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Drei Prozent Minus nach Jobdaten Dax rettet 10.000, Dow taumelt

Geht die Fed jetzt endlich in die Spur?

Geht die Fed jetzt endlich in die Spur?

(Foto: REUTERS)

Nach den US-Arbeitsmarktzahlen kommt Hektik auf. Die Fed gerät unter Zugzwang. Und das gefällt Börsianern gar nicht. Trotzdem sind die Aussichten für kommende Woche gar nicht so schlecht.

Dax
DAX 17.917,28

Die mit Spannung erwarteten US-Arbeitsmarktdaten für August haben auf den letzten Metern der Handelswoche noch mal richtig für Wirbel gesorgt: Der Beschäftigungsaufbau fiel zwar nicht so stark aus wie erwartet, dafür wurden die Daten für die Vormonate nach oben revidiert. Die Anleger mussten deshalb wieder schwer grübeln, was das für die weitere Zinspolitik der USA bedeutet.

Insgesamt zeugen die Zahlen von einem ungebrochen soliden Beschäftigungsaufbau, was die US-Notenbank theoretisch durchaus dazu veranlassen könnte, doch noch in diesem Monat die Zinswende einzuläuten. "Nach den Zahlen gibt es keinen Grund mehr, die Zinserhöhung zu verschieben", sagte ein Händler diesseits des Atlantiks. Zwischenzeitlich war dies durch die offensichtliche Abschwächung des Wachstums in China am Markt skeptischer gesehen worden. Gelegenheit die Zinsen zu erhöhen, hat die Fed bereits in der übernächsten Woche, wenn der Offenmarktausschuss am 16. und 17. September zusammenkommt. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt ist für die Notenbank ein wesentliches Kriterium, an dem sie ihre Zinspolitik ausrichtet.

Aktien: US-Zinsspekulationen drücken Dax und Co.

Der deutsche Aktienmarkt reagierte auf die Daten erwartungsgemäß mit Kursabschlägen: Der Leitindex Dax rauschte bis auf ein Tagestief von 9.996,16 Punkte runter. Das entsprach "in der Spitze" einem Minus von 3,1 Prozent. Gegen Börsenschluss berappelte sich das Börsenbarometer aber wieder etwas. Es stieg bis auf 10.038 Punkte und damit auf ein Minus von "nur noch" 2,7 Prozent. Damit scheint die 10.000er-Marke dem Druck der Bären erneut standzuhalten.

In der ablaufenden Woche hatte die Marke bereits bei zwei Tests gehalten. Spekulationen auf eine spätere US-Zinswende und eine andauernde Geldflut in der Euro-Zone hatten den Index am Vortag sogar noch um 2,7 Prozent steigen lassen. Grundsätzlich seien die Chancen für steigende Kurse auch in der kommenden Woche nicht schlecht, sagte ein Händler. Allerdings mache dann auch Shanghai wieder auf, deshalb seien Anleger auch auf der Hut.

Der MDax folgte seinem großen Bruder am Nachmittag mit Minus 2,2 Prozent auf 19.325 Zähler, der TecDax rutschte mit Minus 1,7 Prozent auf 1687 Punkte hinterher.

Konkret wurden in den USA außerhalb der Landwirtschaft im vergangenen Monat 173.000 Stellen geschaffen. erwartet worden war dagegen ein Beschäftigungsaufbau um 220.000 Stellen. Die Arbeitslosenquote sank auf 5,1 Prozent. Hier war ein Rückgang auf 5,2 Prozent erwartet worden, nachdem die Quote im Juli 5,3 Prozent betragen hatte. Die durchschnittlichen Stundenlöhne stiegen um 0,32 Prozent, die Konsensschätzung war von plus 0,2 Prozent ausgegangen.

Vorsicht vor langem Labor-Day-Wochenende

Im Hinterkopf haben könnten viele Marktakteure, dass die August-Daten vom Arbeitsmarkt erfahrungsgemäß sehr revisionsanfällig sind. Im Schnitt der vergangenen Jahre wurde die Zahl neu geschaffener Stellen nachträglich um etwa 60.000 angehoben.

