Marktberichte

Zweifel am Trump-Boom US-Aktienmärkte sacken ab

An der Wall Street ging es im Laufe des Tages bergab.

An der Wall Street ging es im Laufe des Tages bergab.

(Foto: REUTERS)

Die Wall Street beendet den Handel mit dem kräftigsten Tagesminus seit September. Vor allem bei den Bankenwerten geht es nach unten. Und während die Ölpreise anspringen, gehen Anleger in Deutschland mit einem schmalen Kursplus in den Abend.

Die US-Aktienmärkte haben den größten Kursrückgang seit einem halben Jahr erlebt. Der Leitindex Dow Jones Industrial schloss 1,14 Prozent tiefer bei 20.668,01 Punkten - zuletzt war es im September vergangenen Jahres derart kräftig bergab gegangen. Der Index ging überdies fast auf seinem Tagestief aus dem Handel.

Ein Börsianer sprach von Gewinnmitnahmen nach der Trump-Rally der vergangenen Wochen. Zudem machten sich Investoren Sorgen, dass die neue Regierung Probleme bekommen könnte, etwa die von ihr versprochenen Steuererleichterungen durchzusetzen. Am Markt ging die Befürchtung um, dass sich der Kongress in Washington zunächst in langwierigen Grabenkämpfen um die Rückabwicklung der unter Trumps Vorgänger Barack Obama verabschiedeten Gesundheitsreform verzetteln könnte.

Die Republikaner hätten zuerst die Steuerreform angehen sollen, sagte Portfolio-Stratege Brian Jacobsen vom Wells Fargo Funds Management. "Sie kommen mehr wie ein bunter Haufen rüber als wie eine Partei, die etwas gebacken kriegt." "Ich glaube, der Markt beginnt nun die Wahrscheinlichkeit der angekündigten Trump-Maßnahmen abzuwägen gegenüber dem Enthusiasmus seit der Wahl im November", sagte Jack Ablin, Investment-Stratege bei BMO Private Bank.

Belastung kam zudem von weiter sinkenden Ölpreisen. Verstärkt wurde der Abwärtsstrudel von einem Pressebericht, wonach Nordkorea sein Atomprogramm beschleunigen wolle. Vor allem Bankaktien verloren deutlich an Wert. Händler verwiesen in diesem Zusammenhang auf die merklich gestiegenen US-Anleihenkurse, die sinkende Renditen zur Folge hatten.

Der S&P 500 fiel um 1,24 Prozent auf 2344,02 Zähler - auch hier war es zuletzt vor einem halben Jahr derart kräftig bergab gegangen. Der Technologiewerte-Index Nasdaq 100 endete bei 5332,53 Punkten und somit 1,49 Prozent unter seinem Schlusskurs vom Vortag. Kurz nach Handelsstart war er noch auf ein Rekordhoch bei gut 5439 Punkten geklettert. Dann jedoch drehte der Markt.

Unter den Einzelwerten standen die massiven Kursverluste einiger großer Bankenaktien im Fokus. So waren die Papiere von Goldman Sachs und JPMorgan mit Abschlägen von 3,8 Prozent beziehungsweise 2,9 Prozent ganz unten im Dow zu finden. Die Titel der Bank of America sackten um 5,8 Prozent ab und jene von Morgan Stanley um 4,3 Prozent. Apple-Papiere glänzten im frühen Handel mit einem neuen Höchststand von 142,80 US-Dollar. Dies entsprach einem Unternehmenswert von rund 750 Milliarden Dollar. In Reaktion auf den abbröckelnden Gesamtmarkt fielen sie jedoch ebenfalls und verloren letztlich knapp 1,2 Prozent. Der Elektronikkonzern will mit einem preiswerteren iPad-Modell den Tablet-Markt neu beleben.

Dax schließt nur knapp im Plus

Eine spektakuläre Weichenstellung prägt den letzten Handelstag im November: In Wien können sich die Vertreter der 14 Opec-Staaten auf eine Deckelung der Fördermengen einigen. Erklärtes Ziel der künstlichen Verknappung ist es, die Rohstoffpreise anzuheben. Der Preis für Rohöl der Nordseesorte Brent zieht kräftig an und klettert dabei auch über die psychologisch bedeutsame 50-Dollar-Schwelle.

