Marktberichte

Draghi liefert nicht, oder doch? Dax feiert drittes Tagesplus in Folge

(Foto: REUTERS)

Niedrige Zinsen, dauerhaft. Lockere Geldpolitik, solange es sie braucht: EZB-Chef Draghi sagt wenig Überraschendes. Dennoch legt der Dax zu. Den Grund liefert der Devisenmarkt. Die US-Börsen schließen im Minus.

Am deutschen Aktienmarkt hat es am Donnerstag ein bestimmendes Thema gegeben: die Sitzung des Rates der Europäischen Zentralbank (EZB) mit den anschließenden Äußerungen von EZB-Präsident Mario Draghi. "Der Markt hat mehr erwartet", kommentierte Heino Ruland von Ruland Research danach. Die Berichtssaison trat etwas in den Hintergrund, sorgte bei einzelnen Werten aber für enorme Ausschläge - nach oben wie unten.

Der Dax ging mit einem Aufschlag von 0,5 Prozent und 10.701 Punkten aus dem Handel - der dritte Tagesgewinn in Folge: Einem Abschlag zum Wochenstart folgte am Dienstag ein Kurssprung und am Mittwoch ein Mini-Aufschlag. Der MDax schloss 0,7 Prozent im Minus bei 21.400 Zählern. Der TecDax büßte 0,1 Prozent auf 1783 Punkte ein.

Konjunktur: Draghi bleibt locker

Die EZB ließ ihre Zinspolitik vorerst unverändert - wie erwartet: So bleibt der Hauptrefinanzierungssatz bei 0,00 Prozent, der Spitzenrefinanzierungssatz bei 0,25 Prozent und der Satz für Bankeinlagen bei minus 0,40 Prozent. Die EZB will zudem ihre Zinsen für längere Zeit auf diesem oder einem niedrigeren Niveau halten, und zwar deutlich über die Dauer der Anleiheankäufe hinaus.

Darüber hinaus bestätigte die EZB, das sie monatlich Anleihen für 80 Milliarden Euro ankaufen will, bis die Inflation eine überzeugende Wende in Richtung ihres Zielwerts von knapp 2 Prozent genommen hat, mindestens aber bis Ende März 2017.

"Der Markt hat zumindest eine Diskussion über veränderte Modalitäten zu den Anleihenkäufen erwartet", sagte der Analyst Ruland. Diese sei derzeit aber gar nicht nötig, da die Korrektur am Anleihenmarkt die Renditen vieler Papiere wieder über minus 0,4 Prozent getrieben habe. "Damit kann die EZB sie wieder kaufen."

Daneben musste sich der Markt mit einer Menge Quartalszahlen beschäftigen, die aber nur die jeweiligen Einzeltitel bewegten. Im Blick standen unter anderem Lufthansa im Dax und Gea im MDax.

USA: Wall Street schließt im Minus

Nach einem wechselhaften Geschäft geht es an der Wall Street leicht nach unten. Durchwachsene Quartalsberichte hätten am US-Aktienmarkt leichten Abgabedruck erzeugt, meinten Beobachter. Auch der Rückgang des Ölpreises, der bereits seit längerem als Indikator für die Konjunkturentwicklung im Vordergrund steht, drücke auf die Stimmung. Gestützt werde der Markt dagegen vom dritten und letzten TV-Duell der beiden Präsidentschaftsanwärter, hieß es aus dem Handel. Umfragen zufolge dürfte Hillary Clinton den besseren Eindruck hinterlassen haben.

Der Dow-Jones-Index beendet den Tag 0,2 Prozent tiefer bei 18.162 Punkten. Der breiter gefasste S&P-500 verliert 0,1 Prozent auf 2141 Zähler. Der Nasdaq-Composite gibt um 0,1 Prozent ab auf 5242 Punkte.

Gedämpft wurde die Kauffreunde der Anleger auch durch einen festeren Dollar. Dieser reagierte vor allem auf EZB-Präsident Mario Draghi, denn mit seinen Aussagen den Euro gegen den Greenback unter Druck brachte. Einige Teilnehmer interpretierten Draghis Auftritt im Anschluss an die EZB-Sitzung als "taubenhaft", da nichts über ein mögliches Eindampfen der Anleihekäufe gesagt wurde. Insgesamt blieben seine Aussagen aber vage. "Es ist schwer, ein klares Bild zu fassen", sagte ein Marktteilnehmer.

