Marktberichte

US-Wahl wirft Schatten voraus Dax-Anleger suchen in Scharen das Weite

Ein Anhänger des republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump hält eine Schießscheibe mit dem Gesicht von Hillary CLinton hoch.

Ein Anhänger des republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump hält eine Schießscheibe mit dem Gesicht von Hillary CLinton hoch.

(Foto: REUTERS)

Der deutsche Aktienmarkt dreht im Verlauf deutlicher ins Minus. Gute Nachrichten aus China geben anfangs Unterstützung, am Ende werden diese aber vom US-Wahl-Hickhack überlagert.

Die Kauflaune der Aktienanleger hat am Dienstag sukzessive nachgelassen. Vor allem die anstehende US-Präsidentschaftswahl warf deutliche Schatten voraus. "Umfragen zeigen Donald Trump wieder im Aufwind", sagte Jochen Stanzl, Analyst des Online-Brokers CMC Markets. "Die Wahrscheinlichkeit ist deshalb sehr hoch, dass viele Anleger vor einem Neuengagement das Wahlergebnis abwarten wollen." Außerdem fehlten wegen des Feiertages Allerheiligen Investoren aus einigen Bundesländern und europäischen Staaten.

Der Dax sackte bis Handelsschluss gut 1,4 Prozent tiefer auf 10.507 Zähler, der EuroStoxx50 verlor 1,2 Prozent auf 3017 Punkte.

Der für die Republikaner antretende Milliardär Trump gilt wegen seiner Unberechenbarkeit als Börsenschreck. Seine Herausforderin, die ehemalige US-Außenministerin Hillary Clinton, dagegen als Garantin für Kontinuität. Ihr macht allerdings die wieder hochgekochte Affäre um die Nutzung eines privaten Servers für dienstliche E-Mails zu schaffen. Den Experten der Vermögensverwalter Source for Alpha und Capitell zufolge hat die Demokratin dennoch gute Chancen, die Wahl am 8. November zu gewinnen. "In einem guten wirtschaftlichen Umfeld tendieren die Wähler zur Beibehaltung der bisherigen Regierung", betonten sie in einer gemeinsamen Studie.

Da der US-Konjunkturmotor rund läuft, rechnen Börsianer auch mehrheitlich mit einer baldigen Zinserhöhung der Notenbank Fed. Sie werde am Mittwoch - knapp eine Woche vor der Wahl - die Füße zwar noch stillhalten, sagte CMC-Analyst Stanzl. "Dafür könnte sie den Termin aber nutzen, um die Märkte endgültig auf eine Zinsanhebung im Dezember einzustimmen."

Unterstützung für die Börsen war am Morgen von Konjunkturdaten aus China gekommen: In der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft fallen die Geschäfte von Industrie und Dienstleistern im Oktober besser aus als gedacht. Damit verdichteten sich die Signale, dass die weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft nach den USA wieder Tritt fasst.

Auf Unternehmensseite sorgten die Geschäftszahlen von BP und Shell für Gesprächsstoff. "Bei BP drehte sich die Pressemitteilung um die bevorstehenden harten Zeiten", sagte Analyst Chris Beauchamp vom Brokerhaus IG. "Shell malt dagegen ein für Investoren ermutigenderes Bild." Zwar schnitten beide Ölkonzerne besser ab als erwartet. BP verdanke dies aber nur einem einmaligen Steuereffekt, monierten Börsianer. Die Aktien des Konzerns fielen daraufhin in London um 4,3 Prozent. Shell zogen dagegen 3,3 Prozent an.

Auch bei Standard Chartered überwog die Enttäuschung, obwohl die britische Großbank den zweiten Quartalsgewinn in Folge bekanntgab. Investoren verdarb möglicher Ärger mit der Hongkonger Börsenaufsicht die Stimmung. Mit einem Kursminus von 5,4 Prozent waren die Papiere des Geldhauses Schlusslicht im Londoner Auswahlindex FTSE.

Im Dax waren die als "sichere Häfen" geltenden Versorgerwerte zunächst gefragt, doch die Gewinne schmolzen auch genauso schnell wieder ab. Aktien von RWE drehten mit 1,5 Prozent ins Minus. Eon gaben 1,8 Prozent nach.

Lufthansa litten mit minus 1,5 Prozent darunter, dass der Billigflieger Ryanair einen Angriff auf die Heimatbasis der Kranich-Fluglinie starten will. Nach Informationen der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX soll am Mittwoch erstmals ein Flugangebot am Frankfurter Flughafen vorgestellt werden. Aktien des Flughafen-Betreibers Fraport zogen an der MDax-Spitze 3,9 Prozent an.

Auf dem ersten TecDax-Platz stachen die Aktien von Pfeiffer Vacuum mit einem Kursgewinn von zuletzt 7,9 Prozent hervor. Zwar hatten die jüngsten Geschäftszahlen enttäuscht. Eine Studie von Equinet sorgte dann aber für Rückenwind.