Viele Anleger dürften auch deshalb zögern, sich zu positionieren, weil in den USA ein langes Wochenende ansteht. Am Montag findet wegen des Feiertags Labor Day kein Börsenhandel statt. Laut dem Chartexperten Franz-Georg Wenner vom Börsenstatistik-Magazin Index-Radar wirken zudem die Folgen des August-Crashs nach. Es brauche Zeit, bis sich die Nervosität legen werde, schrieb er in einem Marktkommentar. 

Turbo-Korrektur: "Schnell und knackig"

"Die Korrektur beim Deutschen Aktienindex ging schnell, knackig und heftig vor sich", meinte Daniel Saurenz von Feingold Research. "Vom Jahreshoch hat der Index in der Spitze 25 Prozent verloren. Gleichzeitig sehen die Bewertungen nach dem Ausverkauf durchaus attraktiv aus, sofern China nicht völlig aus der Kurve fliegt. Störend sind die schon wieder fast zu gute Stimmung unter Marktteilnehmern und vor allem die nicht weitreichende Korrektur der US-Börsen, speziell der Fantasiepreise an der Nasdaq."

In der ersten Septemberhälfte wäre ein Test der August-Tiefs beim Dax einhergehend mit einer kräftigen zweiten Korrekturwelle in den USA wünschenswert, meinte Saurenz. Die Dax-Tiefs sollten dabei für gut befunden werden und Kurse unterhalb der 10.000 Anleger zum Kauf animieren. "Denn nicht zuletzt lockt der Dax mit einer Dividendenrendite, die im aktuellen Zinsumfeld ihresgleichen sucht."

US-Börsen: Wall Street folgt Dax ins Minus

Deutlich abwärts ging es mit der Wall Street zum Wochenschluss. Alles drehte sich um den Arbeitsmarktbericht für August, der einer Fed-Zinserhöhung im September wohl eher nicht im Weg steht. Dies jedenfalls ist die große Befürchtung der Börsianer. Es war der letzte Job-Bericht vor dem Zinsentscheid am 16. und 17. September.  Zwar fiel der Beschäftigungsaufbau nicht so stark aus wie erwartet. Doch die Daten für die Vormonate nach oben revidiert. Zudem sank die Arbeitslosenquote auf den niedrigsten Stand seit 2008. Der Dow-Jones-Index verlor 1,7 Prozent auf 16.102 Punkte. Der S&P-500 fiel um 1,5 Prozent, der Nasdaq-Composite büßte 1,1 Prozent ein.

An der Börse standen die zuletzt arg gebeutelten Netflix-Aktien abermals unter Druck. Sie gaben um 2,2 Prozent nach. Dem Streaming-Anbieter erwächst neue Konkurrenz, denn Amazon hat den Kauf des Unternehmens Elemental Technologies angekündigt, das konventionelle Fernsehangebote für den Abruf auf mobilen Geräten formatiert. Amazon verbilligten sich um 1,1 Prozent. Alibaba fielen um 3,9 Prozent. Die beiden Chefs des Unternehmens, Jack Ma und sein Vize Joe Tsai, wollen laut informierten Kreisen zwei Milliarden Dollar Kredit aufnehmen und geben als Sicherheit Alibaba-Aktien. Gerüchteweise sollen die Mittel Blue Pool Capital zufließen, dem Family Office von Alibaba.

Renten- und Devisenmarkt: Run auf Bonds und Dallar

Die Aussicht auf steigende Zinsen ist normalerweise ein Belastungsfaktor für den Rentenmarkt, denn die schon im Umlauf befindlichen Schuldtitel werden unattraktiv, wenn Neuemissionen mit höheren Kupons anstehen. Wegen der Kursverluste am Aktienmarkt fanden Staatsanleihen mit längeren Laufzeiten aber dennoch Käufer. Kurzfristige Anleihen, die stärker auf Zinserwartungen reagieren, wurden dagegen verkauft. Zehnjährige US-Anleihen rentierten zuletzt mit 2,15 Prozent und damit 2 Basispunkte niedriger als am Donnerstag im späten Geschäft.

Die Rendite zweijähriger Anleihen stieg dagegen auf 0,725 Prozent. Unmittelbar vor der Veröffentlichung der Daten rentierten zweijährige Titel mit 0,685 Prozent. Anleiherenditen bewegen sich gegenläufig zu den Kursen.

Am Devisenmarkt fiel der Euro in Reaktion auf die Arbeitsmarktdaten zeitweise bis auf 1,1090 Dollar. Die Gemeinschaftswährung kostet aktuell 1,1108 Dollar. Schon am Donnerstag war der Euro von den "taubenhaften" Äußerungen des EZB-Präsidenten Mario Draghi um 1 US-Cent nach unten gedrückt worden.

