Marktberichte

Rückenwind aus New York Dax mausert sich vom Verlierer zum Gewinner

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(Foto: picture alliance / dpa)

Die Kehrtwende kommt überraschend: Trotz fehlender Hinweise auf ein gütliches Ende der Krise um Griechenlands Schulden, rettet sich der Dax am Schluss in die Gewinnzone. Dabei sah es in der ersten Tageshälfte zunächst nach einem weiteren schwachen Tag aus.

Ein echtes Comeback zeigte der Dax am heutigen Handelstag - wobei es lange Zeit nach einer Minus-Nummer aussah. Am Vormittag sackte der deutsche Leitindex mit Verlusten von mehr als einem Prozent zeitweise sogar unter die Marke von 11.800 Punkten. Am Nachmittag jedoch begann die Aufholjagd, in deren Verlauf die 11.000er Marke wieder überwunden und bis zum Schluss gehalten wurde.

"Reversal ja, aber nicht aggressiv genug zum Setzen eines markanten Tiefs", sagte ein Händler zum heutigen Verlauf. Zwar mache der Tag seinem Ruf als "Turn-around-Tuesday" alle Ehre. "Ein bereinigender Sell-Off ist aber ausgeblieben", sagte der Marktteilnehmer mit Verweis auf die dünnen Umsätze.

Etwas gestützt wird die Stimmung auch von der freundlichen Eröffnung der Wall Street. In den USA sind neue Zahlen zu den Baubeginnen überraschend schwach ausgefallen. "Am US-Immobilienmarkt gibt es keine Konstanz", sagt Dwight Bolden, Analyst von Metzler.

Das beherrschende Thema war erneut die Schuldenkrise in Griechenland. Merrill Lynch bezweifelte, dass ohne einen positiven Ausgang der Verhandlungen eine Rally möglich ist. Im Fall einer Lösung seien die Chancen für eine Aufwärtswelle aber gut. Denn die Europa-Fonds hätten nun die größte Cash-Quote seit sechs Jahren, so das Haus nach einer Umfrage unter Fondsmanagern.

Die Deutsche Bank gab sich hoffnungsvoll und hat das Kursziel für den Dax zum Jahresende von 11.000 auf 12.000 Punkte erhöht. Zwischen Griechenland und den Gläubigern werde es einen "Deal" geben und das werde die Kurse antreiben, meinte das Haus.

"Ich kann mir gut vorstellen, dass es schief geht", sagt dagegen Assenagon-Chefvolkswirt Martin Hüfner zu den aktuell laufenden Verhandlungen. Der DAX besitze in diesem Fall Abwärtspotenzial bis auf 10.000 Punkte. Nach einem ersten kräftigen Abverkauf sollte sich die Börse von dem Schock aber auch schnell wieder erholen. "Der Grexit ist keine Katastrophe für die Eurozone", so Hüfners Begründung.

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum umstrittene Anleihenkaufprogramm OMT der Europäischen Zentralbank nahmen die Anleger gelassen hin. Wie von vielen erwartet, gab der EuGH grünes Licht für die bislang nie umgesetzte Maßnahme.

Am Abend beginnt zudem die zweitägige Sitzung der US-Notenbank, deren Ergebnisse am Mittwoch veröffentlicht werden. An der Börse dürfte wieder verstärkt darüber spekuliert werden, wann die Notenbank die Zinsen erhöht. Volkswirte rechnen in der Mehrzahl damit, dass dies im September der Fall ist. Als sicher gilt, dass die Notenbank die Wachstumsprognose für das laufende Jahr nach unten korrigieren wird.

Deutschland: Henkel muss Wella-Pleite verdauen

Lanxess
Lanxess 26,02

Der Dax schloss nach einem starken Schlussspurt um 0,5 Prozent im Plus und stieg auf 11.044 Punkte. Für den MDax ging es ebenfalls 0,5 Prozent nach oben auf 19.723 Zähler. Beim TecDax gab es ein Plus von 1,1Prozent auf 1640 Punkte. Der Euro-Stoxx-50 stieg um 0,5 Prozent.

Größte Gewinner im Dax waren die Aktien von K+S, die 2,1 Prozent zulegten. Bayer stiegen um 2,0 Prozent. Lanxess legten 0,8 Prozent zu. Die DZ Bank hatte zuvor den Titel von Verkaufen auf Kaufen hochgestuft. Nach Einschätzung der Bank stellt bei Lanxess die Bekanntgabe eines Partners für das Kautschuk-Segment im zweiten Halbjahr aktuell den größten potenziellen Treiber dar.

