Marktberichte

Wall Street schließt im Minus Brexit-Turbulenzen setzen Dax unter Druck

Fast zwei Prozent geht es für den Dax nach unten.

Fast zwei Prozent geht es für den Dax nach unten.

(Foto: REUTERS)

Sie ist da, die befürchtete Volatilität der Märkte nach dem Brexit-Votum. Nach der mehrtägigen Erholungsrally geht es jetzt wieder deutlich nach unten mit dem Dax. Eine drohende Immobilienkrise in London und ein abstürzendes Pfund verunsichern Anleger.

Die Brexit-Angst ist zurück an den Börsen - und zwar in Form einer drohenden Immobilienkrise in London. Anleger am deutschen Aktienmarkt werden nervös und der Dax verliert 1,8 Prozent auf 9533 Punkte. "Der Brexit fällt Anlegern auf die Füße, denn er hat immer mal wieder ein neues Gesicht", kommentiert n-tv-Börsenexpertin Katja Dofel. Damit dürfte die Erholungsrally der vergangenen Woche, als der Dax wieder rund 500 Punkte nach dem ersten Brexit-Crash gutgemacht hatte, vorerst vorbei sein.

Das Pfund Sterling fiel zum Dollar auf den tiefsten Stand seit 31 Jahren und zum Euro auf den niedrigsten Stand seit Dezember 2013. Die Bank of England will die Kapitalanforderungen an die Banken lockern: "Das sind Versuche, über die Geldpolitik die Brexit-Folgen zu mildern", sagte ein Händler. Das Pfund werde deshalb auch weiter auf der Verliererstraße bleiben. Gesucht waren dagegen Bundesanleihen, die Rendite zehnjähriger Papiere fiel auf minus 0,169 Prozent. Der Goldpreis schaffte nach einer kurzen Verschnaufpause wieder den Sprung über die Marke von 1350 Dollar je Feinunze.

Der FTSE-100 schloss 0,3 Prozent im Plus, weil Titel wie Diageo, B.A.T, Astrazeneca und Glaxosmithkline mit Kursgewinnen von der Pfund-Schwäche profitierten. Doch die Stabilität in London gibt es nur an der Oberfläche, darunter brodelt es erheblich. Massiv unter Druck standen in Europa die Aktien der Finanzdienstleister. Mit 3,6 Prozent Minus stellte der Sektor aktuell den Hauptverlierer, noch übertroffen von den Versicherern mit minus 3,9 Prozent. Grund war der Kurseinbruch britischer Immobilien-Aktien.

Auslöser war die Nachricht, dass Standard Life ihren britischen Immobilienfonds vorübergehend geschlossen hatte. Die Zahl der Investoren, die ihr Geld abziehen wollten, sei nach dem Brexit-Referendum kräftig gestiegen. Der börsengehandelte Fonds, Standard Life Investments Property Income Trust, notierte in London 10 Prozent tiefer nach einem zwischenzeitlichen Einbruch von bis zu 14 Prozent und erinnerte damit schwer an die Finanzkrise. Am Nachmittag wurde bekannt, dass mit Aviva der zweite große Versicherer einen Immobilienfonds mit Schwerpunkt Großbritannien eingefroren hatte.

Anleger hatten auch ein Sorgenthema im italienischen Bankensektor gefunden. In Mailand setzte der Kurs der Banca Monte dei Paschi di Siena den Einbruch fort. Nach einem Verlust von 14 Prozent am Montag verlor die Aktie weiter an Wert. Am Markt nehmen die Sorgen um die Kapitalausstattung immer mehr zu. Am Vortag hatte die Europäische Zentralbank die Bank aufgefordert, das Volumen der notleidenden Kredite zu verringern.

Frankfurt: Thyssenkrupp sind Dax-Schlusslicht

Thyssenkrupp
Thyssenkrupp 4,51

Der Dax schloss am Ende mit einem Verlust von 1,8 Prozent auf 9533 Punkten. Für den MDax ging es sogar 2,1 Prozent nach unten auf 19.482 Zähler. Der TecDax büßte 1,7 Prozent ein auf 1577 Punkte. Verluste auch beim Euro-Stoxx-50, der 1,7 Prozent abgab auf 2813 Stellen.

Am deutschen Aktienmarkt waren Thyssenkrupp mit einem Abschlag von 6,6 Prozent der größte Kursverlierer im Dax. Die Bank Kepler Cheuvreux hatte die Aktie von "Kaufen" auf "Halten" gesenkt. Vom Abwärtstrend im Versicherungs-Sektor waren auch Allianz betroffen, die um X,X Prozent abgeben und ebenfalls weit hinten im Dax landeten.

Im MDax gaben Hugo Boss nach, nachdem der US-Broker Jefferies die Aktie von "Übergewichten" auf "Halten" gesenkt hat. Das Papier verlor 2,9 Prozent und landete auf einem der hinteren Plätze im Nebenwerte-Index.

In der vierten Reihe des deutschen Aktienmarkts brachen KTG Agrar um 43 Prozent ein. Das Unternehmen hat nun einen Insolvenzantrag gestellt.

USA: Brexit-Furcht belastet auch die Wall Street

Sorgen um die Weltwirtschaft haben auch der Wall Street zugesetzt. Auf die Stimmung drückten nicht nur die Furcht vor den Folgen des Brexit, sondern auch sinkende Ölpreise. Bei der Rückkehr der US-Investoren aus einem verlängerten Wochenende büßte der Dow- Jones-Index der Standardwerte 0,6 Prozent ein und schloss bei 17.841 Punkten. Der breiter gefasste S&P-500 verlor 0,7 Prozent auf 2089 Zähler. Der  Nasdaq Composite fiel um 0,8 Prozent auf 4823 Stellen.

