Marktberichte

Wall Street etwas leichter Dax nimmt "Nein" der Griechen gelassen

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(Foto: picture alliance / dpa)

Eine Panik an den Börsen bleibt aus: Nach dem griechischen "Nein" zu den Vorschlägen der Geldgeber verliert der Dax zwar Punkte, aber weit weniger als bei vergangenen Schock-Meldungen zur Schuldenkrise. Auch der Euro erholt sich schnell.

Der deutsche Aktienmarkt reagierte verhältnismäßig besonnen auf den Ausgang des Griechenland-Referendums am Wochenende - gerade mal etwas mehr als zwei Prozent ging es für den Dax heute in der Spitze nach unten. Nach dem Scheitern der Gespräche zwischen Athen und seinen Gläubigern am vorvergangenen Wochenende waren es noch fast vier Prozent. Die Rücksetzer zu Beginn des heutigen Handels wurden zu Aktienkäufen genutzt. Am Ende schloss der deutsche Leitindex lediglich 1,5 Prozent im Minus.

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Auch die Verluste im Euro hielten sich in Grenzen. Nach einem kurzzeitigen Fall unter die Marke von 1,10 Dollar hatte sich die Gemeinschaftswährung recht schnell wieder über diesem Niveau stabilisiert. "Der Grexit ist nach dem Wochenende wahrscheinlicher geworden", hieß es von Berenberg Volkswirt Holger Schmieding. Er erwartet mit einer Wahrscheinlichkeit von 55 Prozent, dass Griechenland die Eurozone verlässt. Für die Anleihekurse der Eurozone-Peripherie aus Spanien, Italien und Portugal ging es zwar nach oben, doch insgesamt blieben die Veränderungen im Rahmen.

Selbst wenn jetzt die Verhandlungen wieder aufgenommen würden, rechnet Bruno Cavalier, Chefvolkswirt von Oddo & Cie, nicht mit einer Vereinbarung zwischen den Gläubigern und Griechenland. Daran ändere auch der Rücktritt von Finanzminister Varoufakis nichts. Die Geduld der Europäischen Zentralbank (EZB) dürfte zudem nicht ewig wären, angesichts der Schlüssel-Deadline am 20. Juli. Dann muss Griechenland der Notenbank 3,5 Milliarden Euro aus den Ankäufen von Schuldtiteln während des SMP-Programms im Frühjahr 2010 zurückzahlen. Unter den gegenwärtigen Umständen verfüge Griechenland nicht über die dafür nötigen Mittel und die EZB werde einen Zahlungsausfall sicher nicht tolerieren. Damit blieben noch rund zehn Tage, um einen Kollaps des griechischen Bankensystems abzuwenden.

Im Blick steht die EZB bereits heute. Die große Frage ist, wie sie mit den Ela-Notkrediten verfährt. Ein Ende der Notversorgung könnte laut Marktteilnehmern dazu führen, dass die Banken in Griechenland noch viele Tage geschlossen bleiben müssten, was ein weiterer Schritt in den Grexit wäre.

Auch bei der aktuell unsicheren Lage riet die UBS Wealth Management Aktien der Eurozone weiter überzugewichten. "Investoren sollten sich weiter auf die positiven längerfristigen Perspektiven konzentrieren", sagte Mark Häfele, Global Chief Investor Officer des Hauses. Die EZB werde die Ansteckungsgefahren der Griechenland-Krise falls nötig entschärfen. Zudem setze die EZB ihre Politik der Anleihenkäufe um und damit sollten die Aktien auf ihren Rallykurs zurückkehren. Sollten die Unternehmensgewinne steigen, könnte das die Aufwärtsbewegung noch verstärken.

Deutschland: Bank-Titel kommen unter die Räder

Deutsche Bank
Deutsche Bank 15,48

Der Dax schloss am Ende 1,5 Prozent leichter auf 10.891 Punkten. Der Nebenwerte-Index MDax büßte 1,0 Prozent ein und fiel auf 19.674 Zähler. Beim TecDax zeigte sich ein Abschlag von 0,4 Prozent auf 1651 Punkte. Für den Eurozonen-Index Euro-Stoxx-50 ging es 2,3 Prozent nach unten.

