Marktberichte

200 Punkte als Nerven-Test Dax-Zitterpartie belastet die Anleger

Neue Woche, altes Leid: Statt einer deutlichen Gegenbewegung wartet der deutsche Aktienmarkt erneut mit einer Berg- und Talfahrt auf. Iran, Ölpreis, Vorstandscoup: Kauf- und Verkaufsgründe gibt es genug. Am Ende bleibt ein Minus.

"Wackelig" ist der deutsche Aktienmarkt in die neue Handelswoche gestartet: Nach einem positiven Start drehten die Kurse ins Negative, ehe sie es im späten Handel erneut ins Plus schafften. Am Ende blieb aber ein Abschlag. n-tv-Börsenexpertin Katja Dofel verwies vor allem auf die Entwicklung des Ölpreises und die damit verbundene Nervosität der Anleger.

Der Dax beendete den Handel 0,3 Prozent tiefer bei 9522 Punkten. Das Tageshoch lag bei 9658, das Tagestief genau 200 Punkte darunter. Lange hielt sich der Leitindex dabei unterhalb der 9500er Marke auf. Der MDax verabschiedete sich 0,7 Prozent schwächer bei 18.663 Zählern. Der TecDax büßte 1,5 Prozent auf 1591 Stellen ein. Die Wall Street blieb feiertagsbedingt geschlossen, am Freitag waren die Kurse an den US-Börsen aber deutlich abgesackt: Der Dow Jones hatte 2,4 Prozent verloren, der breiter gefasste S&P-500 2,1 Prozent.

Die Anleger hielten sich aktuell zurück, damit sie bei einem weiteren Kursrutsch der Ölpreise nicht auf dem falschen Fuß erwischt werden, sagte Marktanalyst James Hughes vom Währungshändler GKFX. Damit bleibt die allgemeine Unsicherheit hoch, zumal der Dax am Freitag rund 250 Punkte eingebüßt hatte. Über die gesamte Vorwoche betrachtet hatte er mehr als 3 Prozent abgegeben. Seit Jahresbeginn beläuft sich der Verlust auf mehr rund 11 Prozent. Der deutsche Leitindex sei strukturell angeschlagen, so Analyst Christian Schmidt von der Landesbank Helaba. An den Gründen für die jüngsten Abschläge habe sich kaum etwas geändert, begründete er.

Rohstoffe: Brent um 29 Dollar

Für Verunsicherung sorgte erneut die Entwicklung des Ölpreises. Dabei werteten Beobachter das Ende der Iran-Sanktionen tendenziell als belastend für den Ölpreis. Der übergeordnet fallende Ölpreis schüre die Spekulationen am Markt um weitere Aktienverkäufe arabischer Staatsfonds, da er in den Staatshaushalten der Förderländer große Löcher aufreißt, hieß es am Markt. Zudem wachse in den USA die Angst vor Pleiten in der Fracking-Industrie.

Europäisches Rohöl der Sorte Brent kostete im Tief 27,70 Dollar und damit so wenig wie seit November 2003 nicht mehr. Am Abend lag der Preis wieder unterhalb der 29-Dollar-Marke – aber immer noch unter der Notierung vom Freitagabend. Das gleiche Bild bei der US-Sorte WTI. Im Tief sank der Preis auf 28,36 Dollar. Das war der tiefste Stand seit Oktober 2003. Am Abend waren es dann wieder knapp über 30 Dollar.

Am Wochenende waren zahlreiche Sanktionen gegen den Iran aufgehoben worden, nachdem die Internationale Atomenergiebehörde IAEA dem Land bescheinigt hatte, seinen Verpflichtungen aus dem Atomabkommen nachgekommen zu sein. Für den Ölmarkt hat der Schritt große Relevanz, weil das ölreiche Iran bereits angekündigt hatte, seine Rohölausfuhren um etwa 500.000 Barrel pro Tag hochzufahren. Damit dürfte das ohnehin hohe Weltangebot - Hauptgrund für den Ölpreisverfall - noch größer werden. Ein fallender Ölpreis sei ein Indiz für eine schwache Weltwirtschaft, sagte n-tv-Börsenexpertin Dofel. "Die Anleger lesen Konjunktursorgen heraus."

