Marktberichte

"Wir sind in einem Bären-Markt" Dax crasht unter Jahrestief von 2015

Von einem Bären-Markt sprechen Börsianer, wenn ein Index von seinem Hoch 20 Prozent gefallen ist - der Dax ist auf dem besten Weg dahin. En fallender Ölpreis und aufkommende Konjunktursorgen lassen die Kurse auf breiter Front einbrechen. Die Angst regiert.

Aus einer "Schrecksekunde" wird pure "Angst": Der deutsche Aktienmarkt hat zur Wochenmitte mit einem Kursrutsch auf einen weiter nachgebenden Ölpreis und aufkeimende Konjunktursorgen reagiert. Der Dax fiel bis auf ein Tagestief von 9317 Punkten. Er lag damit unter dem Jahrestief von 2015. "Wir sind in einem Bären-Markt", kommentierte Börsenexperte Markus Koch. "Die Verunsicherung ist überall spürbar", sagte ein Marktteilnehmer.

Der Dax schloss 2,8 Prozent leichter bei 9392 Punkten. Der MDax brach ebenfalls ein, sackte bis auf ein Intraday-Tief von 18.431 Stellen und verabschiedete sich mit einem Abschlag von 3,7 Prozent und einem Stand von 18.323 Stellen. Für den TecDax ging es unter die Marke von 1600, am Ende blieb ein Minus von 3,1 Prozent bei 1597 Zählern. Der Dax war am Dienstag dank Spekulationen auf zusätzliche Hilfen für die schwächelnde chinesische Konjunktur 1,5 Prozent höher, bei 9664 Punkten, aus dem Handel gegangen.

"Dem Dax fehlen zum Top nun schon 3000 Zähler, allein seit Anfang Dezember sind es 2000", sagte Daniel Saurenz von Feingold Research. "Eine technische Gegenbewegung wäre überfällig - dies ist die erste Hoffnung momentan."

Rohstoffe: Neue Verfallsrunde beim Ölpreis

Problematisch war ein erneuter Absacker des Ölpreises: Bei US-Leichtöl der Sorte WTI verbilligte sich der letztmalig gehandelte Februarkontrakt um 6,7 Prozent auf 26,55 Dollar, WTI zur Lieferung im März ermäßigte sich um 4,1 Prozent auf 28,35 Dollar. Es war der größte Tageseinbruch seit September und der niedrigste Schlussstand seit Mai 2003. Europäisches Referenzöl der Sorte Brent reduzierte sich um 3,1 Prozent auf 27,88 Dollar je Fass.

Nach wie vor drückte das Überangebot - seitens des Ölkartells Opec als auch anderer großer Förderländer - die Preise. Am Dienstag hatte die Internationale Energieagentur IEA davor gewarnt, dass der Ölmarkt im Überangebot zu "ertrinken" drohe. Die Hoffnung vieler Experten liegt nun in einem bald fallenden Angebot außerhalb der Opec, so dass sich die Lage am Ölmarkt zumindest nicht weiter zuspitzt. Positive Impulse von den Lagerbeständen der US-Regierung blieben aus, die Veröffentlichung der Daten, die normalerweise mittwochs erfolgt, wurde wegen des Feiertags am Montag auf den Donnerstag verschoben. 

Devisen: Euro zieht an

Belastend für den deutschen Aktienmarkt war aber auch ein zwischenzeitlich wieder deutlich erstarkter Euro. Die Gemeinschaftswährung kostete im späten US-Handel knapp 1,09 Dollar. Das Tageshoch lag aber bei 1,0976 Dollar und damit deutlich über der Notierung vom Dienstagabend. Die Europäische Zentralbank (EZB) setze den Referenzkurs auf 1,0907 Dollar fest nach 1,0868 Dollar am Dienstag.

Neue Daten zur Preisentwicklung in den USA konnten am Nachmittag keine größeren Impulse am Devisenmarkt auslösen. Die US-Inflationsrate legte im Dezember auf 0,7 Prozent zu. Wegen der Talfahrt der Ölpreise blieb die Teuerung aber vergleichsweise schwach. Am Markt gibt es wegen der niedrigen Inflation zunehmend Zweifel, ob die US-Notenbank nach der ersten Zinserhöhung im Dezember noch in der ersten Jahreshälfte eine weitere Erhöhung folgen lässt.

Dax: Alle 30 Werte im Minus

Am Dienstag waren nur VW mit einem geringen Abschlag aus dem Handel gegangen - zur Wochenmitte gab es dann keinen einzigen Gewinner im deutschen Leitindex. Autotitel standen aber erneut im Blick, weil Nomura den europäischen Sektor laut Händlern auf "Neutral" heruntergenommen hat. Die Analysten der Citigroup hatten zudem BMW nach Angaben aus dem Handel zum Verkauf empfohlen, rieten bei Daimler allerdings zum Kauf. VW gaben 6 Prozent ab, BMW und Daimler jeweils mehr als 3 Prozent. Die geringsten Verluste wiesen Adidas mit rund 0,2 Prozent auf.