Für Verwunderung sorgten unter Händlern Presseberichte über eine vermeintliche Gewinnwarnung der Lufthansa. Diese soll in ihrer Mitarbeiterzeitung "Lufthanseat" am Montagnachmittag angekündigt haben, dass das Sparprogramm die gesteckten Ziele in diesem Jahr nicht erreichen wird. Der Kurs der Aktie gab um 0,8 Prozent nach.

Henkel
Henkel 70,82

Das mögliche Aus im Bieterrennen um Wella brachte die Aktien von Henkel ins Rutschen. Sie fielen in der Spitze um 3,7 Prozent auf 100,55 Euro und markieren damit den tiefsten Stand seit fast sechs Wochen. Im Dax landeten sie am Ende weit hinten und verloren 0,1 Prozent. Henkel hat offenbar das Nachsehen im Bieterrennen um den Shampoo-Hersteller. Die US-Mutter Procter & Gamble könnte einem Insider zufolge Wella und zwei weitere Geschäftsbereiche an den Parfümhersteller Coty abgeben.

Die Konsolidierung in der deutschen Immobilienbranche geht munter weiter. Der Kurs der Immobiliengesellschaft DO Deutsche Office sprang im SDax um mehr als 8 Prozent nach oben. Der Hamburger Immobilienkonzern Alstria will den Kölner Wettbewerber übernehmen. Bezahlen will Alstria den Deal mittels eines Aktientauschs. Der Kurs der Alstria-Aktie sank um 1,3 Prozent.

USA: Dow Jones legt zu

Auch die New Yorker Börsen erholen sich etwas von ihren jüngsten Verlusten.  Allerdings wagen sich die Anleger wegen der bevorstehenden US-Notenbank-Sitzung und der nervenzehrenden Griechenland-Krise nicht allzu weit aus der Deckung. "Die Investoren versprechen sich von dem Treffen der Federal Reserve nicht allzu viel", sagt Marktökonom Scott Brown vom Handelshaus Raymond James.

Heimische Konjunkturdaten enthielten Licht und Schatten: Die Baubeginne in den USA sind im Mai um 11,1 Prozent eingebrochen. Volkswirte hatten einen Rückgang um nur 4,7 Prozent erwartet. Ein Lichtblick sind allerdings die Baugenehmigungen, die Rückschlüsse auf künftige Bauvorhaben zulassen. Sie stiegen im vergangenen Monat überraschend um 11,8 Prozent; prognostiziert worden war ein Rückgang um 3,5 Prozent.

Der Dow-Jones-Index der Standardwerte notiert 0,6 Prozent höher und schließt bei 17.904 Punkten. Der breiter gefasste S&P-500 legt 0,6 Prozent auf 2096 Zähler zu. Der Index der Technologiebörse Nasdaq steigt um 0,5 Prozent auf 5055 Punkte.

Neben Griechenland und der Fed bewegen Übernahmespekulationen die Anlegergemüter. Krankenversicherer UnitedHealth hat angeblich Interesse am Wettbewerber Aetna. Das Unternehmen wolle hierfür über 40 Milliarden Dollar zahlen, berichten informierte Kreise. Es sei aber nicht bekannt, ob und wie Aetna auf die Offerte reagiert habe. Ob der Zusammenschluss überhaupt zustandekomme, sei ebenfalls ungewiss. Die UnitedHealth-Aktie legt um 2,6 Prozent zu, für Aetna geht es 2,9 Prozent nach oben.

Unter den Einzelwerten ragte der Parfümkonzern Coty heraus, dessen Kurs um 19,8 Prozent in die Höhe schießt. Einem Insider zufolge könnte das Unternehmen den Zuschlag für den Shampoo-Hersteller Wella sowie zwei weitere Geschäftsbereiche vom Konsumgüterriesen Procter & Gamble (PG) erhalten. Damit hätte der ebenfalls an Wella interessierte Rivale Henkel das Nachsehen. Die PG-Aktie steigt um 1,7 Prozent.

Unterdessen hat Verizon Communications Interesse am Kauf von Dish Network dementiert. Verizon habe auch nicht vor, die Huffington Post zu verkaufen, sagte der Verizon-Finanzvorstand am Montag auf einer Konferenz des Wall Street Journal. Verizon legen um 1,3 Prozent zu.

