Marktberichte

Auch Wall Street mit Verlusten Anleger-Angst lässt Dax tief stürzen

Was für ein Börsentag: Mehr als 250 Punkte geht es nach unten für den Dax.

Was für ein Börsentag: Mehr als 250 Punkte geht es nach unten für den Dax.

(Foto: picture alliance / dpa)

Mit einem deftigen Minus von mehr als 250 Punkten geht der Dax ins Wochenende. Die Käufer halten sich vor Brexit-Votum und Fed-Sitzung bedeckt. Bei den übrigen Anlegern bestimmt die Angst das Handeln. Das Ergebnis: Europaweit dominieren die Minuszeichen.

Manch Dax-Anleger wäre an diesem Handelstag sicher lieber im Bett geblieben: Deutliche Verluste verzeichneten die Aktienmärkte in Europa und auch der deutsche Leitindex kam unter die Räder. Bereits schwach gestartet, nahmen die Verluste beim Dax im Laufe des Handelstages kontinuierlich zu. Bereits im frühen Handel wurde die 10.000er-Marke unterschritten, am Vormittag fiel die 9900er-Marke, nur die 9800er-Marke hielt gerade so. Am Ende schloss der Dax 2,5 Prozent im Minus bei 9835 Punkten, ein Verlust von 254 Punkten. Sein Tagestief hatte er zuvor bei 9819 Zählern markiert.

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Auch die Börsen im übrigen Europa verbüßten teilweise noch heftigere Einbrüche. Der FTSE 100 in London gab 1,8 Prozent ab, in Paris verlor der Cac 40 rund 2,2 Prozent. An der Mailänder Börse ging es sogar 3,6 Prozent nach unten. Rund 2,6 Prozent verlor der Euro-Stoxx-50, der 50 große börsennotierte Unternehmen der Eurozone beinhaltet.

"Ein Index der nicht steigen will, der fällt. Investoren, die keine Gründe sehen zum Kauf, greifen nicht zu", kommentierte Daniel Saurenz von Feingold Research das Börsengeschehen. So zögen sich vor Fed-Sitzung und Brexit-Votum die Käufer am Markt zurück und überließen den Ängstlichen das Feld. "Immerhin ist die Angst auch ausgedrückt über den VDAX New kraftig geklettert, was manchem Skeptiker Hoffnung machen sollte. Denn in der Vergangenheit war hohe Volatilität ein Einstiegs- und kein Ausstiegssignal für Anleger." Diese Unsicherheit könne sich wieder legen, sobald die Faktoren Zinsentscheid USA und Brexit aus dem Markt sind.

Bei den englischen Buchmachern, wo wettbegeisterte Briten Geld auf oder gegen den Brexit setzen, hatten die "Europäer" zuletzt übrigens recht deutlich die Oberhand: Laut der Online-Plattform Oddschecker werden 56,4 Prozent aller Wetten auf einen Verbleib Großbritanniens in der EU abgeschlossen, nur 43,6 Prozent auf den Brexit.

Bei den Konjunkturdaten im Blick standen die deutschen Verbraucherpreise für Mai. Die Inflation in Deutschland hat es wieder knapp in den positiven Bereich geschafft. Die jährliche Inflationsrate stieg auf plus 0,1 Prozent von minus 0,1 Prozent im April. In den USA stand der Index der Verbraucherstimmung an der Uni Michigan im Juni im Fokus. Obwohl der Index der Universität Michigan im Juni mit 94,3 die Konsensschätzung von 93,5 übertroffen hatte, konnte er den Märkten keine Impulse geben.

Frankfurt: Personalie lässt Lufthansa abrutschen

Lufthansa
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Der Dax schloss am Ende 2,5 Prozent leichter und fiel auf 9835 Punkte. Für den MDax ging es 2,4 Prozent nach unten auf 20.185 Zähler. Ein Minus auch beim TecDax, der 2,2 Prozent auf 1642 Punkte verlor.

