Marktberichte

Spekulationen um EZB-Kurs Dax verliert in den letzten Minuten

Bulle oder Bär? Im Dax wird hart gerungen.

Bulle oder Bär? Im Dax wird hart gerungen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Nervosität herrscht zum Wochenstart am deutschen Aktienmarkt vor. Nach einem kurzen Abstecher ins Plus kommen die Kurse zurück, drehen ins Minus und klettern danach wieder. EZB, Konjunktur und Stockpicking sind die beherrschenden Themen am Markt.

Der Start in die neue Handelswoche ist am deutschen Aktienmarkt missglückt. Nach einem positiven Beginn kamen vor allem die Dax-Titel zurück und drehten am Mittag sogar ins Minus. Am Nachmittag lieferte eine positive Eröffnung der Wall Street noch einmal frische Impulse, aber am Ende steht das Minus - und der Verlust der 9600er Marke. Das Geschäft sei von der Bilanzkosmetik der Fonds zum Quartalsende geprägt, sagte Philippe Gijsels, Chef-Analyst von BNP Paribas Fortis Global Markets.

Der Dax schloss 0,3 Prozent im Minus bei 9556 Zählern und damit deutlich unter der 9600er Marke. Der MDax schaffte ein Plus von 0,1 Prozent auf 16.462 Punkte. Der TecDax legte 0,5 Prozent auf 1252 Stellen zu.

Quartal schlägt März

Dank seiner Rally in der Vorwoche, als der Dax 2,6 Prozent zugelegen konnte, sammelte er dennoch seinen siebten Quartalsgewinn in Folge ein. Das ist die zweitlängste Positiv-Serie seiner Geschichte. In den 1990er Jahren hatte er einmal 13 Quartale hintereinander zugelegt.

Der Jahresauftakt ist üblicherweise eine gute Zeit für Aktienanleger. In seiner mehr als 25-jährigen Geschichte beendete der Dax ein erstes Quartal in zwei Dritteln der Fälle mit einem Plus.

Seine März-Bilanz fiel dagegen schlechter aus. Vor allem wegen der Krim-Krise gab der Leitindex auf Monatssicht rund ein Prozent ab. Das ist das größte Minus in einem März seit 2011 und einer der größten März-Verluste überhaupt.

Was macht die EZB?

Spekulationen auf zusätzliche Geldspritzen führender Notenbanken hatten dem deutschen Leitindex in der vergangenen Woche das satte Kursplus beschert. Frische Verbraucherpreis-Daten schlugen nun erneut in diese Kerbe: "Nach den Daten aus Spanien und Deutschland am Freitag ist die Inflationsrate keine Überraschung mehr", so ein Händler. In der Eurozone beläuft sich die vorläufige Teuerungsrate im März auf plus 0,5 Prozent, der Markt hatte mit einem Plus von 0,6 Prozent gerechnet. "Die Deflationssorgen und mithin die Erwartungen einer Lockerung der Geldpolitik durch die EZB bleiben erhalten" sagte Ralf Umlauf, Marktstratege bei der Helaba.

Allerdings kursierten Gerüchte, dass die Europäische Zentralbank (EZB) durchaus auch über eine Anhebung der Leitzinsen nachdenken könnte. Das dürfte die Euphorie etwas einbremsen. Hintergrund war ein Magazinbericht, wonach die Bundesregierung mit höheren Zinsen im kommenden Jahr rechnet. Diese Spekulationen befeuerten auch frische Einzelhandelsdaten, die besser ausgefallen waren, als vom Markt erwartet. "Der Donnerstag wird ein ganz besonders spannender Tag werden", sagte n-tv-Börsenexpertin Katja Dofel.

Vorsichtige Stimmen waren aus dem Lager der charttechnisch orientierten Beobachter zu vernehmen. "Mit der starken Performance seit Monatsmitte ist der Dax allerdings wieder in die obere Begrenzung seiner aktuellen Handelsspanne zwischen 9000 und 9700 Punkte hineingelaufen", erklärte ein Beobachter. Nun bleibe abzuwarten, ob er nach der jüngsten Aufwärtsbewegung noch die Kraft habe, nach oben durchzulaufen.

Von Lufthansa bis VW

Bei den Einzelwerten standen im Dax gleich mehrere Werte im Fokus: Lufthansa verloren 0,2 Prozent. Wegen der Streikdrohung ihrer Piloten stellt die Airline ihren Flugbetrieb ab Mittwoch für drei Tage weitgehend ein. Betroffen seien rund 425.000 Fluggäste, so die größte deutsche Fluglinie.

VW bei Scania ausgebremst

Ein anderes Thema waren die Aussichten bei Volkswagen. Der schwedische Pensionsfonds AMF hatte die Offerte des Konzerns zur Komplettübernahme des Lkw-Herstellers Scania zurückgewiesen. Das Angebot aus Wolfsburg entspreche nicht dem langfristigen Wert des Nutzfahrzeugspezialisten, hieß es. Der Pensionsfonds hält zwar nur 0,83 Prozent an den Schweden, er ist aber der erste bedeutende Investor bei Scania, der sich gegen den Deal ausspricht.

