Marktberichte

Bernanke, Bullenfalle und die 8200 Dax-Anlegern steigt Hitze zu Kopf

Hochsommer, kühlen Kopf bewahren: Aus den USA kommen Störfeuer, aber die deutschen Anleger kontern.

Hochsommer, kühlen Kopf bewahren: Aus den USA kommen Störfeuer, aber die deutschen Anleger kontern.

(Foto: picture alliance / dpa)

Sahara-Hitze hier, kühle Köpfe da - allerdings zu wenige davon auf dem Börsenparkett. Der Handel präsentiert sich hochvolatil, getrieben von bevorstehenden Aussagen der US-Notenbank zur weiteren Geldpolitik. Gleichzeitig kommen auch die Chartanalyse-Anhänger voll auf ihre Kosten. Das macht den Handel nicht einfacher.

Hchsommerliche Temperaturen und vor allem das Warten auf neue Hinweise auf die weitere US-Geldpolitik: Das waren die bestimmenden Themen am Mittwoch am deutschen Aktienmarkt. Die Anleger zeigten sich entsprechend nervös: Der Leitindex startete im positiven Bereich, drehte danach aber schnell und auch deutlich ins Minus. Am Mittag legte er erneut eine Wende hin, ehe er sich am Nachmittag dann wieder ins negative Terrain verabschiedete - und dort bis zum Handelsschluss blieb.

Am Morgen riss der Dax die 8200er Marke. Der Leitindex markierte bei 8161 Zählern das Tagestief - ehe er wieder ansprang. Am Mittag erreichte sein Tageshoch bei 8286 Punkten. Danach ging es wieder abwärts: Zum Handelsschluss - nach einer leicht negativen US-Eröffnung - stand ein Minus von 0,4 Prozent bei 8197 Punkten. Der MDax vollführte ebenfalls eine Berg-und-Talfahrt, und verabschiedete sich mit 14.120 Zählern am Ende nahezu unverändert aus dem Tag. Der TecDax verlor 0,1 Prozent auf 958 Stellen.

Thema "Bullenfalle" - und "Ausbruch nach oben"

Händler sprachen von einem "klassischen Fehlausbruch". "Schon der überraschend optimistische Start hatte uns etwas verwundert und die Möglichkeit einer Bullenfalle gezeigt", sagte ein Händler. Man habe versucht, den Markt über das Tageshoch vom Vortag bei rund 8260 zu hieven, um dann große Positionen abzuladen. Aktuell sehe es bei 8180 nach einer Stabilisierung aus. Ein Durchbruch sei aber nicht unwahrscheinlich. "Immerhin haben wir heute Abend die Fed und ab morgen das große Verfalltagsspiel", so der Händler weiter. Da seien volatile Ausschläge von bis zu 200 Punkten "völlig normal". Technische Unterstützung gebe es um 8100 Punkte.

"Das ganze Marktverhalten heute sieht nach Ausbruch nach oben aus", sagt ein weiterer Händler. Der kleine Kurseinbruch im Dax-Futures sei über einen Einbruch im S&P-500-Future inszeniert worden: "Da kann man mit kleinem Geld den Europäern suggerieren, in den USA geht es runter und danach hier sehr billig zugreifen". Ein anderer Marktteilnehmer sagte: "Wer sich solche Mühe gibt und soviel Konfidenz vor der Fed-Sitzung zeigt, scheint sich ziemlich sicher zu sein." Das passe zum Bild des S&P-Futures, der einen Ausbruch nach oben aus seiner zweiwöchigen Handelsspanne versuche. Ihr Widerstand liege aktuell bei 1647 Zählern: "Per Saldo deutet alles auf sehr marktfreundliche Aussagen der Fed heute Abend."

Warten bis 20.30 Uhr

Im Mittelpunkt des Interesses stand somit, ob Fed-Chef Bernanke eine Drosselung der Wertpapier-Käufe signalisiert und wann er damit beginnen könnte. Bislang pumpt die US-Notenbank mit diesen Geschäften monatlich 85 Mrd. Dollar in die Finanzmärkte. Sie hat sich außerdem dazu verpflichtet, so lange an ihrer ultra-lockeren Geldpolitik festzuhalten, bis die US-Arbeitslosenquote auf 6,5 von 7,5 Prozent gefallen ist.

