Marktberichte

Trump noch nicht "eingepreist"! Anleger treten in Käuferstreik

Anleger fürchten, Trumps Wirtschaftspolitik könnte zu weniger Wachstum in der Zukunft führen.

Anleger fürchten, Trumps Wirtschaftspolitik könnte zu weniger Wachstum in der Zukunft führen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Donald Trump der nächste US-Präsident? Börsianer sollten sich "anschnallen", wenn es dazu kommt. 300 Punkte hat der Dax diese Woche bereits eingebüßt. Es könnten noch mehr werden.

Die Börsianer sind verunsichert. Droht kommenden Dienstagabend der große Knall? Wird Donald Trump möglicherweise wirklich der nächste US-Präsident? Niemand kann es mit Bestimmtheit sagen. Nur eins ist sicher: Börsianer mögen keine Unsicherheit und deshalb treten sie in den Käuferstreik.

Dax
DAX 18.492,49

Nicht nur der deutsche Leitindex bekam die Zweifel der Marktteilnehmer am Donnerstag zu spüren, weltweit war eine Hängepartie zu beobachten. Hierzulande verlor der Dax bis Handelsschluss 0,3 Prozent auf 10.331 Punkte. Der MDax der mittelgroßen Unternehmen büßte 0,1 Prozent auf 20.673 Punkte ein. Allein der Technologiewerte-Index TecDax scherte aus und gewann 1,0 Prozent auf 1703 Zähler. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 baute 0,1 Prozent ab.

Trumps großmundige Versprechen könnten sich als Schall und Rauch erweisen.

Trumps großmundige Versprechen könnten sich als Schall und Rauch erweisen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Furcht vor einem Einzug von Donald Trump ins Oval Office sei groß, sagte ein Händler. Zwar deuten die meisten Umfragen immer noch auf einen Sieg von Hillary Clinton hin. Doch ihr Vorsprung ist zuletzt geschrumpft. Der Republikaner gilt als wenig berechenbar, während die Demokratin für Kontinuität steht.

Ein US-Präsident Trump sei nicht "eingepreist" an den Märkten, heißt es in den Handelssälen weiter. Die Akteure an den Börsen waren sich bisher sicher, dass Clinton die Wahl gewinnen werde. Das Risiko Trump wurde ausgeblendet. Weil sie nun befürchten, dass Trumps Wirtschaftspolitik zu weniger Wachstum in der Zukunft führen wird, rechnen sie mit fallenden Börsenkursen und verkaufen ihre Aktien.

Den Dax hat dies am Dienstag und Mittwoch bereits etwa 300 Punkte gekostet. Sollte Trump Dienstagnacht tatsächlich zum Präsidenten gewählt werden, dann "müssen wir uns am Morgen danach anschnallen", warnten Händler in Frankfurt.

Ansonsten sorgt hierzulande die Berichtssaison für deutliche Kursausschläge, und zwar vor allem im Dax. So schnellten die Aktien von Beiersdorf 4,6 Prozent nach oben. Der Nivea-Konzern ist nach Ablauf der ersten neun Monate optimistischer für das Gesamtjahr geworden.

Gute Nachrichten kamen auch von Vonovia: Deutschlands größter Immobilienkonzern hatte in den ersten neun Monaten dank seiner jüngsten Zukäufe deutlich mehr verdient. Die Papiere zogen um 0,9 Prozent an.

Adidas
Adidas 206,85

Die Verliererliste im Dax führten Adidas mit minus 6,2 Prozent an. "Die Aktie ist der stärkste Dax-Titel in diesem Jahr", sagte ein Händler. Nun würden aber Gewinne mitgenommen, weil der Markt davon ausgehe, "dass die besten Zeiten erst einmal vorbei" seien. Die Geschäftszahlen zum dritten Quartal hätten erstmals seit längerem die Analystenerwartungen nicht mehr übertroffen. Sie lägen überwiegend im Rahmen der Erwartungen.

Auch ProSiebenSat.1 konnte Investoren mit seinen Zahlen des vergangenen Quartals nicht überzeugen. Die Aktien sackten um 1,2 Prozent ab. Der Fernsehkonzern verdiente im operativen Geschäft zwar mehr als erwartet, der Nettogewinn brach aber unter anderem wegen Abschreibungen auf die Beteiligung am Fitnessarmband-Anbieter Jawbone überraschend ein. Unter dem Strich fiel der Konzerngewinn mit 68 Millionen Euro um sieben Prozent niedriger aus als vor Jahresfrist.

DZ-Bank-Analyst Harald Heider kritisierte zudem, dass ProSiebenSat.1 zuletzt durch Zukäufe in weniger profitablen Segmenten gewachsen sei. "Die Gesamtmarge verringert sich sukzessive aufgrund der Verschiebung in Richtung der Geschäftsaktivitäten mit geringeren Margen", schrieb er in einem Kurzkommentar zur Aktie. Er bestätigte sein Rating mit "Halten".

