Marktberichte

US-Börsen rot Dax schließt enttäuscht im Minus

Der Dax am Dienstag: Auf der Anzeigetafel im großen Handelssaal der Frankfurter Börse ist der ZEW-Effekt gut zu erkennen.

Der Dax am Dienstag: Auf der Anzeigetafel im großen Handelssaal der Frankfurter Börse ist der ZEW-Effekt gut zu erkennen.

(Foto: REUTERS)

Ein schwacher Auftakt in New York lässt die Zuversicht im deutschen Aktienmarkt erkalten: Im Dax geben Anleger ihren Optimismus auf. Die Talfahrt gewinnt kurz vor Handelsschluss an Tempo. Bei Linde zeichnen sich Veränderungen ab.

Ungemütlicher Feierabend im deutschen Aktiengeschäft: An der Frankfurter Börse tauchen die großen Kursbarometer im späten Handel ab. Das Wechselbad der Gefühle setzt sich fort: Nach einem freundlichen Auftakt endet der Dienstag für Börsianer mit neuen Bedenken. An der Wall Street ersetzen mächtige Konjunkturzweifel die hoffnungsvolle Erleichterung, die sich am Vorabend nach freundlichen Fed-Signalen breit gemacht hatte.

Der deutsche Leitindex Dax geht nach unentschlossenen Ausschlägen mit einem Minus von 0,43 Prozent bei 10.386 Punkten aus dem Handel und schließt damit nahe seines Tagestiefs. Der Nebenwerteindex MDax verliert bis zum Abend 0,49 Prozent auf 21.060 Punkte. Lediglich der technologielastige TecDax kann sich den Auftrieb bewahren und 0,33 Prozent fester bei 1742 Punkten schließen.

Als wichtigste Stimmungsstütze des Tages hatten sich im frühen Handel die Konjunkturerwartungen für Deutschland erwiesen. Der vielbeachtete Indikator des ZEW-Instituts blieb etwas hinter den Erwartungen zurück: Der ZEW-Index für September präsentierte sich unverändert bei plus 0,5 Punkten.

Im Vorfeld befragte Experten hatten mit einem leichten Anstieg auf 1,5 Punkte gerechnet. Die aktuelle Einschätzung zur Konjunkturlage lag laut Mitteilung des Mannheimer Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) im September bei 55,1 Punkten. Hier hatten Beobachter mit einer leichten Abschwächung gerechnet.

"Die konjunkturellen Impulse aus dem In- und Ausland sind derzeit uneindeutig und erschweren den Ausblick auf die nächsten Monate", kommentierte ZEW-Präsident Achim Wambach die Daten. Negativen Meldungen zum Außenhandel stehe ein verbessertes Umfeld in der Europäischen Union gegenüber.

Im Juli war der ZEW wegen des Votums der Briten für den Ausstieg aus der Europäischen Union in den Minusbereich gerutscht. Der langfristige Mittelwert des ZEW liegt bei 24,1 Punkten.

Neue Spekulationen um Linde

An der Spitze des Dax schnellten die Aktien von Linde am Nachmittag 4,6 Prozent ins Plus. Hintergrund sind Spekulationen um einen Strategiewechsel des Industriegaskonzerns aus München. Am Nachmittag wurde personelle Veränderungen bekannt: Unter anderem wolle Linde-Chef Wolfgang Büchele nicht für eine zweite Amtszeit zur Verfügung stehen, heißt es. Mit der Bekanntgabe der Nachricht zog der Linde-Kurs steil an.

Händler verweisen zudem auf das Ausscheiden von Finanzvorstand Georg Denoke. Er gilt als Hauptverantwortlicher für den Abbruch der Gespräche mit Praxair. Schon zuvor hatten Analysten die Absage der Praxair-Fusion als "nicht endgültig" betrachtet. "Die Mehrzahl der Analysten hat klargemacht, dass sie weniger auf die Kosten als auf die strategischen Aspekte schauen", meinte ein Händler: "Ohne einen Deal stünden Linde allein draußen in der Kälte".

