Marktberichte

Im Vorfeld des EZB-Entscheids Euro wägt die Zinsaussichten

Der neue Zehner mit smaragdgrüner Wertangabe: Ende August stellte die Bundesbank den neuen Geldschein vor.

Der neue Zehner mit smaragdgrüner Wertangabe: Ende August stellte die Bundesbank den neuen Geldschein vor.

(Foto: dpa)

Im Devisenhandel herrscht zum Septemberstart eine nachdenkliche Stimmung vor: Wenn Fed und EZB ihren Generalkurs beibehalten, steuert die Welt auf eine vollkommen neue Lage zu. Was heißt das für den Euro?

Der Euro zieht zu Wochenbeginn leicht an. Der Kurs der Gemeinschaftswährung notiert am späten Nachmittag bei knapp 1,3134 Dollar und damit hauchdünn über dem Niveau von Ende vergangener Woche.

Der Referenzkurs des Euro fiel dagegen etwa niedriger aus. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den amtlichen Wechselkurs am Montagnachmittag auf 1,3133 (Freitag: 1,3188) Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,7614 (0,7583) Euro. Zu anderen wichtigen Währungen legte die EZB die Referenzkurse für einen Euro auf 0,79025 (0,79530) britische Pfund, 136,97 (137,11) japanische Yen und 1,2072 (1,2061) Schweizer Franken fest.

Marktbeherrschendes Thema bleiben die Perspektiven in der Geldpolitik: Trotz des Drucks auf EZB-Präsident Mario Draghi glauben viele Analysten nicht, dass bei der anstehenden Zinssitzung am kommenden Donnerstag umfangreiche Anleihekäufe als weiteres Mittel im Rahmen des sogenannten "Quantitativ Easing" bekannt gegeben werden.

Skeptisch äußert sich nun auch ING-Volkswirt Carsten Brzeski: "Ein unbegrenzter Kauf von Staatsanleihen ist höchst unwahrscheinlich - zumindest diesen Donnerstag". Schließlich seien die Bond-Renditen bereits auf Rekordtiefs, daher sei unklar, was ein weiterer Renditerückgang überhaupt noch ändern würde.

Zudem sei das jüngste Mittel der EZB, die TLTRO-Tender, vom Markt noch gar nicht richtig angenommen worden. Allerdings müsse Draghi nach seiner Rede auf dem Notenbanker-Treffen in Jackson Hole irgendetwas tun. "Weitere Andeutungen oder Ankündigungen über ein ABS-Kaufprogramm sind die wahrscheinlichste Option", sagt Brzeski.

"Das wachsende Vertrauen"

Spanien hat zu Wochenbeginn erstmals Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 50 Jahren ausgegeben. Wie das Madrider Wirtschaftsministerium mitteilte, brachte die Anleihe dem Staat eine Milliarde Euro in die Kasse. Sie ist mit 4 Prozent im Jahr verzinst und wird im Oktober 2064 fällig.

"Die Anleihe stellt das wachsende Vertrauen der Anleger in die Erholung der spanischen Wirtschaft unter Beweis", betonte das Ministerium. Madrid will Nutzen aus der günstigen Situation auf den Kapitalmärkten ziehen.

Die als richtungsweisend geltenden Zinsen für zehnjährige Anleihen waren zuvor auf einen historischen Tiefststand von etwa 2 Prozent gesunken. Allerdings hat auch das Gesamtvolumen der Staatsschulden in Spanien ein Rekordniveau erreicht. Es überschritt kürzlich die Marke von einer Billion Euro, was etwa 98,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) entspricht. Spanien ist nach Deutschland, Frankreich und Italien die viertgrößte Volkswirtschaft der Eurozone.

"Es sollte nicht verwundern"

Abgesehen davon verzeichneten Beobachter insgesamt einen eher schwachen Septemberstart: Am Morgen hatte der Euro im Verlauf des frühen Handels ein neues Jahrestief bei 1,3119 Dollar markiert. Das 52-Wochentief stammt vom 6. September 2013 und liegt bei 1,3105 Dollar. Am Markt zogen Analysten die Aussicht auf Veränderungen im geldpolitischen Rahmen als Erklärung heran: "Bei Negativ-Zinsen bei allen Laufzeiten bis zu drei Jahren ist der Euro eine attraktive Carry-Trade-Währung", heißt es bei Wellenreiter-Invest.

Bei diesen spekulativen Carry-Trade-Geschäften leiht sich der Investor Geld in Euro, weil er dort praktisch keine Zinsen zahlt, und legt es in US-Dollar an. Sollten dort die Leitzinsen früher steigen als in Europa ergibt sich daraus ein gehebelter Gewinn aus Zinsdifferenz plus möglicher Währungsgewinne.

Die Experten von Wellenreiter-Invest warnten allerdings vor Schieflagen: "Im Euro-Boot sitzen derzeit viele gemeinsam auf einer Seite", heißt es in einer Einschätzung für kurzfristig orientierte Anleger. "Es sollte nicht verwundern, wenn das Boot dadurch instabil wird."

Sollte zum Beispiel die Spekulation um Wertpapierkäufe der Europäischen Zentralbank am Donnerstag gedämpft werden, würde ein Anstieg des Euro den Währungsgewinn in einen Verlust umwandeln und die Carry-Trade-Positionen gefährden. Diese würden verstärkt aufgelöst, was zu einem weiter steigenden Euro führen würde.

Nach Ansicht der Analysten von Morgan Stanley küpft der Markt allerdings zu große Hoffnungen an die anstehende EZB-Sitzung am Donnerstag. Die Erwartungen an etwaige geldpolitische Lockerungen seien zu hoch und das Enttäuschungspotenzial daher groß, erklärten die Experten der US-Großbank.

Die Volkswirte von Morgan Stanley (MS) erwarten zwar grundsätzlich neue Lockerungsmaßnahmen, allerdings noch nicht in dieser Woche. Daher ziehe sich die Bank, die ab 1,3360 Dollar je Euro auf einen Rücksetzer der Gemeinschaftswährung gewettet hatte, vor der EZB-Sitzung bei etwa 1,31 Dollar aus ihren Shortpositionen zurück, hieß es. Etwaige Erholungsbewegungen sollten zum Verkauf genutzt werden, rieten die MS-Analysten.

Quelle: ntv.de, mmo/DJ/dpa

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