Marktberichte

Auch Wall Street belastet Börsianer im Bann der Ölpreise

Lagerstätten für amerikanisches Leichtöl in Oklahoma.

Lagerstätten für amerikanisches Leichtöl in Oklahoma.

(Foto: REUTERS)

Die Ölpreise geben den Aktienanlegern Rätsel auf. Auf dem hohen Niveau nehmen sie lieber Gewinne mit. Dax und Dow Jones geben in der Folge nach. In Riad honorieren Investoren derweil, dass der saudische König seine Nachfolge geklärt hat.

Anleger sind zur Wochenmitte auf Nummer sicher gegangen und haben Kasse gemacht. Offenbar fürchten sie auf dem hohen Niveau einen Rückschlag. Am Vortag hatte der Dax die Bestmarke bei 12.951 Punkten markiert. Auch der deutliche Rutsch der Ölpreise belastete die Stimmung.

Der Dax notierte zuletzt nur noch 0,3 Prozent leichter bei 12.774 Punkten. Das Tagestief lag bei 12.708 Zählern. Den deutschen Nebenwerte-Indizes erging es ähnlich wie dem Dax: Der MDax der mittelgroßen Unternehmen verlor 0,1 Prozent auf 25.350 Zähler und der Technologiewerte-Index TecDax 0,6 Prozent auf 2275 Punkte. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 sank 0,1 Prozent auf 3553 Punkte.

"Niemand weiß so recht, wo die Schwäche in den Ölpreisen herkommt", sagte Analyst Jochen Stanzl vom Online-Broker CMC Markets. "Es hängt somit der Verdacht in der Luft, dass eine schwache Nachfrage an allem schuld sein könnte. Das hört man an den Börsen gar nicht gern, da eine schwache Ölnachfrage in der Regel auch Rückschlüsse auf eine möglicherweise schwächere zukünftige Wirtschaftsentwicklung zulässt."

Bei Anlegern weckten die fallenden Ölpreise auch böse Erinnerungen: Im Februar 2016 hatten die großen Investment-Vehikel der Ölförderländer zeitweise weltweit Aktien auf den Markt geworfen, um damit Löcher in den Staatshaushalten zu stopfen. Das hatte die Aktienkurse vorübergehend stark gedrückt.

Grundsätzlich sei die Stimmung an den Aktienmärkten aber weiterhin positiv, betonte Marktexperte Jochen Stanzl von CMC Markets. "Vor allem deutsche Aktien haben noch Luft nach oben." Sie seien im Vergleich zu amerikanischen Anteilsscheinen immer noch relativ günstig bewertet.

Einzelwerte: Deutsche Börse großer Verlierer

Bei den Einzeltiteln zählten Scout24 zu den größten Verlierern am deutschen Aktienmarkt. Die Papiere der Kleinanzeigenbörse rutschten 3,5 Prozent ab. Die Deutsche Telekom hatte ihre restlichen Anteile an dem Unternehmen zu je 32,20 Euro verkauft.

Telekom-Titel notierten unverändert. Presseberichte, wonach T-Mobile US mit Sprint fusioniert werden soll, sorgten demnach für keine Euphorie. "Der Markt hatte doch eher auf einen Verkauf gehofft mit einer hohen Cash-Komponente", sagte ein Händler. Bei einer Fusion mit einem US-Unternehmen bestehe die Gefahr, dass es wieder zu einer Übernahme durch die Hintertür wie bei Linde kommen könnte. Bereits vor drei Jahren wollte Sprint den Konkurrenten übernehmen.

Ein anderer Händler sah eher die Gefahr, dass die T-Mobile US dann zum Übernehmer von Sprint werden könnte. "Mit der höheren Verschuldung und niedrigeren Profitabilität würde das dann auch alle Multiples bei der Telekom verwässern und belasten", so ein anderer Händler.

Deutsche Post konnten von günstigen Vorlagen des US-Wettbewerbers Fedex nicht groß profitieren. Die Aktie schloss 0,5 Prozent höher. Im Geschäftsquartal bis Ende Mai lag der Nettogewinn von Fedex mit 1,02 Milliarden Dollar deutlich über den Erwartungen. Der bereinigte Gewinn je Aktie übertraf mit 4,25 Dollar die Schätzungen von 3,87 Dollar deutlich. Auch der Umsatz wuchs überraschend stark.

Mit Abgaben von 1,7 Prozent führten Deutsche Börse die Verliererliste im Dax an. Im Handel war vornehmlich von Gewinnmitnahmen die Rede. Die Aktie ist seit Jahresbeginn um fast 30 Prozent gestiegen. Das Papier leidet allerdings genauso wie der Bankensektor unter der nachlassenden Reflationierungsfantasie.

Zalando-Papiere verloren 0,4 Prozent. Hintergrund ist die Ankündigung von Amazon, eine neue Kleiderplattform, Prime Wardrobe, zu starten. Nach der Akquisition von Whole Foods steigt Amazon damit massiv in das Online-Fashion-Geschäft ein, was für Preisdruck sorgen könnte. Daneben dürften einige Anleger enttäuscht auf die Margen-Aussagen von Zalando im Rahmen des Capital Market Days reagieren. Wie Baader anmerkt, hat Zalando das bereinigte Ebit-Margen-Ziel mehr oder weniger zum Langfristziel erhoben. Bislang habe die mittelfristige Prognose auf 7 bis 10 Prozent gelautet.

Wall Street: Ölpreise belasten Kurse

Zur Wochenmitte ist die Wall Street ein Spielball des Ölpreises geblieben. Hatten stabilisierende Ölpreise zunächst für Rückendeckung gesorgt, belasteten die anschließend erneut abgestürzten Ölpreise die US-Börsen erneut - wenn auch nur mäßig. Letztlich fiel die Marktreaktion an der Wall Street angesichts eines Zehnmonatstiefs bei Erdöl sogar recht verhalten aus. Wie schon zuletzt zu beobachten, ging es an der technologielastigen Nasdaq deutlich volatiler zu.

Nach starken Vortagesverlusten erholte sich die Nasdaq wieder, der Halbleitersektor gewann 0,7 Prozent - die Software-Branche 0,8 Prozent. Der Dow-Jones-Index verlor 0,3 Prozent auf 21.410 Punkte, der S&P-500 büßte 0,1 Prozent ein und der Nasdaq-Composite stieg um 0,7 Prozent.

Unter den Einzelwerten legten Adobe um 2,4 Prozent zu, nachdem der Softwarehersteller überraschend gute Geschäftszahlen vorgelegt hatte. Advanced Micro Devices schossen um 10,6 Prozent empor. Der Halbleiterkonzern stellte eine neue Chip-Generation für Server vor.

Twitter zogen um 5,1 Prozent an, die Aktie des Kurznachrichtendienstes nahm dabei wichtige charttechnische Hürden. Das Unternehmen kündigte Schritte an, die Video-App Periscope attraktiver zu machen.

Rohstoffe: WTI auf dem Weg zur 40er-Marke

Von einer Blasenbildung am Ölmarkt konnte angesichts der dramatischen Talfahrt der Preise ganz sicher nicht gesprochen werden. Ein Barrel US-Leichtöl der Sorte WTI verbilligte sich um 2,3 Prozent auf 42,53 Dollar, Nordseeöl der Sorte Brent um 2,6 Prozent auf 44,82 Dollar.

Selbst weiter gesunkene Rohöllagerbestände in den USA, die noch dazu deutlicher als prognostiziert ausgefallen waren, vermochten die Talfahrt nicht zu stoppen. Denn die US-Förderung sprang auf ein 22-Monatshoch und die Behörden erhöhten ihre Erwartungen an die US-Förderung weiter. "Selbst wenn sich die Förderung etwas abschwächen sollte, wird die sinkende Nachfrage die Lager bis zur Heizsaison wieder anschwellen lassen", sagte Marktstratege James Meyer von Tower Bridge Advisors.

