Marktberichte

Wall Street leidet mit EZB-Enttäuschung lässt Dax sinken

Alles bleibt beim Alten, sagt EZB-Chef Draghi. Die Anleger sind enttäuscht.

Alles bleibt beim Alten, sagt EZB-Chef Draghi. Die Anleger sind enttäuscht.

(Foto: dpa)

Das von vielen erwartete neue Jahreshoch beim Dax lässt weiter auf sich warten. Denn die EZB enttäuscht die Hoffnung der Anleger auf weitere Notenbank-Milliarden. Der Dax erholt sich nach zunächst deutlicheren Verlusten zwar wieder, schließt aber im Minus.

Eine Enttäuschung war der EZB-Termin für Anleger am deutschen Aktienmarkt. Der Dax fiel in der Spitze vom Tageshoch um 230 Punkte zurück, konnte bis zum Handelsende allerdings einen Teil der Verluste wieder aufholen. Der deutsche Leitindex Dax ging mit einem Minus von 0,7 Prozent auf 10.675 Punkten aus dem Handel. Ein von manchen Beobachtern erwartetes neues Jahreshoch bei mehr als 10.800 Punkten blieb aus.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte ihre Geldpolitik entgegen den Markterwartungen unverändert gelassen. Zudem wurde auch das Wertpapierkaufprogramm mit einem monatlichen Volumen von 80 Milliarden Euro bestätigt. Es wird zwar ein Ausschuss gebildet, der die Optionen für eine reibungslose Umsetzung des QE-Programms prüfen soll. Jedoch war im Vorfeld bereits bekannt, dass das Regelwerk geändert werden muss, damit die EZB das Anleihekaufprogramm ohne größere Verwerfungen beenden kann.

Der Euro legte mit der Aussage zu, dass innerhalb der EZB nicht über einen Ausweitung des Anleihekaufprogramms diskutiert wurde. Der Euro kletterte in der Spitze auf ein Dreiwochenhoch bei 1,1327 Dollar, gab später aber alle Gewinne wieder ab. Am späten Nachmittag handelte er bei 1,1277 Dollar.

Auch wenn einige Beobachter die EZB für das Ausbleiben einer geldpolitischen Lockerung kritisieren werden, hatte die EZB nach Aussage von Stephen Yeats, EMEA Head of Fixed Income bei State Street Global Advisors, einige gewichtige Argumente. Der Euroraum habe den Brexit-Schock bislang anscheinend gut verkraftet, weshalb der EZB-Rat erst das Ergebnis der Sitzung der US-Notenbank in diesem Monat abwarten will. Allerdings werden die Erwartungen hinsichtlich einer Reaktion im Oktober oder Dezember wohl steigen, vor allem in Bezug auf eine Verlängerung des Kaufprogramms von Vermögenswerten über den März 2017 hinaus.

Mit einer Fortsetzung der übergeordneten Seitwärts-Märkte rechnete Metzler Capital Markets nach der EZB. "Weder die marginale Anpassung der Inflationsprognosen noch die Aussagen zu einer Prüfung weiterer Maßnahmen dürften die Märkte stärker stützen", sagte Analyst Sebastian Sachs. Diese dürften sich schnell wieder der US-Geldpolitik zuwenden: "Nach der EZB ist vor der Fed", so Sachs.

Frankfurt: Lufthansa an der Spitze

Der Dax schloss am Ende mit einem Minus von 0,7 Prozent und fiel auf 10.675 Punkte. Nach unten ging es auch für den MDax, er sank 0,5 Prozent ab auf 21.675 Zähler. Ein Minus von 0,5 Prozent auch beim TecDax, der auf 1759 Punkte nachgab. Deutlichere Verluste beim Euro-Stoxx-50, der um 0,2 Prozent auf 3084 Punkte rutschte.

Lufthansa
Lufthansa 6,65

Im Dax gibt es nach dem EZB-Debakel viele Verlierer. Stärkster Dax-Titel waren jedoch Lufthansa, die nach günstigen Vorlagen der US-Branchentitel um 3,6 Prozent zulegten. Europaweit profitieren die Aktien von Fluggesellschaften auch von Äußerungen der Chefs von IAG und Easyjet, die dahingehend interpretiert wurden, dass die Furcht vor den Folgen des Brexit-Votums übertrieben war.

Im TecDax standn Siltronic im Blick. Der Wert stieg um 6,0 Prozent. Während Wacker Chemie den Anteil mittelfristig unter 50 Prozent drücken will, meinte Siltronic vor einigen Tagen, für den Mutterkonzern sei ein Verkauf vermutlich nur zu höheren Kursen attraktiv.

SLM Solutions verbesserten sich um 3,6 Prozent auf 41,18 Euro. Die Deutsche Bank hatte das Kursziel auf 48 Euro erhöht, an der Börse wird ein Bieterkampf erwartet. General Electric hatte 38 Euro je Aktie geboten. Software AG verloren 1,9 Prozent, nachdem die Analysten von HSBC die Kaufempfehlung zurückgezogen und den Titel nun mit Halten eingestuft haben.

Schwach schnitten wieder einmal Rocket Internet mit einem Minus von 4,4 Prozent ab. Die Internet-Handels-Holding hat den Wert ihrer Beteiligung Home24 deutlich gesenkt.

USA: Wall Street verbucht leichte Verluste

Leichten Abgabe verzeichnen die Aktienkurse an der Wall Street auch im weiteren Handel. Für etwas Enttäuschung sorgt dabei die EZB, die ihre Geldpolitik entgegen den Markterwartungen unverändert gelassen hat. Der Dow-Jones-Index sank um 0,2 Prozent auf 18.480 Punkte, S&P-500 und Nasdaq-Composite reduzierten sich um 0,2 bzw. 0,5 Prozent.

