Marktberichte

US-Börsen leicht im Minus Dax erholt sich kaum von Tsipras-Schock

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(Foto: REUTERS)

Einen Wirkungstreffer erhält der Dax am Mittag - und erholt sich bis zum Ende nicht richtig davon. Die Angst vor einem möglichen Scheitern der Griechenland-Gespräche ist zurück auf dem Parkett - dafür sorgt diesmal der griechische Ministerpräsident persönlich.

Nach der Griechenland-Schocknachricht vom Mittag kam der Dax nicht mehr so richtig auf die Beine und schloss zum ersten Mal in dieser Woche mit einem Verlust. Am Ende verlor er 0,6 Prozent auf 11.471 Punkte. Was war passiert? Griechischen Regierungsinsidern zufolge hatte Ministerpräsident Alexis Tsipras seinen politischen Verbündeten mitgeteilt, dass die Geldgeber die vorgeschlagenen Reformen nicht akzeptiert hätten.

Dax
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Wie fest die griechische Schuldenkrise die Aktien- und Anleihemärkte im Griff hat, zeigte sich danach einmal mehr beeindruckend. Als gegen 11.36 Uhr die Nachricht durchdrang, sackte der Dax binnen Sekunden um 150 Punkte ab. Die Umsätze am Kassamarkt und im Terminhandel schossen in die Höhe, laut Händlern zusätzlich befeuert vom Maschinenhandel. Umgekehrt die Reaktion am Rentenmarkt: Dort schoss der Bund-Future, ein liquider Terminkontrakt auf Bundesanleihen, binnen weniger Minuten um 50 Basispunkte nach oben.

Weil bislang aus Brüssel, wo sich Tsipras laut Regierungskreisen erneut mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker trifft, bislang keine weiteren Details bekannt geworden sind, blieben Anleger am Nachmittag in Deckung. Lediglich am Devisenmarkt behielten die Akteure die Nerven. Der Euro bewegte sich zum US-Dollar kaum von der Stelle und wurde am späten Nachmittag mit 1,1191 Dollar weiterhin gut behauptet gehandelt.

"Zurzeit gehen viele Marktteilnehmer von einer Einigung im griechischen Schuldendrama aus", sagte Christian Henke vom Broker IG Markets. Entsprechend heftig fiel die Marktreaktion auf die bislang nur schwer einzuordnende Aussage Tsipras aus. "Es dürfte jetzt schwierig werden, das noch positiv hinzubiegen", sagte ein anderer Händler. Einem Vertreter der Europäischen Union zufolge will die Eurogruppe aber schon heute eine Einigung erzielen. Die Athener Regierung feilscht seit Monaten mit ihren Gläubigern um die Bedingungen für weitere Finanzhilfen.

Auch die guten Vorlagen aus den Übersee-Märkten konnten die Verluste des Dax nicht abwenden. In Japan kletterte der Nikkei-Index auf den höchsten Stand seit Dezember 1996.

Keine große Auswirkung auf den deutschen Aktienmarkt hatte hingegen der etwas schwächer als erwartet ausgefallene Ifo-Index. "Die Entspannung in Griechenland steht diese Woche über allem, und da ist der Ifo diesmal eher egal", sagte ein Händler. Zudem sei der Rückgang auf 107,4 nach 108,5 im Vormonat ein "Jammern auf hohem Niveau".

Deutschland: RWE hält sich in schwachem Markt an der Spitze

RWE
RWE 32,06

Der Dax schloss mit einem Minus von 0,6 Prozent auf 11.471 Punkten. Sein Tagestief hatte er gegen Mittag bei 11.364 Punkten markiert. Für den Nebenwerte-Index MDax ging es 0,3 Prozent nach unten auf 20.234 Punkte. Beim TecDax zeigte sich ein Minus von 0,8 Prozent, der Eurozonen-Index Euro-Stoxx-50 fiel um 0,4 Prozent.