Daher komme es zu einer deutlichen Zunahme von Spekulationen über etwaige Alternativen zur Praxair-Übernahme. Genannt werden unter anderem eine Übernahme von Air Products oder personelle Änderungen bei Linde, die dennoch eine Praxair-Übernahme gestatten würden. Zusätzlich schließen die Analysten der Deutschen Bank auch ein Aktienrückkaufprogramm oder eine Linde-Übernahme durch Praxair nicht aus.

"Das Kernproblem war von Anfang an, dass Linde diesen höflichen, aber eigentlich niemals funktionierenden Weg einer 'Fusion unter Gleichen' eingeschlagen hatte", sagte ein weiterer Händler: "Mit einer klaren Ansage wie einer Übernahme wären die ganzen Probleme wie der Verlust von Schlüsselpositionen im Münchener Firmensitz gar nicht erst aufgekommen".

Linde solle einfach "mehr Geld in die Hand nehmen" für eine feindliche Übernahme, heißt es. Die Fokussierung von Analysten auf die strategische Komponente dürfte ohnehin zu einem milderen Blick auf höhere Preise führen. "Die Leichtigkeit, mit der Air-Liquide heute die Kapitalerhöhung durchgeführt hat, spiegelt auch die Bereitschaft der Investoren wider, so etwas zu finanzieren", so der Händler weiter.

Unter den übrigen Favoriten im Dax verteuerten sich insbesondere die Anteilsscheine von Infineon um 1,3 Prozent. Börsianer verwiesen auf die Ankündigung einer weiteren Fusion in der Chipindustrie, die für Übernahmefantasie in der Branche sorge: Der japanische Wettbewerber Renesas will den US-amerikanischen Autochip-Spezialisten Intersil schlucken. Dies habe den Kurs von Infineon beflügelt, heißt es.

Im TecDax trieben ermutigende Vorbestellungen für das neue iPhone laut Händlern den Aktienkurs von Dialog Semiconductor nach oben. Der Kurs stieg um 3,5 Prozent. Mehrere Mobilfunkanbieter sprechen von guten Vorbestellungen. Dialog sind einer der Zulieferer für das iPhone.

Die Aktien von Eon blieben mit minus 2,8 Prozent das Schlusslicht im Dax. "Auf den Kurs drückt der hohe Abschreibungsbedarf auf Uniper", meinte ein Händler. Der Spin-Off sei nun an der Börse deutlich weniger Wert als er in der Bilanz von Eon stehe. Bereits Mitte August hatte Eon den Wert korrigiert.

Schifffahrt: Frachtraten ziehen an

Hapag-Lloyd
Hapag-Lloyd 170,10

Reederei-Aktien profitieren unterdessen von der Hanjin-Pleite. Die Aktien von Hapag-Lloyd zum Beispiel setzen ihren Mitte August begonnenen Kursaufstieg verstärkt fort. Die Aktien stiegen um 3,5 Prozent. Kurstreiber sei weiter die Pleite des südkoreanischen Konkurrenten Hanjin, bestätigte ein Marktbeobachter.

Die fehlenden Kapazitäten haben vor allem auf den Asien-Routen die Frachtraten in die Höhe getrieben - und damit die Ertragsaussichten von Hapag-Lloyd verbessert. Nach seiner Bodenbildung im Februar erhöhte die Insolvenz erneut das Aufwärtsmomentum des Baltic-Dry-Indexes: Er sprang seit Mitte August von 630 auf über 800 Indexpunkte. Auch die Aktien der Reederei Möller-Maersk in Kopenhagen legten deutlich zu.

Absatzzahlen von BMW

BMW
BMW 105,05

Bei den Einzelwerten lenken die Absatzzahlen von BMW Aufmerksamkeit auf die Lage im Autosektor. Gute Geschäfte mit Gelände- und Kleinwagen verhalfen dem Münchner Premiumhersteller zu einem weiteren Anstieg bei den Verkaufszahlen. Im August setzte der Münchner Konzern von seinen drei Marken BMW, Mini und Rolls-Royce weltweit 165.431 Fahrzeuge ab, ein Plus von 5,7 Prozent.