Devisen: Dollar runter, Pfund rauf

Der Dollar verlor wegen Zweifeln am Zinspfad der US-Notenbank an Wert. Die Fed stellt nach wie vor vier Zinsschritte bis Ende 2018 in Aussicht, der Markt geht allerdings nur von zwei Zinserhöhungen aus. Der Euro erholte sich von seinem Tagestief, das bei 1,1122 Dollar gelegen hatte, auf nunmehr etwa 1,1143 Dollar.

Das britische Pfund legte ebenfalls zu, nachdem das Lager der Falken innerhalb der Bank of England (BoE) Unterstützung vom Chefvolkswirt der Zentralbank bekommen hat. Der eigentlich als geldpolitische Taube bekannte Andrew Haldane hatte ein baldiges Zurückführen der Lockerungsmaßnahmen befürwortet.

Das Pfund stieg daraufhin auf bis zu 1,2711 Dollar von Kursen um 1,2650. Die britische Währung war erst am Dienstag unter Druck geraten, nachdem BoE-Gouverneur Mark Carney sich gegen Zinserhöhungen ausgesprochen hatte.

Riad: Neuer Kronprinz sorgt für Euphorie

Geradezu euphorisch reagierten die Anleger an der Börse im saudi-arabischen Riad auf die Ernennung von Mohammed bin Salman zum Kronprinzen. Der Tadawul-Index stieg um 5,5 Prozent auf 7335 Punkte.

Zum einen sei nun die Nachfolge des amtierenden Königs geklärt, sagen Analysten. Zum anderen werde das Mandat des jungen Kronprinzen gestärkt, die Umgestaltung der energieabhängigen saudi-arabischen Wirtschaft voranzutreiben.

Die Reformen, zu denen auch die Öffnung des heimischen Aktienmarkts für ausländische Anleger gehört, sind ein wesentlicher Grund dafür, dass der Indexbetreiber MSCI nunmehr die Aufnahme saudi-arabischer Aktien in seine Emerging-Markets-Indizes im kommenden Jahr prüft.

Beobachter verweisen auch darauf, dass der saudi-arabische König am Mittwoch all jene Privilegien der Staatsdiener rückwirkend wieder eingeführt hat, die im vergangenen Jahr aufgrund des Haushaltsdefizits ausgesetzt worden waren.

Asien: MSCI-Entscheid stützt Schanghai-Kurse

Abwärts ging es am Mittwoch auch an den Aktienmärkten in Ostasien und Australien. Getrübt wurde die Stimmung von schwächeren US-Vorgaben und - ebenfalls - dem fortgesetzten Verfall der Ölpreise. Hauptthema war aber die Entscheidung des Indexbetreibers MSCI, ab dem kommenden Jahr chinesische A-Aktien in seine Schwellenländerindizes aufzunehmen. Das half den Aktien in Schanghai, sich dem Abwärtssog zu entziehen. Der Schanghai-Composite schloss nach einer Schlussrally mit einem Plus von 0,5 Prozent auf 3.156 Punkte.

In Tokio ging es mit dem Nikkei nach den Gewinnen der Vortage und dem Erreichen eines 22-Monatshochs um 0,5 Prozent nach unten auf 20.139 Punkte, in Seoul büßte der Kospi ebenfalls ein halbes Prozent ein. Am stärksten gab das Börsenbarometer an der rohstofflastigen Börse in Sydney nach und zwar um 1,6 Prozent. Das war das größte Tagesminus im bisherigen Jahresverlauf, verursacht von stärkeren Kurseinbußen bei Aktien aus dem Bankensektor nach deren jüngster Abstufung durch Moody's und aus dem Rohstoff- und Ölsektor.

Quelle: ntv.de, ddi/mbo/dpa/DJ/rts

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