Marktberichte

Erst "Kasalla", dann 9800 Dax verkommt zur Marionette des Ölpreises

Am Morgen ein Minus, am Mittag unverändert, am Abend ein Plus: Der Dax zeigt im Dienstagshandel, was in ihm steckt. In den USA ziehen die Kurse sogar noch stärker an. Spannend wird es für viele Analysten erst nach der Schlussglocke.

Der deutsche Aktienmarkt hat einen bewegten Handelstag mit Gewinnen beendet. Die Handelsspanne betrug stolze 300 Punkte. Am Morgen gab es laut n-tv-Börsenexperte Frank Meyer noch "Kasalla" (Kölner Mundart: Prügel) für den Dax, bereits am Mittag war der Großteil der Verluste aber abgebaut und nach der Eröffnung der Wall Street zogen die Kurse nochmals an. "Die Aktienindizes scheinen mal wieder dem Ölpreis zu folgen, sie haben einen Großteil der anfänglichen Kursverluste aufgeholt", fand Craig Erlam vom Devisenbroker Oanda einen Grund für die Berg- und Talfahrt.

Der Dax schloss 0,9 Prozent im Plus bei 9823 Punkten. Am Donnerstag und Freitag war er insgesamt 370 Punkte gestiegen, am Montag stand am Ende ein kleines Minus. Der MDax drehte am Dienstag ebenfalls ins Plus und verabschiedete sich 0,5 Prozent fester mit 19.370 Zählern aus dem Handel. Der TecDax blieb am Ende unverändert bei 1688 Stellen.

Im Blick haben die Anleger nun bereits die Sitzung der US-Notenbank Federal Reserve (Fed), die am Nachmittag begonnen hat. Die geldpolitische Entscheidung wird allerdings erst am Mittwochabend erwartet. Die meisten Anleger hoffen angesichts der Verwerfungen an den Finanzmärkten auf eine eher taubenhafte Fed. "Die Signale deuten daraufhin, dass wir vor einer neuen Kaufwelle bei Aktien stehen könnten", sagte ein Händler. Allerdings könne es bei enttäuschenden Hinweisen ebenso schnell einen neuen Abverkauf geben.

Rohstoffe: Ölpreis schwankt

Auslöser für das Auf und Ab am deutschen Aktienmarkt war wieder einmal das Öl, der Preis vollführte erneut eine Berg- und Talfahrt: Lag am Vormittag sowohl die US-Sorte WTI als auch die Nordseeesorte Brent unter der Marke von 30 Dollar, notierte Brent am Abend bei 32,44 Dollar knapp 4 Prozent fester. WTI kostete mit 31,31 Dollar je Fass sogar etwa 5 Prozent mehr.

Grund für den Anstieg war die Hoffnung, dass sich die Förderländer zusammenraufen und gegen das Überangebot beim Öl vorgehen. "Der gestrige Ausverkauf war nicht überzeugend und legt den Schluss nahe, dass eine größere Korrektur nach oben anstehen könnte", sagte ein Analyst mit Blick auf den Ölmarkt.

Gold als sicherer Hafen war allerdings auch gefragt. Eine Feinunze (etwa 31,1 Gramm) kostete mehr als 1114 Dollar. Das waren über 12 Dollar mehr als am Montagmorgen. Der Preis des Edelmetalls befindet sich damit auf den höchsten Stand seit Anfang November 2015. Kupfer, Zinn und Zink legten ebenso zu.

Dax: Siemens bricht den Trend

Bei den Einzelwerten lag das Augenmerk der Anleger auf Siemens. Die Münchener hatten schon am Montagabend ihre Prognose für das laufende Geschäftsjahr angehoben. Die Papiere legten mehr als 8 Prozent zu und waren neben RWE und Eon, die mehr als 6 und etwa 4,5 Prozent anzogen, der größte Gewinner im Dax. "Ohne die Belastung durch den neuerlichen Marktrutsch heute in Asien wäre auch mehr drin", so ein Händler.

Im Handel verwies man auch auf Shorteindeckungen. "Die meisten Anleger dürften in der Aktie untergewichtet sein", sagte ein Händler. Ein weiterer Marktteilnehmer stimmte dem zu: Die sehr guten Quartalszahlen dürften viele auf dem falschen Fuß erwischt haben. Positiv hoben Händler die organische Entwicklung bei Siemens sowie die gute Kostenkontrolle hervor. Das spiegele sich auch in der angehobenen Prognose für das Gesamtjahr wider.

Papiere der Deutschen Post waren mit einem Abschlag von rund 2,5 Prozent Dax-Schlusslicht. Analyst Neil Glynn von der Credit Suisse rechnet im laufenden Jahr mit einem mauen Ergebnis der Sparte Express. Zudem verwies er auf die Pläne des Post-Großkunden und Onlinehändlers Amazon, der ein eigenes Paketnetz aufbauen will. Der Experte rechnet mit einer unterdurchschnittlichen Kursentwicklung.

