Marktberichte

"Whatever it takes" Draghi nährt die Rally: Dax auf Jahreshoch

Dem Dax winkt die beste Woche des Jahres. Nach vier Handelstagen summieren sich die Aufschläge auf mehr als sechs Prozent. Ein wesentlicher Anteil daran kommt einem Italiener zu. Auch die Wall Street lässt sich in ihrer Rekordjagd nicht beirren.

Die Zahl des Tages am deutschen Aktienmarkt am Donnerstag ist die 540.000.000.000. Genau diese Summe in Euro hat der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, angekündigt, bis Ende 2017 über Anleihekäufe in die Märkte zu pumpen. "Erwartet wurden 480 Milliarden", sagte Marktexperte Markus Koch. Das schob die Aktienkurse auf breiter Front an und ließ den Euro einen Satz abwärts machen. Der Dax erklomm ein neues Jahreshoch und hat Charttechnikern zufolge nun Luft bis 11.400 Punkte. Allerdings mahnte n-tv-Börsenexperte Frank Meyer: "Gelddrucken hat noch nie reich gemacht."

Der Dax schloss 1,8 Prozent fester bei 11.179 Punkten. Das Tageshoch schraubte der Leitindex auf 11.191 Stellen. Am Montag, Dienstag und Mittwoch hatte er jeweils deutliche Aufschläge verbucht. Der MDax verabschiedete sich 1,1 Prozent höher mit 21,443 Zählern aus dem Handel. Der TecDax legte 0,9 Prozent auf 1733 Stellen zu.

Konjunktur: Draghi liefert gekonnt

Die EZB verlängerte ihr gewaltiges Kaufprogramm für Staatsanleihen und andere Wertpapiere bis mindestens Ende des Jahres 2017. Die Notenbank will allerdings ab April monatlich nur noch 60 Milliarden Euro statt 80 Milliarden Euro in den Markt pumpen. Den Leizins beließ die Zentralbank auf dem bisherigen bereits historisch niedrigen Niveau. Bislang pumpte die EZB "bis mindestens März 2017" monatlich 80 Milliarden Euro in die Finanzmärkte, um die Konjunktur in der Eurozone anzukurbeln.

An den Märkten setzte sich nach dem EZB-Entscheid eine taubenhafte Deutung der Maßnahmen durch. Während sich das angekündigte Tapering ab April und die Verlängerung der Wertpapierkäufe in etwa die Waage halten, wurden die Änderungen der QE-Kaufmodalitäten als klar taubenhaft interpretiert. Die EZB kann künftig Anleihen mit einer Laufzeit von 1 bis 30 Jahren kaufen nach bislang 2 bis 30 Jahren.

Außerdem hält sich die EZB die Option offen, künftig auch Anleihen zu kaufen, selbst wenn deren Rendite unter dem Einlagesatz von minus 0,40 Prozent liegen sollte. Damit will die EZB der Knappheit an kauffähigem Material begegnen

"Die Gelddruckorgie geht weiter", kommentierte Daniel Saurenz von Feingold Research."Mario Draghi bleibt bei seinem Statement vom Sommer 2012: 'Whatever it takes'. Die Worte des EZB-Chefs deuten keinesfalls auf eine Straffung der Geldpolitik hin, vielmehr könnte das Programm ausgeweitet werden, sollte sich die Inflation nicht wie gewünscht entwickeln oder andere Stolpersteine im Weg liegen", erläuterte er. "Die Einschränkung des monatlichen Volumens ab April ist nichts weiter als eine Verschnaufpause für die EZB, die jederzeit das Gaspedal wieder voll durchdrücken könnte, daran lässt Draghi keinen Zweifel."

Devisen: Euro unter 1,07

Der Euro ging nach den geldpolitischen Entscheidungen der EZB auf Tauchstation. Die europäische Gemeinschaftswährung kostete im späten US-Handel 1,0613 Dollar. Vor der EZB-Entscheidung lag der Euro noch bei etwa 1,0790 Dollar, das Tageshoch von 1,0874 Dollar stammte vom Morgen. Die EZB hatte den Referenzkurs am Nachmittag auf 1,0762 Dollar festgelegt nach 1,0730 Dollar am Mittwoch und 1,0734 Dollar am Dienstag.