Der Goldpreis gab etwas nach um 6 Dollar auf 1118 Dollar je Feinunze. Das zinslose Edelmetall wird für viele Anleger uninteressant, wenn anderswo höhere Renditen winken.

Einzelwerte: RWE Flopp, Lupthansa top

Größter Verlierer im Dax waren bei Handelsschluss schon wieder Eon, die 5,1 Prozent fielen. Auch RWE standen mit einem Minus von 5,0 Prozent unter Druck. Bayer verloren 3,7 Prozent. Der Konzern plant erst einmal nur einen Teilrückzug aus der Kunststoffchemiesparte, die noch im vierten Quartal an die Börse kommen soll. Auch Thyssen, Deutsche Bank und Lanxess standen stark unter Druck.

Das starke Plus bei Lufthansa von knapp 5,0 Prozent wurde im Handel mit einer Note von Merrill Lynch begründet. Nach einem Treffen mit dem Management der Lufthansa zeigten sich die Analysten optimistisch, dass die Lufthansa im dritten Quartal eine bessere Rendite als im zweiten Quartal einfliegen werde. Die Analysten gehen davon aus, dass die Fluglinie ihr 2015er EBIT-Ziel von 1,5 Milliarden Euro erreicht. Dies würde bedeuten, dass die Aktie aktuell an der Börse mit dem 5-fachen Kurs-Gewinn-Verhältnis gehandelt werde - der Dax insgesamt ist mehr als doppelt so teuer.

Auch Air-France-KLM profitierten von einem Treffen mit Merrill. Der Konzern spreche von einem sehr guten Geschäft im Spätsommer. Diese positive Aussage reihe sich in die Aussagen der Wettbewerber ein, so habe IAG von einem soliden Start in den August und Ryanair von einem guten Sommergeschäft gesprochen. Nachdem die Air-France-Aktie am Vortag bereits deutlich zugelegt hatte, stieg sie noch einmal um weitere 0,5 Prozent.

Ansonsten bestimmten am deutschen Aktienmarkt auch Kapitalmaßnahmen von Unternehmen das Bild. So hat die Deutsche Börse knapp 2,5 Millionen eigene Aktien am Markt platziert und dabei 200 Millionen Euro erlöst. Damit finanziert die Börse unter anderem die jüngste Übernahme der Devisen-Handelsplattform 360T. Die Aktie verlor daraufhin 3,5 Prozent.

Die Software AG will für bis zu 70 Millionen Euro eigene Aktien zurückkaufen. Das entspricht einem Händler zufolge dem an der Börse gehandelten Volumen in einem Zeitraum von zwei Wochen. Das trieb den Kurs kräftig um 3,8 Prozent an.

RIB Software wollte mit dem Verkauf von rund 3,4 Millionen neuen Aktien eine neue Software-Generation entwickeln. Die Aktien wurden nach Aussage eines Händler mit 14,25 Euro bei Investoren untergebracht. "Die Nachfrage war gut, so konnte das obere Ende der Spanne erzielt werden", so der Händler. Das Volumen der Platzierung belief sich damit auf gut 48 Millionen Euro. Die Aktie verlor knapp 3,7 Prozent.

Infineon lagen mit einem Minus von 0,8 Prozent vergleichsweise gut im Markt, gestützt von einer Hochstufung auf "Übergewichten" durch J.P. Morgan.

Am Vorabend hat die Deutsche Börse Änderungen in der Zusammensetzung ihrer Indizes beschlossen. Sie sind insgesamt wie erwartet ausgefallen. Vonovia (vormals Deutsche Annington) rücken als erster Immobilienwert in die erste Liga, den DAX, auf - Lanxess steigen dafür in den MDAX ab. Die Deutsche Pfandbriefbank und Hella rücken in den MDAX auf, dafür müssen Celesio und Gerry Weber diesen verlassen. Gerry Weber steigen in den SDax ab, in den auch Sixt Leasing aufgenommen werden. Aus dem SDAX fallen Villeroy & Boch. Wirksam wird die Rochade zu den Schlusskursen am 18. September.

Quelle: ntv.de, ddi/sla/wne/DJ/dpa/rts

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