Marktberichte

Kräftezehrende Athen-Sorgen Wall Street und Dax zeigen sich müde

Der Markt rührt sich sicherheitshalber nicht.

Der Markt rührt sich sicherheitshalber nicht.

(Foto: AP)

Das Gerangel um eine Lösung der griechischen Schuldenkrise sorgt an den Aktienmärkten für große Nervosität. Da werden die Vortagesgewinne vorsorglich eingepackt - auf beiden Seiten des Atlantiks.

Die Woche an den großen Börsen steht einmal mehr im Bann der Griechen-Krise. In New York und Frankfurt gaben die Indizes nach. Das Gerangel um eine Lösung der Schuldenkrise kostete sie zu viele Nerven. Die Griechenland-Euphorie vom Vortag ist verpufft, ein Durchbruch in den Verhandlungen mit den Gläubigern lässt offenbar auf sich warten. Im Gegenteil, der IWF hat betont, dass in der Krise "noch Arbeit zu leisten ist" und kein Zahlungsaufschub möglich sei.

An der Wall Street verlor der Dow-Jones-Index der Standardwerte 0,2 Prozent auf 18.126 Punkte. Der breiter gefasste S&P-500 sank 0,1 Prozent auf 2120 Zähler. Der Index der Technologiebörse Nasdaq verringerte sich um 0,2 Prozent auf 5097 Punkte.

Zudem wurde wieder das Dauerthema Zinserhöhung gespielt. Leicht schwächer als erwartet ausgefallene wöchentliche Daten zum Arbeitsmarkt beförderten zwar nicht unmittelbar solche Spekulationen. Allerdings merkten Händler an, dass sich die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe noch immer auf einem historisch niedrigen Niveau bewegen. Zudem fielen die ausstehenden Hausverkäufe besser aus als erwartet.

Der Präsident der Fed-Filiale in St. Louis James Bullard sprach sich für eine "Normalisierung" der Geldpolitik aus. Dagegen wiederholte Narayana Kocherlakota von der Fed in Minneapolis seine Auffassung, dass in diesem Jahr noch keine Zinserhöhung erfolgen solle. Seine Meinung gilt als die einer Minderheit in der Notenbank.

Mit Blick auf die Einzelaktien beherrschte erneut eine spektakuläre Übernahme das Geschehen. Der Chiphersteller Avago Technologies will den Rivalen Broadcom für 37 Milliarden US-Dollar übernehmen. Avago stiegen um 0,6 Prozent, Broadcom gaben 1,6 Prozent nach. Die Titel waren allerdings bereits am Vortag um 22 Prozent nach oben geschossen. Rally Software Development machten ihrem Namen alle Ehre und schnellten um 44 Prozent empor. CA Inc schluckt das Unternehmen für 480 Millionen Dollar.

Palo Alto Networks gewannen 3,5 Prozent, das auf Datensicherheit spezialisierte Unternehmen hat seinen Verlust im dritten Quartal reduziert und einen etwas optimistischeren Ausblick abgegeben. Semtech verloren 12,8 Prozent, nachdem der Halbleiterhersteller sowohl mit seinen Geschäftszahlen als auch seinem Ausblick enttäuscht hat.

Adidas mit Fifa-Sorgen

In Frankfurt hatte der Dax 0,8 Prozent auf 11.677 Punkte eingebüßt. Der MDax der mittelgroßen Werte verlor 0,6 Prozent auf 20.832 Punkte, während der Technologiewerte-Index TecDax um 0,1 Prozent auf 1720 Punkte zulegte. Wie Händler Thorsten Engelmann von der Investmentbank Equinet sagte, erscheint der Dax zwar momentan etwas orientierungslos, "aber es darf nicht vergessen werden, dass wir immer noch nahe der Hochs notieren und eine richtige Korrektur bisher ausgeblieben ist".

Nach den Festnahmen von Fifa-Funktionären wegen Korruptionsverdachts gehörten Adidas mit Minus ein Prozent auf 72,96 Euro zu den größeren Verlierern. Adidas sei einer der Hauptsponsoren der Fifa, heißt es. Infineon lagen mit Plus 3,2 Prozent auf 12,17 Euro an der Dax-Spitze und beendeten damit die Konsolidierung der vergangenen Monate mit neuen Jahreshöchstständen. Damit profitierten sie von der Steilvorlage der US-Halbleiter-Aktien. Der Deal in der US-Branche stützte auch die europäischen Chip-Werte. "Das ist ein neues Kaufsignal", sagte Petra von Kerssenbrock, Marktanalystin der Commerzbank.

Die Aktien von Windeln.de, erst Anfang Mai an die Börse gegangen, sprangen um 3,33 Prozent auf 14,45 Euro hoch. Der Online-Händler für Babyprodukte steigerte den Umsatz im ersten Quartal kräftig und schrieb operativ einen geringeren Verlust. Alle Geschäftsbereiche seien profitabler geworden, hieß es.

Positiv bewerteten Marktteilnehmer die Perspektiven für die Solarwerte. Die Spotpreise für Solarzellen seien das erste Mal seit sieben Jahren gestiegen, sagte ein Marktteilnehmer mit Blick auf die Entwicklung der wöchentlichen Daten. "Die Stimmung scheint sich auf niedrigem Niveau etwas zu verbessern", sagte er. Profiteur einer solchen wären dann Wacker Chemie - die Aktie stieg 0,6 Prozent.

