Marktberichte

Geldpolitik sticht Geschäftszahlen Dax-Anleger fürchten die kommenden Tage

Die Handelswoche ist noch jung, aber die Börsianer nehmen bereits die Sitzungen von Fed und Bank of Japan ins Visier. Das Ergebnis: Zurückhaltung am deutschen Aktienmarkt. Stock picking ist angesagt.

"Die Anleger halten ihre Füße still", lautet das Fazit von n-tv-Börsenexpertin Corinna Wohlfeil zum Dienstagshandel am deutschen Aktienmarkt. Zwar hatte ein Tageshoch von 10.385 Punkten früh Lust auf mehr gemacht. Jedoch war schnell die Luft aus dem Markt. Am Nachmittag wurden die Abschläge mit einem erstarkenden Euro größter und der Fokus der Anleger wanderte weg von durchaus ansehnlichen Geschäftsausweisen, hin zu den anstehenden Sitzungen der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) und der Bank of Japan (BoJ).

Der Dax schloss mit einem Abschlag von 0,3 Prozent bei 10.260 Punkten und damit nahe seines Tagestiefs von 10.231 Stellen. Am Montag war er 0,8 Prozent leichter aus dem Handel gegangen. Der MDax verabschiedete sich 0,1 Prozent fester bei 20.380 Zählern. Der TecDax gab 0,5 Prozent auf 1638 Stellen nach.

Konjunktur: Was macht die Fed?

In den USA geht es darum, wann und wie oft die Fed in diesem Jahr die Zinsen erhöht. Aus Japan wird eine weitere geldpolitische Lockerung erwartet. Zudem steht der Mai vor der Tür, und mit ihm ein saisonal schwacher Börsenmonat. "Wer jetzt Aktien noch kauft, geht davon aus, dass die Saisonalität in diesem Jahr nicht greift, sondern die US-Börsen ungeachtet dessen auf neue Rekordhochs steigen", warnte Jochen Stanzl, Marktanalyst von CMC Markets.

Daneben rückte die Bilanzsaison in den Fokus: Vor allem bei Apple werden die Anleger genauer hinsehen. Ebay und Twitter sollten nachbörslich ebenfalls ihre Geschäftsausweise präsentieren. In Deutschland lag das Augenmerk der Anleger auf Bayer und vielen TecDax-Unternehmen.

Dax: Bayer, Thyssenkrupp und VW

Größter Verlierer im Dax waren Thyssenkrupp, nachdem ihnen ein Rekorddeal entgangen ist: Australien baut seine zwölf neuen U-Boote nicht mit dem Dax-Konzern als Partner. Die Regierung wählte den staatlichen französischen Schiffbaukonzern DCNS für das 35 Milliarden Euro schwere Projekt aus. Am Ende stand bei Thyssenkrupp ein Minus von rund 2,5 Prozent.

Bayer drehten nach anfänglichen Kursgewinnen fast 1,5 Prozent ins Minus. Händler sprachen zwar von guten Quartalszahlen, der Kurs hatte allerdings in den vergangenen Wochen schon stark zugelegt. BASF gaben ihre zwischenzeitlichen Kursgewinne auch wieder ab. Die Analysten von Kepler Cheuvreux hatten BASF-Aktien von "Reduzieren" auf "Kaufen" hochgestuft. Am Ende stand wieder ein Aufschlag von 0,4 Prozent.

Größte Gewinner im Dax waren die Bankenwerte. Deutsche Bank und Commerzbank zogen 2,3 und 1,9 Prozent an. Eon-Titel verbesserten sich leicht. Die Eon-Tochter Uniper will für mindestens 2 Milliarden Euro Geschäftsaktivitäten veräußern und so die Verschuldung senken.

VW weltweit vorn

VW-Aktien legten mehr als 1 Prozent zu. Der vom Abgasskandal geplagte Autobauer konnte im ersten Quartal beim Absatz an Toyota vorbeiziehen. Mit 2,51 Millionen Fahrzeugen lagen die Wolfsburger vor den Japanern, die 2,46 Millionen verkauften.  Dass Mitsubishi die Manipulation von Abgaswerten bereits seit 25 Jahren betrieb, wie das Unternehmen nun einräumte, ließ VW-Anleger kalt. Auch der E-Mobilitätsgipfel spielte keine große Rolle.