Devisen: Euro um 1,09, Yuan steigt

Stützende Nachrichten gab es vom Devisenmarkt, denn neben dem fallenden Ölpreis gilt die Spekulation um den chinesischen Yuan als zweiter großer Treibsatz der laufenden Korrektur an den Aktienmärkten. Der Yuan legte zum Wochenstart zu. "Allerdings bleibt das Risiko einer Yuan-Abwertung hoch", schätzte ein Börsianer ein. Zuletzt hatten Turbulenzen an den chinesischen Finanzmärkten weltweit große Verunsicherung an den Börsen hervorgerufen.

Der Euro notierte etwas schwächer. Die Gemeinschaftswährung kostete am Abend 1,0893 Dollar. Das waren knapp 0,2 Prozent weniger als noch am Freitag, aber bereits deutlich mehr als noch am Morgen, wo sie bei 1,0874 Dollar ihr Tagestief markiert hatte. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs am Mittag auf 1,0892 Dollar nach 1,0914 Dollar am Freitag fest. Am Markt wurden die Euro-Verluste mit der wieder etwas besseren Lage in China begründet. Auch der japanische Yen, der traditionell als sicherer Anlagehafen gilt, gab zum Dollar nach.

Dax: Chefwechsel

Thema des Tages war neben dem Ölpreis eine Personalie: Der bisherige Henkel-Chef Kasper Rorsted scheidet Ende April aus dem Vorstand aus und wechselt - wie zuvor schon spekuliert - zum Sportartikel-Hersteller Adidas. Dort löst er Anfang Oktober den bisherigen Chef Herbert Hainer ab. Die Henkel-Anleger trauerten dem scheidenden Chef nach. "Rorsted hatte ein sehr gutes Standing und ist ein guter Mann", sagte ein Börsianer. Dementsprechend sackten die Henkel-Papiere am Dax-Ende um fast 4 Prozent ab. Adidas-Anteilsscheine zogen an der Index-Spitze rund 6,5 Prozent an.

HeidelbergCement schlossen leicht im Minus, nachdem sie sich lange im positiven Terrain hatten halten können. Nach Einschätzung der Analysten von Kepler Cheuvreux spiegelt die derzeitige Bewertung der Aktien dennoch nicht die künftigen Wachstumsperspektiven des Konzerns wider. Positiv werteten die Experten unter anderem den Einstieg beim italienischen Konkurrenten Italcementi. Der Deal sei ein cleverer Schachtzug mit einem verkraftbaren Risiko, schrieben die Analysten in einer Studie. Sie setzten die Aktien hoch auf "Buy" von "Hold".

Wer kann im Iran punkten?

Bei den Einzelwerten standen zudem Werte im Blick, die von dem Ende der Iran-Sanktionen profitieren könnten. Zu ihnen zählen Börsianer Unternehmen aus dem Infrastrukturbereich wie Siemens oder auch Daimler und VW mit ihren Lkw-Sparten: Daimler will mit seiner Lkw-Tochter auf den iranische Markt zurückkehren. Daimler Trucks habe dazu entsprechende Abkommen mit der Iran Khodro Diesel (IKD) und der Mammut Group aus Dubai unterzeichnet, so der Konzern. Noch im Laufe des ersten Quartals 2016 solle ein Büro in Teheran eröffnet werden.

"Allerdings müssen wir erst einmal die Kirche im Dorf lassen, weil der Iran kaum Geld hat", warnte ein Marktteilnehmer. Siemens verabschiedeten sich nahezu unverändert. VW büßten rund 1,5 Prozent ein. Daimler zogen etwa 1 Prozent an.

