Marktberichte

Wall Street mit leichtem Minus Anlegerflucht lässt Dax noch tiefer fallen

Schon wieder nichts: Der Dax fällt den fünften Handelstag in Folge.

Schon wieder nichts: Der Dax fällt den fünften Handelstag in Folge.

(Foto: picture alliance / dpa)

Abstiegskampf für den Dax: Angesichts eines drohenden Brexit flüchten Anleger aus Aktien und bescheren dem deutschen Markt einen weiteren Verlusttag. Die 9500er-Marke beim Dax hält zwar gerade noch - dennoch büßt der Leitindex wieder mehr als 100 Punkte ein.

Eine weitere Schlappe erlitt der deutsche Aktienmarkt am zweiten Handelstag der Woche. Nach den Verlusten der vergangenen Tage ging es erneut runter an der Frankfurter Börse: Der Dax rutschte bereits am Morgen unter die Marke von 9600 Punkten und markierte am Nachmittag sein Tagestief knapp oberhalb der 9500er-Marke bei 9508 Punkten. Zum Handelsschluss schließlich gab der Dax 1,4 Prozent nach auf 9519 Punkte. Innerhalb einer Woche hat der deutsche Leitindex somit rund 770 Punkte verloren.

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Das nahende Brexit-Referendum und die Furcht der Anleger vor den möglichen Folgen machten dem deutschen Aktienmarkt zu schaffen. "Die Stimmung der Anleger ist schwer angeschlagen", hieß es vom Parkett. Die jüngsten Umfragen sprachen mehrheitlich dafür, dass sich die Briten am 23. Juni für einen Brexit entscheiden werden. Nun hat sich auch die populäre Zeitung "The Sun" für einen Austritt Großbritanniens starkgemacht. "Unternehmensnachrichten spielen in dem Umfeld nur eine untergeordnete Rolle", sagte ein Händler.

Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik war die Rendite der zehnjährigen deutschen Staatsanleihen unter null Prozent gefallen. Damit müssen Anleger noch Geld mitbringen, wenn sie dem Bund Geld leihen wollen. Die international richtungsweisenden zehnjährigen Bundesanleihen rentierten am Morgen bei minus 0,003 Prozent. "Es war nur eine Frage der Zeit", kommentierte n-tv-Börsenexperte Frank Meyer. "Die Anleihen sind derzeit als sicherer Hafen, als Anlaufpunkt auch wegen des Brexit, gefragt."

Am Mittwoch tagt die US-Notenbank, am Freitag laufen an den Derivatebörsen am "großen Verfallstag" in großem Stil Optionen und Terminkontrakte aus und in der kommenden Woche könnten sich die Briten aus der EU verabschieden. "Raus aus Risiken" lautet daher unverändert die Devise.

Derweil gilt auch an den Finanzmärkten als sicher, dass die Fed an diesem Mittwoch – rund eine Woche vor der Volksabstimmung über einen Verbleib Großbritanniens in der EU – keine Zinserhöhung verkünden wird. Börsianer erhoffen sich allerdings Hinweise darauf, ob die Notenbank die geldpolitischen Zügel im Juli oder September anzieht.

Frankfurt: RWE landen am Dax-Ende

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Der Dax schloss am Ende 1,4 Prozent tiefer und sank auf 9519 Punkte. Für den MDax ging es 1,3 Prozent nach unten auf 19.537 Zähler. Der TecDax gab sogar 2,3 Prozent nach auf 1575 Punkte. Verluste auch beim Euro-Stoxx-50, der 2,0 Prozent verlor auf 2796 Punkte.

Die Abstufung der Kreditbonität durch die Ratingagentur Standard & Poor's belastete die RWE-Aktie, die mit einem Verlust von 5,1 Prozent am Dax-Ende landete. Mit der geringeren Bonität verteuern sich die Finanzierungskosten des Stromerzeugers. Gewinner gab es im Dax nur einen. Am besten hielten sich die Papiere von Henkel, die 0,8 Prozent stiegen.

Aktien von Gerry Weber fielen im SDax nach den Zweitquartalszahlen des Modehändlers um 5,2 Prozent. Der Modekonzern kämpft weiter mit sinkenden Gewinnen. Massiver Konkurrenzdruck durch große Bekleidungsketten wie dem spanischen Inditex-Konzern mit Marken wie Zara oder Massimo Dutti oder dem schwedischen Filialisten H&M belasten das Unternehmen.

Die Übernahme des Online-Karrierenetzwerks LinkedIn durch Microsoft ließ am Dienstag die Anleger bei dem deutschen Konkurrenten Xing zunächst zugreifen. Die Aktien stiegen in der Spitze um 2,7 Prozent auf 178 Euro. Am Ende jedoch versuchten Anleger, Gewinne mitzunehmen und das Papier ging mit einem Minus von 0,7 Prozent aus dem Handel.

USA: Wall Street gibt leicht nach

Die US-Börsen haben ihre Talfahrt den vierten Tag in Folge fortgesetzt. Allerdings wurden die Verluste in der letzten Handelsstunde etwas verringert. Unter Druck standen vor der Zinsentscheidung der US-Notenbank Fed vor allem Papiere von Banken. Die Branche würde von höheren Zinsen am meisten profitieren, doch rechnet die Mehrheit der Experten weder für Juni noch für Juli mit einem solchen Schritt. Gleichwohl versprechen sich Investoren am Mittwochabend Signale von Fed-Chefin Janet Yellen, ob sie die Geldpolitik im September oder Dezember weiter straffen will. Auf die Stimmung drückte am Dienstag auch, dass die Anhänger eines britischen EU-Austritts Zulauf bekommen.

