Marktberichte

Es geht aufwärts Dax überwindet Brexit-Angst

Der Dax geht nach seinem zuletzt guten Lauf ohne große Veränderungen in den Handel - und gewinnt dann an Fahrt. Denn die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat zwar leicht eingetrübt, jedoch nicht so stark wie befürchtet.

Belastet von den Kursabgaben an der Wall Street hat der Frankfurter Aktienmarkt einen Teil seiner Gewinne abgegeben. Der Dax schloss 0,5 Prozent fester bei 10.198 Punkten. Zeitweise hatte sich der Leitindex sogar auf 10.264 Punkte vorgearbeitet - und tendierte damit erstmals wieder so hoch wie unmittelbar vor dem Brexit-Votum am 23. Juni. Der Grund: Der Ifo-Index fiel weniger stark als befürchtet.

"Zwar sind damit noch längst nicht alle Gefahren und Nachteile des Brexit vom Tisch. Aber die erste Reaktion ist doch überwiegend von einer gewissen Gelassenheit geprägt", meinen die Analysten der LBBW. Der MDax der mittelgroßen Unternehmen legt 0,3 Prozent auf 20.793 Punkte zu. Der Technologiewerte-Index TecDax präsentiert sich 0,4 Prozent höher bei 1683 Zählern.

Die Stimmung habe sich nur "leicht eingetrübt", ließ das Ifo-Institut wissen. In Zahlen ausgedrückt: Im Juli gab der Geschäftsklimaindex von 108,7 auf 108,3 Punkte nach, wie die Münchner Forscher zu ihrer monatlichen Umfrage unter rund 7000 Managern mitteilten. Ökonomen hatten mit einem stärkeren Rückgang gerechnet. "Es hätte durchaus schlimmer kommen können", so Thomas Gitzel, Chef-Volkswirt der VP Bank.

Mit anderen Worten: Das Brexit-Votum der Briten und der gescheiterte Putschversuch in der Türkei schlagen den deutschen Firmenchefs bislang nur wenig auf den Magen. Die Analysten der KBC Bank weisen darauf hin, dass sich dies bereits mit den überraschend starken Einkaufsmanager-Indizes für Deutschland vergangene Woche angedeutet habe.

"Die aktuelle Lage ist gut", sagt Ifo-Präsident Clemens Fuest bei n-tv. Die Binnenkonjunktur sei stark. "Unsicherheit besteht vor allem darüber, was die Zukunft bringt. Gerade die Erwartungen für den Export gehen nach unten."

Die Börse präsentiert sich derweil unbeeindruckt von Nachrichten wie dem Amoklauf in München und dem Anschlag in Ansbach. Es herrsche zwar ein mulmiges Gefühl, so Frank Meyer, der für n-tv von den Frankfurter Börse berichtet. "Die emotionale Seite ist da", sagt er und ergänzt: "Die rationale Seite ist: Hier wird Gewinn gehandelt, hier wird Umsatz gehandelt, hier wird Geldpolitik gehandelt."

Kursgewinner waren vor allem konjunktursensible Werte. Thyssenkrupp legten 1,4 Prozent zu. VW verteurten sich um 0,9 Prozent, BMW um 0,8 Prozent und Daimler um 0,7 Prozent. Lufthansa gaben dagegen 0,2 Prozent nach.

Dagegen verteuert sich in Dublin die Aktie von Ryanair um mehr als 5 Prozent. Warum? Die Airline kann sich dem Trend der Branche entziehen und lieferte keine Gewinnwarnung wie Easyjet und Lufthansa ab. "Ryanair hat beim Umsatz und Gewinn geliefert", so ein Händler. Außerdem bestätigte Ryanair den Ausblick.

Im TecDax erfreut Sartorius die Aktionäre: Der Pharma- und Laborzulieferer hat nach guten Geschäften im ersten Halbjahr seine Jahresprognose erhöht. Der Umsatz stieg um knapp 17 Prozent, der Gewinn um fast 27 Prozent. Bei der Aktie sorgt das für ein Plus von 2,7 Prozent. Sie war bereits am Freitag auf ein Allzeithoch gestiegen.