Zudem richte sich der Markt seit den entsprechenden Aussagen des US-Konkurrenten Under Armour zumindest in den USA auf Preisdruck ein. Das führe seit Tagen zu Gewinnmitnahmen, die sich nun fortsetzten. "Ob der Kurs nun erst einmal ein Tief macht oder noch weiter fällt, ist schwer zu sagen", sagte der Händler. Einerseits sei die Aktie kurzfristig schon überverkauft, andererseits säßen immer noch viele Anleger auf starken Gewinnen.

Klöckner & Co
Klöckner & Co 6,75

In der zweiten Reihe kamen die Räder von Klöckner & Co (KlöCo) unter die Räder. Die Papiere rutschten um 10,5 Prozent ab. Damit lagen sie am SDax-Ende und notierten so tief wie seit Monaten nicht mehr.

Der Stahlhändler hatte zwar im dritten Quartal sein Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) auf 71 Millionen Euro mehr als verdoppelt. Doch bei den Erlösen hatten sich die Analysten der DZ Bank mehr versprochen. "Niedrigere Preise und Werksschließungen in Europa wirkten sich negativ aus", kommentierte die Bank.

Die Experten von Jefferies bezeichneten die Quartalsbilanz als solide. Allerdings hätten die stark gefallenen Stahlpreise das Amerika-Geschäft belastet. Mit seinen Sparanstrengungen sei das Unternehmen auf Kurs, hinke aber beim Ausbau digitaler Vertriebswege hinterher. Nach der Ergebnissteigerung im dritten Quartal sei im Schlussquartal ein deutlicher Margenrückgang zu erwarten. Die Schätzungen der Analysten für 2017/18 seien zu optimistisch, hieß es bei Hauck & Aufhäuser. In Nordamerika bleibe das Geschäft unter Druck, zudem seien die positiven Effekte des Restrukturierungsprogrammes bereits in den Kursen enthalten.

Für Kauflaune sorgte dagegen das Biotechunternehmen Qiagen mit seinen Quartalszahlen. Die Aktien stiegen 8,9 Prozent und führten damit die Gewinnerliste im TecDax an. DZ-Bank-Analyst Sven Kürten sprach in einer Kurzstudie von starken Ergebnissen und bekräftigte seine Kaufempfehlung. "Der operative Gewinn war klar besser als erwartet." Das in den Niederlanden ansässige Unternehmen, das sich auf Tests zum Nachweis von Krankheiten sowie Laborgeräte spezialisiert hat, hat für das dritte Quartal einen Umsatzanstieg von acht Prozent und ein Gewinnplus von zwei Prozent ausgewiesen.

USA: Wall Street schließt im Minus

Auch die US-Aktienmärkte gaben nach. Erneut drückten die wieder gestiegenen Chancen von Donald Trump auf einen Sieg bei der US-Präsidentenwahl am 8. November die Kurse. Der Milliardär, der wegen seiner Unberechenbarkeit als Börsenschreck gilt, hatte zuletzt in Umfragen den Abstand auf seine Rivalin Hillary Clinton verringert. Clinton gilt an den Finanzmärkten als Garantin für Kontinuität. Facebook-Aktien standen nach einem schwachen Umsatzausblick unter Druck.

Der Dow-Jones-Index der Standardwerte sackte um 0,2 Prozent ab und schloss bei 17.931 Punkten. Der breiter gefasste S&P-500 gab 0,4 Prozent nach auf 2089 Zähler. Der Index der Technologiebörse Nasdaq verlor 0,9 Prozent auf 5058 Stellen.

Facebook hat nach einem kräftigen Gewinnanstieg im abgelaufenen Vierteljahr vor einem langsameren Umsatzwachstum im laufenden Quartal gewarnt. Finanzchef David Wehner kündigte zudem am Mittwoch für das kommende Jahr aggressive Investitionen an, die zu einem deutlichen Anstieg der Ausgaben führen dürften. Facebook-Aktien verloren 6,0 Prozent.

Um 15,4 Prozent abwärts ging es mit Aktien von First Solar. Dem größten US-Solaranlagenhersteller macht der Preisverfall für Solarmodule zu schaffen.

Auch maue Konjunkturdaten drückten die Stimmung. Das Wachstum der US-Dienstleister hat sich im Oktober überraschend deutlich verlangsamt.

Eine begrenzte Rolle spielte der Gerichtsentscheid, dass das britische Parlament bei dem geplanten Austritt des Landes aus der EU ein Recht auf Mitsprache hat. Die Regierung in London wollte das eigentlich verhindern. Anleger setzen darauf, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen des Brexit bei einer Parlaments-Befassung nicht so gravierend ausfallen wie bislang befürchtet. Die Sache ist aber noch nicht endgültig entschieden, der Streit kommt nun vor den Obersten Gerichtshof.

