Marktberichte

Dax kratzt an 10.000er-Marke Dow Jones und S&P 500 brechen Rekorde

Intensives Kratzen von unten.

Intensives Kratzen von unten.

(Foto: REUTERS)

Zu mehr als einen Flirt hat es nicht gereicht. Die 10.000er Marke hat trotz allen Überschwangs der Frankfurter Börsianer nicht gehalten. Ganz anders die Bilanz nach dem Handelstag an der Wall Street: Hier werden gleich zwei Rekorde gebrochen.

Die Erholungsrally an den europäischen Börsen ist entgegen den Erwartungen am Dienstag sogar kräftig weitergegangen. Gründe für die Kursgewinne gab es allerdings auch mehr als genug: Das steigende britische Pfund, der Rekordkurs der Wall Street, die Hoffnung auf eine Lösung der italienischen Bankenkrise und dazu noch gute Zahlen von Daimler.

Dax
DAX 18.161,01

In New York hat sich der Höhenflug an der Wall Street fortgesetzt: Dank der weiter guten Börsenstimmung weltweit und positiver Unternehmensnachrichten erreichte der Dow Jones Industrial den höchsten Stand seiner Geschichte. Auch dank eines ermutigenden Auftakts zur Berichtssaison stiegen die Börsenbarometer Dow Jones und S&P-500 auf neue Höchststände. John Brady, Vizepräsident des Handelshauses R.J. Brien & Associates, sprach von einer höheren Risikobereitschaft der Anleger weltweit.

Erstmals seit dem Brexit-Schock gelang es auch den deutschen Standardwerten wieder die Marke von 10.000 Punkten zurückerobern. In der Spitze ging es rauf bis auf 10.000,78 Zähler. Damit stand das Börsenbarometer rund zweieinhalb Prozent unter seinem Schlusskurs vom Vorabend der Bekanntgabe des Ergebnisses des Brexit-Referendums. In den Feuerabend nahm der Dax 9964 Punkte, ein Plus von 1,3 Prozent.

Der MDax zog 0,7 Prozent an auf 20.320 Zähler. Nur beim TecDax herrschte durchgängig Flaute. Hier gaben die Kurse 0,5 Prozent nach auf 1627 Punkte. Europaweit überwog die gute Stimmung. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 konnte 1,1 Prozent für sich verbuchen.

Für viel Zuversicht sorgte die Erwartung weiterer geldpolitischer Lockerungen durch die Zentralbanken genauso wie die rasche Ablösung von Premierminister David Cameron durch die bisherige Innenministerin Theresa May. Mit 1,3150 Dollar hat das Pfund die Widerstandsmarke von 1,30 Dollar deutlich hinter sich gelassen. Die Commerzbank warnte indes vor Euphorie. Nach wie vor sei der Weg zum Brexit nämlich unklar, denn auch die kommende Premierministerin May werde dem Markt und damit dem Pfund kaum deutlich mehr Sicherheit geben. Der wirtschaftliche Abschwung nach dem Brexit-Votum dürfte kaum zu vermeiden sein.

"Kurzfristig könnte höchstens die Bank of England dem Pfund Aufwind geben, sollte sie entgegen den Markterwartungen am Donnerstag noch stillhalten", so Analystin Antje Praefcke.

Ein Treffen am Montag zwischen dem früheren US-Notenbankpräsident Ben Bernanke und dem Gouverneur der japanischen Notenbank Haruhiko Kuroda, heizte derweil Spekulationen über den Einsatz von Helikoptergeld an, denn Bernanke hat dieses Instrument in der Vergangenheit als legitime geldpolitische Option ins Spiel gebracht. Im konkreten Fall würde das bedeuten, dass die japanische Notenbank Staatsanleihen direkt am Primärmarkt erwirbt, um Regierungsausgaben oder Steuererleichterungen zu finanzieren.

Der Yen wertete vor diesem Hintergrund weiter ab - für den Dollar ging es auf 104,50 Yen nach oben, verglichen mit Ständen knapp über 100 Yen zu Wochenbeginn.