Ebenfalls deutlich unter Druck waren die Topgewinner vom Dienstag RWE und Eon. 6,5 und 5,7 Prozent ging es für die beiden Versorger, die unter den sinkenden Energiepreisen leiden, nach unten. Ähnlich deutlich im Minus lagen nur Deutsche Bank und Commerzbank mit Abschlägen vom 6,5 und rund 6 Prozent.

ThyysenKrupp fielen fast 4 Prozent. Konzernchef Heinrich Hiesinger erklärte in einem Interview, dass das Unternehmen der wirtschaftlichen Entwicklung in China gelassen entgegensehe: "Wir können auch mit einem Wirtschaftswachstum von 5 Prozent in China gut leben", sagte er der "Süddeutschen Zeitung".

TecDax: Positive Nachrichten, fallende Kurse

Im TecDax schauten die Anleger auf Aixtron und Dialog Semiconductor. Aixtron-Konkurrent Cree hatte gute Zahlen präsentiert, Aixtron-Titel gaben dennoch etwa 4,5 Prozent nach. Bei Dialog blickte der Markt auf die Übernahme von Atmel durch Microchip. "Damit ist ein überteuerter Kauf von Atmel durch Dialog endgültig vom Tisch", sagte ein Händler. Dialog drehten nach anfänglichen Verlusten zwischenzetlich ins Plus, gingen dann aber doch rund 1 Prozent tiefer aus dem Handel.

USA: Kurse fallen

Auch die US-Aktienmärkte konnten sich dem allgemeinen Ausverkauf zur Wochenmitte nicht entziehen. Allerdings fiel das Minus kleiner aus als auf dem deutschen Markt. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte schloss mit einem Minus von 1,6 Prozent auf knapp 15.767 Punkten. Der breiter gefasste S&P-500 verlor 1,2 Prozent auf 1859 Zähler. Der Index der Technologiebörse Nasdaq gab 0,1 Prozent nach auf fast 4472 Stellen.

Überwog am Dienstag noch Erleichterung darüber, dass sich das Wachstum der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt im vergangenen Jahr nicht deutlicher verlangsamt hatte als erwartet, gewannen nun wieder Befürchtungen die Oberhand, dass sich die Lage im laufenden Jahr stärker eintrüben könnte. US-Konjunkturdaten und Unternehmensbilanzen konnten dem nichts entgegensetzen, zumal auch hier die Enttäuschungen überwogen.

Vor der Startglocke wurden Daten zu Verbraucherpreisen, Realeinkommen und Baubeginnen veröffentlicht. Die Verbraucherpreise sanken im Dezember auf Monatssicht insgesamt um 0,1 Prozent, während Volkswirte eine Stagnation erwartet hatten. In der Kernrate (ohne die volatilen Preise für Nahrung und Energie) stiegen die Preise um 0,1 Prozent; hier war ein Anstieg um 0,2 Prozent prognostiziert worden. Die Daten zeigen, dass das Inflationsziel der US-Notenbank von jährlich 2 Prozent in weiter Ferne liegt. Die Realeinkommen legten um 0,1 Prozent zu. Die Baubeginne gingen im vergangenen Monat wider Erwarten zurück.

Am Dienstag nachbörslich vorlegte Zahlen von IBM, Advanced Micro Devices (AMD) und Netflix stießen auf unterschiedliche Resonanz. Während die Netflix-Zahlen positiv überraschten, meldete IBM einen Ergebnisrückgang im vierten Quartal. AMD wies nicht nur einen Umsatzrückgang aus, sondern lieferte auch einen enttäuschenden Ausblick. Die Aktie von Netflix verlor 0,1 Prozent. IBM büßten 4,9 Prozent und AMD 7,7 Prozent ein.

Goldman Sachs gaben 2,0 Prozent nach und rutschten in die Nähe eines Dreijahrestiefs. Die Großbank verbuchte einen Gewinneinbruch im vierten Quartal. Die Beilegung eines Rechtsstreits schmälerte das Ergebnis stärker als erwartet.

Asien: Nikkei bricht ein

Die Talfahrt der Ölpreise zog auch die asiatische Börsenlandschaft in Mitleidenschaft. Es kam teilweise zu kräftigen Kursverlusten. Die Gewinne vom Dienstag aus Erleichterung über die wie erwartet ausgefallenen Wachstumsdaten aus China wurden damit fast überall wieder ausradiert.

In Hongkong verlor der HSI 3,4 Prozent auf 18.968 Punkte. In Tokio rutschte der Nikkei um 3,7 Prozent ab und schloss bei 16.416 Zählern - das war der tiefste Stand seit dem 31. Oktober 2014. Japans Leitindex dürfte damit endgültig in den Bären-Modus zurückfallen, der in der Börsendefinition erreicht wird, wenn ein Index von seinem jüngsten Hoch um 20 Prozent zurückgekommen ist. Zusätzlicher Druck auf die japanischen Aktien kam vom festeren Yen. Der breiter gefasste Topix sackte ebenfalls um 3,7 Prozent auf 1339 Zähler ab. Etwas geringer fiel das Minus in Shanghai aus, wo es am Dienstag noch deutlich nach oben gegangen war. Der Shanghai-Composite verlor 1 Prozent und rutschte mit 2977 Punkten wieder unter die 3000er Marke.

Quelle: ntv.de, bad/wne/DJ/rts/dpa

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