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Mega-Fonds reizt die USA Pimco geht ins Risiko

(Foto: REUTERS)

Ein Rentenfonds-Manager wettet in aller Öffentlichkeit auf einen Kursverfall bei US-Staatsanleihen. Washington muss hilflos zusehen, wie sich die Stimmung am Kapitalmarkt gegen die weltgrößte Volkswirtschaft wendet. Wem nützt das?

"Alles, was sie über Geldanlegen gehört haben, ist falsch": William "Bill" Gross.

"Alles, was sie über Geldanlegen gehört haben, ist falsch": William "Bill" Gross.

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Ein Rentenfonds trennt sich von einem Bündel Staatsanleihen und spekuliert auf einen weiteren Wertverfall - das ist so weit alltäglich und eigentlich wenig bemerkenswert, wären da nicht diese Namen, die jeden Anleger elektrisieren: Pimco und USA.

Was ist passiert? Der weltgrößte Investor am Anleihenmarkt, der Rentenfonds "Pimco Total Return Fund", hat seine Bestände an US-Bonds bereits Anfang März in einem viel beachteten Schritt komplett abgestoßen. Jetzt gaben Pimco-Gründer William "Bill" Gross und Fonds-Chef Mohamed El-Erian bekannt, dass sie in nicht unerheblichem Umfang auf ein baldiges Übergreifen der Schuldenkrise auf die Vereinigten Staaten spekulieren.

Mehr Einfluss als Bernanke

Dass dahinter nicht einfach nur eine gewöhnliche Meinung steht, zeigen schon allein die nackten Zahlen: Die weitgehend eigenständig handelnde Tochter des deutschen Versicherungskonzerns Allianz verwaltet das gewaltige Volumen von rund 1,3 Billionen US-Dollar, umgerechnet rund 930 Mrd. Euro. Den Wert der im März verkauften Schuldenpapiere aus den USA wird auf 237 Mrd. Dollar beziffert. Das alleine ist mehr als ein Drittel der 600 Mrd. schweren Schwungmasse, die Fed-Chef Bernanke im Rahmen von " " zur Stützung der US-Konjunktur einsetzen kann. Wenn Pimco spricht, horcht die Welt auf.

"Wenn Märkte kollidieren": Mohamed El-Erian.

"Wenn Märkte kollidieren": Mohamed El-Erian.

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Marktteilnehmer, die über ein solches Gewicht verfügen, müssen sich bewusst sein, dass sie nicht nur auf Bewegungen reagieren, sondern selbst auch bewegen. Aus diesem Grund tritt der norwegische Staatsfonds zum Beispiel betont behutsam auf. Die Verwalter des knapp 400 Mrd. Euro schweren Fonds, in dem Oslo seine Überschüsse aus dem Ölreichtum anlegt, kaufen und verkaufen nach selbst auferlegten Richtlinien nur kleine Tranchen. Die Norweger bemühen sich um Verantwortungsbewusstsein und Markt-Neutralität. Sie wollen den Markt nicht bewegen.

Pimco kümmert das offenbar nicht. Der studierte Psychologe Gross, Autor von Buchtiteln wie "Alles, was sie über Geldanlegen gehört haben, ist falsch", versucht nicht einmal, den Anschein von Marktneutralität zu erwecken. Die großen Weichenstellungen fallen bei ihm demonstrativ auf der großen Bühne, meist flankiert durch schneidende Kommentare. Das Ausmaß der amerikanischen Staatsverschuldung kritisiert er seit Monaten. Auch die Rettungsbemühungen von Fed-Chef Ben Bernanke, die amerikanische Wirtschaft durch den großzügigen Einkauf von US-Staatsanleihen zu stützen, gefallen Pimco gar nicht.

Börse Mexico: Ein Vorbild für die USA?

Börse Mexico: Ein Vorbild für die USA?

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Dabei steht es dem Pimco-Gründer und seinem Fonds-Manager selbstverständlich vollkommen frei, ihre Meinung zu äußern. Gross und El-Erian gelten als überaus erfahren, scharfsichtig und gut informiert. Zudem umgibt sie die Aura des außergewöhnlichen Erfolgs: Sie haben in den vergangenen Jahrzehnten mehr als nur einen guten Riecher bewiesen. Die Rendite ihres Fonds bewegt sich im langjährigen Durchschnitt um die 8 Prozent. Problematisch wird es nur, wenn sie tatsächlich den Markt mit voller Absicht in eine bestimmte Richtung lenken wollten, wie Pimco-Kritiker bereits vermuten. Pimco muss sich - im Gegensatz zur Regierung in Washington - nicht an das Wohlergehen der Bevölkerung gebunden fühlen. Pimco gehorcht allein der Logik der Rendite.

Ein kostenloser Tipp für Anleger?

Mit ihrer Wette gegen den Kurs von US-Staatsanleihen nehmen sie es mit einem hilflosen Riesen auf: Finanziell stehen die USA mit dem Rücken an der Wand, und der promovierte Oxford-Ökonom El-Erian weiß, dass in niemand widersprechen kann, wenn er feststellt, dass die USA "unter den Konsequenzen einer mehrfachen Überschuldung" leiden. Weit ins Risiko geht Pimco damit nicht: Alles, was die US-Finanzen vor einem Debakel rettet, sind die Stellung der USA im Finanzmarkt, die Fed mit ihren niedrigen Zinsen und das große Vertrauen der Anleger.

Raus aus dem Dollar?

Raus aus dem Dollar?

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Gegen betont laute Meinungsäußerungen im Markt kennt der Staat bislang keinerlei Handhabe. Dabei spielt es keine Rolle, aus welcher Richtung diese Rufe kommen: ob von einer Investment-Legende wie George Soros - "dem Mann, der die Bank of England knackte" -, von den Ratingagenturen, die mit dem Entzug der plakativen Bestnote "AAA" drohen, von einer aufstrebenden Wirtschaftsmacht wie China oder eben von einem mächtigen Rentenfonds, der den USA sein Vertrauen entzieht.

Parallel zu seiner spektakulären Bond-Wette rät Pimco-Gründer Gross allen Anlegern, sich nach einem Ausstieg aus langlaufenden US-Bonds lieber Unternehmensanleihen aus Schwellenländern zuzuwenden oder Anleihen von Staaten zu suchen, "die vernünftig handeln". Gross nennt Kanada, Brasilien und Mexico. In jedem Fall aber sollten Anleger ihr Dollar-Risiko verringern.

Mit seinen Worten beweist Gross entweder erneut den richtigen Riecher und sagt eine unabwendbare Entwicklung weitblickend und uneigennützig vorher - oder aber er setzt eine selbsterfüllende Prophezeiung in die Welt, bei der es nur einen großen Gewinner geben kann: den weltgrößten Rentenfonds "Pimco Total Return".

Quelle: ntv.de

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