Obwohl EZB-Präsident Mario Draghi in der Pressekonferenz nach den geldpolitischen Beschlüssen mehrfach betont hatte, dass die jüngsten Entscheidungen kein Signal für einen Ausstieg aus den Anleihekäufen auf Raten sei, sahen einige Experten durchaus einen ersten Hinweis auf ein Eindämmen der Geldflut (Tapering). "Einige von der Liquiditätsdroge berauschte Marktteilnehmer mögen ein wenig ernüchtert sein", kommentierte Experte Jens Kramer von der NordLB die EZB-Beschlüsse.

Dax: Banken bleiben im Blick

Größter Gewinner am deutschen Aktienmarkt unter den Dax-Werten waren die Titel von ProSiebenSat1. Sie sprangen rund 4,5 Prozent. Dahinter folgten Commerzbank mit etwa 3,7 Prozent. Deutsche Bank verbesserten sich  1,7 Prozent. "Die Commerzbank hat mit Abstand unter Europas Banken die größte Sensitivität gegenüber einer Versteilerung der Zinskurve", sagte ein Händler: "Die EZB hat den Startschuss für bessere Coba-Gewinne gegeben." So könnte der Gewinn je Aktie der Bank um rund 80 Prozent steigen, wenn sich die Zinskurve um 1 Prozentpunkt ändert. Im Durchschnitt der Banken Europas liege dieser Effekt nur bei rund 13 Prozent Gewinnsteigerung.

Vonovia schlossen nach den überraschenden Schritten der EZB rund 0,5 Prozent tiefer. Die EZB habe im Prinzip erste Andeutungen von Tapering gemacht, was ein klares Signal für die Zinswende in Europa sei, hieß es im Handel. Dies treffe die Immobilienbranche mit am stärksten.

Zu den Verlierern gehörten auch Munich Re. Eine Analystenstimme war der Grund dafür. Jefferies hat die Titel auf "Halten" heruntergenommen, der Kurs gab 0,6 Prozent nach.

Am stärksten traf es aber die jüngst gut gelaufenen Versorger. RWE büßte um 4 Prozent, Eon mehr als 2 Prozent ein.

MDax: Steinhoff haussieren

In der zweiten Reihe setzten Steinhoff nach den guten Zahlen vom Mittwoch ihren Aufschwung mit einem Plus von 5,6 Prozent fort. Daneben machten Analysteneinstufungen die Musik. Das Brokerhaus Main First hatte Airbus auf "Outperform" hochgestuft, der Kurs stieg 1,0 Prozent.

SDax: KlöCo gesucht

Das Bankhaus Lampe empfahl die Aktien des Stahlhändlers Klöckner & Co zum Kauf. Goldman Sachs rechnet zudem mit steigenden Stahlpreisen. KlöCo vollführten einen Kurssprung von zeitweise mehr als 11 Prozent.

USA: Fed wirft ihre Schatten voraus

Die Wall Street bewegte sich erneut auf Rekordkurs. Wie schon am Vortag benötigte der US-Aktienmarkt etwas Zeit, um in die Gänge zu kommen. Zwar erreichte die Aufwärtsdynamik nicht das Vortagesniveau, doch für frische Rekordmarken reichte es allemal. Dow-Jones-Index, S&P-500, Russell-2000 und Nasdaq-Composite markierten Allzeithochs.

Wenig Auswirkung zeigten die wöchentlichen Daten zum US-Arbeitsmarkt: Diese fielen zwar etwas schwächer als erwartet aus, wiesen zugleich aber eine solide Verbesserung zum Vormonat aus. Positiv gestimmt für 2017 präsentierten sich die Einkaufsmanager sowohl des Dienstleistungssektors als auch des verarbeitenden Gewerbes in den USA. Einer Leitzinserhöhung in der kommenden Woche durch die US-Notenbank standen die Daten in keiner Weise entgegen. Leicht stützend wirkten überdies gute Wirtschaftsdaten aus China.