Daimler
Daimler 74,48

Auch von Unternehmensseite gab es keine Störfeuer. Sehr gut kamen im europäischen Handel vorläufige Quartalszahlen von Daimler an. "Die Steigerung ist schon beeindruckend", so ein Aktienhändler zu der Entwicklung des Van-Geschäfts. Und Arndt Ellinghorst, Analyst bei Evercore ISI, hob hervor, dass Daimler beim operativen Ergebnis die Markterwartung wie auch seine Schätzung deutlich übertroffen habe, vor allem dank einer hohen Marge ausgerechnet für das Lkw-Geschäft, für das Daimler im Mai noch den Ergebnisausblick gesenkt habe. "Für uns hat Mercedes das beste Gewinnmomentum in der Branche", zeigte sich auch Daniel Schwarz, Analyst bei Mainfirst, angetan. Die Daimler-Aktie verteuerte sich um 4,4 Prozent.

Auch BMW überraschte mit Absatzzahlen positiv. Der Konzern lieferte insgesamt 227.849 Fahrzeuge aus, 9,1 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Das positive Bild bei den Autobauern wird durch Peugeot abgerundet, die im 1. Halbjahr den Absatz in Europa um 7,4 Prozent steigerten. Positiv sei bei den Franzosen das Wachstum in Lateinamerika, dass um 16,4 Prozent von einem niedrigen Niveau stieg, hieß es. Peugeot hat dort nun einen Marktanteil von 7 Prozent, so viel wie nie zuvor. Peugeot stiegen um 5,5 Prozent und BMW um 4,6 Prozent.

Der Autosektor im Stoxx zog um 4,0 Prozent an. Auch in der zweiten Reihe im deutschen Markt stand die Branche im Blick, hier gewannen Zulieferer wie Grammer oder Elringklinger 5,5 und 6,5 Prozent. 

BMW
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Im Blick standen ansonsten weiter die italienischen Banken mit ihren riesigen notleidenden Krediten und Unstimmigkeiten zwischen Italien und der EU, wie den Geldhäusern geholfen werden kann. Der Internationale Währungsfonds (IWF) drängt Italien dazu, sein kleinteiliges Bankensystem möglichst rasch aufzuräumen. Andernfalls verschärften sich die Probleme nur weiter. Die Forderungen des IWF nach einem straffen Konsolidierungsprozess inklusive Bankenschließungen stoßen in Rom aber auf wenig Gegenliebe.

Ein positiver Impuls kam von der Unicredit. Sie will ihre Beteiligung an dem Online-Broker Fineco um zehn Prozent senken. Damit könnte ein Erlös von rund 345 Millionen Euro erzielt werden. In der Folge würde nach Aussage von Unicredit-CEO Jean-Pierre Mustier die Kapitalbasis der Bank um 7 bis 8 Basispunkte gestärkt. Für das Unicredit-Papier ging es 14 Prozent nach oben. Auch andere italienische Bankentitel stiegen: Für Intesa Sanpaolo ging es 6,8 Prozent rauf. Europaweit legte der Bankenindex um 3,3 Prozent zu.

Schlechte Nachrichten aus anderen Staaten an der südlichen Peripherie Europas blendeten die Anleger schlicht aus. Die EU-Finanzminister wollen den Weg für Strafen gegen die Defizitsünder Portugal und Spanien frei machen. Die Länder der Währungsunion würden eine entsprechende Empfehlung der EU-Kommission "einstimmig unterstützen", sagte Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem. Binnen 20 Tagen müsse die EU-Kommission daraufhin entscheiden, ob Sanktionen gegen die beiden Länder verhängt würden.

Rekordjagd an der Wall Street

Der Höhenflug an der Wall Street hat sich auch am Dienstag fortgesetzt: Dank der weiter guten Börsenstimmung weltweit und positiver Unternehmensnachrichten erreichte der Dow Jones den höchsten Stand seiner Geschichte. Nach einem Anstieg bis auf 18.371,95 Punkte notierte der US-Leitindex am Ende 0,66 Prozent im Plus bei 18.347,67 Punkten. Damit folgte er dem S&P 500, der schon zum Wochenauftakt eine Bestmarke erreicht hatte und nun weitere 0,70 Prozent auf 2152,14 Punkte gewann. Der Nasdaq rückte um 0,50 Prozent auf 4577,61 Zähler vor und machte so seinen bisherigen Jahresverlust fast wett.

Neben der anhaltenden Hoffnung auf eine weiter lockere Geldpolitik der großen Notenbanken gab ein erfreulicher Start der US-Unternehmensberichtssaison den Kursen Auftrieb.

