Marktberichte

Börsen auf Talfahrt Dax schließt knapp über 9000

Der Dax an der 9000er-Schwelle: Am Morgen mussten Anleger noch um einen Schlusskurs über der Marke bangen.

Der Dax an der 9000er-Schwelle: Am Morgen mussten Anleger noch um einen Schlusskurs über der Marke bangen.

(Foto: dpa)

Der Tag endet besser als er begann: Nach einer wilden Achterbahnfahrt rettet sich der deutsche Leitindex mit einem vergleichsweise harmlosen Abschlag ins Wochenende. Zeitweise notierte der Dax so tief wie seit letztem Herbst nicht mehr.

Unruhige Zeiten am deutschen Aktienmarkt: Der Leitindex Dax geht nach einem wechselhaften Verlauf mit einem Minus von 0,33 Prozent bei 9009,32 Punkten aus dem Handel - und fällt damit auf den tiefsten Stand seit vergangenem Dezember.

Unter dem Druck aufkommender Kriegsängste hatte der Dax am Morgen erstmals seit knapp fünf Monaten unterhalb der Marke von 9000 Punkten eröffnet. Im Verlauf war das Börsenbarometer um bis zu 1,5 Prozent auf 8903,49 Zähler gefallen - auf den niedrigsten Stand seit Ende Oktober. Aus Angst vor einem neuen Irak-Krieg, neuerlichen Kampfhandlungen im Gazastreifen und einer Eskalation in der Ukraine hätten Anleger Aktien in großem Stil verkauft, hieß es aus dem Handel.

Am Nachmittag keimte kurzzeitig Hoffnung auf eine Entspannung der Ukraine-Krise auf und hievte den Leitindex kurzzeitig sogar ins Plus. Das Tageshoch des Dax liegt bei 9061,00 Punkten. Im Vergleich zur Vorwoche liegt der Dax 2,2 Prozent im Minus. In den vergangenen vier Wochen hat er knapp 9 Prozent einbüßt. Von seinem am 20. Juni markierten Allzeithoch bei 10.050 Punkten ist der Dax mittlerweile mehr als 1000 Punkte entfernt.

Der krisenbedingte Abwärtssog erfasste naturgemäß auch die deutschen Nebenwerte. Der MDax beendete den Freitagshandel 0,28 Prozent im Minus bei 15.297,48 Punkten. Der Technologiewerteindex TecDax schloss 0,67 Prozent im Minus bei 1155,51 Punkten. Der Eurostoxx50 gab 0,2 Prozent ab auf 3006,83 Zähler. Hier beläuft sich der Kursverlust auf Wochensicht auf knapp 3,3 Prozent. In Paris schloss der Cac 40 nahezu unverändert, während der FTSE 100 in London etwas nachgab.

Vor dem Wochenende sei eine "neuerliche Verkaufswelle" über das Frankfurter Börsenparkett "geschwappt", sagte Christian Henke von IG Markets. Positiv bewertete Henke, dass der Dax seine charttechnisch bedeutsame Unterstützungsmarken knapp unter 9000 Punkte verteidigt habe. Dies könne, so Henke, in der kommenden Woche eine Gegenbewegung nach oben auslösen.

"Die Übertreibung, die wir in Richtung 10.000 Punkte gesehen haben, findet nun auch in die entgegengesetzte Richtung statt", sagte Aktienhändler Andreas Lipkow vom Vermögensverwalter Kliegel & Hafner. Vor dem Wochenende war die Nachrichtenlage mit nur wenigen Unternehmenszahlen recht übersichtlich.

Starker Ausblick von der Allianz

Inmitten der trüben Stimmung konnten Analysten allerdings durchaus auch ermutigende Signale erkennen: Die Aussicht auf einen Rekordgewinn treibt Anleger zum Beispiel in Allianz-Aktien. Die im Dax gelisteten Titel von Europas größtem Versicherer kletterten gegen den Trend um 0,5 Prozent auf 121,90 Euro.

Der Versicherer sieht sich trotz der schwächelnden Vermögensverwaltungstochter Pimco für 2014 auf Rekordkurs. Im abgelaufenen Quartal steigerte das Unternehmen den Reingewinn um elf Prozent auf 1,8 Milliarden Euro. "Die Zahlen des zweiten Quartals 2014 fielen per Saldo besser als von den Marktteilnehmern erwartet aus", schrieb LBBW-Analyst Werner Schirmer in einem Kommentar.

Neben der Allianz konnten sich im Dax auch die Aktien des Vortagesverlierers Adidas im Plus halten. Die Titel des Sportartikelherstellers verteuerten sich nach tagelangen Kursverlusten um 2,2 Prozent auf 56,70 Euro. Neben diesen beiden Indexstützen tauchten im Lauf des Handels weitere Titel auf der Gewinnerliste auf. Stärkere Aufschläge verzeichneten Händler bei ThyssenKrupp mit plus 3,0 Prozent und bei K+S mit plus 2,5 Prozent. Eine Kaufempfehlung durch die Bank of America-Merrill Lynch habe ThyssenKrupp zum größten Dax-Gewinner gemacht, hieß es. Bei Adidas dagegen dürften "Schnäppchenjäger" zugegriffen haben.