MDax: Airbus-Umbau kommt voran

Airbus-Aktien kamen nicht so recht vom Fleck, schlossen aber immerhin leicht positiv. Berichte, der Verkauf der Rüstungselektronik-Sparte stehe unmittelbar bevor, beflügelten also kaum. Wie das "Handelsblatt" mit Verweis auf Kreise berichtete, soll sie für rund 1,3 Milliarden Euro an die Finanzinvestoren KKR und Carlyle gehen. "Der Verkauf an sich gehört zur Restrukturierung der Rüstungssparte von Airbus und war erwartet worden, der genannte Preis ist aber höher", so ein Händler. Bisher sei man von rund 1 Milliarde Euro ausgegangen.

"Interessant ist daneben, dass Rheinmetall nicht zum Zuge gekommen ist, wo die Elektronik perfekt hingepasst hätte", meinte ein Marktteilnehmer. Rheinmetall gewannen mehr als 2 Prozent.

TecDax: Jenoptik enttäuscht

Im TecDax profitierten Morphosys nicht von einer Einmalzahlung von Bayer. Morphosys-Papiere drehten im Handelsverlauf ins Minus und schlossen 0,8 Prozent leichter. Jenoptik blieben mit den wichtigsten Quartalszahlen hinter den Analystenerwartungen zurück. Die Papiere büßten rund 1,6 Prozent ein.

SDax: Gerry Weber will sich neu erfinden

Kräftig im Plus zeigten sich die Papiere von Gerry Weber. Sie sprangen bis zu 20 Prozent an. Nach einem schwierigen Geschäftsjahr 2014/15 kündigte der Modekonzern nun eine Neuausrichtung an. Über konkrete Ziele und Maßnahmen will das Management zur Vorlage der detaillierten Zahlen Ende Februar berichten.

USA: Besserung in Sicht

Besser als erwartet ausgefallene Geschäftszahlen einiger US-Konzerne haben die Wall Street deutlich nach oben befördert. Händler begründeten die rasante Aufwärtsbewegung im Dienstagshandel zudem mit überraschend guten US-Wirtschaftsdaten und dem wieder merklich erholten Ölpreis.

Der Dow-Jones-Index schloss 1,78 Prozent im Plus bei 16.167,23 Punkten und damit knapp unter seinem Tageshoch. Zum Wochenstart hatte der Leitindex rund 1,3 Prozent eingebüßt und war unter die Marke von 16.000 Punkten gerutscht. Seit Jahresbeginn liegt er immer noch gut 7 Prozent im Minus. Der marktbreite S&P-500-Index stieg am Dienstag um 1,41 Prozent auf 1903,63 Punkte. Der Technologie-Auswahlindex Nasdaq 100 rückte um 0,89 Prozent auf 4233,85 Punkte vor. Nach Börsenschluss warteten die Investoren noch auf Quartalszahlen von Apple.

Asien: Kursrutsch in Shanghai

Der fallende Ölpreis und Sorgen um die globale Konjunktur schickten die Kurse an den ostasiatischen Aktienmärkten in den Keller. In Tokio sackte der Nikkei wieder unter die psychologisch wichtige Marke von 17.000 Punkten und schloss 2,4 Prozent tiefer bei 16.709 Zählern. Der breiter gefasste Topix büßte 2,3 Prozent auf 1360 Punkte ein.

In China traf es die Anleger noch härter. Der Shanghai Composite brach 6,4 Prozent ein und verabschiedete sich mit 2750 Zählern aus dem Handel. Vor allem am Ende sackten die Kurse weg. Der Shenzhen Composite gab gut 6 Prozent nach.

Selbst üppige Liquiditätsspritzen der Notenbank konnte ein Einbrechen des Aktienmarktes nicht verhindern. Die People's Bank of China pumpte so viel Geld an einem einzigen Tag in den Markt wie zuletzt im Februar 2013. Schwache Daten zum Eisenbahnfrachtaufkommen in China verstärken vielmehr die ohnehin bestehenden Wachstumssorgen.

Devisen: Euro schaut voraus

Der Euro präsentierte sich stabil. Er kostete am Abend 1,0844 Dollar und damit etwa so viel wie zum Wochenstart. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs am Mittag auf 1,0837 Dollar fest nach 1,0815 Dollar am Montag und 1,0808 Dollar am Freitag.

Von Konjunkturdaten gingen dagegen nur geringe Impulse aus. Zahlen vom amerikanischen Immobilienmarkt und zur Verbraucherstimmung fielen unter dem Strich solide aus. Der Blick richtet sich deshalb ebenfalls bereits auf die am Mittwoch anstehende Zinsentscheidung der Fed. Entscheidend wird sein, welche Signale die Fed hinsichtlich der künftigen Geldpolitik geben wird. "Suggeriert das Statement morgen Abend dem Markt, dass aufgrund der aktuellen Entwicklungen wieder mehr Fed-Mitglieder von einer weiteren Zinsanhebung in naher Zukunft abrücken, wird dem Dollar Wind aus den Segeln genommen", schätzte Antje Praefcke, Analystin bei der Commerzbank. Das würde im Gegenzug den Euro stärken.

Quelle: ntv.de, bad/DJ/rts/dpa

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