Spitzenwert im Dax war der Energieversorger-Titel RWE, der um 2,0 Prozent zulegt. Wie zunächst auch die Eon-Papiere - die nach einem Plus am Vormittag aber 0,6 Prozent im Minus schlossen - profitierten RWE von Berichten, wonach die Klimaabgabe auf alte Kohlekraftwerke nun doch nicht kommen soll. "Das nimmt die Belastung von den Aktien, dass eine Sondersteuer der nächsten folgt", sagte ein Händler.

Im Plus zeigten sich auch Lufthansa, Merck und Fresenius, die zwischen 1,2 und 0,9 Prozent zulegten. Auch Aktien von BMW, Continental, Daimler und VW verloren zwischen 0,8 und 1,3 Prozent. Goldman Sachs hatte für alle diese Aktien die Kursziele gesenkt. Größter Verlierer mit einem Abschlag von 1,6 Prozent war allerdings der Titel von BASF.

Im MDax verlor die Aktie von LEG Immobilien nach einer am Dienstagabend im Schnellverfahren durchgezogenen Kapitalerhöhung 1,7 Prozent auf 64,50 Euro. LEG hatte sein Grundkapital um knapp 1,2 Millionen Aktien zu je 61,54 Euro aufgestockt. Die Kapitalerhöhung sei zwar mit zwei Prozent des Kapitals klein, der Abschlag aber erheblich, hieß es. Allerdings zahle LEG am Donnerstag 1,96 Euro Dividende, und die neuen Aktien seien nicht dividendenberechtigt. Das relativiere den Abschlag bei der Platzierung.

USA: Angst vor Zinsentscheid drückt US-Börsen leicht nach unten

Nach drei Tagen gab es an der Wall Street erstmals Verluste. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte gab 0,98 Prozent auf 17.966 Zähler nach. Der breiter gefasste S&P-500 verlor 0,7 Prozent auf 2108 Punkte, die Technologiebörse Nasdaq fiel um ebenfalls 0,7 Prozent auf 5122 Stellen.Das griechische Schuldendrama stand in den vergangenen Tagen bei US-Investoren zwar nicht an erster Stelle, gleichwohl war es ein Thema.

"Der US-Markt greift einige Signale von der Schwäche in Europa auf", sagte John Canally von LPL Financial in Boston. Der Markt mache sich Sorgen, was eine Pleite Griechenlands für die Weltwirtschaft bedeuten könne, sagte Adam Sarhan, Chef der Finanzberatungsfirma Sarhan Capital.

Die Anleger in den USA trieb jedoch vor allem die Sorge einer baldigen Zinsanhebung um. Entsprechende Äußerungen aus dem Kreis der US-Notenbank hatten am Vortag für Unruhe gesorgt und den Dollar gestützt. Als Argumentationsgrundlage für eine zügige Zinswende dient das US-BIP. In dritter Lesung wurde eine Schrumpfung der US-Wirtschaftsleistung im ersten Quartal um 0,2 Prozent festgestellt, was den Erwartungen entspricht. Dabei fällt dieser Rückgang deutlich moderater als zuvor mit 0,7 Prozent veranschlagt aus.

Unter den Einzelaktien gaben Monsanto 5,7 Prozent ab. Der Saatgutriese habe zwar im dritten Quartal besser als erwartet abgeschnitten, in der Folgeperiode werde es aber schlechter aussehen, heißt es im Handel. Der Saatguthersteller kündigte an, im Übernahmepoker um den Schweizer Agrochemiekonzern Syngenta nicht locker zu lassen.

GM-Aktien verloren 3,1 Prozent, nachdem Fiat-Chrysler -Chef Sergio Marchionne sagte, die Gruppe sei weit davon entfernt, den Aktionären des US-Autobauers ein Angebot für einen möglichen Zusammenschluss vorzulegen.