Die US-Konjunkturdaten offenbarten Licht und Schatten: In der Vorwoche haben mehr US-Bürger erstmals Arbeitslosenhilfe beantragt als erwartet. Andererseits sank der Philadelphia-Fed-Index im Oktober deutlich geringer als befürchtet. Ebenfalls freundlich lasen sich Daten zum Immobilienmarkt. Auf die drängende Frage zum Zeitpunkt der nächsten Zinserhöhung lieferte der Datenkranz aber keine klare Antwort. Nach wie vor richtet sich der Markt auf einen Schritt im Dezember ein. Auch US-Notenbankpräsident William Dudley aus New York zielte in diese Richtung.

Im Aktienhandel gibt der Kurs von Verizon um 2,5 Prozent nach. Für Verstimmug sorgten ein schrumpfender Umsatz und ein Rückgang beim durchschnittlichen Erlös je Nutzer. Dass die Gewinnprognose übertroffen wurde, reichte den Anlegern nicht. Travelers büßen 5 Prozent ein, nachdem der Betriebsgewinn in der dritten Periode um knapp ein Viertel eingebrochen war. Gleichwohl erreichte das Prämienaufkommen des Versicherers Rekordniveau.

Die Aktien von American Airlines fallen um 0,1 Prozent. Die Fluggesellschaft leidet unter gesunkenem Umsatz und Gewinn. Vorbörslich hatte der Kurs noch im Plus gelegen, denn auf bereinigter Basis wurden die Prognosen übertroffen.  American Express springen um 9 Prozent nach oben. Der Finanzdienstleister hat die Gewinnprognose übertroffen und die Jahresprognose erhöht.

Die Internet-Handelsplattform Ebay ist derweil im dritten Quartal weiter gewachsen, der Gewinn übertraf auf bereinigter Basis die Erwartung, wenngleich er unbereinigt im Vergleich zum Vorjahr deutlich zurückging. Zudem legte Ebay einen Umsatzausblick vor, der etwas über den bisherigen Analystenschätzungen liegt. Die Aktie stürzt dennoch 10,7 Prozent ab. Nach Einschätzung der Analysten der Citigroup hat der Markt zu viel von Ebay erwartet. Außerdem scheine der Ausblick die erzielten Verbesserungen in einigen Bereichen bei Ebay nicht widerzuspiegeln. Auch die Experten von Baird machen den Ausblick für die negative Kursreaktion verantwortlich.

Die Aktie des Spielzeugherstellers Mattel verteuert sich um 6 Prozent. Während der Markt den Quartalszahlen wegen des Verlusts von Disney-Lizenzen skeptisch entgegengesehen habe, habe das Unternehmen umsatzseitig besser als erwartet abgeschnitten, hieß es zur Begründung für das Kursplus.

Der Elektroautomobilhersteller Tesla stattet alle seine Fahrzeuge ab sofort mit der Technik für autonomes Fahren aus. Das System werde aber vorerst nur im Hintergrund laufen, das Unternehmen bleibt über die Zuverlässigkeit des Systems unsicher. Die Titel verbilligen sich um 2,1 Prozent.

Die Schnellrestaurantkette Dunkin Donuts fährt die Erweiterungspläne für ihre Franchises aufgrund der ungewissen wirtschaftlichen Gesamtlage zurück. Die Aktie fällt um 3,1 Prozent.  Die Time-Warner-Aktie verteuert sich um 4,7 Prozent. Laut einem Medienbericht hat sich die Unternehmenspitze mit AT&T über gemeinsame Strategien beraten, darunter einen Kauf von Time Warner durch AT&T. AT&T fallen um 1,9 Prozent.

Am US-Rentenmarkt gab es wie am Vortag wenig Bewegung. Die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen verharrte bei 1,75 Prozent. Zwischenzeitlich war es abwärts gegangen mit der Draghi-Aussage, nicht über eine Streckung des Anleihekaufprogramms diskutiert zu haben. Damit blieb auch die erste Saudi-Anleihe über 17,5 Milliarden US-Dollar ohne großen Einfluss, denn Händler hatten wegen der hohen Nachfrage nach den Papieren über mögliche Umschichtungen aus US-Anleihen spekuliert.

