Marktberichte

Wall Street wettet auf Europa US-Börsen zählen auf die EZB

US-Börsianer hängen an den Lippen von EZB-Chef Mario Draghi: "Beginn und Dauer der Anleihen-Käufe sind fast genau so wichtig wie der tatsächliche Umfang."

US-Börsianer hängen an den Lippen von EZB-Chef Mario Draghi: "Beginn und Dauer der Anleihen-Käufe sind fast genau so wichtig wie der tatsächliche Umfang."

(Foto: REUTERS)

Der letzte Handelstag vor der großen "QE-Entscheidung" der Europäer hält für Anleger in New York einen klaren Aufwärtstrend bereit. Der Höhenflug birgt Risiken. Sollte Draghi die Märkte enttäuschen, könnte "die Lage ziemlich ungemütlich werden".

Die Aussicht auf eine große Geldschwemme in Europa hat die Kurse an der New Yorker Wall Street zur Wochenmitte in die Gewinnzone gezogen. Anleger setzten darauf, dass die Europäische Zentralbank (EZB) am Donnerstag ein großes Anleihen-Kaufprogramm auf den Weg bringen wird, das der Wirtschaft neuen Schub geben soll. Beobachter sprechen in diesem Zusammenhang von einer QE-Entscheidung. Die EZB könnte mit ihren Anleihenkäufe dem Modell des Quantitative Easing (QE) der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) folgen.

Nach Informationen aus dem Umfeld der Währungshüter steht ein Vorschlag des EZB-Direktoriums im Raum, der den Erwerb von Bonds im Umfang von 50 Milliarden Euro pro Monat vorsehe. Diese sollten bereits im März starten, hieß es. Mit großer Spannung warteten Börsianer auf weitere Details. "Beginn und Dauer der Anleihen-Käufe sind fast genau so wichtig wie der tatsächliche Umfang, wenn nicht sogar wichtiger", sagte Portfoliomanager Clem Miller von Wilmington International Funds. Der Markt erwarte vor allem den Erwerb von Staatsanleihen und wäre enttäuscht, wenn das Programm eher auf Unternehmensanleihen abziele.

Getragen von diesen Hoffnungen schloss der Dow-Jones-Index der Standardwerte 0,2 Prozent höher bei 17.554 Punkten. Der breiter gefasste S&P 500 gewann 0,5 Prozent auf 2032 Zähler. An der Technologiebörse Nasdaq legte der Composite-Index 0,3 Prozent auf 4667 Stellen zu. In Frankfurt war der Dax zuvor 0,4 Prozent höher mit einem Schlusskursrekord von 10.299 Zählern aus dem Handel gegangen.

Bei den Einzelwerten standen in New York die Aktien von IBM im Vordergrund: Die Umstellung vom weniger lukrativen Hardware-Geschäft zum zukunftsträchtigen Cloud-Computing macht dem weltgrößten IT-Dienstleister zu schaffen. Um rund ein Fünftel kürzte der Konzern seine Gewinnprognose für 2015. Die IBM-Aktie sackte mehr als 3 Prozent ab.

Der Kurs der Online-Videothek Netflix schoss dagegen um 17 Prozent in die Höhe. Das Unternehmen erfreute die Anleger mit einem Gewinnsprung.

Die Aktien von UnitedHealth zogen um 3,5 Prozent an. Die im Dow Jones gelistete größte US-Krankenversicherung übertraf mit ihren Quartalsergebnissen die Erwartungen.

Auf der Verliererseite standen die Anteilsscheine von Microsoft mit einem Abschlag von 1 Prozent. Der Softwarehersteller schenkt Altkunden ein Jahr lang sein neues Betriebssystem Windows 10.

Anleger behalten niedrige Ölpreise im Blick

Ein wichtiger Faktor sind unverändert der niedrige Ölpreis und seine Folgen. "Klar ist, dass die Quartalsbilanzen im Energiesektor schwach ausfallen werden. Andererseits stellt sich die Frage, ob die positiven Effekte des gesunkenen Ölpreises sich bemerkbar machen", fasst Marktstratege Bill Stone von PNC Wealth Management die Unsicherheit am Markt zusammen. Er verweist auf die besser als erwartet ausgefallenen Viertquartalszahlen von Delta Air Lines, die unter anderem dem Ölpreisverfall geschuldet waren.

Dennoch spielt die EZB-Geldpolitik trotz der Fahrt aufnehmenden Berichtsperiode nach Meinung vieler Marktbeobachter derzeit die erste Geige. Der zunehmende Optimismus mit Blick auf die EZB habe in den vergangenen Tagen zu dem ungewöhnlichen Schauspiel geführt, dass die europäischen Märkte die US-Börsen abgehängt hätten. "Wollen wir hoffen, dass uns Herr Draghi und die EZB nicht enttäuschen, sonst kann die Lage ziemlich ungemütlich werden", warnt Chefanalyst Michael Hewson von CMC Markets UK.

Bislang kaum Einfluss auf das Marktgeschehen zeigen die US-Immobiliendaten. Die Baubeginne sind im Dezember stärker als erwartet gestiegen, allerdings fiel der Rückgang im November deutlicher aus als bislang bekannt. Positiv streichen Händler heraus, dass es besonders bei Einfamilienhäusern zu einem starken Zuwachs auf das höchste Niveau seit 2008 gekommen sei. Dies deute auf eine höhere Kaufkraft der Mittelschicht hin und sei daher ein gutes Signal für den Markt.

An der New York Stock Exchange wechselten rund 770 Millionen Aktien den Besitzer. 1956 Werte legten zu, 1113 gaben nach, und 126 blieben unverändert. An der Nasdaq schlossen bei Umsätzen von 1,82 Milliarden Aktien 1156 im Plus, 1584 im Minus und 117 unverändert.

Die US-Kreditmärkte gaben nach. Die zehnjährigen Staatsanleihen verloren 9/32 auf 103-23/32. Die Rendite stieg auf 1,836 Prozent. Der 30-jährige Bond sank 16/32 auf 112-8/32 und rentierte mit 2,421 Prozent. Anleger hätten vor dem erwarteten QE-Programm der EZB ihre Positionen aufgelöst, sagten Händler.

Quelle: ntv.de, kst/DJ/rts

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