Am deutschen Aktienmarkt hält sich die Begeisterung dagegen in Grenzen: Der Leitindex Dax beendet den Handelstag lediglich 0,19 Prozent fester bei 10.640,30 Punkten. Im frühen Handel hatte die Vorfreude auf eine Opec-Einigung und die Neuauflage der Fusionsverhandlungen zwischen Linde und Praxair ausgereicht, um die schwelende Angst vor dem Italien-Referendum vorerst in den Hintergrund zu drängen. Der Nebenwerteindex MDax geht 0,06 Prozent fester bei 20.876 Punkten. Im technologielastigen TecDax verzeichnen Händler einen Anstieg um 0,19 Prozent auf 1717 Punkte.

Die Anleger hätten sich fürs Abwarten entschieden, meinte ein Marktbeobachter mit Blick auf die zaghaften Aufschläge. "Der Dax handelt weiter im Niemandsland zwischen 10.550 und 10.800 Punkten und wartet auf einen Impulsgeber, der kurz vor Weihnachten noch einmal etwas an Schwung aufs Börsenparkett bringt", sagte Marktbeobachter Jens Klatt.

Das Thema Öl reichte als Impulsgeber offenbar nicht aus: Wie am späten Nachmittag aus Wien verlautete, einigten sich die Opec-Minister bei ihrem Treffen in der österreichischen Hauptstadt auf eine Kürzung der Ölproduktion. Die Organisation beschloss, eine im Grundsatz bereits getroffene Einigung über geringere Fördermengen nun konkret umzusetzen. Die tägliche Fördermenge soll demnach um insgesamt 1,2 Millionen Barrel reduziert werden. Damit könnten auch höhere Preise für Benzin und Heizöl kommen.

Ein steigender Ölpreis könnte indirekt die Weltwirtschaft ankurbeln, indem er die Konjunktur in rohstoffreichen Staaten - darunter viele Schwellenländer - beflügele, erklärte n-tv Börsenkommentatorin Katja Dofel. Im Gegenzug könnte ein steigender Preis rohstoffintensive Branchen wie etwa die Luftfahrt belasten. "Es klingt kompliziert, aber unter dem Strich machen die Börsen derzeit etwas Positives daraus", meinte die n-v Moderatorin.

Linde-Fusion im zweiten Anlauf?

Steil aufwärts geht es für die Aktien von Linde: Der Gase-Konzern und US-Rivale Praxair könnten nach den im September gescheiterten Verhandlungen einen neuen Anlauf für eine Fusion nehmen, heißt es. Praxair habe einen modifizierten Vorschlag vorgelegt, teilte Linde mit. Praxair bestätigte dies. Die Aktie von Praxair geht am Abend an der Dax-Spitze mit plus 4,7 Prozent aus dem Handel. Etliche Analysten erhöhten ihre Kursziele für Linde oder stuften die Aktie hoch.

Die Aktien von BASF verteuern sich um 2,9 Prozent, gestützt von der Rally der Öl- und Gaspreise an den Rohstoffmärkten. Mit den bei der Tochter Wintershall gebündelten Öl- und Gasaktivitäten hat BASF im vergangenen Jahr einen operativen Gewinn von rund 2,6 Milliarden Euro erzielt, rund ein Viertel des Konzerngewinns. Auch in der zweiten Reihe sind Chemiewerte gesucht. So steigen Covestro um 3,2 Prozent und Evonik um 1,4 Prozent. Wacker Chemie legen um 2 Prozent zu und Siltronic um 3 Prozent.

Bei den Aktien der Lufthansa wirken Experten zufolge aktuell zwei starke Einflüsse auf den Kurs: Auf der einen Seite wirft der anhaltende Arbeitskampf der Piloten dunkle Schatten auf das wichtige Passagiergeschäft der Airline. Aufgrund des Streiks gingen bei der Lufthansa einem Zeitungsbericht zufolge bereits weniger Buchungen ein. Negativ wirkt sich auf der andere Seite zudem der Ölpreis auf den Lufthansa-Kurs aus. Hier könnten die Treibstoffkosten künftig höher ausfallen. Höhere Flugpreise wiederum könnten die Nachfrage dämpfen. Der Kurs der Lufthansa-Aktie geht am Indexende um 1,6 Prozent zurück.