USA: Trump verunsichert Wall Street

Die Unsicherheit über den Ausgang der US-Präsidentenwahl und schwache Konjunkturdaten setzten den US-Börsen zu. Eigentlich hätten die Märkte bereits auf einen Sieg von Hillary Clinton bei der Wahl am 8. November gesetzt, sagte Randy Frederick vom Wertpapierhändler Charles Schwab. Die jüngsten Nachrichten, wonach das FBI in Clintons E-Mail-Affäre wieder aktiv geworden sei, sorge nun aber für Nervosität. Clintons Herausforderer Donald Trump gilt wegen seiner Unberechenbarkeit als Investorenschreck.

Der Dow-Jones-Index der Standardwerte sackte um 0,6 Prozent ab und schloss bei 18.037 Punkten. Der breiter gefasste S&P-500 verlor 0,7 Prozent auf 2112 Zähler. Der Index der Technologiebörse Nasdaq gab ebenfalls 0,7 Prozent auf 5154 Stellen nach.

Die US-Bauausgaben sind im September im Vergleich zum Vormonat überraschend um 0,4 Prozent gesunken. Volkswirte hatten ein Plus von 0,5 Prozent erwartet. Schon im August hatte es ein Minus von 0,5 Prozent gegeben. Experten zufolge deutet der Rückgang darauf hin, dass die Daten für das US-Wirtschaftswachstum im dritten Quartal nach unten korrigiert werden könnten.

Investoren warten auch auf das Ergebnis der Sitzung der US-Notenbank, die am Mittwoch endet. Sie gehen zwar nicht davon aus, dass die Fed so kurz vor der Wahl die Zinsen anhebt. Die Anzeichen für einen Zinsschritt im Dezember könnten sich aber verdichten.

Unter Druck standen in New York die Aktien der großen Autobauer, nachdem der Automarkt in den USA auch im Oktober schlecht lief. Papiere von General Motors verloren in der Folge 0,2 Prozent, Fiat Chrysler 1,3 Prozent und Ford 1,2 Prozent.

Pfizer verloren 2,1 Prozent. Der Pharmakonzern stoppte die Entwicklung eines Cholesterinmittels und sagte deshalb Gewinneinbußen voraus. Papiere von Thomson Reuters stiegen indes um 4,1 Prozent. Der Nachrichten- und Finanzdatenkonzern will sich verschlanken und dazu weltweit rund 2000 Stellen abbauen.

Asien: China überrascht positiv

Die Börsen in Südostasien hatten sich am Dienstag zweigeteilt präsentiert: Während positive Wirtschaftsdaten die Aktienmärkte in China beflügelten, zeigten sich die übrigen Handelsplätze der Region ohne klaren Trend.

Eine positive Überraschung lieferten die Einkaufsmanagerindizes in China, die zum Teil auf Zweijahreshochs stiegen: Der offizielle Index für das verarbeitende Gewerbe kletterte im Oktober deutlicher in den Expansionsbereich und schlug damit auch die Markterwartungen, die von einem leichten Rückgang ausgegangen waren.

Der privat erhobene Caixin-Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe konnte im Oktober ebenfalls zulegen. Darüber hinaus verbesserte sich auch im Dienstleistungssektor die Lage. Das Stimmungsbarometer stieg ebenso deutlicher in den Expansionsbereich. Als Gründe für den Anstieg nannten Ökonomen die steigenden Rohstoffpreise und den Immobilienboom in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt. Auch die höheren Staatsausgaben halfen.

Während der HSI in Hongkong um 1,1 Prozent zulegte, stieg der chinesische Leitindex Shanghai-Composite um 0,7 Prozent auf 3.122 Punkte. "Die Daten sind sehr gut und generell sehr ermutigend", sagte Marktanalystin Margaret Yang von CMC Markets. In Shenzhen kletterte das Marktbarometer um 1,1 Prozent und der technologielastige ChiNext rückte um 0,8 Prozent vor.

In Tokio schloss der Nikkei-225 mit 17.442 Punkten 0,1 Prozent im Plus. Die Bank of Japan (BoJ) hielt an ihrer Geldpolitik fest, senkte allerdings den Inflationsausblick. Das Inflationsziel von 2,0 Prozent dürfte erst um das Fiskaljahr 2018 erreicht werden. Bisher wollten die Notenbanker das Teuerungsziel bereits im Fiskaljahr 2017 erreichen.

Japans Notenbank pumpt Billionen von Yen in den Markt, um die Inflation auf 2 Prozent ansteigen zu lassen - bislang ohne durchschlagenden Erfolg. "Die gesenkten Inflationsprognosen laufen nicht notwendigerweise auf weitere Lockerungen der Geldpolitik hinaus. Zwar will die Notenbank mit allen Mitteln das 2-Prozentziel erreichen, aber die Anpassungen wirken nun etwas realistischer", erläuterte Aktienstratege Shingo Ide von NLI Research Institute die verhaltene Marktreaktion.

In Seoul drückten schwache Exportdaten etwas auf die Stimmung. Diese waren vor allem durch die globalen Rückrufe von Samsung Electronics und ihrem feuerfangenden Mobiltelefon Galaxy Note 7 negativ geprägt. Der südkoreanische Leitindex schloss knapp behauptet.

