Marktberichte

Kriegsangst am Aktienmarkt Dax schließt tief im Minus

Der Tag beginnt schwach: Bis zum Abend gibt der Dax weiter nach.

Der Tag beginnt schwach: Bis zum Abend gibt der Dax weiter nach.

(Foto: REUTERS)

Die drohende Eskalation des Syrien-Konflikts lastet schwer auf dem deutschen Leitindex: Unter dem Druck der Syrien-Krise weitet der Dax seine Verluste immer weiter aus. Solide Konjunktursignale aus der deutschen Wirtschaft können die Stimmung kaum stabilisieren.

Die Aussichten auf einen westlichen Militärschlag im Nahen Osten haben den deutschen Aktienmarkt am zweiten Handelstag der Woche tief in die Verlustzone gedrückt. Selbst unerwartet starke Konjunktursignale aus Deutschland konnten die Stimmung der Anleger nicht aufhellen. Am Abend ging der Leitindex Dax mit einem Abschlag von knapp 193 Zählern oder 2,28 Prozent auf einem Stand von 8242,56 Punkten aus dem Handel. Der Nebenwerteindex MDax büßte 1,97 Prozent ein auf 14.517,48 Punkte. Der technologielastige TecDax beendete den Dienstag 2,37 Prozent im Minus bei 1021,03 Punkten.

Die Angst vor einer Eskalation in Syrien und die Debatte um gepolitische Kriegsszenarien beherrschte das Geschehen am deutschen Aktienmarkt: Das drohende Kriegsrisiko löst an den Märkten größere Umschichtungen aus. Auf der Suche nach einem "sicheren Hafen" flüchteten einige Anleger in die Weltleitwährung Dollar. Besonders hart traf es die Märkte in der Türkei. Die Börse in Istanbul fiel um fast fünf Prozent, die türkische Lira sank zum US-Dollar und zum Euro auf Rekordtiefs. Auch türkische Staatsanleihen verbuchten deutliche Verluste. Entsprechend erhöhten sich die Risikoaufschläge. Der russische Rubel fiel auf ein Vier-Jahres-Tief.

Im Gegenzug schossen in Europa die Volatilitätsindizes VDax und VStoxx, die die Nervosität der Anleger messen, zeitweise um jeweils etwa 15 Prozent in die Höhe. "Die Äußerungen der USA sind mehr als eindeutig, an den Märkten stellt man sich jetzt auf das Schlimmste ein", sagte ein Händler. Marktstratege Jörg Rahn von Marcard, Stein & Co. mahnte allerdings zur Besonnenheit. "Kritisch wird es erst, wenn Iran und Russland mit wirtschaftlichen Konsequenzen auf ein Eingreifen der USA in Syrien reagieren würden." Global-Equities-Analyst David Thebault geht davon aus, dass die Anleger die Unsicherheit für Gewinnmitnahmen nutzen. Zurzeit sei das ganze Ausmaß der Krise noch schwer vorherzusagen, daher machten viele Investoren jetzt Kasse, sagt der Experte.

Zuflucht suchten die Investoren in der "Antikrisen-Währung" Gold. Das Edelmetall verteuerte sich um knapp 1 Prozent auf 1417,60 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm), den höchsten Stand seit fast drei Monaten. Gefragt waren auch deutsche Staatsanleihen, der Bund-Future gewann 58 Ticks auf 140,63 Punkte. Am Ölmarkt kletterte der Preis für die richtungweisende Nordseeölsorte Brent um 2,9 Prozent auf ein Sechs-Monat-Hoch von 113,95 Dollar je Barrel (159 Liter). Im Falle eines Militärschlags steige die Gefahr einer Eskalation der Situation im Nahen Osten, was die Ölpreise in Richtung 120 Dollar steigen lassen dürfte, prognostizierten die Analysten der Commerzbank.

Selbst der am Vormittag veröffentlichte Anstieg beim Ifo-Geschäftsklimaindex konnte die Stimmung am Aktienmarkt nicht stützen: Dabei ist der Ifo-Index im August zum vierten Mal in Folge gestiegen. Das wichtigste Stimmungsbarometer für die deutsche Wirtschaft kletterte von 106,2 auf 107,5 Punkte, wie das Ifo Institut mitteilte. Der Index blieb damit im Rahmen der Erwartungen: Im Vorfeld befragte Experten hatten mit einem Anstieg auf 107,0 Punkte gerechnet.

"Das Signal einer konjunkturellen Trendwende wird untermauert und so ist im dritten Quartal mit einem fortgesetzten Wirtschaftswachstum in Deutschland zu rechnen", kommentierte Ralf Umlauf von der Helaba die Ifo-Daten. Erfreulich sei insbesondere, dass sich die Geschäftserwartungen aufgehellt hätten, bei gleichzeitig verbesserter Lageeinschätzung. Zinssenkungserwartungen dürften unterdessen angesichts dieser Aussichten weiter gedämpft werden.

Der Syrien-Konflikt mit dem drohenden Militärschlag des Westens überschattete selbst den Handel mit Einzelwerten: Besonders deutlich litten Luftfahrt- und Touristikwerte unter den Syrien-Ängsten und einem daraus resultierenden Ölpreisanstieg. Die Aktien der Lufthansa büßten als einer der schwächsten Titel im Dax mehr als dreieinhalb Prozent ein. Tui-Papiere sackten als Schlusslicht im Index der mittelgroßen Werte sogar um 6,63 Prozent ab.