Die Buchungsrückgänge, seien "deutlich spürbar", berichtete die "Bild"-Zeitung unter Berufung auf Unternehmenskreise und Kreise der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit. Zugleich sei die Auslastung der trotz Streiks durchgeführten Langstreckenflügen erheblich gesunken, zitierte das Blatt aus einem Schreiben der Gewerkschaft an ihre Mitglieder. Die Auslastung liege zum Teil bei weniger als zehn Prozent. An diesem Mittwoch fallen wegen des anhaltenden Ausstands 890 Flüge auf der Kurz-, Mittel- und Langstrecke aus. Davon sind laut Lufthansa etwa 92.000 Passagiere betroffen.

Die Aktien der Commerzbank ziehen um 2,5 Prozent an. Die Titel der Deutschen Bank verteuern sich um 1,4 Prozent. Händler berichteten von spekulativen Käufen italienischer Bankaktien im Vorfeld des Verfasssungsreferendums in Italien am Sonntag.

Bei SGL Carbon hat unterdessen der Handel mit den Bezugsrechten für 30 Millionen Aktien einer Kapitalerhöhung begonnen. Der Aktienkurs handelte um den Preis für die Rechte bereinigt 9,0 Prozent niedriger.

Steinhoff vom Handel ausgesetzt

Für skeptische Blicke sorgte eine Sicherheitsmaßnahme der Deutschen Börse mit Aktien von Steinhoff. Der Handel mit Steinhoff International musste kurz nach 11.00 Uhr zeitweise vom Handel ausgesetzt werden. Grund waren Unregelmäßigkeiten. Das Papier, das an mehreren Börsen gelistet ist, soll an verschiedenen Tagen mit Dividendenabschlag gehandelt worden sein. Bereits am Nachmittag wurde das Papier wieder regulär - ohne Abschlag - gehandelt.

Wenig stützende Signale kamen am Morgen von Konjunkturseite: Deutschlands Einzelhändler haben einen Monat vor dem Start des wichtigen Weihnachtsgeschäfts weniger Umsatz verbucht. Die Erlöse sanken im Oktober preisbereinigt gegenüber dem Vorjahr um 1,0 Prozent, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Nominal verzeichnete die Branche ein Umsatzminus von 0,4 Prozent. Allerdings gab es im Oktober 2015 einen Verkaufstag mehr als in diesem Jahr.

Zuwächse verzeichneten vor allem der Handel mit Textilen, Bekleidung, Schuhen und Lederwaren sowie der Internet- und Versandhandel. Einen kräftigen Umsatzschub erhofft sich der Einzelhandel vom diesjährigen Weihnachtsgeschäft, zu dem die Monate November und Dezember zählen.

Der Handelsverband rechnet angesichts der guten Konsumstimmung in Deutschland mit einem "Rekordweihnachtsgeschäft". Erstmals soll dabei die 90-Milliarden-Euro-Marke geknackt werden. In den ersten zehn Monaten setzte der Einzelhandel preisbereinigt 1,8 Prozent und nominal 2,0 Prozent mehr um als Vorjahreszeitraum. Für das Gesamtjahr rechnet der HDE im drittgrößten deutschen Wirtschaftszweig mit einem Umsatzplus von 2,5 Prozent auf 485,7 Milliarden Euro.

Rohstoffe: Ölpreise machen Satz nach oben

Bereits vor Beginn des wichtigen Opec-Treffens zogen die Ölpreise kräftig an. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Januar kostete am späten Abend 51,52 Dollar und damit 8,9 Prozent mehr als am Vorabend. Der Preis für ein Fass der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) sprang um 8,6 Prozent ins Plus auf 49,11 Dollar.

Zum Auftakt des Opec-Treffens hatten sich Vertreter des Irak und Iran optimistisch zur Aussicht auf eine Übereinkunft gezeigt. "Es wird heute eine Einigung geben", sagte der Delegierte des Irak auf dem Weg zu der Zusammenkunft in Wien. "Ich bin optimistisch", betonte auch Irans Ölminister Bidschan Sanganeh.

Am Nachmittag sickerte dann die Einigung durch: Die Opec kürzt ihre Ölproduktion um 1,2 Millionen Barrel pro Tag. Die Organisation beschloss damit, eine im Grundsatz bereits getroffene Einigung über geringere Fördermengen nun konkret umzusetzen. Ob sich Russland der künstlichen Verknappung des Ölangebots anschließt, blieb zunächst noch offen. Später hieß es, Russland als bedeutendes Ölland außerhalb der Opec wolle seine Förderung ebenfalls senken und zwar um 300.000 Barrel pro Tag.