Starke Absatzzahlen kamen am Morgen aus dem Automobilsektor: Der Münchner Autobauer BMW hat im Juli erneut mehr Fahrzeuge verkauft. Im vergangenen Monat setzte der Konzern knapp 164.000 Neuwagen ab und damit fast 8 Prozent mehr als vor einem Jahr. Für die ersten sieben Monate steht damit ein Plus von 7 Prozent auf 1,18 Millionen Autos in den Büchern. In diesem Jahr will BMW erstmals die Zahl von zwei Millionen verkauften Autos der Marken BMW, Mini und Rolls-Royce knacken. Die BMW-Aktie legte um 0,2 Prozent zu auf 86,39 Euro. Etwas besser sah es bei einem weiteren Autobauer aus: Die Aktien von Daimler gewannen 0,5 Prozent auf 59,27 Euro. Die Vorzugsaktien von VW wichen dagegen um 0,7 Prozent zurück auf 165,50 Euro.

Mit verdunkelten Perspektiven müssen auch die Fluggesellschaften umgehen. Die Airlines dürften von einer andauernden Sanktionsspirale zwischen Russland und dem Westen unmittelbar betroffen sein: Die Aktien der Lufthansa sacken als größter Dax-Verlierer des Tages am unteren Indexende um 2,5 Prozent ab auf 12,17 Euro. Analysten der US-Großbank Morgan Stanley hatten ihre Empfehlung an Lufthansa-Aktionäre auf "Untergewichten" gesenkt.

Abgesehen davon leiden europäische Airline-Aktien generell unter der Sorge, Russland könnte im Rahmen von Gegenmaßnahmen die Flugrouten über Sibirien aussetzen. Dann müssten längere und teure Umwege geflogen werden, heißt es. Die Papiere von Lufthansa, Deutscher Telekom und Beiersdorf bildeten das Schlusstrio im Dax mit Verlusten von jeweils mehr als 2 Prozent.

Im MDax ragten die Titel von Rhön-Klinikum nach der Vorlage von Halbjahreszahlen heraus. Am Nachmittag zog der Aktienkurs deutlich an und notierte zuletzt gut 2,9 Prozent fester bei 23,19 Euro. Im TecDax sorgt unterdessen die Bilanzvorlage beim IT-Anbieter Bechtle für zeitweilige Kursverluste. Am Abend gingen die Bechtle-Aktien 0,6 Prozent fester bei 56,62 Euro aus dem Handel.

"Diese Maßnahme zieht eine rote Linie"

Die Entwicklungen im Irak und in der Ukraine hielten Anlagestrategen in Atem: "Nachdem US-Präsident Barack Obama Luftschläge gegen die vorrückenden IS-Extremisten im Irak angeordnet hat, ist die Sorge vor einer erneuten länger andauernden militärischen Auseinandersetzung zwischen Islamisten und den USA mit voller Wucht an die Finanzmärkte zurückgekehrt", sagte Analyst Niall Delventhal vom Brokerhaus FXCM.

Ungeachtet der ersten US-Luftangriffe gegen die Stellungen der Islamisten gab die richtungsweisende Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee ihre anfänglichen Gewinne wieder ab und notierte am Abend 0,7 im Minus bei 104,70 Dollar je Barrel (159 Liter). "Diese Maßnahme zieht eine rote Linie, die IS nicht überschreiten darf und stabilisiert sowohl den Süd-Irak als auch Kurdistan", betonte Analyst Olivier Jakob vom Research-Haus Petromatrix.

Die Aktienanleger an der Wall Street ließen sich vom Eingreifen des US-Militärs im Irak kaum beeindrucken. Dow Jones, Nasdaq und S&P 500 notierten zum Handelsschluss in Europa zwischen 0,3 und 0,4 Prozent im Plus. Hier hellten Aussagen von Nikolai Patruschew, dem Chefs des russischen Sicherheitsrates, die Stimmung auf. Dieser hatte in einem Interview mit der Nachrichtenagentur RIA Nowosti gesagt: "Russland wird weiterhin alle Anstrengungen unternehmen, um die Spannungen schnell zu verringern." Die Leitindizes der Moskauer Börse schlossen sogar jeweils mehr als 1 Prozent im Plus.

Die versöhnlichen Töne aus Moskau dämpften die Nachfrage nach sicheren Anlagen wie Gold. Die "Antikrisen-Währung" gab ihre anfänglichen Gewinne ab und verlor 0,1 Prozent auf 1311 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm).

Am deutschen Rentenmarkt sank die Umlaufrendite börsennotierter Bundeswertpapiere von 0,91 auf 0,86 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 0,17 Prozent auf 137,35 Punkte. Der Bund-Future notierte mit minus 0,01 Prozent bei 149,47 Punkten so gut wie unverändert. Der Kurs des Euro stieg. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,3388 (Donnerstag: 1,3368) Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,7469 (0,7481) Euro.

Düstere Aussichten

Der zeitweilige Kursrutsch im Dax weckt Sorgen vor einem anhaltenden Ausverkauf. Mahnende Stimmen hatten schon beim Aufstieg über die 8000er-Schwelle von einer etwaigen Überbewertung deutscher Aktien gewarnt. Allgemein galt der Zustrom des billigen Geldes durch die außergewöhnliche und überaus umfangreiche Niedrigzinspolitik der Zentralbanken im Euro- und Dollarraum als ein kurstreibender Faktor.

Mit der Aussicht auf eine bevorstehende Zinswende in den USA scheint sich dieses Einstiegsargument zunehmend abzuschwächen. Stattdessen müssen sich Investoren auf unterschiedliche Zinsniveaus diesseits und jenseits des Atlantiks einstellen.

Quelle: ntv.de, mmo/bad/AFP/DJ/dpa/rts

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