Marktberichte

Wall Street schließt im Plus Dax-Anleger suchen erneut das Weite

Raus aus dem Aktienmarkt, rein in Anleihen und Gold - so lautet die Devise der Anleger.

Raus aus dem Aktienmarkt, rein in Anleihen und Gold - so lautet die Devise der Anleger.

(Foto: imago/Westend61)

Wieder geht der Dax mit Verlusten aus dem Handel, auch wenn diese am Ende weniger dramatisch ausfallen als es zunächst den Anschein hat. Für Verunsicherung sorgen der Brexit und die US-Notenbank Fed.

Nach einer Verschnaufpause am Vortag ging die Talfahrt am deutschen Aktienmarkt weiter. "Sicherheit ist gefragt", kommentierte n-tv-Börsenexpertin Sabrina Marggraf das Börsengeschehen. Denn die Notenbanker kommunizierten das Bild einer unsicheren Lage an die Märkte: Am Mittwochabend hatte US-Notenbankpräsidentin Janet Yellen der US-Wirtschaft eine durchwachsene Verfassung attestiert. Elfmal soll Yellen zudem während der Pressekonferenz im Anschluss an die Sitzung der US-Notenbank "uncertain" (deutsch: "unsicher") benutzt haben. Sie hatte unter anderem explizit auf die Risiken eines Brexit hingewiesen.

Dax
DAX 18.137,65

Anleger gingen erneut raus aus Aktien, und der Dax bekam dies erneut zu spüren. Nach deutlichen Verlusten am Nachmittag mit einem Tagestief bei 9433 Punkten erholte sich der Leitindex wieder etwas und verlor am Ende 0,6 Prozent auf 9550 Punkte. Das erste Mal seit Anfang April unterschritt der Dax am heutigen Handelstag die 9500er-Marke. Dennoch konnte der Index einen kleinen Teil der Gewinne vom Vortag bewahren.

Anleger flüchteten sich wieder in "sichere Häfen" und deckten sich etwa mit Gold ein. Die Feinunze notierte zwischenzeitlich mit 1313,59 Dollar auf den höchsten Stand seit fast zwei Jahren. "Und auch Bundesanleihen sind weiter gefragt, obwohl die Zinsen dort auch immer tiefer in den negativen Bereich abrutschen", so Marggraf.

Innerhalb von nur zwölf Stunden hatten die US-Notenbank und die Bank of Japan den Börsen ihre Entscheidung, nichts an ihrer aktuellen Zinspolitik zu ändern, mitgeteilt. Die US-Notenbank hat die Zinsprojektionen zurückgenommen, für dieses Jahr geht sie nun nur noch von ein bis zwei Zinserhöhungen aus.

Der Tag der Notenbanken ging in Europa weiter. Auch die Schweizer Notenbank hatte die Leitzinsen am Vormittag unverändert gelassen. An der Börse wird davon ausgegangen, dass sich die Zentralbanken ihr Pulver für die kommende Woche trocken halten, wenn die Briten über den Verbleib oder den Austritt aus der Europäischen Union abstimmen. Auch aus London kam am Mittag ebenfalls nichts Neues: Die Bank of England beließ den Leitzins bei 0,5 Prozent, kündigte aber an, nach dem Referendum "alles zu unternehmen, was notwendig ist", um die Inflationsrate wieder auf Kurs zu bringen.

Frankfurt: Die Farbe Rot dominiert im Dax

Deutsche Bank
Deutsche Bank 15,40

Der Dax schloss am Ende 0,6 Prozent tiefer auf 9550 Punkten. Für den MDax ging es 1,0 Prozent nach unten auf 19.468 Zähler. Verluste auch beim TecDax, der sogar 1,5 Prozent abgab auf 1559 Punkte. Der Euro-Stoxx-50 sank 0,2 Prozent auf 2825 Punkte.

Einer der wenigen Gewinner im Dax waren die Aktien von Thyssenkrupp, die 0,7 Prozent zulegten. Der Grund: "Es gab eine Kaufempfehlung von der Bank of America/Merrill Lynch und dieser Empfehlung folgen offenbar einige Anleger", sagte n-tv-Börsenexpertin Marggraf. Hinter Thyssenkrupp jedoch dominierte die Farbe Rot. An der Spitze landeten sich ProSiebenSat.1 mit einem Aufschlag von 1,0 Prozent. Minimale Gewinne verbuchten Vonovia, Adidas und Henkel.

Schwach tendierten in Europa erneut die Banken, der Sektor verlor 1,3 Prozent. Deutsche Bank brachen nach unten durch. Sie fielen unter das Tief vom Februar und notieren auf dem tiefsten Stand seit den 80er Jahren. "Die Lage für die Banken bleibt schwierig", sagte ein Marktteilnehmer. Kurs minus 2,2 Prozent auf 12,99 Euro nach einem Tief bei 12,69 Euro. Auch Commerzbank büßten kräftig ein und verbuchten am Schluss ein Minus von 2,3 Prozent.

VW Vorzüge
VW Vorzüge 121,35

Volkswagen-Chef Matthias Müller konnte die Investoren mit der neuen Strategie für den Autokonzern offenbar nicht überzeugen. Die VW-Aktie weitete ihre Verluste nach der Ankündigung Müllers aus und verlor letztendlich 2,2 Prozent.

Im MDax stiegen Kuka 1,8 Prozent auf 108,00 Euro. Die chinesische Midea hatte ihr Übernahmeangebot von 115 Euro je Kuka-Aktie vorgelegt. "Ein Risikoabschlag wird aber bleiben", sagte ein Marktteilnehmer. Zwar kämen aus Europa keine Anhaltspunkte für ein Untersagen der Übernahme, hier werde eher nach einem alternativen Bieter Ausschau gehalten. "Ein gewisses juristisches Restrisiko bleibt aber", sagte er mit Blick darauf, dass Kuka in den USA Zulieferer für die Produktion eines auch militärisch eingesetzten Jeeps sei.

USA: Wall Street dreht ins Plus

Die Angst vor den Folgen eines britischen Austritts aus der EU und zurückhaltende Äußerungen von Fed-Chefin Janet Yellen zum US-Wirtschaftswachstum belasteten zunächst den Handel an der Wall Street. Im Verlauf des Abends drehten die Indizes in den positiven Bereich.

Der Dow-Jones-Index der Standardwerte notierte 0,5 Prozent höher und schloss bei 17.733 Punkten. Der breiter gefasste S&P-500 gewann 0,3 Prozent auf 2071 Zähler. Der Nasdaq Composite stieg um 0,2 Prozent auf 4845 Stellen.

Die US-Börsen machten sich im Falle eines Brexits aufs Schlimmste gefasst, sagte Andre Bakhos von Janlyn Capital LLC in Bernardsville im US-Bundesstaat New Jersey. "Die US-Unternehmen haben über die Jahre mehr als 600 Milliarden Dollar ausgegeben, um sich in Großbritannien einzurichten. Nun wissen sie nicht mehr, was mit ihren Investitionen geschieht."

Bei den Einzelwerten gewann die Aktie von Jabil Circuit 1,9 Prozent. Der Auftragsfertiger hat zwar die Analystenerwartungen im dritten Quartal übertroffen, für Enttäuschung sorgt jedoch, dass das Unternehmen einen Ausblick ablieferte, der unter den Erwartungen liegt. Begründet wurde dies mit einem unverändert schwachen Umfeld im Mobilfunkgeschäft.

Envision Healthcare fielen um 6,3 Prozent. Die sich schon seit Tagen abgezeichnete Fusion mit Amsurg ist nun offiziell. Beobachter führen die negative Kursreaktion darauf zurück, dass es sich wider Erwarten um eine rein aktienbasierte Fusion handelt und nicht eine Übernahme von Envision durch Amsurg. Amsurg steigen dagegen um 2,2 Prozent.

Darüber hinaus legte der Technologiekonzern Oracle nach der Schlussglocke Zahlen für das vierte Quartal vor. Im Vorfeld legte die Aktie um 0,6 Prozent zu.

Asien: Starker Yen belastet Japans Börse

Nikkei
Nikkei 37.552,16

Das Stillhalten der US-Notenbank Fed und der Verzicht auf weitere Konjunkturstützen in Japan hat die Stimmung an den asiatischen Aktienmärkten getrübt. Dazu kam die Unsicherheit über den Ausgang des Referendums über die Zukunft Großbritanniens in Europa.

Der Nikkei-Index der 225 führenden Werte schloss drei Prozent schwächer bei 15.454 Punkten und erreichte damit den niedrigsten Stand seit etwa vier Monaten. Der breiter gefasste Topix verlor 2,8 Prozent auf 1241 Zähler.

Die Bank von Japan tastete ihre Geldpolitik nicht an und hielt an ihrer optimistischen Konjunktureinschätzung fest, obwohl der Yen zulegte und die Exporte belastet. "Die Bank von Japan sitzt in der Patsche. Sie wird mehr als andere hoffen, dass die Briten sich nicht für ein Ausscheiden aus der EU entscheiden, weil sonst der Yen steigt und sie etwas tun muss, um die Kurse zu stabilisieren", sagte Chris Weston, Chefstratege bei IG in Melbourne.

Auch an anderen asiatischen Märkten ging es bergab. Der MSCI-Index für die Region Asien/Pazifik unter Ausschluss Japans sank um ein Prozent. In China verlor der Index der Börse Shanghai 0,3 Prozent, der CSI300 der wichtigsten Aktien in Shanghai und Shenzhen gab 0,5 Prozent nach.

Devisen: Euro wieder über 1,12er-Marke

Der Euro präsentierte sich am späten Abend wieder etwas stärker. Die Gemeinschaftswährung kostete 1,1238 US-Dollar und damit und damit nur etwas weniger als am Vortag. Am Nachmittag war der Euro deutlich unter die Marke von 1,12 Dollar gefallen. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,1174 (Mittwoch: 1,1230) Dollar fest.

Am Markt wurde die neuerliche Dollar-Stärke vor allem mit der schlechten Börsenstimmung erklärt. Dies habe Anleger veranlasst, in die Weltreservewährung Dollar zu investieren. Der Euro galt in den vergangenen Monaten zwar auch als sicherer Anlagehafen. Wegen des unklaren Ausgangs des EU-Referendums in Großbritannien und den voraussichtlich wachstumsschädlichen Folgen eines Brexit hat er im Vergleich zum Dollar aber deutlich an Beliebtheit eingebüßt.

Der japanische Yen stieg unterdessen deutlich an. Zum Dollar kletterte er auf den höchsten Stand seit August 2014. Zum Euro legte der Yen sogar auf den höchsten Stand seit Januar 2013 zu. Auslöser der jüngsten Kursgewinne war, dass die japanische Notenbank ihre Geldpolitik in der Nacht zum Donnerstag nicht weiter lockerte. Auf etwas längere Sicht steigt der Kurs des Yen, weil die Devise traditionell als sichere Anlagewährung gilt, die in unsicheren Zeiten gesucht wird.

Rohstoffe: Ölpreise im Sinkflug

Die Ölpreise setzten ihre Abwärtsbewegung fort. Auch hier drückten die Unsicherheit über das in der kommenden Woche stattfindende Referendum in Großbritannien aber auch die uneinheitlichen US-Lagerdaten auf das Sentiment. "Eine steigende Wahrscheinlichkeit eines Brexit könnte ein Katalysator für die schwachen Fundamentaldaten sein und deutliche Abgaben bei den Preisen nach sich ziehen", so die Analysten von JBC Energy. Ein Barrel der Nordsee-Sorte Brent verlor zu US-Handelsschluss 3,9 Prozent auf 47,08 Dollar. Für Öl der US-Sorte WTI ging es um 4,2 Prozent auf 46,01 Dollar nach unten.

Quelle: ntv.de, kst/ppo/DJ/rts/dpa

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