Bankaktien dagegen wurden gemieden. So fielen die Anteilsscheine der Deutschen Bank rund 3 Prozent. Der "Spiegel" hatte von einer bereits im Dezember eingereichten Sammelklage in den USA berichtet. Den Vorwürfen zufolge soll die Deutsche Bank mit einer speziellen Software Kundenaufträge für Devisengeschäfte verzögert haben. Die gewonnene Zeit habe das Institut dann für Manipulationen zu Ungunsten der Kunden genutzt, hieß es. Das Institut wies die erhobenen Vorwürfe gegenüber n-tv zurück.

MDax: Metro schwach, Airbus stark

Im MDax gaben Metro 2,5 Prozent ab. Belastungen von der Devisenseite machte ein Händler aus: Das Unternehmen sei auf dem russischen Markt sehr aktiv und leide unter dem schwachen Rubel. Dieser war zum Euro auf den niedrigsten Stand seit Dezember 2014 gefallen. "Jetzt ist der Weg frei bis zum Rekordhoch des Euro", so der Händler. Am 17. Dezember war der Euro zur russischen Währung auf über 90 Rubel gestiegen. Seit Beginn des vierten Quartals habe der Rubel zum Euro um fast 20 Prozent abgewertet. "Das dürfte Spuren bei den Umsätzen hinterlassen haben", erläuterte der Händler mit Blick auf Metro.

Airbus dagegen zogen zunächst an, drehten dann aber ins Minus und verabschiedeten sich nahezu unverändert aus dem Handel. Neben dem Ende der Iran-Sanktionen - der Iran hatte am Wochenende die Bestellung von 114 Zivilflugzeugen bei dem Hersteller angekündigt - machte sich eine Kooperation mit dem Fahrdienstvermittler Uber bei einem neuen Projekt zur Vermietung von Hubschraubern bemerkbar. Airbus werde Uber Technologies dabei Hubschrauber für den On-Demand-Dienst zur Verfügung stellen, sagte Airbus-Chef Tom Enders. "Es ist ein Pilotprojekt", so der Manager zum "Wall Street Journal".

TecDax: Nordex macht Wind

Nordex zogen vier Projekte in der Türkei über ein Gesamtvolumen von 100 Megawatt an Land. Das Unternehmen liefert für vier Windparks insgesamt 33 Windkraftanlagen. Kunde ist der Bilgin Enerji, mit der Nordex dort bereits seit acht Jahren zusammenarbeitet. Finanzielle Details nannte Nordex nicht. Die Aktien waren mit einem Aufschlag von etwa 1,7 Prozent stärlster Wert im TecDax.

Asien: Uneinheitliche Tendenz

Die Börsen in Fernost setzten ihre Talfahrt zu Wochenbeginn teilweise fort. Der Ausverkauf an der Wall Street am Freitag und der anhaltende Ölpreisverfall schüre die Sorgen um die globale Konjunktur, sagten Analysten. Die Tatsache, dass die Aktien in den USA und in Europa zuletzt unter ihre Tiefststände von August gefallen seien und sich nicht nachhaltig erholen konnten, sei bezeichnend, sagte Analyst Chotaro Morita vom Broker SMBC Nikko Securities: "Wir kommen nun in ein Stadium, in dem wir das Risiko einer Rezession der Weltwirtschaft in Erwägung ziehen müssen."

In Tokio schloss der Leitindex Nikkei 1,1 Prozent tiefer bei 16.955 Punkten, dem niedrigsten Schlussstand seit einem Jahr. Der MSCI-Index für asiatische Aktien außerhalb Japans gab 0,5 Prozent nach. Zulegen konnten dagegen die chinesischen Börsen. In Shanghai ging es für den Composite um 0,4 Prozent nach oben, der Shenzen Composite stieg um 0,4 Prozent.

Die chinesische Zentralbank unternahm einen weiteren Schritt, um die Landeswährung Yuan zu stützen. Einige Geldhäuser, die im Auslandsdevisenhandel tätig sind, müssen künftig mehr Yuan als Reserve vorhalten. So sollen Yuan-Bestände im Handel reduziert und Wetten auf eine Abwertung des Wechselkurses erschwert werden, sagten Insider.

Quelle: ntv.de, bad/wne/DJ/rts/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen