Marktberichte

Deutsche Bank schnellt ins Plus Dax legt starken Endspurt hin

Letzter Handelstag im dritten Quartal 2016: Skeptiker vermuten spekulative Attacken im Dax.

Letzter Handelstag im dritten Quartal 2016: Skeptiker vermuten spekulative Attacken im Dax.

(Foto: REUTERS)

Beeindruckende Trendwende am deutschen Aktienmarkt: Nach einem blutroten Auftakt und einem 7-prozentigen Kursrutsch bei der Deutschen Bank kehren die Kurse in die Gewinnzone zurück. Die Aktien der Deutschen Bank schließen mehr als 6 Prozent fester.

Kurz vor Quartalsultimo dreht der Leitindex mit aller Macht ins Plus: Die akuten Sorgen um die Deutsche Bank lösen sich nach und nach in Luft auf. Der Dax fängt seine Abwärtsbewegung ab und verabschiedet sich 1,01 Prozent fester bei 10.511,02 Punkten ins verlängerte Wochenende. Am Morgen hatte der Dax zeitweise noch mehr als 2 Prozent verloren. Das Tagestief aus dem Verlauf liegt bei 10.189,94 Zählern - mehr als 320 Punkte unter dem Schlusskurs.

Der MDax der mittelgroßen Unternehmen beendet den Tag 0,42 Prozent im Plus bei 21.583,98 Punkten. Auch hier hatten Anleger am Morgen deutlich stärkere Verluste hinnehmen müssen. Der Technologiewerte-Index TecDax schließt 0,95 Prozent im Plus bei 1802,30 Zählern.

Damit geht der letzte Handelstag der Woche, des Septembers und des dritten Quartals mit versöhnlichen Signalen zu Ende. Börsenstrategen hatten Anleger zuvor bereits gewarnt, dass es vor dem anstehenden Quartalsultimo zu stärkeren Kursbewegungen kommen könne. Hinzu kamen positive Signale aus der US-Wirtschaft: Das Geschäftsklima in der Region Chicago sowie die Stimmung der Verbraucher im September hatten sich überraschend deutlich aufgehellt.

Als treibende Kraft hinter der einsetzenden Erleichterung bezeichnen Händler allerdings Berichte, denenzufolge die im Hypothekenstreit drohende US-Strafe für die Deutsche Bank deutlich reduziert werden könnte. Damit verlieren die Sorgen um Deutschlands größtes Geldhaus Bank deutlich an Schärfe: Die Strafzahlung werde von 14 Milliarden auf 5,4 Milliarden Dollar verringert, heißt es am Nachmittag aus informierten Kreisen.

Der Kurs der Deutschen Bank zieht daraufhin steil an - obwohl es zunächst keinerlei offizielle Stellungnahmen dazu gibt. Der Kurssprung fällt beachtlich aus: Am Morgen waren die Titel kurzzeitig mit Abschlägen von mehr als 7 Prozent unter die Marke von 10,00 Euro gefallen - zum ersten Mal überhaupt in der Geschichte des Unternehmens.

Deutsche Bank schließt im Plus

Deutsche Bank
Deutsche Bank 14,58

Zum Handelsschluss in Frankfurt blicken Börsianer auf einen starken Schlusskurs: Die Aktien der Deutschen Bank beenden einen überaus ereignisreichen Handelstag knapp 6,4 Prozent im Plus bei 11,57 Euro. Am Markt habe sich die Ansicht durchgesetzt, "dass man wegen Deutsche Bank übertrieben hat", erklärte ein Händler. Entsprechend verringern besonders die Finanzwerte ihre Verluste.

"Wenn 10 von rund 800 Hedge-Fonds-Kunden ihre Sicherheitsleistungen abziehen, heißt das noch gar nichts", betonte der Händler mit Blick auf die Spekulationen rund um die Deutsche Bank: "Vor allem nicht, wenn sie das ziemlich laut und öffentlich gemacht haben und damit wohl ihre eigene Positionierung anschieben wollen". Der Markt habe eingesehen, dass es sich "hier keinesfalls um einen Fall à la Lehman handelt", meinte der Händler weiter.

Aktienhändler zeigen sich nicht verwundert über die ungewöhnliche Kursentwicklung bei der Deutschen Bank. "Das sind ziemlich panische Short-Eindeckungen, nachdem die meisten Analysten den Absturz als völlig übertrieben darstellen", meinte ein Händler am Nachmittag. Zudem kursierten am Nachmittag bereits Gerüchte über eine drastisch reduzierte US-Strafe.

"Das wäre ein totaler Befreiungsschlag"

"Sollte dies stimmen, läge es im Bereich der bisherigen Rückstellungen der Bank und wäre ein totaler Befreiungsschlag, weil der Markt damit jedwede zusätzliche Belastung auspreisen könnte", ordnete ein Händler die Lage ein. Die Analysten von Goldman Sachs hatten zu diesem Zeitpunkt bereits die starke Liquidität der Bank positiv betont. Am Abend gesellt sich zudem die DZ Bank mit einer Kauf-Empfehlung hinzu.

Der jüngste Kursrutsch der Aktien der Deutschen Bank sollte nach Einschätzung eines Branchenexperten dennoch die Bankenaufsicht Bafin auf den Plan rufen. "Es ist möglich, dass es sich um eine Attacke von Spekulanten handelt", sagte Hans-Peter Burghof, Professor für Bankwirtschaft an der Universität Hohenheim, dem "Tagesspiegel".

In einem nervösen Umfeld, in dem der Kurs der größten deutschen Bank schon seit Tagen unter Druck steht, sei es klar, dass die Nachricht von einem Teilrückzug von US-Hedgefonds zu weiteren Kursrückgängen führen müsse. "Die Börsenaufsicht muss hier genau hinschauen", forderte Burghof. Die Deutsche Bank hatte bereits am Vorabend auf die Gerüchte reagiert und dabei erneut ihre "stabile Finanzposition" hervorgehoben.

Coba-Chef: Kein Kommentar

Commerzbank
Commerzbank 12,73

Von der allgemeinen Erleichterung kann auch die Commerzbank profitieren. Die Coba-Titel schließen am Abend 0,07 Prozent im Minus bei 5,74 Euro. Bei einer Pressekonferenz in Frankfurt gegen Mittag musste sich Commerzbank-Chef Martin Zielke noch mit deutlich stärkeren Kursverlusten auseinandersetzen. "Wir arbeiten im Moment an unserer eigenen Strategie", blockte Zielke Fragen nach einer möglichen Fusion mit dem größeren Rivalen ab. Die Gespräche, die er im August darüber Finanzkreisen zufolge mit seinem Kollegen John Cryan geführt hatte, spielte der Commerzbank-Chef herunter: Er spreche "immer wieder mit ganz vielen Kollegen", sagte er nur.

Die Fragezeichen an den Märkten rund um die Deutsche Bank überschatteten auch die Coba-Strategie bis 2020, die Zielke eigentlich nur vorstellen wollte. "Wir sehen eine Menge Turbulenzen im Markt", sagte der Commerzbank-Chef dazu. Das werde sich auch auf absehbare Zeit nicht ändern.

Angesichts der hohen Nervosität an den Finanzmärkten beim Blick auf die Banken versucht die Europäische Zentralbank (EZB) die Lage zu beruhigen. "Die Banken sind heute (...) im Schnitt sehr viel besser kapitalisiert als vor der Krise, und auch bei der Aufsicht hat sich viel getan", sagte EZB-Direktoriumsmitglied Sabine Lautenschläger der "Börsen-Zeitung". In unruhigen Zeiten würden solche "Verbesserungen im Gesamtbild" oft vergessen.

Gerüchte treiben Infineon

Infineon
Infineon 31,52

Spekulationen auf eine Fusionswelle in der Chipbranche geben Infineon vor dem Wochenende Auftrieb. Die Aktien des Halbleiter-Herstellers schließen als zweitschwächster Indexwert 4,4 Prozent im Plus bei 15,88 Euro.

Genährt werden die Spekulationen Börsianern zufolge von einem Bericht des "Wall Street Journal", dem zufolge der US-Konzern Qualcomm den niederländischen Rivalen NXP übernehmen wolle. Die Transaktion könnte ein Volumen von mehr als 30 Milliarden Dollar haben.

NXP stiegen daraufhin bereits im US-Handel am Vorabend um knapp 17 Prozent und Qualcomm um gut 6 Prozent. "Offenbar kommt das Fusionskarussell in der Chip-Branche langsam in Schwung", sagte ein Börsianer.

Geht Osram an die Chinesen?

Im MDax werden die Aktien von Osram angeblich von einem "Handelsblatt"-Bericht getrieben, dem zufolge mehrere Investoren aus China an dem Lichtkonzern interessiert seien. "Die Story ist nicht neu und ich kann wenig Neues in dem Artikel finden", kommentiert ein Aktienhändler. Der Osram-Kurs gewinnt 2,3 Prozent.

Interessant seien unter anderem die Patente, die Osram besitze. Aber gerade wegen dieser Patente oder wegen Sicherheitsbedenken könne es von politischer Seite Gegenwind geben. Der Aktienhändler rechnet damit, dass sich die vorbörslichen Gewinne in der Aktie nicht über den Tag halten werden.