Die Angst vor einer Bankenpleite Griechenlands zog die Aktien der Geldhäuser nach unten. Die Papiere von Deutsche Bank und Commerzbank erlitten mit einem Minus von 2,9 bis 3,7 Prozent die heftigsten Verluste im Dax. Zwar sind die deutschen Banken eigenen Angaben zufolge in Griechenland nur noch sehr gering engagiert. "Die Angst vor Ansteckungseffekten ist da", sagte ein Börsianer.

"Die Luft nach oben ist für die Aktie sehr dünn", so ein Marktteilnehmer zu den Lufthansa-Titeln. Als Grund nannte er das gescheiterte Schlichtungsverfahren im Tarifkonflikt mit der Pilotenvereinigung Cockpit. "Jetzt drohen weitere Streiks, die das Jahresergebnis belasten", sagte er. Seit Jahresbeginn liegt die Aktie 17 Prozent im Minus und ist damit zweitgrößter Verlierer im Dax. Heute verloren Lufthansa 0,9 Prozent.

Bei K+S waren Händler diesmal nicht in die Falle getappt. Vergangenen Montag hatte die Aktie nach der Referendums-Ankündigung durch panische Portfolioverkäufe mehr als sechs Prozent verloren, obwohl das Übernahmeangebot von Potash im Raum stand. Diesmal reagierten Fondsmanager vernünftiger, die Aktien legten 0,4 Prozent zu.

DHL Group
DHL Group 38,37

Für Deutsche Post ging es hingegen mit 2,3 Prozent am deutlichsten nach oben. Die Einigung im Tarifstreit sorgte für Erleichterung. Positiv bewertete ein Händler, dass die Gewerkschaft bei den ausgegliederten Diensten für die Paketzustellung weder ein Angleichen der Löhne an das Niveau der Konzernmutter durchsetzen konnte noch längere Kündigungsfristen.

Im MDax landeten Airbus mit minus 1,3 Prozent weit hinten. Hier belasteten schwache Umsatzprognosen beim Triebwerkshersteller Rolls-Royce. Dessen Aktien brachen um 6,7 Prozent ein. Zudem drückt die Einstellung des Aktienrückkaufprogramms. Spitzenreiter im MDax waren hingegen Südzucker, die 1,6 Prozent gewannen.

USA: Wall Street nur mäßig beeindruckt von griechischem "Nein"

Mit Abgaben zeigen sich die Aktienkurse an der Wall Street zum Start der ersten Sitzung nach dem Referendum in Griechenland und dem verlängerten Wochenende. Doch wie bereits in Europa halten sich auch die Abschläge an der Wall Street in Grenzen, auch weil eine stärkere Reaktion an den Anleihemärkten bislang ausgeblieben ist.

Der Dow-Jones-Index verliert 0,3 Prozent und schließt bei 17.684 Punkten. Für den S&P-500 geht es um 0,4 Prozent auf 2069 Zähler nach unten, der Nasdaq-Composite verliert 0,3 Prozent auf 4992 Punkte. Am Freitag fand in den USA kein Handel statt.

"Vor allem dürfte der Rücktritt des griechischen Finanzministers Varoufakis das Minus deutlich eingrenzen", merkt Demetrios Efstathiou von ICBC Standard Bank an. "Am Markt dürfte weiter die Hoffnung bestehen, dass es doch noch zu einer Einigung kommt", so Analyst Neil Mellor von BNY Mellon.

Auf der Konjunkturagenda steht zu Wochenbeginn lediglich der ISM-Index für das Nicht-verarbeitende Gewerbe, der eine halbe Stunde nach Handelseröffnung bekannt gegeben wird. Ob er allerdings einen größeren Impuls neben dem beherrschenden Griechenland-Thema setzten kann, bleibt abzuwarten. Zudem sind die Blicke bereits auf das Protokoll der Fed-Sitzung aus dem Juni gerichtet, das am Mittwoch ansteht. Daneben läutet traditionell Alcoa zur Wochenmitte den Zahlenreigen für das zweite Quartal ein.