"Mit Syrien ist das gesamte östliche Mittelmeer inklusive Ägypten, Griechenland, Türkei, Zypern und Israel von den Spannungen betroffen", meinte ein Händler. Für die Reiseanbieter handele es sich um eine wichtige Zielregion. Die Aktien von Tui gaben um 6,6 Prozent nach, Thomas Cook verloren sogar um 8,5 Prozent. Die Aktien der Ölkonzerne BP und Royal Dutch Shell stiegen im Fahrwasser steigender Ölpreise um 0,9 beziehungsweise 1,4 Prozent. Der Sektor Öl und Gas konnte als einziger Sektor zulegen.

Die Aktienmärkte in der Nachbarschaft Syriens gingen ebenfalls in die Knie. Der Leitindex der Istanbuler Börse fiel im Verlauf auf ein Elf-Monats-Tief von 66.680,20 Punkten. Die Börsen in Israel, Kuwait und Saudi-Arabien verloren zwischen zwei und vier Prozent. Der Leitindex von Dubai brach sogar um mehr als sieben Prozent. Das ist der größte Tagesverlust, seit das Land 2009 in Zahlungsschwierigkeiten geraten war.

Im Dax schienen Anleger nicht nur auf die Kriegsdrohung zu reagieren: Weit oben auf der Verkaufsliste tauchten Finanzwerte, Industrietitel und Aktien aus dem Automobilsektor auf: ThyssenKrupp verlieren 3,1 Prozent. VW und BMW ziehen sich um jeweils rund 3,2 Prozent zurück. Deutsche Bank fallen als zweitschwächster Wert um 4,7 Prozent zurück. Commerzbank büßen am Dax-Ende 5,5 Prozent ein.

K+S und Lanxess im Plus

Die Anteilsscheine von K+S waren mit plus 0,42 Prozent einer von nur zwei Gewinnern im deutschen Leitindex. Wie schon zum Wochenauftakt profitierten sie Händlern zufolge vom offenbar eskalierenden Kalidünger-Streit zwischen Weißrussland und dem russischen Kaligiganten Uralkali. Hintergrund ist der überraschende Ausstieg von Uralkali aus einer Vertriebspartnerschaft mit dem weißrussischen Unternehmen Belaruskali. Der Schritt hatte Ende Juli Spekulationen über einen scharfen Kali-Preisrutsch ausgelöst. Nun hofften einige Anleger offenbar darauf, dass es nicht so weit komme, sagte ein Analyst. Hinter K+S folgten die Anteilsscheine von Lanxess mit einem Aufschlag von 0,15 Prozent.

Die übrigen wichtigen Börsen in Europa verzeichneten ebenfalls schwere Kursverluste. Der Eurostoxx50 schloss 2,56 Prozent niedriger bei 2749,27 Punkten. Der Pariser Cac 40 sackte ähnlich kräftig ab. Für den FTSE 100 in London ging es nicht ganz so stark nach unten. In den USA notierte der Dow Jones Industrial zum europäischen Handelsschluss rund ein halbes Prozent schwächer.

Am Rentenmarkt fiel die Umlaufrendite börsennotierter Bundeswertpapiere von 1,60 Prozent am Montag auf 1,55 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 0,20 Prozent auf 132,52 Punkte. Für den Bund Future ging es um 0,45 Prozent auf 140,64 Punkte nach oben. Der Kurs des Euro kletterte bis zum europäischen Börsenschluss auf 1,3389 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs auf 1,3338 (Vortag: 1,3361) Dollar festgesetzt. Der Dollar kostete damit 0,7497 (0,7485) Euro.

Bewegung bei Rom-Bonds

Aus Furcht vor einem Bruch der Regierungskoalition in Rom haben sich Anleger von italienischen Staatsanleihen getrennt. Die Rendite der richtungsweisenden zehnjährigen Titel stieg auf bis zu 4,692 Prozent von 4,39 Prozent am Vortag. Damit lag sie rund 50 Ticks über denen für vergleichbare spanische Papiere. Für zusätzlichen Druck sorgte die Emission frischer italienischer Bonds, sagte Anlagestratege Nick Stamenkovic von RIA Capital Markets.

Italien verkaufte am Dienstag Staatspapiere im Volumen von etwa vier Milliarden Euro. Für Mittwoch ist eine 8,5 Milliarden Euro schwere Auktion sechsmonatiger Titel geplant und für Donnerstag die Emission fünf- und zehnjähriger Anleihen im Volumen von bis zu sechs Milliarden Euro. Für die am Dienstag verkauften zweijährigen Nullkupon-Anleihen (Volumen: drei Milliarden Euro) musste Italien mit 1,87 Prozent eine etwas höhere Rendite bieten als bei der vorangegangenen Auktion. Bei den fünf- und zehnjährigen inflationsgebundenen Papieren lagen die Renditen bei 2,3 beziehungsweise 3,3 Prozent.

Quelle: ntv.de, mmo/DJ/dpa/rts

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