Lufthansa gingen leicht fester aus dem Handel. Das Unternehmen streicht am Mittwoch wegen des Streiks der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi eine Reihe von Flügen. "Sollte es sich nur um einen Tag handeln, sind die finanziellen Ausfälle zu vernachlässigen", stufte ein Aktienhändler die Lage positiv ein.

TecDax: Aixtron-Anleger blicken voraus

Der Kurs des Apple-Zulieferers Dialog Semiconductor fiel zeitweise knapp 5 Prozent. Apple wollte am Abend nach Börsenschluss in den USA seine Geschäftszahlen vorlegen. Zuletzt hatten Gerüchte über eine gesenkte iPhone-Produktion die Runde gemacht.

Aixtron verabschiedeten sich rund 10 Prozent fester, lagen zwischenzeitlich aber auch schon 14 Prozent im Plus. Ein Händler sprach von einem überraschend guten Start ins Jahr bei dem Hersteller von Maschinen zur LED-Herstellung. "Am Markt hat man hier erst im zweiten Halbjahr mit einer Belebung gerechnet." Das sei wohl in dem Zahlenwerk zur entscheidenden Größe geworden. Der Ordereingang lag um 17 Prozent über der Konsensprognose.

Evotec-Aktien präsentierten sich nach Anfangsgewinnen mehr als 1 Prozent schwächer. Das Biotech-Unternehmen hatte mit dem britischen Wettbewerber Ex Scientia eine Zusammenarbeit bei der Erforschung und Entwicklung von Immunonkologie-Therapeutika vereinbart. Ziel ist zunächst das Erreichen von Fortschritten in der Krebsbehandlung.

USA: Dow Jones mit Miniplus

An der Wall Street agierten die Anleger vor der Fed-Zinsentscheidung vorsichtig. Die US-Börsen tendierten wenig verändert. Gestützt wurden sie durch anziehende Ölpreise. Auf die Stimmung drückten dagegen die Quartalsberichte der Schwergewichte Procter & Gamble und 3M. Außerdem warteten Börsianer auf weitere Unternehmenszahlen. Apple, Ebay und AT&T wollten ihre nach Handelsschluss vorlegen.

"Der Fokus liegt auf den Firmenergebnissen. Sie sollen zeigen, ob sich die Geschäfte in den kommenden Quartalen erholen", sagte Marktökonom Scott Brown vom Wertpapierhandelshaus Raymond James. "Derzeit befinden wir uns im Niemandsland." Was die Geldpolitik angeht, rechnen Marktbeobachter zwar nicht damit, dass die Fed nach ihrer zweitägigen Sitzung am Mittwoch eine Zinsanhebung bekanntgeben wird. Sie erhoffen sich aber weitere Hinweise darauf, wie wahrscheinlich ein solcher Schritt beim Treffen im Juni ist.

Der Dow-Jones-Index der Standardwerte stieg um 0,1 Prozent und schloss bei 17.990 Punkten. Der breiter gefasste S&P-500 legte um 0,2 Prozent auf 2092 Zähler zu. Der Index der Technologiebörse Nasdaq fiel um 0,2 Prozent auf 4888 Stellen.

Die Aktie des Mischkonzerns 3M gab 2,0 Prozent nach. Das Unternehmen büßte an Umsatz ein, weil die Wirtschaft in Schwellenländern schwächer wächst und der starke Dollar die Auslandserlöse schmälert. Procter & Gamble verloren 2,9 Prozent an Börsenwert. Der Pampers-Hersteller steigerte zwar seinen Gewinn dank Einsparungen kräftig, aber die Umsätze gingen zurück.

Auf der Verliererseite standen ferner Whirlpool, die 4,3 Prozent einbrachen. Der Haushaltsgeräte-Hersteller verprellte die Anleger mit Rückgängen bei Umsatz und Gewinn. Leichte Kursverluste gab es bei Energietiteln. Exxon verbilligten sich um 0,4 Prozent, Chevron um 0,1 Prozent.

Rohstoffe: Ölpreise legen zu

Der Ölpreis verbuchte im Handelsverlauf deutlicher werdende Gewinne. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete am späten Abend 45,81 Dollar. Das waren 3,0 Prozent mehr als zum Wochenstart. Der Preis für ein Barrel der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) stieg 3,2 Prozent auf 44,01 Dollar.