Der Dow-Jones-Index stieg um 0,3 Prozent auf 19.615 Punkte, S&P-500 und Nasdaq-Composite zogen um 0,2 bzw. 0,4 Prozent an. "Das Momentum und die Euphorie dürfte den Dow kurzfristig bis auf 20.000 Punkte tragen", zeigte sich Chefstratege Kent Engelke vom Wertpapierhandelshaus Capitol Securities optimistisch. Letztlich stützten noch immer die Pläne des designierten US-Präsidenten Donald Trump.

Während Pharmawerte wie schon am Vortag zur Schwäche neigten, nachdem der designierte US-Präsident die Kürzung der Medikamentenpreise angekündigt hatte, liefen Finanzwerte gut. Goldman Sachs und JP Morgan stiegen um 2,4 bzw. 1,3 Prozent. Zuletzt hatte sich verschiedene Vorstände der Finanzbranche positiv zur den Geschäftsaussichten geäußert. Für die Aktie von Verint Systems ging es dagegen um 10,1 Prozent nach unten. Der Softwarehersteller hatte mit seinen Drittquartalsergebnissen die Erwartungen verfehlt - sowohl bei Umsatz wie Gewinn. Ein kapitaler Fehlschlag bei einer fortgeschrittenen Studie zu einem Mittel zur Behandlung von vererbten Nervenleiden ließ die Aktie von Horizon Pharma um 22,5 Prozent einbrechen.

Rohstoffe: Zugewinn beim Ölpreis

Der Ölpreis erholte sich etwas nach drei schwachen Tagen und kletterte für ein Barrel der Sorte WTI wieder über die 50-Dollar-Schwelle. Das Fass US-Leichtöl verteuerte sich um 2,1 Prozent auf 50,84 Dollar. Der Preis für Brent stieg um 1,7 Prozent auf 53,89 Dollar. Die Zweifel an der Umsetzung der Opec-Förderkürzung hatte zuletzt die Rally gestoppt und Gewinnmitnahmen generiert. Entscheidend dürfte nun der Termin am Wochenende sein, an dem die Opec Ölländer außerhalb des Kartells auf ihren Kurs bringen will.

Der feste Dollar und das Zurückfahren des Wertpapierkaufvolumens durch die EZB belasteten den Goldpreis, der auf Tagessicht um 0,3 Prozent auf 1.171 Dollar je Feinunze nachgab. Zudem riefen die positiven US-Daten in Erinnerung, dass die US-Notenbank in der kommenden Woche die Leitzinsen anheben werde, hieß es am Markt.

Asien: Wall Street als Taktgeber

Die Rekordjagd an der Wall Street gab auch den Aktienmärkten in Fernost weiteren Auftrieb. Die Aussicht auf ein Konjunkturprogramm des künftigen US-Präsidenten Trump schüre noch immer Optimismus, sagten Händler. Doch nicht nur in den USA, sondern auch in Asien und Europa fanden die Investoren am Donnerstag Grund zur Zuversicht.

In Tokio schloss der Leitindex Nikkei 1,5 Prozent höher auf 18.765 Punkten. Der MSCI-Index für asiatische Aktien außerhalb Japans lag 1,3 Prozent im Plus. Der südkoreanische Kospi notierte fast 2 Prozent höher, was vor allem auf einen Höhenflug der Samsung –Aktien zurückgeführt wurde. Investoren wetteten auf den Erfolg neuer Produkte des Smartphone-Herstellers.

Gegen den Trend in der Region gab der Markt in Shanghai leicht nach: Der Shanghai Composite verlor 0,3 Prozent auf 3215 Zähler - trotz positiver Konjunkturdaten. "Die chinesischen Konjunkturdaten sind immens gut", sagte ein Marktteilnehmer. Die starken Export- und Importdaten würden daher einen "kompletten Turnaround" für China und damit auch die Weltkonjunktur andeuten. Wie stark der Swing nach oben sei zeigten vor allem die Exporte, die mit einem Minus von 5,5 Prozent erwartet worden waren. Stattdessen wurde sogar ein leichtes Plus von 0,1 Prozent erreicht.

Quelle: ntv.de, bad/DJ/rts/dpa

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