Neben der Geldpolitik der EZB bleibt weiterhin die Zinspolitik der US-Notenbank ein beherrschendes Thema. So sprach am Vortag der Präsident der US-Notenbankzentrale von Richmond, Jeffrey Lacker, von überzeugenden Gründen für eine Zinserhöhung bei der Sitzung der US-Notenbank schon im September. Der Markt rechnet dagegen nach den zuletzt wenig überzeugenden US-Daten mit keiner Zinserhöhung der Fed noch in diesem Monat.

Intel
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Der US-Chiphersteller Intel verkauft einen Mehrheitsanteil an seiner IT-Sicherheitssparte an die Beteiligungsgesellschaft TPG. Damit trennt sich Intel größtenteils von einem Zukauf, der sich als Enttäuschung erwiesen hat. Die Intel-Aktie gibt um 0,1 Prozent nach.

Hewlett Packard Enterprise (HP) hat die Ausgliederung seines Softwaresegments vermeldet, das mit der britischen Micro Focus International zusammengelegt werden soll. Mit der 8,8 Milliarden US-Dollar schweren Transaktion will sich HP verstärkt auf das Kerngeschäft konzentrieren. Die außerdem vorgelegten Drittquartalszahlen von HP waren besser ausgefallen als gedacht. Die Aktie verliert 3,2 Prozent. Die Aktie von Micro Focus legte in London dagegen um knapp 15 Prozent zu.

Asien: Starker Yen drückt in Tokio auf die Kurse

Nikkei
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Ein starker Yen und schwache US-Vorgaben haben die Börse in Tokio belastet. Zudem hielten sich die Anleger vor der mit Spannung erwarteten ersten EZB-Sitzung nach der Sommerpause zurück. Allgemein werde die Zurückhaltung wohl bis zu den nächsten Sitzungen der Notenbanken in Japan und den USA in der zweiten Monatshälfte anhalten, sagte die Volkswirtin Ayako Sera von der Sumitomo Mitsui Trust Bank. Auch die nach oben revidierten Daten zum japanischen Wirtschaftswachstum sorgten nicht für Kauflaune.

Der 225 Werte umfassende Nikkei-Index schloss 0,3 Prozent tiefer bei 16.959 Punkten. Der breiter gefasste Topix-Index sank ebenfalls um 0,3 Prozent auf 1346 Zähler. Die Börse in Shanghai  schloss 0,1 Prozent höher mit 3096 Punkten. Der Index der wichtigsten Unternehmen in Shanghai und Shenzen verlor 0,2 Prozent. Der MSCI-Index für asiatische Aktien außerhalb Japans fiel um 0,1 Prozent.

Bei den Einzelwerten schossen Nintendo-Aktien mehr als 13 Prozent in die Höhe. Der Konzern will seinen Spieleklassiker Super Mario im Dezember auch für Smartphones anbieten. In China verteuerten sich die Papiere des Autoherstellers Anhui Jianghuai um etwa sechs Prozent. Der Konzern plant mit Volkswagen ein Joint Venture zur Produktion von reinen Elektrofahrzeugen.

Rohstoffe: Sinkende Lagerbestände treiben Ölpreise

Die Ölpreise zeigten sich mit kräftigen Aufschlägen auf die höchsten Stände seit rund zwei Wochen. Die Rohöllagerbestände in den USA waren entgegen den Erwartungen eines leichten Anstiegs auf Wochensicht drastisch gefallen - es war der größte Rückgang seit 1999. Auch die Daten des Branchenverbandes API hatten zuvor bereits einen Einbruch der Erdölvorräte angezeigt, doch die Größenordnung der offiziellen Regierungsdaten ging darüber hinaus.

Der Preis für ein Barrel der US-Leichtöl der Sorte WTI legte um 4,7 Prozent auf 47,62 Dollar zu. Für Nordseeöl der Sorte Brent ging es um 4,2 Prozent auf 49,99 Dollar nach oben. Gestützt wurden die Preise auch von kräftig gestiegenen Rohölimporten in China. "Die Erdölbestände sind in der vergangenen Woche vom Wirbelsturm 'Hermine' im Golf von Mexiko gedrückt worden", erläuterte Rohstoffanalyst Phil Flynn von Price Futures Group. 22 Prozent der Golf-Produktion habe still gestanden.

Der Goldpreis wurde zwischenzeitlich vom weiter zur Schwäche neigenden Dollar gestützt, kam am späten Nachmittag jedoch wieder zurück. Die Feinunze verbilligte sich um 0,2 Prozent auf 1343 Dollar.

Devisen: Euro landet nach Höhenflug

Der Euro kletterte mit den EZB-Entscheidungen zunächst über die Marke 1,13 Dollar und markierte bei 1,1327 Dollar den höchsten Stand seit drei Wochen. Anschließend kam der Wechselkurs aber wieder deutlich zurück. Im späten US-Geschäft ging die Gemeinschaftswährung mit 1,1256 Dollar um nach 1,1240 am Vorabend.

Es sei an den Märkten erwartet worden, dass die EZB ihre Geldpolitik nicht ändere, kommentierte Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING-Diba. "Nach den Aussagen von Draghi sind auch in den kommenden Monaten keine drastischen Veränderungen zu erwarten." Allerdings könnte es vor dem Jahresende noch zu "Anpassungen" beim Anleiheprogramm kommen.

Quelle: ntv.de, kst/jwu/rts/dpa/DJ

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