Tiefrot war das Feld der Dax-Aktien auch zum Börsenschluss: Am besten hielten sich noch Adidas mit einem Minus von 0,4 Prozent. Größter Verlierer waren jedoch Lufthansa, die 5,6 Prozent abgaben. Hier belastete wohl der Abgang von Lufthansa-CFO Simone Menne. Wie die Airline mitteilte, wird Menne auf eigenen Wunsch zum 31. August 2016 aus dem Vorstand ausscheiden. Über eine Nachfolge soll zeitnah entschieden werden.

Im MDax büßten Airbus mit minus 1,4 Prozent weniger stark ein als der Gesamtmarkt. Der Flugzeugbauer trennt sich im Rahmen einer Privatplatzierung an Investoren von seiner Beteiligung am französischen Flugzeughersteller Dassault Aviation. Gerüchte darüber gingen bereits ab Mittwoch um. Für Airbus sei dies positiv, da damit rund 2,3 Milliarden Euro in die Kasse kämen. Airbus wird rund 830.000 Aktien an Investoren verkaufen, weitere 500.000 Aktien werden von Dassault im Zuge eines Aktienrückkaufs übernommen.

Bei Fraport standen die Verkehrszahlen im Blick, die eher enttäuschend ausgefallen waren: Die MDax-Aktie verlor 4,6 Prozent. "Die schwachen Verkehrzahlen der Lufthansa hatten es bereits angedeutet", so ein Händler zu den Zahlen des Flughafenbetreibers. Im Mai reisten 5,3 Millionen Fluggäste und damit 5,5 Prozent weniger als noch im Vorjahresmonat über den Flughafen Frankfurt. Aber auch das Cargo-Geschäft habe enttäuscht, was wiederum kein gutes Licht auf die Konjunkturentwicklung in Deutschland werfe.

USA: Wall Street gibt nach

Auch die Wall Street stand am Freitag ganz im Zeichen der Suche nach Sicherheit. Aktien und Öl wurden gemieden, gefragt waren sichere Häfen wie Anleihen, Gold und Dollar.

Der Dow-Jones-Index fiel um 0,7 Prozent auf 17.865 Punkte. Für den S&P-500 ging es um 0,9 Prozent auf 2.196 Punkte abwärts. Der Nasdaq-Composite schloss mit einem Minus von 1,3 Prozent auf 4.895 Punkten.

Unter den Einzelwerten an der Börse verlor die Twitter-Aktie 4 Prozent, nachdem der Kurznachrichtendienst von einem Datenleck berichtet hatte. Eine Datei mit 33 Millionen Nutzernamen und Passwörtern sei an die Öffentlichkeit geraten. Tesla Motors büßten 4,6 Prozent ein. Die US-Verkehrsaufsichtsbehörde prüft Berichte über möglicherweise defekte Aufhängungen beim Model S. Ein überraschend guter Quartalsausweis verhalf der Aktie des Steuerberatungsunternehmens H&R Block zu einem Plus von 12,5 Prozent.

Im Chemiesektor ist eine Übernahme perfekt: nach einer monatelangen Schlacht wird Westlake Chemical den Wettbewerber Axiall für rund 2,3 Milliarden Dollar kaufen. Westlake gewannen 2,8 Prozent, Axiall haussierten mit 26 Prozent.

Besonders Bankenwerte leiden unter dem Niedrigzinsumfeld, da ihr Geschäftsmodell dadurch bedroht wird. Im Dow gehörten JP Morgen und Goldman Sachs mit 1,4 bzw 2,1 Prozent zu den stärksten Verlierern.

Asien: Minuszeichen überwiegen

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Die in der kommenden Woche anstehenden Sitzungen der US- und der japanischen Notenbank zogen auch die Fernost-Börsen immer stärker in ihren Bann. Viele Teilnehmer gingen auf Nummer sicher und hielten sich mit Käufen zurück. Mehrheitlich wird in den USA in der nächsten Woche noch nicht mit einer Zinserhöhung gerechnet und in Japan nicht mit einer weiteren Lockerung der Geldpolitik.