"Die Fed wird wohl durchblicken lassen, dass sie vor allem die moderate Inflationsentwicklung im Blick behält", sagte Volkswirt David Kohl von Julius Bär. Damit habe die Fed genug Argumente in der Hand, um noch eine Weile bei ihren Anleihekäufen zu bleiben.

Der Offenmarktausschuss (FOMC), der die US-Geldpolitik bestimmt, wollte seine Entscheidungen um 20.00 Uhr (MESZ) veröffentlichen. Eine halbe Stunde später wollte Bernanke vor die Presse treten.

"Sollte Bernanke andeuten, dass die Drosselung noch recht weit entfernt ist, werden Anleger erleichtert reagieren und die Aktien Kurs auf ihre jüngsten Hochs nehmen", sagte Philippe Gijsels, Chef-Analyst von BNP Paribas Fortis Global Markets. "Falls nicht, wappnen Sie sich für Nervosität und Volatilität." Mögliche Kursverluste wären aber nur vorübergehend und nicht der Auftakt zu einer längeren Talfahrt, betonte er.

Impulse dringend gesucht

Unter den Einzelwerten richtete sich der Fokus der Anleger im Dax auf mehrere Werte: Deutsche Börse legten zeitweise knapp 1 Prozent zu, ehe sie am Ende 0,2 Prozent fester schlossen. Die Deutsche Börse profitierte dabei von einer Analystenstimme der schweizerischen Großbank UBS. Die hatte das Kursziel der Deutsche-Börse-Aktie auf 60 von 55 Euro erhöht. Merck, Fresenius und Henkel führten die Gewinnerliste im Dax mit Aufschlägen von je 1,0 bis 1,6 Prozent an. Commerzbank zogen 0,2 Prozent an. Die Bank gab bekannt, 5200 Stellen abzubauen.

Neben Lanxess, die 3,5 Prozent absackten, waren ThyssenKrupp Topverlierer mit minus 2,1 Prozent. Nach einem Bericht des "Manager Magazins" könnten Belastungen aus dem eigentlich zum Jahreswechsel verkauften Edelstahlgeschäft drohen. Der finnische Käufer Outokumpu dringe angesichts anhaltender Verluste darauf, dass ThyssenKrupp auf einen Teil eines gewährten Kredits von 1,25 Mrd. Euro verzichte, berichtete das Magazin.

Im Nebenwerteindex MDax setzten Kabel Deutschland ihren Höhenflug fort. Dem Finanzinformationsdienst Bloomberg zufolge bessert Vodafone als Reaktion auf die Gegenofferte von Liberty Global sein Übernahme-Angebot für Kabel Deutschland auf 85 Euro je Aktie von bislang 80 bis 82 Euro nach. Die Papiere des deutschen Kabelnetz-Betreibers stiegen um 0,3 Prozent auf 85,25 Euro. Das neue Rekordhoch liegt nun bei 86,30 Euro.

Leicht im Plus zeigten sich GSW Immobilien trotz des Eklats bei der Hauptversammlung. Die Aktien notierten nur optisch 2,3 Prozent oder 74 Cent im Minus. Das Unternehmen schüttet 90 Cent Dividende aus. Auf der Hauptversammlung der Berliner Wohnungsgesellschaft hatten die Aktionäre dem neuen Vorstandschef nach nur zwei Monaten im Amt das Vertrauen entzogen.

Für einen Antrag auf Abberufung des Aufsichtsratsvorsitzenden waren nicht genügend Stimmen anwesend. "Das ist zwar eine sehr laute Geschichte, war aber dem Markt schon lange bekannt, weil es in den HV-Anträgen stand", so ein Händler. Daher reagiere der Handel am Mittwoch so unaufgeregt.

Im TecDax waren nennenswerte Gewinner rar. Die Verliererliste war dagegen lang. Auch der Ex-TecDax-Wert Solarworld kam wieder unter die Räder. Das Minus summierte sich auf 5,9 Prozent.

Quelle: ntv.de, bad/rts/DJ

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen