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Wohin mit dem Geld? Das Wort "Weltspartag" verliert seine Bedeutung

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(Foto: imago/CHROMORANGE)

Wer Kindern ein Sparschwein oder ein Sparbuch schenkt, will ihnen eine Freude machen. Doch häufig wird damit der Grundstein für einen falschen Umgang mit Geld gelegt. Denn man solle investieren, rät Vermögensverwalter Markus Zschaber.

Wie jedes Jahr, so wird der heutige Tag in Andenken an die Initiatoren besonders gewürdigt, denn es ist in der Tat genau 90 Jahre her, dass 29 Ländervertreter in Italien, den "Weltspartag" ins Leben riefen. Nun kann man sicherlich sagen, dass auch schon damals der Grundgedanke, etwas Geld beiseite zu legen, als sehr wichtig eingestuft wurde und diese Vorgehensweise sich in der Vergangenheit sicherlich bewährt hat, obwohl man auch anmerken sollte, dass die ersten 20 Jahre nach der Erfindung des "Weltspartags", auf Grund der damaligen Weltwirtschaftskrise, die im Jahr 1929 nach den goldenen Zwanzigern begann, sich nicht die Möglichkeit angeboten hatte, kontinuierlich Vermögen zu sparen und aufzubauen!

Aber, spätestens Anfang der Fünfzigerjahre, mit einer neuen und festen Währung, der "DMark" und einem startenden Wirtschaftswunder, wurde diesem besonderen Tage, dem "Weltspartag" wieder Leben eingehaucht. Hohe Zinsen, steigende Einkommen und auch für Familie die Wiedereinführung des Kindergeldes, sorgten für wahre Freudschübe, denn regelmäßiges Ansparen bzw. Sparen bedeutete, mit einem gewissen Teil am Wirtschaftsaufschwung teilzunehmen - und so kam es, dass dieser Tag ein fester Bestandteil zum Zwecke der Finanzerziehung der nachwachsenden Generationen wurde.

Jedes Kind freute sich fast seit fünf Jahrzehnten auf den Tag, an dem es mit seinen Eltern das prall gefüllte Sparschwein von seiner örtlichen Sparkasse, eben zu dieser brachte, damit es dann geöffnet wurde und in Kinderaugen sich ein "Regen aus Gold" ergoss. Es sind, wenn man ehrlich ist und in sich hineinhorcht, schöne Erinnerungen und natürlich auch die erste Begegnungen in unserem Leben mit dem Thema "Geld" und natürlich fragen auch die Kinder Ihre Eltern, was man dafür wohl bekommen würde!

Sicherlich ist in Kinderaugen die Quantität im Vordergrund, wie soll man auch wissen, wieviel Wert sich hinter den kleinen blitzenden Münzen verbirgt ! Mit gutem Gewissen konnten die Eltern dann beruhigend den Kindern mitteilen, dass das Geld nun sicher bei der Bank verwahrt wird und jedes Jahr, wenn man fleißig weiterspart, sich das Geld automatisch vermehren würde, denn es gäbe ja Zinsen für das eingebrachte Kapital.

Dr. Markus C. Zschaber

Dr. Markus C. Zschaber

Dass ist sicherlich schwer verständlich für die Kinder, denn sie bringen ein schweres, gefülltes Sparschwein zur Bank, leeren es dort, verabschieden sich von all den kleinen goldenen und glitzernden Münzen, die übers Jahr hinweg hineingesteckt worden sind, bei Omas und Opas Besuch, bei Geburtstagen und Weihnachtsfesten und natürlich bei vorausschauenden Eltern, vielleicht auch ein kleiner Teil des Kindergeldes!!

Da gehört schon viel Mut und Vertrauen dazu, auch als Kind, dann ein kleines Büchlein, genannt Sparbuch, entgegen zu nehmen, welches den soeben aus dem geöffneten Sparschein entstandenen Geldbetrag dort als Gutschrift führt!

Und sind wir doch einmal ehrlich, wenn es nach uns Kindern, zumindest damals gegangen wäre, gern haben wir die kleinen Münzchen nicht abgegeben! Vielleicht auch mit kindlichem Wissen, dennoch auch aus heutiger Sicht, eben nach der Finanzkrise 2008, mit sehr viel Wahrheit in der Annahme - ob ich denn mein Geld je zurück bekommen werde!!

Natürlich war es verlockend, wenn dann die Eltern sagten, es wird mehr - warte nur ab, ohne etwas zu tun wird es mehr Geld, in kindlichen Augen sozusagen, ohne etwas zu tun mehr blinkende Münzen – dass war doch ein guter Deal als Kind!!

Es hat Jahre funktioniert, denn der "Weltspartag" lohnte sich genau bis zu dem Zeitpunkt, wo der Sparzins so attraktiv war, dass sowohl das Geld sich vermehrte und es tatsächlich gelang Vermögen aufzubauen als auch etwaige Effekte wie Inflation ausgeglichen worden sind – diese Zeiten sind leider vorbei, denn heute haben wir auf lange lange Sicht ein Niedrigzinsniveau, geschuldet der Finanz-, Weltwirtschafts- und Eurokrise, beginnend im Jahr 2008.

Wie sieht es denn jetzt für unsere Sparer und Kinder aus? Ernüchternd wird man feststellen, dass der Sparzins unter 0,5 % p.a. liegen wird, dennoch nehmen wir in unserem Beispiel einmal an, dass er bei 1 % p.a. liegen würde:

Beispiel 1:

Stellen Sie sich vor, zur Geburt Ihres Kindes hätten Sie einmalig 100 Euro "gespart" (01.11.1996 bis 31.10.2014)

Einzahlungen: 100 €

Entwicklung Festgeld: 119 € (1,00 % / p.a.) + 19 % Wertzuwachs

(über die gesamte Laufzeit)

 

Stellen Sie sich nun vor, bei gleicher Laufzeit und gleichem Zeitraum hätten Sie eine Alternative gewählt, nämlich "investiert"

Entwicklung MSCI AC World: 373 € (7,62 % / p.a.) + 273 % Wertzuwachs

(über die gesamte Laufzeit)

 

Beispiel 2:

Und jetzt stellen Sie sich vor, ab der Geburt Ihres Kindes hätten Sie monatlich 50 Euro für ihr Kind "gespart" (01.11.1996 bis 31.10.2014)

Einzahlungen: 10.800 €

Entwicklung Festgeld:11.832 € (1,00 % / p.a.) + 9,55 % Wertzuwachs

(über die gesamte Laufzeit)

 

Stellen Sie sich nun vor, bei gleicher Laufzeit und gleichem Zeitraum hätten Sie eine Alternative gewählt, nämlich "investiert" !

Entwicklung MSCI AC World: 22.550 € (7,62 % / p.a.) + 108,79 % Wertzuwachs

(über die gesamte Laufzeit)

Quelle: V.M.Z. GmbH

(Festgeld = durchschnittlich über Anlagezeitraum)

(MSCI AC World = globaler Performance-Aktienindex)

 

Ja, Sie werden schnell feststellen, nur einem Wort ist es geschuldet, ob sich Ihr Geld vermehrt oder nicht, es geht um "gespart" oder "investiert" !

Doch was bedeutet dieses?

Wenn ich etwas "spare" beispielsweise bei meiner Bank auf dem Sparbuch oder das Festgeld, dann entwickelt sich das Geld, je nach dem aktuellen Zins und vermehrt sich über Jahre mit dem Zinseszinseffekt. Dieses ist die in Deutschland die üblichste Variante, wenn man an Sparen und Vermögensaufbau denkt. Die Frage ist nur, schafft man wirklich Vermögen?

Wenn ich in etwas "investiere", dann stelle ich beispielsweise mein Geld einem Unternehmen zur Verfügung, eventuell über eine Aktienbeteiligung. Somit verschaffe ich gemeinsam mit vielen Aktionären dem Unternehmen die Möglichkeit, dass dort investiert wird, in Produktionsmaschinen, in die Entwicklung, in die Fertigung von Produkten, in die Schaffung von Arbeitsplätzen und in Wachstum – und daran bin ich dann als Aktionär beteiligt, zumal ich auch die Produkte des Unternehmens kenne und nutze!

Nun stellt sich erneut die Frage, warum gibt es diese Unterschiede, wenn es so einfach und plausibel ist? Was läuft falsch bei dem Gedanken an die richtige Geldanlage? Das Problem liegt in den Köpfen der Deutschen. Hier gibt es einen klaren Zusammenhang zwischen dem Umgang mit Risiko und dem Umgang mit Geld. Fast 90 Prozent scheuen das Risiko, damit aber auch die Chance auf Ertrag und dass ist sehr erstaunlich. Die Deutschen sind als Kultur höchst risikoscheu, sie wollen hohe Rendite bei Null Risiko – also mit Vollkasko.

Dieses ist im Übrigen in den USA, in England, aber auch schon in europäischen Nachbarländern ganz anders, dort assoziiert man Risiko viel stärker mit Chance und ist mutiger. Diesen Mut, den bräuchten wir aber heute so dringend, wo es doch verstärkt darum geht, sich selbst um sein Geld, seine Finanzen, sein Vermögen oder auch seine Altersversorgung zu kümmern und was machen wir stattdessen ?