USA: Wall Street im grünen Bereich

An der New Yorker Wall Street wurden die Kurse die Erholung der Finanzwerte infolge der Kursexplosion bei der Deutschen Bank beflügelt. Die in den USA gelisteten Titel des Frankfurter Geldinstituts sprangen nach dem Bericht 13,9 Prozent in die Höhe, nachdem sie am Tag zuvor noch starke Verluste erlitten hatten.

Die Aktien der Großbank JPMorgan verteuerten sich um 1,9 Prozent, die der Bank of America um 3,6 Prozent. Die Papiere der Citigroup rückten um 3,6 Prozent vor und die Scheine von Goldman Sachs um 1,9 Prozent.

Der Dow-Jones-Index der Standardwerte gewann 0,9 Prozent und ging mit 18.308 Punkten ins Wochenende. Der breiter gefasste S&P-500 stieg um 0,8 Prozent auf 2168 Zähler. Der Index der Technologiebörse Nasdaq kletterte 0,8 Prozent auf 5312 Stellen.

Bei den weiteren Einzelwerten legten NXP 6,5 Prozent zu, Qualcomm verteuerten sich um 1,7 Prozent. Das "Wall Street Journal" berichtete, dass der US-Konzern Qualcomm am Kauf des niederländischen Rivalen NXP interessiert ist.

Devisen: Euro hält sich wacker

Euro / US-Dollar
Euro / US-Dollar 1,08

Der Euro kehrt in der zweiten Tageshälfte auf sein Ausgangsniveau zurück. Am späten Abend wird die Gemeinschaftswährung bei 1,1238 US-Dollar gehandelt und damit 0,1 Prozent fester als am Vorabend.

Die Europäische Zentralbank (EZB) errechnete bei der Festlegung der täglichen Referenzkurse am Freitagnachmittag für den Euro einen Wechselkurs von 1,1161 US-Dollar. Ein Euro entspricht außerdem 113,09 Yen, 0,86103 Pfund Sterling und 1,0876 Schweizer Franken.

Rohstoffe: Ölpreis kommt wieder zurück

Rohöl (Brent)
Rohöl (Brent) 87,07

Am Rohstoffmarkt legten die Ölpreise leicht zu. Nach dem starken Preisanstieg im Zuge der überraschenden Einigung der Opec auf eine Fördergrenze kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im November zu US-Handelsschluss 49,93 Dollar und damit 12 Cent mehr als am Vorabend. Der Preis für ein Fass der US-Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) stieg ebenfalls um 12 Cent auf 47,95 Dollar.

Zum Wochenschluss blieb die Opec-Ankündigung, eine Obergrenze von 32,5 Millionen bis 33 Millionen Barrel pro Tag für die Produktion zu setzen, das beherrschende Thema am Ölmarkt. Zuletzt hatten sich Experten skeptisch gezeigt, dass die angepeilte Fördergrenze auch tatsächlich umgesetzt werden kann. Am Abend könnten neue Daten zur Anzahl der aktiven Bohrlöcher in den USA für neue Impulse sorgen. Nach wie vor gibt es am Weltmarkt ein sehr hohes Angebot an Rohöl.

Asien: Anleger "sehr nervös"

Die Börsen in Asien haben sich zum Wochenausklang schwächer gezeigt. Händler verwiesen vor dem Wochenende auf die Sorgen um die Deutsche Bank, dem wieder anziehenden Öl-Preis und enttäuschende Konjunkturdaten aus China und Japan. Auch negative Vorgaben aus den USA belasteten den Markt.

Der 225 Werte umfassende Nikkei-Index schloss 1,5 Prozent tiefer bei 16.450 Punkten. Der breiter gefasste Topix-Index sank ebenfalls um 1,5 Prozent und lag bei 1323 Punkten.

Die Börse in Shanghai notierte 0,3 Prozent im Plus. Der Index der wichtigsten Unternehmen in Shanghai und Shenzen gewann 0,5 Prozent. Der MSCI-Index für asiatische Aktien außerhalb Japans fiel um ein Prozent.

Unter den Händlern herrsche Unruhe, sagte Stefan Worrall, bei Credit Suisse zuständig für Japans Aktienmarkt. "Die Leute gehen sehr nervös in die nächste Woche. Zu den Risikofaktoren gehören die US-Wahl und die Konjunktur." In China bleiben die Börsen in der kommenden Woche geschlossen.

Quelle: ntv.de, mmo/jwu/AFP/DJ/dpa/rts

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