Devisen: Euro schwankt heftig, Ursache unklar

Euro / US-Dollar
Euro / US-Dollar 1,06

Die Nervosität wegen der drohenden Staatspleite Griechenlands ist unter Euro-Anlegern deutlich zu spüren. Die Gemeinschaftswährung pendelte stark um ihren Schlusskurs von 1,1283 Dollar zu Wochenbeginn. Zeitweise sprang der Euro am Morgen bis auf ein Tageshoch von 1,1329 Dollar, fiel kurz darauf aber wieder deutlich unter die Marke von 1,13 Dollar. "Es ist nur noch schwer möglich, Erklärungen für diese starken Ausschläge zu finden", sagte ein Händler. Aktuell steht der Euro bei 1,1231 Dollar.

Manche sehen den unter den Erwartungen ausgefallenen ZEW-Index als Auslöser. Das Urteil der des Europäischen Gerichtshof zum umstrittene Anleihe-Ankaufprogramm OMT der Europäischen Zentralbank nahmen die Anleger gelassen hin. Wie von vielen erwartet, gab der EuGH grünes Licht für die bislang nie umgesetzte Maßnahme. Zu schaffen macht den Investoren derzeit vor allem die Ungewissheit über den Ausgang des griechischen Schuldenstreits.

Rohstoffe: Ölpreise tendieren unterschiedlich

Rohöl (Brent)
Rohöl (Brent) 89,58

Die Ölpreise liegen nach mehreren Tagen mit Verlusten am Nachmittag entweder kaum verändert oder im Plus. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im August kostet 63,86 US-Dollar. Das sind 5 Cent weniger mehr als am Montag. Der Preis für ein Fass der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) zur Juli-Lieferung steigt um 57 Cent auf 60,09 Dollar.

Zuvor hatten die Ölpreise seit Mitte vergangener Woche um insgesamt drei Dollar nachgegeben. Allerdings bewegen sie sich seit Mitte April in einer eher engen Spanne von weniger als zehn Dollar. Verglichen mit dem scharfen Preisverfall von Mitte 2014 bis Anfang 2015 hat sich die Lage am Ölmarkt sichtlich beruhigt. Viele Experten rechnen erst dann mit wieder deutlicheren Ausschlägen, wenn sich entweder die gegenwärtige Angebotsschwemme vermindert oder die Ölnachfrage stärker anzieht.

Gold ist dagegen nicht gesucht. Die Feinunze ermäßigt sich um 9 Dollar auf 1.178 Dollar. Marktteilnehmer verweisen auf den relativ festen Dollar.

Asien: Sorgen und Abwarten lässt Börsen sinken

Risikovermeidung hat auch das Geschehen an den ostasiatischen Finanzmärkten bestimmt. An den Börsen der Region wurden Aktien verkauft. Die Belastungsfaktoren waren dabei im Wesentlichen die gleichen wie schon zu Wochenbeginn, in erster Linie die weiter ungeklärte Zukunft Griechenlands in der Eurozone. Hinzu kamen erneut schwache Vorgaben aus Europa und den USA.

Die Anleger hätten weiter risikoscheu agiert angesichts der Hängepartien um die griechischen Schulden und die transpazifische Handelspartnerschaft sowie im Vorfeld der am Mittwoch anstehenden Aussagen der US-Notenbank zur Zinswende in den USA, fasste CLSA-Aktienexperte Nicholas Smith zusammen. Außerdem wird im Wochenverlauf auch die japanische Notenbank über ihre Geldpolitik beraten.

Am stärksten fielen die Verluste erneut in Shanghai aus, wo sich das Tagesminus im späten Handel noch einmal deutlich ausweitete. Am Ende stand ein Abschlag von 3,4 Prozent zu Buche. In Seoul büßten die Kurse durchschnittlich 0,7 Prozent ein, in Tokio kam der Nikkei-Index um 0,6 Prozent zurück auf 20.257 Punkte. Der niedrige Tagesumsatz sei ein Beleg für die abwartende Haltung, die viele Teilnehmer derzeit einnähmen, hieß es dort.

Unter den weiteren Einzelwerten gewann die Aktie des japanischen Kaufhausbetreibers Matsuya rund 3 Prozent nach überraschend gut ausgefallenen Umsätzen im Mai. Honda verloren dagegen 1,2 Prozent, belastet vom Rückruf von 1,4 Millionen Fahrzeugen in die Werkstätten wegen der bereits bekannten Probleme mit den Airbags des Herstellers Takata.

Quelle: ntv.de, kst/mbo/rts/DJ

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