Kolumnen

Per Saldo Zeit für die "Formel E"

Ohne visionären Weitblick hätte es der deutsche Automobilbau niemals bis an die Weltspitze geschafft. Doch Absatzkrise, Spritpreise und der scharfe Wettbewerb machen den Autobauern schwer zu schaffen: Zeit für ungewöhnliche Überlegungen.

Geschwindigkeit muss nicht laut sein: Der Rennsport hat ja auch mal klein angefangen.

Geschwindigkeit muss nicht laut sein: Der Rennsport hat ja auch mal klein angefangen.

(Foto: REUTERS)

Der Kapitalismus ist eine feine Sache. Er wächst, er gedeiht, er organisiert sich ganz von alleine. Die Dynamik, könnte man sagen, liegt in seiner Natur. Krisen können ihm nichts anhaben. Ein Abschwung ist nur ein Wellental. Wer genug Atem hat, kommt glücklich durch. Nicht wenige Stimmen sagen dem Kapitalismus enorme Selbstheilungskräfte nach. Wenn das Alte und das Morsche zusammenbricht, sprießt in den Nischen bereits neues Leben. So weit, so schön, so schmerzhaft für die Betroffenen.

Denn manchmal, so weiß der eine bereits seit 1929 und der andere erst seit 2008, braucht es mehr als nur einen kleinen Stups hier, einen Klaps da oder großzügige "ordnungspolitische Leitplanken" auf beiden Seiten. Manchmal braucht es eben mehr. Denn wenn das große Selbstheilen anhebt, geht es in der Regel nicht ohne Opfer ab: Menschen, die aus verschiedenen Gründen weniger flexibel als der Arbeitsmarkt sind; Unternehmen, die sich durch eigenes Verschulden oder mangelnde Fortune aus dem Markt katapultieren.

Wer da die Zustimmung und das Vertrauen der Mehrheit in die geltende Wirtschaftsordnung erhalten will, braucht neben Sachverstand und Weitblick, auch eine Elan und Festigkeit in seinen Entschlüssen. Wie halbherzige Zögerlichkeiten in solchen Fragen in der Praxis aussehen, lässt sich beispielhaft an der deutschen Automobilindustrie ablesen.

Getrieben vom Druck des Tagesgeschehens schlagen sich Teile der Bundesregierung nun schon seit längerem mit einem US-Konzern und den Nöten seiner deutschen Traditionstochter herum. Das Vorgehen wirkt planlos. Das große Konzept fehlt. Stattdessen: Staatshilfe hier, Staatshilfe da, und bevor es wirklich hart auf hart kommt, ein dickes Pflaster Kurzarbeit und ein wärmendes Strohfeuer à la "Abwrackprämie". Mehr als Symptome bekämpft man so nicht.

Ingenieure in der Sinnkrise

Was wirklich Not täte, liegt auf der Hand: Es braucht energische Maßnahmen, nicht nur in den Reihen der Politik. Es braucht den viel beschworenen Gründergeist, frische Aufbruchsstimmung und einen kühnen Blick über den Tellerrand. Kurz: Es ist die Stunde der Visionäre vom Schlag einer Bertha Benz oder eines Nikolaus August Otto. An deren Entschlossenheit könnten sich Zeitgenossen wie Matthias Wissmann, Dieter Zetsche und Jean Todt ein Beispiel nehmen.

Der eine, Wissmann, steht dem Verband der deutschen Automobilindustrie (VDA) vor. Der andere, Zetsche, vertritt als Daimler-Chef den europäischen Herstellerverband ACEA. Zusammen mit Todt - dem Präsidenten der Federation Internationale de l'Automobil (FIA) und damit qua Beruf zuständig für den internationalen Automobilsport - haben diese Herren genügend Schwungmasse, um einen ganz neuen Entwicklungsmotor für das Auto der Zukunft in Bewegung zu setzen: Die Ergänzung der Formel 1 um eine "Formel Elektro" - die neue Königsklasse des Rennsports.

Michael Schumacher, der in einem Hightech-Boliden mit Mercedes GP erster abgasfreier Weltmeister wird? Warum eigentlich nicht?

Quelle: ntv.de

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