Marktberichte

Wall Street dreht ins Plus Hellenisches Hin und Her lässt Dax abstürzen

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(Foto: picture-alliance/ dpa)

Das ist zu viel für die Anleger: Ohne Vorschläge reist der griechische Finanzminister nach Brüssel. Dabei steht sein Land vor dem Schuldenabgrund. Dennoch ist die Stimmung beim Brüsseler Gipfel besser als befürchtet. Davon profitieren die US-Börsen.

Das Gebaren der griechischen Regierung im nicht enden wollenden Schuldenstreit sorgte bei Anlegern am europäischen und deutschen Aktienmarkt heute für Frustration: Nach einem hoffnungsvollen Start sackte der deutsche Leitindex Dax im Laufe des Handelstages immer weiter ab und schloss 2,0 Prozent im Minus auf 10.677 Punkten. Gleichzeitig zog eine mögliche Fusion zwischen ProSiebenSat.1 und Axel Springer Anleger in ihren Bann.

Dax
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"Tsipras provoziert offensichtlich den Grexit", meinte ein Marktteilnehmer mit Blick darauf, dass Athen nun noch nicht einmal einen neuen Vorschlag vorgelegt habe, obwohl der Regierungschef vor dem Referendum eine Lösung 48 Stunden nach diesem angekündigt hätte.

Im Tagestief war der Dax schon bis auf 10.668 Punkte gefallen, der tiefste Stand seit Anfang des Jahres. Relativ stabil zeigte sich dagegen der Euro mit den Entwicklungen in Brüssel und kann sich über der Marke von 1,09 Dollar behaupten. Allerdings lag die Gemeinschaftswährung damit einen Cent unter den Ständen aus dem späten US-Handel am Vortag.

Nach dem Treffen der Euro-Finanzminister folgt am Abend ein Treffen der Regierungschefs. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat aber bereits die Erwartungen an die Sondertreffen gedämpft. Er rechnete im Tagesverlauf nicht mit einer Lösung im Schuldenstreit.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte am Vorabend nach dem Prinzip Zuckerbrot und Peitsche agiert: Zwar flössen die Ela-Hilfen in unveränderter Höhe an die griechischen Banken, die Anforderungen an die dafür zu hinterlegenden Sicherheiten seien aber erhöht worden. Die Europäische Zentralbank wäre gezwungen, Griechenland den Geldhahn zuzudrehen, wenn das Land der Zentralbank am 20. Juli eine fällige große Anleihe nicht zurückzahlt, warnte EZB-Ratsmitglied und Österreichs Zentralbank-Chef Ewald Nowotny.

Deutschland: Fusionsgerüchte treiben ProSieben und Springer

Der Dax schloss am Ende 2,0 Prozent leichter auf 10.677 Punkten. Beim MDax zeigte sich ein Minus von 1,3 Prozent auf 19.415 Zähler. Mit einem Abschlag von 1,6 Prozent notierte der  TecDax auf 1625 Punkten. Der Index der Eurozone, der Euro-Stoxx-50, verlor 2,2 Prozent.

Weit oben im Dax landeten die Titel von SAP, die lediglich 0,5 Prozent abgaben. Die Analysten der UBS hatten die Aktie auf "Kaufen" hochgestuft. Spitzenreiter war hingegen die Aktie von Fresenius, die noch 0,7 Prozent zulegen konnte. Auch Henkel verbesserten sich um 0,5 Prozent.

Schlusslicht waren K+S mit einem Abschlag von 5,0 Prozent auf 36,87 Euro. Der Titel wurde von Gewinnmitnahmen belastet. Angetrieben wurden die Verkäufe zudem von einem kritischen Kommentar der Analysten von JP Morgan. Nach Ansicht der Experten überschätzt der Markt die Wahrscheinlichkeit einer Übernahme von K+S durch den kanadischen Konkurrenten Potash. Aus diesem Grund stuften die Analysten die K+S-Titel auf "Underweight" von "Overweight" zurück und kürzten das Kursziel auf 33 von 38 Euro.