Ein Hinweis für Freunde der Charttechnik: Technische Analysten erwarten keine wirkliche Dynamik bei Dax in der laufenden Woche. Kurzfristig befinde sich der Markt weiter in einer Seitwärtsspanne und verharre zudem in Respekt vor einer über ein Jahr alten Abwärtstrendlinie, heißt es. Dazu geselle sich nun der Sommer - denn Urlaubszeit heiße umsatzlose Zeit, unterstreicht Christoph Geyer von der Commerzbank. Dies werde sich an allen Börsenplätzen bemerkbar machen. Allerdings haben die verschiedenen Börsen ein sehr unterschiedliches Aussehen: Während der Dow-Jones-Index weiterhin auf dem Weg nach oben sei, zeige sich der Dax eher in einer Seitwärtsbewegung.

Die insgesamt abnehmende Dynamik im Dax nach oben hebt auch Dirk Oppermann von der DZ-Bank hervor. Sie verliere knapp unterhalb der oberen Begrenzung der Handelsspanne bei rund 10.300 Punkten an Fahrt. Aus zyklischer Sicht könnte sich damit bereits zur Monatsmitte ein Zwischenhoch eingestellt haben. Der Analyst erwartet auch von den wichtigen US-Pendants wie Dow Jones und S&P-500 keine Unterstützung. Denn nach ihren charttechnischen Ausbrüchen zeigten sie nun Bedarf nach einem "Pullback" - also einer Konsolidierung

Gut eine Woche nach dem gescheiterten Putsch in der Türkei ist die Talfahrt der Istanbuler Börse derweil vorerst beendet: Der Leitindex  steigt 3,2 Prozent. In der Vorwoche hatte er allerdings mehr als 13 Prozent eingebüßt. Die türkische Währung erholt sich ebenfalls. Ein Dollar verbilligt sich um 1,1 Prozent auf 3,0303 Lira - bleibt damit aber in Reichweite seines Rekordhochs von 3,0955 Lira aus der Vorwoche.

Nach Einschätzung des HSBC-Anlagestrategen Murat Toprak fußt die Entspannung an der Istanbuler Börse auf zwei Faktoren.  "Erstens ist die Lage in der Türkei zwar labil, aber unter Kontrolle. Es gibt keine große Destabilisierung. Außerdem ist das weltwirtschaftliche Umfeld positiv."

US-Börsen: Anleger bleiben in Deckung

Mitten in der Bilanzsaison und kurz vor dem Zinsentscheid der US-Notenbank prägt zum Wochenbeginn Zurückhaltung den Handel an der Wall Street. "Der Markt wirkt derzeit müde", sagt Chef-Investmentstratege Metthew Tuttle von Tuttle Tactical Management. "Heute heißt es nur abzuwarten."

Der Dow-Jones-Index der Standardwerte verliert 0,5 Prozent auf 18.477 Punkte. Der breiter gefasste S&P-500 gibt 0,4 Prozent auf 2165 Zähler ab. Der Composite-Index der Technologiebörse Nasdaq tendiert nahezu unverändert bei 5098 Stellen.

Doch der Markt steht vor einer ereignisreichen Woche. Die Berichtssaison nehme weiter Fahrt auf, außerdem stünden wichtige geldpolitische Weichenstellungen an – unter anderem von der US-Notenbank Fed und der Bank of Japan (BoJ) an. "Die Märkte stehen vor einer möglicherweise entscheidenden Woche, und Händler halten ihr Pulver im Vorfeld risikobehafteter Ereignisse trocken", sagt Marktanalyst Richard Perry von Hantec Markets.

Bei den Einzelwerten steht Yahoo im Mittelpunkt des Geschehens. Der Internet-Pionier verliert nach langer Krise seine Eigenständigkeit und verkauft für knapp fünf Milliarden Dollar in bar sein Kerngeschäft an den US-Telekomkonzern Verizon. Yahoo geben 2,3 Prozent nach, während Verizon 1,6 Prozent zulegen.

Zu den Gewinnern gehören mit einem Kursplus von 18,8 Prozent auch die Aktien des Verizon-Konkurrenten Sprint. Dank heftiger Rabatte lockte das Telekomunternehmen mehr Vertragskunden an. Der Umsatz von rund acht Milliarden Dollar im abgelaufenen Quartal lag leicht über den Markterwartungen. Allerdings drückten die Aktionen das Unternehmen auch tiefer in die roten Zahlen.

Devisen: Euro legt zu

Der Euro zeigt sich fester. Er tendiert mit 1,0979 Dollar rund einen Viertel US-Cent über seinem Tagestief. In der Nacht war der Euro bis auf 1,0952 Dollar gefallen und damit auf den tiefsten Stand seit etwa einem Monat. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Freitagnachmittag noch auf 1,1014 Dollar festgesetzt.