Die Börsen in Ostasien und Australien folgten vor diesem Hintergrund am Freitag den negativen Vorgaben aus Europa und den USA. Während in Festlandchina wegen des Drachenbootfestes wie schon am Donnerstag nicht gehandelt wurde, hat die Hongkonger Börse den Handel wieder aufgenommen. Dort verlor der Index 0,8 Prozent, nachdem am Mittwoch Preisdaten aus China bekanntgeworden waren, die weitgehend im Rahmen der Erwartungen ausfielen und der chinesischen Notenbank Spielraum für weitere Lockerungen geben.

Ähnlich fielen auch die Verluste an den anderen Plätzen der Region aus. In Tokio verlor der Nikkei-Index nach einer Erholung im späten Handel von den Tagestiefs 0,4 Prozent und ging mit 16.601 Punkten ins Wochenende. In Seoul ging es für den Kospi etwas moderater abwärts um 0,4 Prozent. Wie schon am Vortag sorgt die überraschende Zinssenkung in Südkorea nicht für Aktienkäufe, weil die Sorge vor einer schwachen Konjunktur die Freude über niedrigere Zinsen überlagert.

Devisen: Euro rutscht unter 1,13-Dollar-Marke

Euro / US-Dollar
Euro / US-Dollar 1,08

Der Dollar erholte sich den zweiten Tag in Folge von dem jüngsten Schwächeanfall, den er in Reaktion auf die falkenhaften Yellen-Aussagen vom Montag erlitten hatte. Der Euro kostete rund 1,1260 Dollar, am Mittwoch notierte er noch klar über 1,14 Dollar.

Händler sprachen von einer Gegenbewegung beim Dollar-Kurs, nachdem dieser bis zum Donnerstag noch stark verloren hatte. Daneben stützten US-Arbeitsmarktdaten vom Vortag die US-Währung weiterhin. Die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe war überraschend gesunken. Dies relativierte ein Stück weit den überraschend schwachen Arbeitsmarktbericht für Mai, der den Erwartungen an eine Zinserhöhung durch die US-Notenbank Fed einen schweren Dämpfer versetzt hatte.

Rohstoffe: Ölpreise sacken weiter ab

An den Rohstoffmärkten ging es mit den Preisen wieder nach unten. Neben der allgemein negativen Stimmung an den Finanzmärkten machen Marktteilnehmer den festen US-Dollar für den Preisrückgang verantwortlich. Er verteuert Rohstoffe, die in Dollar bezahlt werden, für Käufer aus anderen Währungsräumen.

Was das Öl selbst betrifft, gibt es Befürchtungen, dass sich der Abbau des Überangebots verzögern könnte. Nachdem die Ölpreise die Marke von 50 Dollar zurückerobert hatten, war die Förderung für viele US-Unternehmen wieder rentabel geworden, so dass sie keinen Anlass sahen, Förderanlagen stillzulegen.

Dies fand ihre Bestätigung in den neuen Daten von Baker Hughes, die die zweite Woche in Folge eine Zunahme der aktiven Bohranlagen in Amerika auswiesen. Diesmal erhöhte sich die Zahl um drei auf 328. Der Preis für das Barrel US-Rohöl der Sorte WTI fiel zum Settlement um 2,9 Prozent auf 49,07 Dollar.

Die Verluste hatten am Donnerstag eingesetzt, kurz nachdem die Rohölpreise mehrmonatige Höchststände erreicht hatten. Ein wesentlicher Grund für die schwächere Tendenz sehen Beobachter in dem zuletzt wieder stärkeren US-Dollar. Weil Rohöl in der amerikanischen Währung gehandelt wird, verteuert sich Rohöl mit steigenden Dollarkursen für viele Investoren, was die Nachfrage drückt. Dennoch bleibt es dabei, dass sich die Ölpreise von ihrer seit Mitte 2014 währenden Talfahrt seit Jahresbeginn deutlich erholt haben.

Quelle: ntv.de, kst/wne/DJ/rts/dpa

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