ProSiebenSat.1
ProSiebenSat.1 7,86

Im Nebenwerte-Index MDax stiegen die Aktien von Axel Springer dank möglicher Fusionsgespräche um 2,2 Prozent. Die von ProSiebenSat.1 verloren hingegen 0,5 Prozent. Die beiden Medienunternehmen loten einen Zusammenschluss aus, wie mehrere Informanten gegenüber Dow Jones Newswires berichteten. Eine Fusion von ProSiebenSat.1 und Axel Springer mache durchaus Sinn, um das Verbundgeschäft zu verbessern, kommentierte Analyst Christoph Bast von der Equinet Bank. Allerdings stufte er eine solche Transaktion als "ziemlich unwahrscheinlich" ein. Zudem hätte der Springer-Vorstandsvorsitzende Matthias Döpfner ausdrücklich gesagt, dass ProSiebenSat.1 kein Thema mehr für Springer sei.

Analysten vom Bankhaus Lampe hatten Deutsche Wohnen auf "Hold" hochgenommen, die Aktie legte im MDax um 1,3 Prozent zu. Von Baader-Helvea kam einen Kaufempfehlung für Cancom, die im TecDax um gut 5,9 Prozent zulegten.

Derweil werteten Händler den angepassten Ausblick von HHLA nur leicht negativ. Der Ausblick für das Segment Container hat der Hamburger Hafenbetreiber dabei leicht gesenkt, dafür die Gewinnprognose für das Segment Intermodal deutlich erhöht. "Per Saldo gleicht sich das aus", sagte ein Händler. Die Aktie schloss 1,2 Prozent im Minus bei 17,43 Euro.

USA: Wall Street schafft die Wende

An der Wall Street drehten die Indizes nach anfänglichen Verlusten ins Plus. Die Eurostaaten halten die Tür für weitere Griechenland-Hilfen offen. Die Staats- und Regierungschefs der Euroländer wollten konkrete Reform- und Sparzusagen aus Athen abwarten, berichteten EU-Diplomaten am Rande des Brüsseler Sondergipfels am Abend. Die griechischen Vorschläge wurden für den Mittwoch erwartet und gelten als Voraussetzung für Verhandlungen für ein neues Hilfsprogramm. Ein erneuter Krisengipfel an diesem Wochenende wurde nicht ausgeschlossen. Zuvor hatten die Turbulenzen an den chinesischen Börsen auch der Wall Street zugesetzt.

Der Dow-Jones-Index gewinnt zum Handelsende 0,5 Prozent auf 17.777 Punkte. Der S&P-500 legt um 0,6 Prozent auf 2081 Zähler zu. Für den Nasdaq-Composite geht es nur um 0,1 Prozent auf 4997 Punkte nach oben.

Bei den Einzelwerten stehen Advanced Micro Devices (AMD) im Blickpunkt. Der Chiphersteller hat nach der Schlussglocke am Vortag den Umsatzausblick für das zweite Quartal nach unten genommen. Zur Begründung wurde auf die flaue PC-Nachfrage verwiesen. Das Unternehmen rechnet nun mit einem Umsatzminus zum Vorquartal von 8 Prozent, während bislang ein Rückgang von 3 Prozent erwartet worden war. Für die Titel geht es um 3,1 Prozent abwärts. Die Aktie von Mitbewerber Intel bleibt nach anfänglichen Verlusten auf Vortageskurs.

Rohstoffe: Iran-Verhandlungen lassen Ölpreise steigen

Rohöl (Brent)
Rohöl (Brent) 87,42

Uneinheitlich zeigen sich die Notierungen am Ölmarkt nach den starken Abgaben am Vortag. Die Blicke sind dabei weiterhin auf die Atom-Verhandlungen mit dem Iran gerichtet. Denn sollten die bestehenden Sanktionen wegfallen, will der Iran seine Ölexporte verdoppeln und damit den Markt mit noch mehr Öl fluten.