Rohstoffe: Mehr Bohrlöcher in den USA

Gleichzeitig laufen weitere Anleger aus dem "sicheren Hafen" Gold aus. Die "Antikrisen-Währung" verbilligt sich um 0,5 Prozent auf 1314,63 Dollar je Feinunze. Verstärkt wird dieser Trend offenbar durch die anstehenden geldpolitischen Entscheidungen in den USA und in Japan. Die Fed könnte am Mittwoch dank einer Serie überraschend positiver Konjunkturdaten eine baldige Zinserhöhung signalisieren, schrieben die Experten der Essener National-Bank in einem Kommentar. Nach Aussage von Jochen Stanzl vom Brokerhaus CMC Markets rechnen Investoren zudem für Freitag fest mit der Ankündigung weiterer Konjunkturhilfen durch die japanische Zentralbank.

Auch die Ölpreise verändern sich nach deutlichen Verlusten in der Vorwoche wenig. Im Verlauf kostet ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im September 45,70 US-Dollar. Das ist ein Cent mehr als am Freitag. Der Preis für ein Fass der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) verharrte bei 44,19 Dollar.

Die Aussicht auf eine höhere Fördermenge in den USA habe die Ölpreise etwas belastet und eine Erholung gebremst, sagen Händler. Am Freitag hatte der Ölausrüster Baker Hughes gemeldet, dass die Zahl der Ölbohrlöcher in den USA weiter gestiegen ist. Mit der Zahl der Bohrlöcher steige auch die Sorge vor einem weiteren Überangebot an Rohöl auf dem Weltmarkt, hieß es aus dem Handel.

Asien: Hoffnungen liegen auf BoJ

Nintendo
Nintendo 46,04

Die Börsen Ostasiens verzeichneten einen ruhigen Wochenauftakt. Im Fokus standen Händlern zufolge wie an den Rohstoffmärkten die Zinssitzungen der US-Notenbank und der Bank of Japan.

In Tokio schloss der Nikkei-225-Index kaum verändert bei 16.620 Punkten. In Shanghai stiegen die Kurse im Schnitt um 0,1 Prozent. An der Börse in Hongkong zeigte sich der HSI knapp behauptet, belastet von Energie- und Rohstoffaktien, die wiederum unter einer Gewinnwarnung von Sinopec Engineering litten. Deren Aktien verbilligen sich um 5 Prozent. Die lahmende Weltwirtschaft und der Verfall der Ölpreise machen dem Unternehmen zu schaffen.

Gewinnmitnahmen ließen Nintendo und McDonald's Holdings (Japan) in Tokio um 18 und 12 Prozent fallen. Beide Aktien hatten in den zurückliegenden Wochen vom Pokemon-Go-Fieber profitiert. Für die Nintendo-Aktie ist es seit Einführung des Smartphone-Spiels um 89 Prozent nach oben gegangen. Nintendo hat nun allerdings mitgeteilt, dass sich der positive Einfluss von Pokemon Go auf die Ertragslage des Unternehmens in Grenzen halten werde.

Mazda-Aktien stiegen um 5,9 Prozent. Der Automobilkonzern hat im zweiten Kalenderquartal nach eigenen Angaben wohl einen Rückgang des operativen Gewinns um 6 Prozent verbucht, Analysten hatten jedoch Schlimmeres befürchtet. Das Europageschäft sei trotz des starken Yen gut gelaufen, teilte Mazda mit.

Die Aktien des chinesischen Immobilienkonzerns China Vanke fielen an der Börse in Hongkong um 0,7 Prozent. Die chinesische Börsenaufsicht hatte das größte heimische Immobilienunternehmen und seinen Hauptaktionär Baoneng Group am Freitag wegen mutmaßlicher Regelverstöße gerügt. 

Kleiner Fun Fact: In Hongkong trat am Montag eine Neuerung in Kraft. Börsenbetreiber Hong Kong Exchanges & Clearing (HKEX) führte zunächst probeweise eine Schlussauktion ein, wie sie an den Börsen vieler Industrieländer schon länger üblich ist. Dadurch verlängert sich der Handel um einige Minuten.

Das Prozedere wurde im Jahr 2008 schon einmal getestet. Damals brachen die Aktien des Schwergewichts HSBC Holding ein. Dieses Mal sei aber ein Mechanismus zur Volatilitätskontrolle "eingebaut"

Quelle: ntv.de, jga/mli/DJ/rts/dpa

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