0,9 Prozent aufwärts ging es dagegen mit Apple-Anteilscheinen. Starinvestor Carl Icahn sagte, er traue dem Technologieriesen das gleiche Potenzial zu, wie Netflix vor einigen Jahren. Gleichzeitig teilte er mit, seine verbliebene Beteiligung an dem Streamingdienst verkauft zu haben. Das sorgte dafür, dass Netflix-Papiere ihre zuvor erzielten Gewinne wieder vollkommen abgaben und 0,4 Prozent schwächer endeten. Die Aktien waren zunächst deutlich gestiegen, nachdem der Konzern Pläne für einen Aktiensplit vorgestellt hatte. Netflix will aus einem Anteilschein künftig sieben machen.

Rohstoffe: Eisenerzpreise und Öl werden teurer

Rückläufige Lagerbestände haben den Eisenerzpreis in China in die Höhe getrieben. An der Börse Dalian notierte der Future 3,7 Prozent fester bei 445 Yuan (71 Dollar) je Tonne. In Singapur kostete ein Tonne Eisenerz zur Lieferung nach China 60,50 Dollar.

Dem Branchendienst Umetal.com zufolge schrumpften die Erzbestände in den chinesischen Häfen seit Wochenbeginn um zwei Prozent auf 80,19 Millionen Tonnen. Die China Iron & Steel Association betonte in einem Kommentar, das Volumen der geplanten Lieferungen deute nicht darauf hin, dass die Lagerbestände auf absehbare Zeit wieder kräftig stiegen. Aus diesem Grund werde sich der Erzpreis voraussichtlich über der Marke von 60 Dollar halten.

Rohöl (Brent)
Rohöl (Brent) 88,47

Die Ölpreise sind am Vormittag leicht gestiegen. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im August kostete 64,81 Dollar. Das waren 36 Cent mehr als am Dienstag. Der Preis für ein Fass der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) lag unverändert bei 61,36 Dollar, das waren 35 Cent mehr als am Vortag.

Leichte Unterstützung erhielten die Ölpreise von neuen Lagerdaten aus den USA. Das private American Petroleum Institute (API) hatte am Dienstagabend einen abermaligen Rückgang der Rohölvorräte gemeldet. Zur Wochenmitte folgen entsprechende Zahlen der US-Regierung. Auch hier wird mit einem Vorratsabbau gerechnet, allerdings von hohem Niveau aus. Rückläufige Lagerbestände gelten als preisstützend, weil sie Resultat einer verminderten Förderung oder eines höheren Verbrauchs sein können.

Der Goldpreis sinkt auf 1175 Dollar je Feinunze nach 1178 am Vorabend. Ganz allgemein sprechen Händler von verstärkten Umschichtungen von Gold in Aktien im wichtigen Abnehmerland China. Dagegen sei die Nachfrage auf dem ebenfalls bedeutsamen indischen Markt robust.

Asien: Nikkei schiebt sich auf 1996er-Stand

Die Aussicht auf eine Beilegung des griechischen Schuldenstreits hat die asiatischen Aktienmärkte weiter angetrieben. In Tokio sprang der Nikkei-Index auf ein 18-Jahreshoch und ging mit einem Plus von knapp 0,3 Prozent auf 20.868 Punkte aus dem Handel.

"Der Stand spiegelt heute stärker als zu Zeiten der Blase zu Beginn der 2000er Jahre die reale Wirtschaft wider", sagte Analyst Soichiro Monji von Daiwa Investments. In Tokio gehörten erneut Finanztitel zu den Gewinnern. Die Aktien von Daiwa Securities notierten 1,5 Prozent höher.

Der MSCI-Index für asiatische Aktien außerhalb Japan notierte 0,1 Prozent höher. Mit einem Plus von 2,5 Prozent fielen die Gewinne in Shanghai am höchsten aus, nachdem der Index vergangene Woche den stärksten Verlust seit 2008 verbucht hatte. Auch in Hongkong, Südkorea und Singapur legten die Indizes zu.

Quelle: ntv.de, kst/rts/dpa/DJ

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