Zudem drücken auch das enttäuschende Wachstum in China und die Griechenland-Krise auf die Stimmung und haben die Sorge nach einer sich weiter abschwächenden Nachfrage geweckt, heißt es von einem Teilnehmer. Für ein Barrel der Sorte WTI müssen 52,13 Dollar bezahlt werden, ein Minus von 0,7 Prozent. Dagegen legt der Preis für ein Fass der Sorte Brent um 0,8 Prozent auf 56,96 Dollar zu.

Devisen: Euro sinkt unter 1,10 Dollar

Euro / US-Dollar
Euro / US-Dollar 1,07

Die hohe Unsicherheit um Griechenland hat den Kurs des Euro unter die Marke von 1,10 US-Dollar gedrückt. Die europäische Gemeinschaftswährung wurde mit 1,0938 Dollar gehandelt. Im frühen Handel war der Euro noch einen Cent mehr wert gewesen. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am frühen Nachmittag auf 1,0931 (Montag: 1,1008) US-Dollar festgesetzt.

"Die Unsicherheit über die Zukunft Griechenlands im Währungsraum hat den Euro belastet", sagte Ralf Umlauf, Devisenexperte bei der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba). Griechenland hatte zwar auf der Sitzung der Finanzminister der Eurozone einen neuen Hilfsantrag angekündigt, aber keine konkreten Reformvorschläge vorgelegt. "Eine rasche Einigung erscheint sehr unwahrscheinlich", sagte Umlauf.

Der Eurokurs gab auch zu anderen wichtigen Währungen wie dem Schweizer Franken und dem japanischen Yen nach. Auch die Kursverluste an den Aktienmärkten und die Flucht in sichere Staatsanleihen zeigen laut Umlauf die große Verunsicherung. In den kommenden Tagen könne der Euro bis auf rund 1,08 Dollar fallen. Allerdings sei die Kursentwicklung nur schwer vorhersehbar, da sie stark durch die politischen Ereignisse rund um Griechenland geprägt sei.

Asien: Shanghai weiter auf dem Weg nach unten

Der Aktienmarkt in Japan hat einen Teil seiner Vortagesverluste wieder wettgemacht. Dagegen setzte die chinesische Börse trotz Stützungsmaßnahmen ihre Talfahrt fort. Vor allem kleinere Werte gaben erneut nach. Medienberichten zufolge kündigten deshalb mehr als 200 in der Volksrepublik notierte Firmen an, den Handel auszusetzen. Die Sorge davor, dass der Aktienmarkt in China nicht stabilisiert werden kann, belastete auch weitere Handelsplätze in Fernost.

Der MSCI-Index für asiatische Aktien außerhalb Japans lag rund 0,4 Prozent im Minus. In Tokio stieg der Nikkei 1,3 Prozent auf 20.377 Punkte.

Das am Wochenende von der chinesischen Regierung verkündete Maßnahmenpaket zur Stützung der Börse in Shanghai ist offenbar ohne große Wirkung verpufft. Am Dienstag sackte der Shanghai Composite Index zeitweise um mehr als fünf Prozent ab; bei Börsenschluss lag er bei 3727 Punkten knapp 1,3 Prozent im Minus. Binnen der vergangenen drei Wochen verlor der Index rund 30 Prozent an Wert; 3,2 Milliarden Dollar (2,9 Milliarden Euro) wurden vernichtet.

Um die Börse zu stabilisieren, hatte die Regierung in Peking am Wochenende angekündigt, laufende Börsengänge an den Handelsplätzen Shanghai und Shenzhen auszusetzen, um so zu verhindern, dass Geld der Anleger in neue Aktien fließt und die Kurse bereits börsennotierter Unternehmen leiden. Zudem hatten einem Bericht des "Shanghai Securities Journal" zufolge 21 Broker ihre Zusagen umgesetzt und gut 20 Milliarden Dollar in einen Fonds für Aktienkäufe gesteckt.

Zudem sollten Börsengänge ausgesetzt werden, um dem Markt nicht weitere Liquidität zu entziehen. Chinas Ministerpräsident Li Keqiang sagte auf einer Regierungs-Webseite, das Land habe die Fähigkeit, mit den wirtschaftlichen Risiken fertig zu werden.

Quelle: ntv.de, kst/bdk/DJ/rts/dpa

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