Die großen Exportländer ringen seit Monaten um eine Begrenzung der Fördermengen, um der Rohöl-Schwemme Herr zu werden und den Ölpreis zu stabilisieren. Vor allem Iran und Irak stemmten sich gegen den Druck Saudi-Arabiens.

Der Iran will Marktanteile zurückgewinnen, nachdem jahrelange Sanktionen gegen das Land im Zuge des Atomstreits aufgehoben wurden. Sanganeh sagte, der Iran sei nicht aufgefordert worden, die Ölmenge zu reduzieren. Wegen Unstimmigkeiten innerhalb des Ölkartells galt eine Einigung bei dem Opec-Treffen in Wien im Vorfeld als wenig wahrscheinlich.

Devisen: Dollar gewinnt an Stärke

Euro / US-Dollar
Euro / US-Dollar 1,08

Der Kurs des Euro gab nach. Die Gemeinschaftswährung fiel wieder unter die Marke von 1,06 Dollar und notierte zu US-Handelsschluss bei 1,0598 Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) errechnete bei der Festlegung der täglichen Referenzkurse am Mittwochnachmittag einen Wechselkurs von 1,0635 US-Dollar für den Euro. Ein Euro entspricht außerdem 120,48 Yen, 0,85250 Pfund Sterling und 1,0803 Schweizer Franken.

Mit dem anziehenden Dollar kam auch der Preis für Gold unter Druck: Die Feinunze gab um 1,1 Prozent auf 1175 Dollar nach. Die Blicke seien hier auf das Verfassungsreferendum am Sonntag in Italien gerichtet, heißt es. Ein "Nein" könnte als ein Zeichen steigender politischer Unsicherheit gedeutet werden und eine stärkere Gold-Nachfrage nach sich ziehen, meinte ein Edelmetallhändler. Kräftig abwärts ging es bei den US-Anleihen mit der positiven Stimmung am Aktienmarkt. Die Rendite zehnjähriger US-Anleihen legte um 10 Basispunkte auf 2,39 Prozent zu.

Asien: Nikkei schließt stabil

Die Aktienmärkte in Fernost haben zu Wochenmitte vor dem mit Spannung erwarteten Treffen des Ölkartells Opec keine gemeinsame Richtung gefunden. In Tokio hielten sich die meisten Anleger zurück. Der Nikkei-Index ging fast unverändert bei 18.308 Punkten aus dem Handel. Der MSCI-Index für asiatische Aktien außerhalb Japans lag leicht im Plus. Dagegen büßte der Markt in Shanghai rund ein Prozent ein.

Investoren befürchteten, dass angesichts der Stützungsmaßnahmen für die Landeswährung Yuan zuviel Kapital aus dem Bankensystem abgezogen werde und die Kreditkosten steigen könnten. Die Börse in Hongkong legte wie zuvor die Wall Street zu. Im Vorfeld des Verfassungsreferendums in Italien agierten jedoch die meisten Anleger vorsichtig.

In den Vordergrund rückt nun wieder der italienische Bankensektor: Bei einer Ablehnung der Verfassungsreform am Sonntag droht eine politische Krise in dem hoch verschuldeten Land, da Ministerpräsident Matteo Renzi für den Fall eines "Neins" seinen Rücktritt angekündigt hat.

Der Ölpreis zog unterdessen vor dem Treffen der großen Öl-Exporteure im Laufe des Tages in Wien leicht an. Im Mittelpunkt stand auch für Analysten in Asien die Frage, ob es eine Einigung auf eine konkrete Kürzung der Fördermengen geben wird. Der Euro zeigte sich im asiatischen Handel wenig verändert. Ein Euro wurde mit 1,0638 Dollar bewertet.

Der massive Kapitalabfluss aus den asiatischen Schwellenländern in die USA nach dem Wahlsieg von Donald Trump scheine aber eine Pause einzulegen, heißt es aus dem Handel Handel. In Sydney schloss der Leitindex etwas leichter, auch gebremst von im Vergleich zur Vortageszeit deutlich gesunkenen Ölpreisen.

Quelle: ntv.de, mmo/jwu/DJ/dpa/rts

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