Wie der Autobauer weiter mitteilte, zogen die Verkaufszahlen in Europa und Asien an, während sie in Amerika weiter zurückgingen. Die Kernmarke BMW legte beim Absatz im August um fünf Prozent zu auf 142.554 Einheiten, blieb damit aber hinter der Marke Mercedes aus dem Hause Daimler mit 156.246 Fahrzeugen. Bei den Münchnern sorgten vor allem die Geländewagen der X-Reihe für Schwung. Auch der neue 7er und die Elektromodelle der i-Reihe waren den Angaben zufolge gefragt.

Vom Mini wurden zuletzt 22.575 Kleinwagen verkauft, das sind 10,3 Prozent mehr. Von Januar bis August steigerte BMW den weltweiten Konzernabsatz um 5,5 Prozent auf gut 1,5 Millionen Fahrzeuge. Die Aktien von BMW konnten von den Absatzzahlen nicht profitieren. Der Kurs gab um 0,2 Prozent nach.

Wall Street: US-Börsen deutlich leichter

Die US-Börsen wurden durch den deutlichen Ölpreisrückgang belastet. Die Internationale Energiebehörde (IEA) hatte zuvor erklärt, das Überangebot des Rohstoffs auf den Weltmärkten werde sich bis weit ins nächste Jahr hinziehen, da die Nachfrage eher schwach bleiben werde. Die Nachricht kam überraschend, hatte die Agentur doch vor wenigen Wochen noch ein Ende des Überangebots noch 2016 vorausgesagt.

Der Dow-Jones-Index der Standardwerte um 1,4 Prozent nach und schloss bei 18.067 Punkten. Der breiter gefasste S&P-500 verringerte sich um 1,5 Prozent auf 2127 Stellen. Der Index der Technologiebörse Nasdaq verlor 1,1 Prozent auf 5155 Zähler.

Nordseeöl der Sorte Brent verbilligte sich nach der IEA-Mitteilung um 2,5 Prozent auf 47,13 US-Dollar je Fass (159 Liter). Der Preis für die US-Leichtölsorte WTI gab um 2,8 Prozent auf 44,99 Dollar nach. Das belastete Aktien von Ölkonzernen. So verloren die Papiere des Weltmarktführers Exxon 2,5 Prozent und Chevron 2,8 Prozent.

An der Wall Street spielte zudem die Debatte über den Zeitpunkt der nächsten US-Zinserhöhung weiter eine wichtige Rolle. Am Montag hatte Notenbank-Direktorin Lael Brainard vor einer zu frühen Anhebung gewarnt und damit die Aktienkurse angetrieben. Die US-Investmentbank Goldman Sachs bezifferte die Wahrscheinlichkeit einer Anhebung noch im September nur noch mit 25 nach zuvor 40 Prozent. Viele Volkswirte erwarten den Schritt inzwischen erst im Dezember. Höhere Zinsen sind für Firmen potenziell schlecht, auch weil das oft höhere Ausgaben etwa für kreditfinanzierte Investitionen nach sich zieht.

Apple-Aktien stiegen dagegen um 2,6 Prozent. Der US-Telekomkonzern Sprint hatte erklärt, die Zahl der Vorbestellungen für Apples neues iPhone lägen fast viermal höher als beim Modellwechsel im vergangenen Jahr. Papiere von Intersil sprangen 9,7 Prozent in die Höhe. Der Chiphersteller wird für umgerechnet 3,2 Milliarden Euro vom japanischen Rivalen Renesas gekauft.

Spekulationen auf eine erneute Aufstockung der Bayer-Offerte setzen Monsanto zu. Die Aktien des US-Saatgutriesen verloren 0,9 Prozent. Der Abgang des Firmenchefs James Chambers setzte Weight Watchers zu. Die Aktien des Diätprogramm-Anbieters fielen um bis zu 6,8 Prozent.