"Die Anleger sind vorsichtig", sagte John Callany, Chef-Volkswirt bei LPL Financial. Sie hätten das Brexit-Votum und seine Folgen im Blick und wollten sich offensichtlich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Dies hatte schon die Anleger in Europa eingeholt.

Verstärkt wurde die Verunsicherung der Investoren durch die Krise des italienischen Bankensektors, der auf einem 360 Milliarden Euro hohen Berg fauler Kredite sitzt. "Italien könnte ein größeres Risiko für die Stabilität der Eurozone sein als der Brexit", warnte Andrew Edward, Chef des Brokerhauses ETX Capital. Die trübe Stimmung in der Bankenbranche setzte auch den US-Instituten zu. Goldman Sachs und JP Morgan gehörten mit Kursverlusten von 2,3 beziehungsweise 2,8 Prozent zu den größten Verlierern im Dow.

Die fallenden Ölpreise setzten den Aktien von US-Ölkonzernen zu. Exxon und Chevron gaben 1,0 beziehungsweise 0,6 Prozent nach. Enttäuschende Geschäftszahlen schickten Delta Air Lines auf Talfahrt. Die Aktien der US-Fluggesellschaft verloren 3,1 Prozent. In ihrem Sog büßten der Rivale United Continental 2,5 Prozent ein.

Im Blickpunkt stand auch Tesla, nachdem der Elektroauto-Pionier im zweiten Quartal zum zweiten Mal in Folge weniger Fahrzeuge an seine Kunden auslieferte als in Aussicht gestellt. Der Kurs gab um 1,4 Prozent nach.

Asien: Minus in Japan, Gewinne in Shanghai

Nikkei
Nikkei 37.552,16

Nach der jüngsten Kurserholung von dem Brexit-Schock hat sich an den asiatischen Aktienmärkten wieder Ernüchterung breitgemacht. In Tokio setzte zudem der Anstieg der Landeswährung Yen japanische Exportwerte unter Druck und ließ Investoren Gewinne mitnehmen.

Gegen den Trend legten einzig die Kurse an der Börse in Shanghai zu. Positive Daten vom chinesischen Dienstleistungssektor sorgten hier für Rückenwind. Insgesamt fiel der Handel allerdings eher schwach aus. Von der Wall Street kamen keine Impulse, da sie am Montag wegen des US-Unabhängigkeitstags geschlossen hatte.

In Tokio büßte der Nikkei knapp 0,7 Prozent auf 15.669 Punkte ein. Neben den Exportwerten standen auch Bankentitel nach den negativen Vorgaben aus Europa auf den Verkaufslisten der Börsianer. Dagegen lag der Leitindex in Shanghai 0,5 Prozent im Plus. Während Konsumaktien stiegen, gerieten aber auch in der Volksrepublik Bankaktien unter Druck.

Der MSCI-Index für asiatische Aktien außerhalb Japans notierte 0,8 Prozent niedriger. Damit lag er aber immer noch mehr als fünf Prozent über dem Wert, auf den das Barometer nach der Entscheidung der Briten zum EU-Austritt am 23. Juni gefallen war. Investoren hatten zuletzt verstärkt auf weitere Impulse durch die Zentralbanken gesetzt.

Devisen: Euro leichter, Pfund schwach

Der Kurs des Euro ist trotz besser als erwartet ausgefallener Konjunkturdaten aus der Eurozone gefallen. Am späten Abend wurde die Gemeinschaftswährung bei 1,1072 US-Dollar gehandelt und damit deutlich niedriger als am Vorabend. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs des Euro zuvor auf 1,1146 (Montag: 1,1138) US-Dollar festgesetzt. Der Dollar kostete damit 0,8972 (0,8978) Euro.

Am Devisenmarkt war die Talfahrt des britischen Pfund das alles beherrschende Thema. Der Chef der britischen Notenbank, Mark Carney, rechnet mit einer erheblichen Abschwächung des Wirtschaftswachstums in Großbritannien nach dem Brexit-Votum. Um der Gefahr von Engpässen bei der Kreditvergabe vorzubeugen, setzte die Zentralbank zunächst die Einführung einer wichtigen Kreditregel für Banken aus.

Der Kurs des Pfund fiel erstmals seit 31 Jahren unter 1,31 Dollar. Nach dem überraschenden Brexit-Votum der Briten sieht die britische Notenbank zahlreiche Stabilitätsrisiken für den Finanzsektor des Königreichs. Am Markt wird nach Einschätzung von Händlern immer stärker auf eine Zinssenkung durch die Bank of England spekuliert. Derzeit liegt der Leitzins bei 0,5 Prozent.

Rohstoffe: Sorgen drücken Ölpreis

Spekulationen über eine schwächelnde Weltkonjunktur belasteten die Ölpreise. Die richtungsweisende Sorte Brent aus der Nordsee verbilligte sich zu US-Handelsschluss um 4,0 Prozent auf 48,10 Dollar je Barrel. US-Leichtöl WTI gab 4,1 Prozent auf 46,76 Dollar nach.

Analysten der britischen Bank Barclays schrieben in einer Kurzstudie, die Abschwächung des weltweiten Wirtschaftswachstums sowie die Instabilität der Finanzmärkte wirkten sich negativ auf die Öl-Nachfrage aus. JP-Morgan-Experten rechnen indes damit, dass auch das Angebot zurückgeht und die Preise in diesem und im kommenden Jahr deshalb leicht zulegen werden. Brent und WTI könnten 2017 auf über 56 Dollar je Fass steigen.

Der Goldpreis erhielt mit den Sorgen um die wirtschaftlichen Konsequenzen des Brexit zunächst wieder Auftrieb. Der Kurs stieg auf 1356 Dollar je Feinunze.

Quelle: ntv.de, kst/bdk/rts/DJ/dpa

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