Wenn wir auf die Zahlen schauen, dann preisen sich die Volks- und Raiffeisenbanken derzeit damit, dass die Bürger im Jahr 2013 ca. 270 Milliarden Euro an Sparvermögen aufbrachten und davon knapp 216 Milliarden in die Geldanlage investiert wurde. Und, als wenn wir es nicht geahnt hätten, als Geldanlage wird beim überwiegenden Teil an folgende gedacht: "Die Deutschen setzen weiterhin auf sicher angelegte und schnell verfügbare Ersparnisse", heißt es in einer repräsentativen Studie des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes in Berlin. Weiterhin, wie in den Vorjahren, erklären mehr als 90 Prozent der Befragten, dass ihnen die Sicherheit "wichtig" oder "sehr wichtig" ist!

Aus unserer Sicht hat diese Vorgehensweise nicht nur einen Gedankenfehler, sondern gleich mehrere und zwar gravierende. Wir befinden uns nach der Euro- und Finanzkrise sowohl jetzt als auch für die kommenden Jahre in einer "Niedrigzinsphase". Dieses bedeutet für den Sparer, er bekommt kaum noch Zinsen für sein "Erspartes" und das wird sich lange nicht ändern. Nun kommt noch etwas dazu, über das nicht gern gesprochen wird, nämlich das Thema Inflation. Um es besser einschätzen zu können möchten wir folgende Aussage tätigen:

Um tatsächlich Vermögen aufzubauen, muss der durchschnittliche, mittelfristige Zins oder auch die Wertentwicklung jährlich mindestens 100 Prozent höher sein als die Inflation (bezogen auf die Niedrigzinsphasen).

Inflation bedeutet nämlich Kaufkraftverlust, also ohne dass die Sparer etwas merken, erhalten sie weniger beispielsweise an Produkten, Dienstleistungen usw. für ihr Geld. Dass eine höhere Inflation auch zeitweise staatlich sogar gewünscht wird, kann unter Umständen mit dem Schuldenabbau zusammen hängen, darüber kann sich jeder selbst informieren, die USA hat es bereits mehrmals so forciert.

Für ein oder zwei Jahre niedrige Zinsen und eine höhere Inflation mag noch nicht irritierend sein, aber gehen wir einmal davon aus, die Zinsen bleiben die kommenden 5 Jahren niedrig und die Inflation steigt!

Derzeit: Die Verzinsung der meisten Sparbücher liegt unterhalb der Inflationsrate von durchschnittlich 2,3 Prozent. Zwar nimmt der Sparbetrag durch die Zinsen von ca. 1 % zu, doch die reale Kaufkraft sinkt. Wer also 10.000 Euro für ein Jahr auf dem Sparbuch anlegt, kann nach Ablauf von 12 Monaten auf dem Sparbuch den Nominalwert von 10.000 Euro + 100 Euro (vor Steuern) sehen. In der gleichen Zeit ist der Realwert des Geldes durch die Inflation aber um 2,3 % gesunken, die Kaufkraft hat sich also um 230 Euro verringert.

Trotz der Zinseinnahmen hat sich unter dem Strich das Vermögen um 130 Euro verringert.

Dazu kommt noch, dass gerade die Deutschen in diesem Jahr erneut ein Rekordvermögen im Bereich der privaten Haushalte aufgebaut haben, nämlich sage und schreibe 5.200 Milliarden Euro von denen hier gesprochen wird. Schmunzelnderweise kann man aber auch hier wieder das alte Muster erkennen, Sparbuchanlagen sind gestiegen, Aktienanlagen wurden verkauft!

Wie können wir nun diesen Kreislauf durchbrechen? Denn es scheint, dass hier ganz große Wissenslücken entstanden sind!

Ja, es fängt dann doch schon bei den Kindern an, denn dort kann das Wissen noch aufgebaut werden, über die nächsten Generationen, welches benötigt wird, um beispielsweise gute Investitionen zu tätigen!

Es ist nichts schlimmes, wenn wir über Geld und die damit verbundenen Möglichkeiten sprechen. Es ist sinnvoll, wenn in Unternehmen investiert wird, deren Produkte wir kennen und auch überzeugt davon sind und damit den Kreislauf der Wirtschaft stimulieren.

Vielleicht wird es Zeit, den "Weltspartag" in den "Weltinvestitionstag" umzutaufen !

 

Dr. Markus C. Zschaber ist geschäftsführender Gesellschafter der "V.M.Z Vermögensverwaltungs-gesellschaft" (www.zschaber.de) und gibt seit mittlerweile 17 Jahren regelmäßig Interviews beim Nachrichtensender n-tv. Gemeinsam mit dem Nachrichtensender n-tv veröffentlicht er ebenfalls monatlich mit seinem "Institut für Kapitalmarktanalyse" (www.kapitalmarktanalyse.com) die Konjunkturbarometer "Welt-Index" und "Welt-Handelsindex".

Quelle: ntv.de

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