Ein positiver Kommentar der Analysten der UBS schob die Titel des Roboterbauers Kuka um 3,9 Prozent an und damit an die MDax-Spitze.

Trotz zuletzt solider Zahlen warnte Deutschlands zweitgrößter Stahlhersteller Salzgitter vor allzugroßer Euphorie. Es sei "noch eine harte Wegstrecke in Richtung allseits zufriedenstellender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit", sagte Vorstandschef Heinz Jörg Fuhrmann bei der Hauptversammlung in Braunschweig. Die Aktie verlor 4,2 Prozent auf 33,38 Euro.

Nur optisch verbuchten die Aktien der Deutschen Post und die von Bayer größere Kursverluste. Beide schütteten an diesem Tag ihre Dividende aus.

Devisen: Euro balanciert bei 1,09

Der Eurokurs pendelte um die Marke von 1,09 US-Dollar. Der Schuldenstreit Am Nachmittag kostete die Gemeinschaftswährung 1,0906 Dollar. Zuvor hatte sich der Euro in einer Spanne von mehr als einem halben Cent bewegt. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Mittag auf 1,0896 (Mittwoch: 1,0863) US-Dollar festgesetzt. Der Dollar kostete damit 0,9178 (0,9206) Euro.

"Hinsichtlich der ungelösten Griechenland-Problematik wird es immer schwerer, auf dem Laufenden zu bleiben", hieß es in einer Einschätzung der Privatbank Metzler. Die Experten gehen davon aus, dass "die Tragödie voraussichtlich auch im Juni nicht zu Ende sein wird". Bis zu einer Lösung sei mit weiteren Schwankungen beim Eurokurs zu rechnen.

USA: Schaukelbörse an der Wall Street

An der Wall Street ging es nach Verlusten am Dienstag und Gewinnen am Mittwoch wieder abwärts. Der Dow-Jones-Index fiel um 0,4 Prozent auf 18.089 Punkte, S&P-500 und Nasdaq-Composite verloren 0,4 bzw 0,3 Prozent.

Neben der Angst vor einer Staatspleite Griechenlands und dem Dauerthema Zinserhöhung belasteten schwache US-Jobdaten. Die Erstanträgen auf Arbeitslosenhilfe fielen höher aus als erwartet. Allerdings merkten Händler an, dass sich die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe noch immer auf einem historisch niedrigen Niveau bewegen.

Rohstoffe: Öl zieht an

Das sinkende Überangebot von Rohöl in den USA hat den Ölpreis am Donnerstag angeschoben. Rohöl sank um 2,8 Mio. auf 479,363 Mio. Barrel. Nordseeöl der Sorte Brent verteuerte sich um 0,6 Prozent auf 62,46 Dollar je Barrel (159 Liter). Vor Veröffentlichung der Daten hatte Brent noch niedriger notiert.

Asien: Rekord in Tokio, Einbruch in Schanghai

Die Börse in Tokio schloss in Folge positiver Vorgaben aus Europa und den USA fester. Der Nikkei-Index für 225 führende Werte stieg um 78,88 Punkt oder 0,39 Prozent auf den Stand von 20.551,46 Zählern. Damit hat der Nikkei erstmals seit mehr als 27 Jahren an zehn Handelstagen in Folge zugelegt. Der bisherige Rekord liegt bei 13 Gewinntagen in Serie aus dem Jahr 1988. Der breit gefasste Topix verbesserte sich um 11,43 Punkte oder 0,69 Prozent auf 1672,76 Punkte.

Ein böses Erwachen erlebten dagegen die rallygewohnten Anleger an der Börse in Schanghai. Der Shanghai-Composite brach um knapp 6,5 Prozent auf 4.623 Punkte ein. Vom Tageshoch knapp unter der psychologisch bedeutsamen 5.000er Marke kam der Index sogar um 7,2 Prozent zurück, nachdem er in den vergangenen sieben Tagen immer gestiegen war und auch in den vergangenen Wochen fast nur den Weg nach oben kannte. Angesichts eines Anstiegs seit Jahresbeginn bis zu dem Absturz am Donnerstag um 53 Prozent galt der Markt schon lange als reif für eine Korrektur. Es war das zweitgrößte Tagesminus im laufenden Jahr. Am 19. Januar waren die Kurse um 7,7 Prozent abgestürzt.

Auslöser für den Kursrutsch waren Marktteilnehmern zufolge Anteilsverkäufe an zwei staatlich kontrollierten Banken durch einen chinesischen Vermögensfonds und strengere Nachschusspflichten einiger chinesischer Handelshäuser für kreditfinanzierte Aktiengeschäfte. Dass die Central Huijin Investment Anteile an der Industrial and Commercial Bank of China (ICBC) und an der China Construction Bank verkauft, wurde zwar bereits am Dienstag bekannt, in Foren auf chinesischen Webseiten sei das Thema aber erst am Donnerstag hochgekocht, hieß es.

Quelle: ntv.de, sla/mbo/rts/DJ

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