Unter den Einzelaktien brachen Panasonic in Tokio um 6,5 Prozent ein. Der Elektronikkonzern hat den Ausblick für das laufende Geschäftsjahr wegen des starken Yen gesenkt. Vor allem die Geschäfte mit Solarpanelen und Informationstechnologie laufen schlecht.

Sony
Sony 76,52

Auch Sony senkte die Gewinnprognose für das laufende Geschäftsjahr deutlich - wegen Verlusten auf dem Verkauf der Batteriesparte. Die Titel gaben um 0,7 Prozent nach. Die Papiere des Industrieroboterherstellers Fanuc verloren 4,3 Prozent, nachdem das Unternehmen schwache Umsatz- und Gewinnzahlen veröffentlicht hatte. Honda Motor büßten 2,0 Prozent ein. Auch der Automobilproduzent überzeugte Anleger mit seinen Quartalszahlen nicht.

Devisen: Prognosen zum Pfund

Gegenwind für die Aktienmärkte kam auch von den Devisenmärkten. Die Dollarstärke ist beendet, der Euro legt zu und steht mit 1,1056 Dollar wieder deutlich über der Marke von 1,10 Dollar.

Abwärts geht es wohl auch mit dem britischen Pfund. Das Pfund Sterling dürfte im ersten Quartal des kommenden Jahres auf 1,15 Dollar fallen, prognostiziert zumindest die Bank of America-Merrill Lynch (BoA-ML).

Aktuell kostet ein Pfund 1,2233 Dollar. Im Kurs des Pfund zum Dollar sei die Aktivierung des Artikels 50, also die formale Aufnahme der Verhandlungen über den Austritt Großbritanniens aus der EU, noch nicht vollständig eingepreist, begründen die Analysten ihre Annahme.

Ihrer Meinung nach dürfte das Pfund im ersten Quartal 2017 aber sein Tief erreichen. Gegen Ende des kommenden Jahres dürfte es sich erholen, wozu eine Mischung aus einem schwächeren US-Dollar, "Brexit-Müdigkeit" und eine Stabilisierung der Konjunkturdaten beitragen dürften.

Rohstoffe: Pipeline-Explosion in USA

Von den Ölpreisen kamen zunächst keine negativen Impulse mehr, allerdings auch keine positiven. Zumindest der Preisverfall scheint gestoppt. Mit 48,33 Dollar kostete die Sorte Brent inzwischen aber deutlich weniger als noch vor wenigen Tagen mit klar über 50 Dollar.

Hintergrund ist die zunehmende Skepsis, dass sich die Ölförderer tatsächlich auf das grob in Algier besprochene Programm zur Drosselung der Förderung einigen werden. Außerdem kommt dem Öl auch der schwache Dollar zu Hilfe, der Rohstoffe für Käufer aus dem Nichtdollarraum verbilligt.

Das zeigt sich besonders deutlich beim Gold. Die Feinunze verteuerte sich um 0,9 Prozent auf 1289 Dollar. Neben dem Dollar nähren die guten Daten aus China Spekulationen auf Goldnachfrage aus dem großen Nachfrageland China. Außerdem profitiert das zinslos gehaltene Gold davon, dass die US-Notenbank nach Mehrheitsmeinung der Akteure an den Finanzmärkten am Mittwoch noch nicht an der Zinsschraube drehen wird, sondern vermutlich erst im Dezember. Daneben könnte das Gold auch von seinem Ruf als sicherer Hafen profitieren mit Blick auf den offenen Ausgang der Präsidentenwahl.

Die Explosion einer wichtigen Pipeline in den USA ließ die Preise für Benzin in den USA in die Höhe schnellen. Die Futures auf eine Gallone (3,78 Liter) Benzin verteuerten sich am Dienstag um bis zu 15,2 Prozent auf 1,64 Dollar. Das war der höchste Stand seit mehr als vier Monaten.

Bei einer Pipeline war es bei Instandhaltungsarbeiten zu einer Explosion gekommen. Dabei starb ein Mensch, fünf wurden verletzt. Es ist bereits das zweite Mal in zwei Monaten, dass die Betreiberfirma Colonial Pipeline die wichtige Benzinleitung schließen musste.

Marktanalyst Jochen Stanzl vom Brokerhaus CMC Markets rechnet damit, dass die Benzin-Future-Preise zügig wieder fallen werden. "Das ist ein Einmaleffekt, der kaum Folgepotenzial haben wird." Die ausgefallenen Transportwege könnten durch andere Logistikwege ersetzt werden.

Colonial liefert rund ein Drittel des täglichen Benzin-Bedarfs an der US-Ostküste. Das 8850 Kilometer lange Pipeline-System beginnt an der Golfküste in den USA und endet im Hafen von New York. Die Explosion ereignete sich an einem Leitungsstück in Shelby, Alabama.

Quelle: ntv.de, ddi/chr/DJ/dpa

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