Asien: Lichtblick in China

In Südostasien hatte das Schreckgespenst Trump bereits am Morgen erkennbar die Risikobereitschaft der Anleger gebremst. "Sollte Frau Clinton die Wahl gewinnen, ist das Alltagsgeschäft. Sollte aber Trump siegen, wüsste der Markt nicht, für welche Politik er steht", sagte Marktstratege Khiem Do von Baring Asset Management.

Der MSCI-Index für die asiatischen Märkte außerhalb Japans gab bis Handelsschluss 0,1 Prozent nach. Besser sah es nach positiven Konjunkturdaten in China aus: In Schanghai schloss der Leitindex 0,8 Prozent fester, das Barometer für die wichtigsten Aktien aus Schanghai und Shenzhen gewann sogar 0,9 Prozent. Die Dienstleister haben im Oktober Fahrt aufgenommen, der Einkaufsmanagerindex stieg auf 52,4 Punkte und lag damit über der Wachstumsschwelle von 50 Zählern.

"Das ist sehr positiv", sagt Christoffer Moltke-Leth von Saxo Capital Markets. Dies bestätige, dass China sein Wachstumsziel beim BIP für dieses Jahr erreichen sollte. Entsprechend groß ist die Hoffnung, dass auch der wichtige ISM-Service-PMI aus den USA am Nachmittag positiv überraschen wird. Vor allem die Job-Komponente steht hier im Fokus vor dem offiziellen US-Arbeitsmarktbericht am Freitag. Die Börse in Tokio  war wegen eines Feiertags geschlossen.

Devisen: Pfund steigt

Das Pfund reagierte vergleichsweise geringfügig auf die Entscheidung des Londoner High Court, dass die britische Regierung den Austrittsprozess aus der EU nicht ohne vorherige Abstimmung im Parlament einleiten kann. Am Markt herrsche noch immer die Meinung vor, dass die Regierung den Brexit durchsetzen könne, so BNY-Analyst Neil Mellor.

Nach der Entscheidung vom Donnerstag stieg das Pfund um 1,4 Prozent zum Dollar, es notierte aber immer noch 16 Prozent unter dem Niveau, auf dem es sich vor dem Brexit-Referendum im Juni bewegte. Nichtsdestotrotz vergrößere der Gerichtsentscheid die Ungewissheit, fügt der Analyst hinzu. Aktuell kostet ein Pfund 1,2449 Dollar. Im Tageshoch notierte es schon dicht an der Marke von 1,25 Dollar.

Der US-Dollar erholte sich nur kurz etwas vom Trump-Schock. Am späten Abend wurden 1,1110 Dollar je Euro gezahlt.

Auch die Schwedische Krone legte zum Euro zu. Grund waren die überraschend positiven Daten zur Industrieproduktion. Diese stieg im September um 6,8 Prozent gegenüber dem Vormonat. Doch mahnt Analyst Andreas Wallstrom von der Nordea Bank weiterhin zur Vorsicht. "Der Trend im Verarbeitenden Sektor bleibt schwach". Aktuell kostet ein Euro 9,87 Kronen, nach 9,90 Kronen vor der Bekanntgabe.

Rohstoffe: Ölpreise gehen weiter runter

Die Ölpreise setzten ihrer jüngste Talfahrt wieder fort. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Januar kostete zu US-Handelsschluss 46,34 US-Dollar. Das waren 52 Cent weniger als am Vortag. Der Preis für ein Fass der amerikanischen Sorte WTI verbilligte sich um 66 Cent auf 45,27 Dollar.

Am Mittwoch waren die Ölpreise noch auf den tiefsten Stand seit einem Monat gefallen. Laut Experten reagiert der Ölmarkt zunehmend nervös auf den sich zuspitzenden US-Wahlkampf. Außerdem wiesen die offiziellen Lagerbestandsdaten für die USA vo Vortag einen massiven Aufbau der Bestände aus. Es war der stärkste Zugewinn, der jemals berichtet wurde. Dies gesellte sich zur ohnehin schon dominierenden Skepsis um die Versuche einer Preiskontrolle durch die Ölländer inner- und außerhalb der Opec. Auch eine am Mittwoch von der Opec in Wien beschlossene neue Langfrist-Strategie bremst den Preisverfall kaum.

Gold trieb die Furcht vor einem Trump-Wahlsieg immer wieder über 1300 Dollar. Gleichzeitig gab es aber auch Gewinnmitnahmen, die den Kurs auch immer wieder unter die Marke drückte. Die Feinunze verteuerte sich am späten Abend um 0,4 Prozent auf 1303 Dollar. Auf dem Edelmetall dürfte auch der wieder etwas festere Dollar lasten.

Quelle: ntv.de, ddi/chr/dpa/DJ

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