesektoren mitfinanziere, schrieben die Analysten von Cheuvreux. Zu den größten Gewinnern im Dax zählten auch K+S, die sich rund 2,5 Prozent verteuerten. Ein angeblicher Eigentümerwechsel beim weltgrößten Kali-Düngemittelhersteller Uralkali hat Spekulationen auf eine Neuauflage des Kali-Kartells ausgelöst.

Quelle: ntv.de, hvg/sla/rts

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