Kolumnen

Per Saldo Spenden – aber richtig

Angesichts der Bilder aus Japan wächst weltweit die Spendenbereitschaft. Das ist zwar schön und gut. Doch Geld ist für Japan derzeit das geringste Problem. Anderswo wird es viel dringender gebraucht.

Die Stadt Rikuzentakata wurde von dem Beben und dem Tsunami heimgesucht.

Die Stadt Rikuzentakata wurde von dem Beben und dem Tsunami heimgesucht.

(Foto: REUTERS)

Die Bilder aus Japan sind fürchterlich. Viele, die diese Bilder sehen, wollen etwas für die leidgeprüften Menschen tun. Aber was? Sie entschließen sich, zu spenden. Das liegt ja auch nah, denn nicht nur das Rote Kreuz oder der Bundespräsident rufen zu Spenden auf, auch zahlreiche Promis stimmen in den Chor ein - von Tokio Hotel bis Yoko Ono, von Lady Gaga bis Shakira.

Das ist gut gemeint, aber häufig sinnlos – zumindest wenn man vorrangig Gutes tun möchte und nicht lediglich seiner Betroffenheit Ausdruck verleihen will. So bietet Popsängerin Lady Gaga auf ihrer Website Armbänder für fünf Dollar an. Der Erlös soll den Erdbebenopfern zugutekommen. Das Armband trägt den Schriftzug "Wir beten für Japan". Und Charlie Sheen, frisch gefeuerter Schauspieler, verspricht, einen Dollar von jeder verkauften Eintrittskarte seiner Live-Tournee für die Erdbebenopfer zu spenden.

Das klingt entweder nach Aktionismus oder nach Selbst-Marketing. Schön und gut, könnte man einwenden, das ist immer noch besser als gar nichts. Das ist zweifellos richtig, doch kann man mit seinem Geld wirklich Sinnvolleres tun. Beispielsweise eine großzügige Spende direkt an Hilfsorganisationen überweisen.

Zweckgebundene Spenden

Leider sind viele dieser Spenden zweckgebunden. Es ist immer das gleiche Phänomen: Gibt es spektakuläre Fernsehbilder, fließt Geld "für Haiti" oder eben für "Japan". Schließlich soll ja das Leid gelindert werden, das die Nachrichten dominiert.

Das ist zwar nachvollziehbar, stellt Hilfsorganisationen aber vor ein großes Problem: Sie haben plötzlich viel zweckgebundenes Geld auf dem Konto, das sie nicht immer sinnvoll ausgeben können. Ärgerlicherweise dürfen sie damit aber nicht den zahllosen anderen Menschen helfen, die in einer heimgesuchten Region hungern, Epidemien ausgesetzt sind oder unter fürchterlichen Kriegen leiden.

Ärzte ohne Grenzen bringt es auf den Punkt: "Momentan können wir noch nicht abschätzen, in welchem Umfang humanitäre Hilfeleistungen (…) vor Ort notwendig und möglich sind. Aus diesem Grund bitten wir von zweckgebundenen Spenden für Japan zu diesem Zeitpunkt abzusehen", heißt es auf der Internetseite. Spenden, die nicht zweckgebunden sind, seien natürlich willkommen. Denn diese ermöglichen, im akuten Notfall schnell und flexibel zu reagieren - in Japan oder anderen Krisen.

Doch es gibt wie bei dem Erdbeben in Haiti viele Organisationen mit gutem Willen, die allerdings nur wenig ausrichten können. So zog eine bayerische Hilfsorganisation am Montag ihre fünf Helfer aus Japan aus Sorge vor einer Nuklearkatastrophe ab. Die drei Ärzte und zwei Koordinatoren waren am Freitag nach Tokio geflogen. Dort konnten die Helfer allerdings nichts ausrichten – wegen der zerstörten Infrastruktur saß das Team am Flughafen fest, zum Einsatz kam es nicht.

Vergessene Konflikte

In Japan kommt hinzu, dass es sich um eine hochentwickelte, reiche, gut organisierte Industrienation handelt. Japan ist die drittgrößte Wirtschaftsmacht. Geld ist dort derzeit das geringste Problem.

In anderen Teilen der Welt sieht das anders aus. Dort leiden Menschen unbeachtet von der Weltöffentlichkeit. Bürgerkriege oder Hungersnöte ziehen sich hin, sie gibt es schon so lange und sie sind uns ziemlich egal, da sie in den Nachrichten nicht stattfinden. Vor diesem Hintergrund ist es selbstverständlich richtig, großzügig zu spenden. Allerdings sollte man sein Geld Hilfsorganisationen überweisen, die es nützlich einsetzen können.

In Japan scheint das derzeit nicht immer der Fall zu sein. Das muss auch ein deutsches Unternehmen einsehen, das für den Wiederaufbau einen "nennenswerten" Betrag bereitstellt. "Wie das Geld sinnvoll eingesetzt werden kann, ist im Moment schwierig zu sagen, da die Lage vor Ort sehr unklar ist", teilt es mit. Man stehe in Kontakt mit deutschen Hilfsorganisationen, doch die könnten derzeit auch nicht viel sagen.

Außerhalb Japans gibt es zahllose Projekte, die auf jeden Euro angewiesen sind.

Quelle: ntv.de

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