Devisen: Euro rauscht abwärts

Euro / US-Dollar
Euro / US-Dollar 1,07

Der Euro wartete mit einer wilden Achterbahnfahrt am Donnerstag auf. Nach der EZB-Sitzung ging es zunächst bis auf ein Hoch von 1,1040 Dollar. Allerdings drehte die Stimmung schnell und am Abend lag der Euro bei 1,0922 Dollar auf Tagestiefniveau und 0,4 Prozent unter dem Mittwochabendkurs. Zuletzt hatte er am 24. Juni, dem Tag der Bekanntgabe des Brexit-Votums, niedriger notiert. Die EZB setzte den Referenzkurs am Mittag noch auf 1,0980 Dollar fest nach 1,0979 Dollar zur Wochenmitte.

Unter dem Strich lieferte die Pressekonferenz von Draghi nach Einschätzung von Experten aber kaum neue Erkenntnisse. Einen klaren Hinweis zur weiteren Entwicklung der Anleihekäufe sei der Notenbanker schuldig geblieben, sagte Experte Ralf Umlauf von der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba). Erneut habe Draghi darauf hingewiesen, dass die Notenbank die Geldschleusen wegen konjunktureller Risiken offen halten müsse. Umlauf hält daher eine Verlängerung der Anleihekäufe in den kommenden Monaten für wahrscheinlicher als einen baldigen Beginn des "Tapering".

In den Blick rückte zudem der mexikanische Peso. Er konnte seine Gewinne der vergangenen Wochen unterdessen ausbauen und stieg zum US-Dollar auf den höchsten Stand seit Anfang September. Am Markt wurde das dritte TV-Duell im US-Wahlkampf zwischen Hillary Clinton und Donald Trump als Grund genannt. Eine Umfrage sah Clinton als Gewinnerin der Debatte. Mexikos Währung gilt als Stimmungsbarometer für die US-Wahl, weil einige Punkte in Trumps Wahlprogramm negativ für Mexiko wären.

Dax: Lufthansa im Höhenflug

Bei den Einzelwerten im Dax stachen Lufthansa positiv heraus. Die Titel schlossen etwa 8 Prozent fester und waren damit der Top-Gewinner im Leitindex. Das Unternehmen hatte zwar in den ersten neun Monaten des Jahres operativ weniger verdient und auch weniger umgesetzt als im Vorjahreszeitraum. Die Ende Juli gesenkte Jahresprognose hob der Konzern aber wieder etwas an. Er rechnet nun mit einem operativen Gewinn in der Nähe des Vorjahresergebnisses von gut 1,8 Milliarden Euro. "Analysten dürften nun reihenweise ihre Schätzungen erhöhen", sagte ein Händler.

Bei VW fand eine Betriebsversammlung statt. Dabei wurde über die Spar- und Investitionspläne des Konzerns informiert. Die Titel blieben deshalb im Anlegerfokus, sie gewannen 1,7 Prozent. Für den 25. Oktober wird ein US-Urteil zum Abgasskandal erwartet. Es droht eine zweistellige Milliardenstrafe.

BMW und Daimler zogen weiter an. Die Papiere gewannen 1,5 und 1,4 Prozent. Etwas Skepsis kehrte im Handel mit Blick auf die Chancen für weitere Kursgewinne bei Daimler ein. Der Autobauer legt am Freitag Zahlen vor. "Mittlerweile scheint sie jeder im Markt deutlich besser zu erwarten, da wird das verbleibende Überraschungspotenzial immer geringer", sagt ein Händler. Daher könne es auch bei guten Zahlen zu Gewinnmitnahmen kommen. Erwartet wird im Handel, dass der Analystenkonsens beim Gewinn je Aktie von 2,20 Euro um 5 bis 10 Cent übertroffen werden kann.

MDax: Gea schockt

Gea stürzten dagegen im MDax rund 20 Prozent ab. Grund waren die überraschend vorgezogenen Zahlen. "Da ist alles deutlich unter den Erwartungen", kommentierte ein Händler. Vor allem der Rückgang der Auftragseingänge und der Vorzeichenwechsel bei der Umsatzprognose seien sehr negativ für die künftige Trendrichtung der Aktie. Anstelle eines leichten Umsatzanstiegs geht Gea nun von einem leichten Umsatzrückgang im laufenden Jahr aus. Überraschend sei auch der Umfang des Gewinnrückgangs. 