Der Ölpreis scheint sich deutlich über der Marke von 40 Dollar je Barrel zu stabilisieren, sagte Angus Nicholson, Analyst beim Wertpapierhandelshaus IG. wie vor gebe es aber Sorgen über ein zu hohes Angebot. Es werde noch eine Zeit lang dauern, bis der Ölmarkt zur Balance zwischen Angebot und Nachfrage zurückfindet, schätzte Nicholson.

Vor dem Hintergrund eines zu hohen Angebots warteten die Anleger gespannt auf neue Daten zu den US-Ölreserven. Neben den Lagerdaten sind derzeit vor allem Kennzahlen zur Fördermenge in den USA im Fokus. Die US-amerikanische Regierung wird die offiziellen Daten am Mittwoch veröffentlichen. Zuletzt hatten die US-Ölreserven ein neues Rekordhoch erreicht.

Der Goldpreis zog an. Mit 1242 Dollar kostete die Feinunze 0,6 Prozent mehr als am späten Montag. "Er profitiert vom schwachen Dollar", sagte ein Händler. Silber kostete 17,11 Dollar.

Devisen: Euro kratzt an 1,13

Der Euro legte nach enttäuschenden Konjunkturdaten aus den USA zu. Am Nachmittag erreichte die Gemeinschaftswährung ihr Tageshoch von 1,1340 Dollar. Zu US-Handelsschluss kostete ein Euro 1,1287 Dollar und lag damit 0,2 Prozent über dem Niveau des Vorabends. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs am Mittag auf 1,1287 Dollar fest nach 1,1264 Dollar zu Wochenbeginn.

Einen Tag vor der Zinsentscheidung der Fed wurden in den USA durchweg enttäuschende Konjunkturdaten veröffentlicht, wodurch der Dollarkurs geschwächt wurde. Zinserhöhungserwartungen mit Blick auf die Fed-Entscheidung am Mittwoch erhielten durch die Daten einen erneuten Dämpfer. Allerdings rechnete ohnehin schon kaum noch ein Experte mit einer erneuten Zinserhöhungen in diesem Monat. Die Wahrscheinlichkeit dafür wird am Markt seit einiger Zeit sogar mit null Prozent eingepreist.

Asien: Negative Vorzeichen

Die Finanzmärkte in Südostasien waren am Dienstag von Lustlosigkeit und geringen Abgaben geprägt. Auch hier warfen die anstehenden Notenbanksitzungen ihre Schatten voraus. Bevor die Notenbanken nicht ihre Entscheidungen zum weiteren geldpolitischen Kurs veröffentlicht haben, hielten sich die Anleger zurück oder machten Kasse, wie am Tokioter Aktienmarkt, hieß es. Der Nikkei-Index gab 0,5 Prozent auf 17.353 Punkte nach. Er hatte in der Vorwoche ein Elfeinhalbwochenhoch markiert.

Zusätzlich belasteten die Gewinne des Yen, der seinem Ruf als "sicherer Hafen" bei fallenden Aktienkursen wieder alle Ehre macht. Ein Dollar kostete 110,98 Yen. Zwar ist der Yen von seinem 18-Monatshoch zum Dollar bei unter 108 vor einigen Tagen wieder deutlicher zurückgekommen, doch jeder Anstieg des Yen gehe zu Lasten der japanischen Exportaktien, hieß es. Am Montag zur gleichen Tageszeit kostete der Dollar noch 111,20 Yen.

"Die Investoren nehmen ihre Wetten vom Tisch oder halten sich bei Positionierungen im Vorfeld der Notenbank-Entscheidungen an der Seitenlinie", beschrieb Alex Furber, Marktexperte bei CMC Markets, die Marktstimmung. Der chinesische Shanghai Composite drehte am Ende sogar noch ins Plus und stieg 0,6 Prozent auf 2.965 Zähler. In Hongkong bewegte sich der HSI kaum. In Sydney ging es nach der Feiertagspause am Montag für den S&P/ASX200 0,3 Prozent nach unten.

Quelle: ntv.de, bad/DJ/rts/dpa

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