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Per Saldo Entmachtet die Agenturen!

Macht kaputt, was Euch kaputt macht, forderten schon "Ton Steine Scherben". Es wird Zeit, dass sich Europas Banken und Politiker diesen Appell der legendären Berliner Band zu Herzen nehmen und handeln: Die drei großen US-Ratingagenturen gehören entmachtet. Und zwar ganz schnell.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Beißender Rauch. Abgekämpfte Feuerwehrmänner versuchen verzweifelt, die verheerenden Waldbrände unter Kontrolle zu bringen. Flammen, soweit das Auge reicht. "Was sollen wir nur tun?", fragen sie sich müde. "Und warum hält der blöde Kerl nicht einfach mal die Klappe?"

Besagte Nervensäge stapft missmutig durch die Gegend, fuchtelt mit den Armen, quengelt ohne Unterlass und weist ständig ungefragt darauf hin, dass es die Feuerwehrleute sowieso nicht packen. Egal, ob sie Löschflugzeuge anfordern, Schneisen schlagen oder mit neuartiger Technik anrücken. "Bringt alles nichts. Könnt ihr vergessen", schlaumeiert dieser Anzugträger.

So stellt sich die Lage diesen Sommer in der Eurozone dar. Der Währungsunion droht der Zusammenbruch. Und als ob die Rettung nicht schon schwierig genug wäre, geben sich die drei großen US-Ratingagenturen alle nur erdenkliche Mühe, jeden einzelnen Versuch zu sabotieren. Was nicht bei drei auf den Bäumen ist, wird abgestuft.

Geballte Kompetenz

Nun stellt sich natürlich die Frage, warum man die Damen und Herren nicht einfach ignoriert. Doch statt die Ohren auf Durchzug zu stellen, starren Regierungschefs und Finanzminister auf die Agenturen wie das Kaninchen auf die Schlange. Warum eigentlich?

Wie viel geballte Kompetenz, Weitsicht und Urteilsvermögen die sogenannten Experten dieser Agenturen besitzen, sollte spätestens seit der Finanzkrise bekannt sein. Die gut bezahlten Herrschaften gaben damals selbst hochgiftigen Finanzkonstruktionen Top-Bewertungen und stellten damit eindrucksvoll ihre Existenzberechtigung unter Beweis.

Nun, wo sich der Rauch verzogen hat und die Trümmer zur Seite geräumt sind, haben sie ein neues Betätigungsfeld gefunden: die Eurozone. Und wie damals basieren die Urteile dieser interessengeleiteten, gewinnorientierten US-Unternehmen auch heute nur auf allgemein zugänglichen Informationen, die jeder andere auch im Internet oder in der Zeitung finden kann. Die selbsternannten Bonitätswächter wissen nicht mehr als du und ich.

Bedauerlicherweise hören aber Banken und Versicherungen dennoch auf deren Urteile. Es ist deshalb keine schlechte Idee, endlich eine Alternative zu schaffen. Es gibt andere Instrumente, um die Kreditwürdigkeit von Unternehmen oder Staaten zu beurteilen. Sollen doch Banken und Versicherungen ein eigenständiges Rating einführen und ihr System durch staatliche Finanzaufsichten überprüfen lassen.

Das kostet zwar Geld, hätte aber einen unschätzbaren Vorteil: Man könnte das selbstherrliche Gerede von Moody's, S&P und Fitch ignorieren und sich in Ruhe darum kümmern, die Eurozone zu retten.

Es pressiert nämlich ein bisschen.

Quelle: ntv.de

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