Zalando bauten ihre Kursgewinne von fast 7 Prozent zur Wochenmitte um weitere 1 Prozent aus. Die Aktien sprangen damit auf ein neues Allzeithoch. Einige Händler hatten sich schon am Mittwochmorgen verwundert geäußert, warum die Aktie zunächst nur mit einem schmalen Plus zwischen 1,5 und 3,5 Prozent auf die sehr starken Zahlen reagiert hatte. "Es gab einige Trading-Calls von Banken, die zunächst gebremst hatten", sagte ein Händler. Diese Banken hätten sich auf das etwas schwächere Umsatzwachstum kapriziert, was aber bei reifer werdenden Unternehmen normal sei: "Erst ab Mittag hat sich dann das starke Margenwachstum als einheitliche Story für die Käufe durchgesetzt."

Daneben bewegten Analystenkommentare einzelne Titel. So stiegen Rational mit einer Kaufempfehlung der Deutschen Bank um rund 4,5 Prozent. Das Kursziel liegt bei 500 Euro.

Europa: Nestle enttäuscht

Keine Begeisterung lösten die Zahlen von Nestle aus. "Mit einem etwas verlangsamten Wachstum hatte man ja gerechnet, aber das ist zu viel", sagte ein Händler mit Verweis auf die gesenkte Prognose für das organische Umsatzwachstum. Vor allem in den Schwellenländern habe das Unternehmen erneut enttäuschend abgeschnitten. Nestle geht für 2016 nur noch von 3,5 Prozent Wachstum aus und nicht mehr wie auf Vorjahresniveau bei 4,2 Prozent. Die Titel büßten 0,7 Prozent ein.

Rohstoffe: Gewinnmitnahmen bei Öl

Der Ölpreis gab einen Großteil des deutlichen Vortagsgewinns wieder ab. Händler sprachen von einer typischen Gegenbewegung. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete am Abend 51,60 Dollar. Das waren 2,1 Prozent weniger als am Mittwoch. Der Preis für ein Fass der amerikanischen Sorte WTI sank 2,2 Prozent auf 50,60 Dollar.

Zur Wochenmitte war der US-Ölpreis mit 51,93 Dollar auf den höchsten Stand seit Juli 2015 gestiegen. Auch der Brent-Preis legte spürbar zu, blieb aber unter seinem vor wenigen Tagen erreichten 15-monatigen Höchststand. Auslöser der Bewegung waren Lagerdaten aus den USA. Nach Regierungszahlen sind die landesweiten Rohölbestände in der vergangenen Woche deutlich gefallen. Dies spricht dafür, dass sich die immer noch gut gefüllten US-Vorräte langsam reduzieren, was die Ölpreise stützt.

Asien: Überwiegend freundlich

Überwiegend gut ausgefallene US-Unternehmensergebnisse und die weiter gestiegenen Ölpreise sorgten an den ostasiatischen Finanzmärkten für gute Stimmung. Marktbeobachter sprachen dennoch von Zurückhaltung der Akteure.

Der Nikkei-Index in Tokio gewann 1,4 Prozent auf 17.236 Punkte, in Hongkong ging es für den HSI 0,4 Prozent nach oben. Kleiner fielen die Aufschläge in Sydney beim S&P/ASX200 aus, während der Shanghai Composite und der Kospi in Seoul sich kaum bewegten.

Gesucht waren Aktien aus dem Ölsektor. In Tokio gewannen Inpex mehr als 1 Prozent. in Hongkong zogen CNOOC rund 3 und Sinopec etwa 2,5 Prozent ab. In Sydney legten Santos mehr als 4 und Woodside etwa 1 Prozent zu. BHP Billiton gewannen nach dem kleinen Minus zur Wochenmitte mehr als 2 Prozent, der Kurs des großen Konkurrenten Rio Tinto verbesserte sich ebenfalls. Vor dem Hintergrund frischer Details zur neuen Spielekonsole NX stiegen Nintendo-Aktien rund 3 Prozent.

Quelle: ntv.de, bad/DJ/rts/dpa

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