Rückenwind kam auch von Unternehmensseite. Unter den Einzelaktien legten Alcoa um 5,4 Prozent zu. Der Aluminiumkonzern hatte im zweiten Quartal wegen gesunkener Aluminiumpreise zwar 3,6 Prozent weniger verdient, auf bereinigter Basis die Markterwartungen bei Gewinn und Umsatz aber übertroffen. Auch die geplante Aufspaltung in zwei Gesellschaften lag laut Alcoa im Plan. Nach unerwartet schwachen Zweitquartalszahlen von Fastenal, einem Anbieter von Verbindungstechnik, ermäßigte sich der Kurs um 3,5 Prozent.

Amazon büßten nach einem Allzeithoch 0,7 Prozent ein. Sage Therapeutics schossen nach einer positiven Medikamentenstudie um 37,3 Prozent empor. Seagate Technology sprangen um 21,8 Prozent, nachdem der Datenspeicherspezialist die Streichung von 6.500 Stellen weltweit angekündigt hatte. AMC Entertainment verbesserten sich um 7,3 Prozent. Der Kinobetreiber will Odeon & UCI Cinemas übernehmen, die Transaktion hat einem Umfang von 921 Millionen Pfund.

Ölpreise rauf, Gold runter

Kräftig aufwärts auf ein Einwochenhoch ging es mit den Ölpreisen. Das Erdölkartell Opec wartete mit der Prognose auf, wonach im kommenden Jahr mit einem Wachstum der Ölnachfrage in gleichem Maße wie 2016 zu rechnen sei - nämlich mit 1,2 Millionen Barrel pro Tag. Das sind 300.000 Fass mehr als im Schnitt der vergangenen zehn Jahre. Zugleich ging das Kartell von deutlicher als vorausgesagt sinkenden Förderquoten bei Nichtmitgliedern aus.

Gestützt wurde der Ölmarkt aber auch von anziehenden Ölpreisen der Opec, deren Durchschnittspreis im Juni um 6 Prozent geklettert war und somit den fünften Monat in Folge zugelegt hatte - und dies bei einer gestiegenen Juni-Förderung in Saudi-Arabien. Des Weiteren erhöhte die US-Regierung ihre Preisprognosen. Ein Barrel US-Leichtöl der Sorte WTI verteuerte sich um 4,6 Prozent auf 46,80 Dollar. Für Brent ging es um 4,8 Prozent auf 48,47 Dollar nach oben.

Die sicheren Häfen Gold und Anleihen waren mit der sinkenden Risikoaversion nicht gesucht. "Mit der wieder gestiegenen Risikofreude der Anleger würde es nicht verwundern, wenn es zu verstärkten Gewinnmitnahmen bei Gold kommt", sagte Analyst William Adams von Fastmarkets. Seit dem Brexit-Votum in Großbritannien hatte das Edelmetall rund 8 Prozent zugelegt. In den vergangenen vier Tagen war der Preis aber wieder gefallen. Für die Feinunze wurden zuletzt 1.333 Dollar aufgerufen - ein Minus von 1,6 Prozent gegenüber dem späten Vortageshandel.

Nikkei streckt sich

Der japanische Aktienmarkt hatte am Dienstag wie bereits zu Wochenstart klar an der Spitze unter den ostasiatischen Börsenplätzen gelegen. Die anhaltende Hoffnung auf Stimulierungsmaßnahmen der Regierung und ein massiv geschwächter Yen hielten die Kauflaune aufrecht und trieben den Nikkei um weitere 2,5 Prozent nach oben. Die übrigen Aktienmärkte der Region legten ebenfalls zu, wenn auch weniger stark.

Bereits am Montag hatte der Nikkei einen Satz um 4,0 Prozent nach oben gemacht, nachdem die Regierungskoalition von Ministerpräsident Shinzo Abe einen Wahlsieg im Oberhaus eingefahren hatte und damit nun der Weg für die geplanten Stimulierungsmaßnahmen frei ist. Mit dem neuerlichen Anstieg am Dienstag hat der Nikkei nun das Niveau erklommen, das er vor dem Anti-EU-Votum der Briten innehatte.  

Zusätzlich Feuer bekamen Spekulationen um eine massive Konjunkturförderung durch ein angekündigtes Treffen zwischen Abe und dem ehemaligen Präsidenten der US-Notenbank Ben Bernanke, das für Dienstag anberaumt war. An den Märkten ging die Vermutung um, dass über radikale Maßnahmen, wie das sogenannte Helikoptergeld, gesprochen werden könnte.

Quelle: ntv.de, ddi/jwu/rtsdpa/DJ

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