Auf Unternehmensseite steht eine milliardenschwere Transaktion im Blickpunkt. Der Versicherungskonzern Aetna übernimmt den Wettbewerber Humana und blättert dafür 37 Milliarden US-Dollar oder 230 Dollar je Aktie auf den Tisch. Für die Aktie von Humana geht es 14,8 Prozent auf 170,36 Dollar nach unten, Aetna fallen um 6,4 Prozent zurück.

Nach der bereits am Donnerstag bekannt gewordenen Übernahme von Health Net durch den Krankenversicherer Centene für 6,8 Milliarden Dollar geht es für die Aktie von Centene um weitere 6,9 Prozent nach unten. Am Donnerstag waren die Titel schon um 8 Prozent eingebrochen.

Rohstoffe: Ölpreise geben deutlich nach

Rohöl (Brent)
Rohöl (Brent) 88,02

Deutlich abwärts geht es mit den Ölpreisen. Die Blicke sind weiterhin auf die Atom-Verhandlungen mit dem Iran gerichtet. Sollte es zu einer Einigung kommen und die Sanktionen wegfallen, hat der Iran angekündigt, seine Ölexporte verdoppeln zu wollen. Damit würde das bereits jetzt preisbelastende Überangebot noch ausgeweitet.

Ein Barrel der Sorte West Texas Intermediate (WTI) kostet 54,41 Dollar, ein Minus von gut 4 Prozent zum Freitag. Zwischenzeitlich war der WTI-Preis erstmals seit Mitte April wieder unter die Marke von 54 Dollar gefallen. Für Brent geht es auf 58,74 Dollar nach unten, ein Abschlag von 2,6 Prozent zum Wochenausklang.

Asien: Shanghai-Index beendet jüngsten Sinkflug

Shanghai Composite
Shanghai Composite 3.044,82

Das klare Nein der Griechen zu den Sparauflagen der Kreditgeber hat den meisten asiatischen Börsen den Start in die neue Woche verhagelt. Das Damoklesschwert einer auf die gesamte Euro-Zone übergreifenden Krise ließ die Aktienkurse auf breiter Front fallen.

In Tokio schloss der 225 Werte umfassende Leitindex Nikkei 2,1 Prozent im Minus bei 20.112 Punkten. Der breiter gefasste Topix rutschte um 1,92 Prozent nach unten auf 1620 Punkte.

Händlern zufolge reagierten die Märkte aber nicht panisch. Es gebe keine Anzeichen für Liquiditätsengpässe. Viele Anleger gingen davon aus, dass die EZB bei Bedarf einspringen würde. "Viel hängt jetzt davon ab, wie es die EZB weiter mit der Unterstützung der griechischen Banken hält", sagte Antonin Jullier von Citi.

Unter Druck gerieten die Aktien von Toshiba, sie fielen um 2,69 Prozent. Am Samstag wurde bekannt, der japanische Elektronikkonzern werde womöglich eine Korrektur seiner Bilanzen von umgerechnet mehr als 730 Millionen Euro vornehmen.

Ein Eigenleben führten die chinesischen Börsen. Der Shanghai-Composite stieg nach seinen drastischen Verlusten der Vorwoche um 2,4 Prozent. Gestützt wurde er von einer Reihe von Maßnahmen, die Peking am Wochenende beschlossen hat aus Sorge, dass der Kursverfall bei den Aktien von rund 30 Prozent in den vergangenen drei Wochen auf die Realwirtschaft überspringen könnte. Beschlossen wurde eine vorläufige Aussetzung neuer Börsengänge, weil diese dem Aktienmarkt Liquidität entziehen; außerdem die Schaffung eines Stabilisierungsfonds, an dem sich 21 Brokerhäuser beteiligen.

Zudem stellte die chinesische Notenbank eine Liquiditätsspritze bereit. Sie stattet die zur Börsenaufsicht gehörende China Securities Finance mit zusätzlichem Kapital aus, das für kreditfinanzierte Aktienkäufe dienen soll. Zum Start des Handels am Montag war es daraufhin mit dem Marktbarometer in Schanghai zunächst um fast 8 Prozent nach oben gegangen. Zwischenzeitlich drehte der Index dann aber sogar kurz ins Minus, um dann doch wieder zu steigen.

Mehr zur Entwicklung in der Griechenland-Krise lesen Sie in unserem Live-Ticker.

Quelle: ntv.de, kst/rts/DJ

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