Der Dow-Jones-Index der Standardwerte sackte um 0,3 Prozent ab und schloss bei 17.675 Punkten. Der breiter gefasste S&P-500 gab 0,2 Prozent auf 2075 Zähler nach. Der Nasdaq Composite verlor 0,1 Prozent auf 4844 Punkte.

Auch zuletzt überraschend starke Umsätze der US-Einzelhändler dürften Experten zufolge die Fed nicht dazu bewegen, die Zinsen schon in diesem oder im kommenden Monat anzuheben. Den am Dienstag vorgelegten Daten zufolge kletterten die Erlöse der Firmen im Mai um 0,5 Prozent - erwartet worden waren 0,3 Prozent.

Die in New York gelisteten Aktien von Baidu verloren 1,7 Prozent. Der chinesische Suchmaschinenbetreiber hat seine Umsatzprognose gesenkt. Die Papiere des Amazon-Rivalen Alibaba kletterten indes um 3,0 Prozent, nachdem der größte chinesische Online-Händler seine Geschäftserwartungen hochgeschraubt hat.

Der Kurs von Twitter stieg um 5,3 Prozent, nachdem die US-Investmentbank Goldman Sachs den Kurznachrichtendienst als mögliches Übernahmeziel ausmachte.

Asien: Starker Yen belastet Nikkei

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Die Aktienmärkte in Fernost haben vor der Sitzung der US-Notenbank nachgegeben. Anleger rechnen mit keiner Zinserhöhung, jedoch mit Hinweisen auf den Zeitpunkt für die nächste Straffung der Geldpolitik. Für Verunsicherung am Markt sorgte weiterhin das nahende Referendum über die britische EU-Mitgliedschaft. Hedgefonds hätten angefangen, auf den sogenannten Brexit zu setzen, berichteten Marktteilnehmer.

In Tokio sank der Nikkei-Index am Tag vor dem Zinsentscheid der Fed um ein Prozent auf 15.859 Punkte. Am Tag zuvor hatte der Index 3,5 Prozent eingebüßt. Zu den Verlierern in Japan gehörten erneut Exportwerte wie etwa Toshiba.

Hier belastete die steigende Landeswährung Yen. Japans Finanzminister Taro Aso betonte unterdessen, bei einer weiteren Aufwertung der Landeswährung einschreiten zu wollen. Ein starker Yen verteuert die Produkte japanischer Exportfirmen. Aufgrund der Sorgen vor einem Brexit stecken Investoren derzeit ihr Kapital auch in den Yen.

In Shanghai notierte der Index wenig verändert. Zwar spekulierten Anleger darauf, dass der US-Finanzdienstleister MSCI erstmals chinesische Papiere in seinen Schwellenländer-Index aufnimmt und damit die Nachfrage ankurbelt. Viele Marktteilnehmer rechnen jedoch damit, dass dies kurzfristig nur einen geringen Effekt hat, da globale Fonds Zeit benötigen, die Zusammensetzung der Investments neu auszurichten. Der MSCI-Index für asiatische Aktien außerhalb Japans tendierte 0,4 Prozent im Minus.

Rohstoffe: Ölpreis Brent sinkt unter 50 Dollar

Die Ölpreise sind weiter abgesunken. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im August kostete am späten Abend 49,76 US-Dollar. Das waren 59 Cent weniger als am Vortag. Der Preis für ein Fass der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) zur Lieferung im Juli fiel um 38 Cent auf 48,49 Dollar.

Auch ein positiver Bericht der Internationalen Energie Agentur (IEA) stützte das Sentiment nicht. Diese hatte ihre Nachfrageprognose für 2016 um 100.000 Barrel auf nun 1,3 Millionen Barrel nach oben genommen. Es werde vor allem mit einer erhöhten Nachfrage aus China und Indien gerechnet, hieß es in dem Bericht. Allerdings könnte eine vollständige Wiederherstellung der Förderungen in Kanada und Nigeria die Preise belasten, so die IEA.

Auch der Goldpreis legte weiter zu. Der Preis für die Feinunze lag damit weiter in der Nähe eines Monatshochs. Das immer näher rückende Brexit-Referendum dürfte die Unsicherheit weiter erhöhen und damit auch für eine anhaltende Nachfrage bei Gold sorgen, hieß es. Die Feinunze legte um 0,2 Prozent auf 1286 Dollar zu.

Devisen: Brexit-Sorge belastet Euro

Der drohende Ausstieg von Großbritannien aus der Europäischen Union hat den Kurs des Euro und das britische Pfund belastet. Die europäische Gemeinschaftswährung fiel zweitweise unter die Marke von 1,12 US-Dollar und wurde zu US-Handelsschluss mit 1,1205 Dollar gehandelt. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs auf 1,1225 (Montag: 1,1268) US-Dollar festgesetzt.

Das bevorstehende Brexit-Referendum treibt die Anleger zunehmend in den Dollar. Gut eine Woche vor der Abstimmung liegen nach zwei neuen Umfragen die Befürworter eines Brexits mit bis zu sieben Prozentpunkten vorn. Besonders deutlich leidet derzeit das britische Pfund. Zum US-Dollar fiel das Pfund auf den tiefsten Stand seit zwei Monaten.

Quelle: ntv.de, kst/ppo/dpa/DJ/rts

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