VW will mit der kompletten Übernahme der Schweden die nur schleppend vorankommende Nutzfahrzeug-Allianz unter dem eigenen Konzern-Dach vorantreiben. Volkswagen hält zwar bereits knapp 63 Prozent an Scania. Entsprechend bewertet die Offerte die Scania-Anteile, die VW noch nicht hält, mit rund 6,7 Milliarden Euro, was einer saftigen Prämie für die verbliebenen Aktionäre entsprach. Die Titel schossen 0,3 Prozent tiefer, kanpp über der 188-Euro-Marke. "Der Deal kommt, die Frage ist nur: zu welchem Preis", sagte Cornelia Frey von der Stuttgarter Börse dazu.

RWE-Aktien waren nach dem Verkauf der Öl- und Gasfördertochter RWE Dea einer der größten Dax-Verlierer mit minus 1,3 Prozent. "Wir sehen die Transaktion nicht als großen Befreiungsschlag für RWE", sagte Sven Diermeyer von Independent Research. Zwar baue RWE Schulden ab und spare künftige Investitionen bei Dea. Dem stünden aber Gewinneinbußen und Wachstumsperspektiven gegenüber.

Papiere von HeidelbergCement und Lanxess gehörten dagegen nach positiven Analystenkommentaren zu den größten Gewinnern im Dax. Anleger wie Aktienfonds könnten diese Titel mit Blick auf den Quartalsultimo noch ins Portfolio nehmen, um sie als Gewinner ausweisen zu können. HeidelbergCement verteuerten sich um 1,8 Prozent, Lanxess um 1,2 Prozent.

Ebenfalls gefragt waren die Banken: Deutsche Bank legten 0,5 Prozent zu, Commerzbank sogar 1,8 Prozent. Hintergrund könnte Marktteilnehmern zufolge ein IWF-Bericht sein, nachdem europäische Großbanken 2013 einen Finanzierungsvorteil eingefahren haben. Dieser geldwerte Vorteil beläuft sich demnach auf bis zu 300 Milliarden Euro.

Von Aareal bis ElringKlinger

Bei den Nebenweren richteten sich die Blicke auf die Aareal Bank. Die Aussicht auf eine Rückzahlung der letzten Staatshilfen schob die Titel an. Die Aktien der Immobilienbank legten 1,8 Prozent zu und zählten damit im MDax zu den Favoriten. Finanzvorstand Hermann Josef Merkens hatte der "Börsen-Zeitung" vom Wochenende gesagt, er gehe davon aus, Mitte dieses Jahres den Soffin nicht mehr an Bord zu haben. "Das wird vom Markt positiv aufgenommen", sagte ein Händler. Viele Anleger hätten allerdings schon damit gerechnet. Unterstützt würde der Kurs auch von Aussagen Merkens zu einer möglichen Sonderausschüttung.

Ebenfalls positiv präsentierten sich ElringKlinger. Ein positiver Kommentar der Analysten der Commerzbank gibt neuen Auftrieb. Die Aktien stiegen um 0,9 Prozent. Die Analysten hatten die Aktien auf "hold" von "reduce" gestuft. ElringKlinger hätten sich im Vergleich zu den Titeln ihrer Wettbewerber zuletzt deutlich schlechter entwickelt. Das sei nicht gerechtfertigt, hieß es.

Im TecDax rückten Evotec fast 2 Prozent vor, nachdem das Unternehmen eine Allianz mit Convergence im Bereich Schmerz angekündigt hat.

Zufriedenheit im SDax

Im SDax konnten Titel des Maschinenbauers Wacker Neuson 4,4 Prozent zulegen. Der Grund: 2013 wurde mit einem Rekordumsatz abgeschlossen. Wie Wacker mitteilte, war der Umsatz des etwa auf kleine Bagger und Radlader spezialisierten Konzerns um gut 6 Prozent auf rund 1,16 Milliarden Euro geklettert. Unter dem Strich verdienten die Münchner rund 61 Millionen Euro, 13 Prozent mehr als 2012.

MLP zogen 2,3 Prozent an, ebenfalls nach Geschäftszahlen: Der Finanzdienstleiter bescheinigte sich selbst einen guten Start ins Jahr. "Es läuft besser als vor zwölf Monaten", sagte Vorstandschef Uwe Schroeder-Wildberg. Er sei mit dem Jahresstart "durchaus zufrieden". Die Anleger offenbar auch.

Titel von Grammer legten ebenfalls nach der Vorlage endgültiger Jahreszahlen und einer angehobenen Dividende zu - um 2,4 Prozent zu. Aktien von Air Berlin sackten am Index-Ende um weitere 2,1 Prozent ab. Das Unternehmen hat in der vergangenen Woche zum zweiten Mal seine Bilanzvorlage für 2013 verschoben und muss sich nun gegen Vorwürfe von Anlegerschützern wehren.

Quelle: ntv.de, bad/mmo/DJ/dpa/rts

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