Devisen: Euro reagiert auf Brainard

Der Kurs des Euro gab leicht nach. Am späten Abend wurde die Gemeinschaftswährung bei 1,1218 US-Dollar gehandelt - und damit 0,2 Prozent unter dem Kurs des Vorabends.

Euro / US-Dollar
Euro / US-Dollar 1,07

Die Europäische Zentralbank (EZB) errechnete bei der Festlegung der täglichen Referenzkurse am Dienstagnachmittag einen Wechselkurs von 1,1247 US-Dollar für den Euro. Ein Euro entspricht außerdem 114,98 Yen, 0,84763 Pfund Sterling und 1,0925 Schweizer Franken.

Am Rentenmarkt fällt die Umlaufrendite von minus 0,11 Prozent am Vortag auf minus 0,14 Prozent. Der Rentenindex Rex steigt um 0,13 Prozent auf 143,56 Punkte. Der Bund-Future rückt um 0,06 Prozent auf 163,63 Zähler vor.

Stützende Signale kamen von der US-Notenbank (Fed): Mit dem Fed-Direktoriumsmitglied Lael Brainard dämpfte eine einflussreiche Währungshüterin die Sorgen vor einer baldigen Leitzinsanhebung. Es sei "Vorsicht" bei der Rückführung der lockeren Geldpolitik geboten, sagte sie. Vor dem Wochenende hatte sich der regionale Notenbankchef von Boston, Eric Rosengren, gegen eine zu lang anhaltende lockere Geldpolitik ausgesprochen und an der Wall Street für den stärksten Rutsch seit dem Brexit-Votum der Briten gesorgt. "Die Anleger stehen im Bann der Fed", schrieb Investmentanalyst Uwe Streich von der Landesbank Baden-Württemberg.

Asien: "Die meisten sind nervös"

Trotz guter Vorgaben aus den USA haben sich die ostasiatischen Börsen am zweiten Handelstag der Woche überiwegend verhalten gezeigt. Die vorsichtigen Reaktion in Ostasien erklärt Castor Pang, Leiter der Research-Abteilung von Core Pacific Yamaichi International, damit, dass die taubenhaften Fed-Aussagen zwar die Nervosität gelindert hätten, aber nicht genügten, um die Märkte ihre jüngsten Verluste wettmachen zu lassen.

In Tokio konnte die Brainard-Rede die Sorgen vor einer raschen Zinserhöhung der US-Notenbank (Fed) lindern. Dem japanischen Aktienmarkt verlieh dies deutlichen Auftrieb. "All das Gerede über eine mögliche Zinserhöhung im September hat sich als reiner Lärm herausgestellt", meinte Koichi Yoshikawa, Finanzdirektor bei der Standard Chartered Bank in Tokio. Diese Einschätzung hatte zuvor bereits der Wall Street zu einem Plus verholfen.

Der Nikkei-Index schloss 0,34 Prozent fester bei 16.729 Punkten und konnte damit einen Teil seiner Vortagesverluste ausgleichen. Viele Anleger hielten sich aber vor der Sitzung der japanischen Notenbank zurück, die ebenfalls in der kommenden Woche ansteht. "Die meisten von uns sind nervös", sagte Aktienstratege Isao Kubo vom Vermögensverwalter Nissay Asset Management.

Unter Druck standen in Tokio vor allem Bankenwerte wie Mitsubishi UFJ Financial und Mizuho Financial, die beide mehr als 1,5 Prozent nachgaben. Der MSCI-Index für asiatische Aktien mit Ausnahme Japans notierte 0,2 Prozent fester. Neben den abflauenden Zinssorgen hellten auch positive Konjunkturdaten aus China die Stimmung auf. In Shanghai schloss der Leitindex Shanghai-Composite leicht im Plus bei 3023 Punkten. Prozentual belief sich der Aufschlag auf 0,1 Prozent.

Quelle: ntv.de, mmo/mbo/AFP/DJ/dpa/rts

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