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Raimund Brichta Dax am Ziel - jetzt Sturzgefahr!

Raimund Brichta, n-tv Telebörse

Raimund Brichta, n-tv Telebörse

(Foto: n-tv)

Dax
Dax 17.766,39

Es ist geschafft! Der Dax ist an der Zielmarke angekommen, die ich ihm vor etwa einem Jahr gesteckt hatte (Kolumne vom 24. Februar 2012). Zugegeben, es freut mich sehr, meine jährliche Zielvorgabe nun schon zum sechsten Mal in den vergangenen acht Jahren bestätigt zu sehen. Zumal sich dieses Mal sogar der Verlauf ziemlich genau voraussehen ließ, als ich vor einem Jahr schrieb:

"Nach der Aufholjagd der letzten Monate ist der Dax erst einmal wieder reif für eine Korrektur, also für eine Gegenbewegung nach unten. Allerdings hat er sich inzwischen schon wieder so weit vorgearbeitet, dass er selbst einen kräftigen Rückschlag schadlos überstehen könnte." Und tatsächlich kam es schon bald darauf zu diesem kräftigen Rückschlag um 1.000 auf 6.000 Punkte. Als dann aber - es war Anfang Juni des letzten Jahres - die Stimmung an der Börse wieder so schlecht war, dass kaum noch jemand an steigende Kurse glauben wollte, sah ich die Zeit gekommen für die erneute Wende nach oben.

Die Börsenstimmung war damals stark angeschlagen und meine positiven Einschätzungen stießen auf heftigen Widerspruch. Aber genau dies war ein gutes Zeichen. Denn die Erfahrung zeigt, dass an der Börse die Wende nach oben in der Regel dann nicht mehr weit ist, wenn kaum noch jemand an einen solchen Umschwung glaubt.

Wie geht es weiter?

Soweit der Blick zurück. Nun darf man sich auf seinen Erfolgen natürlich nicht ausruhen, sondern muss an der Börse stets auch die Herausforderung einer neuen Prognose annehmen. Hier also meine Sicht nach vorne: Vermutlich wird der Dax noch etwas steigen und seinen alten Rekord leicht übertreffen, aber das dürfte es dann gewesen sein. Mehr scheint mir nicht drin zu sein - vor allem noch kein nachhaltiger Ausbruch nach oben. Denn dieser hätte so weitreichende Konsequenzen, dass ich daran derzeit noch nicht ernsthaft glaube. Im Klartext: Ein nachhaltiger Ausbruch - darunter verstehe ich einen Anstieg auf 8.500 bis 8.800 Punkte - wäre das Signal für einen neuen langfristigen Börsenaufschwung, der den Dax im Lauf der darauf folgenden Jahre bis weit in den fünfstelligen Bereich bugsieren dürfte. Aber dafür ist die Zeit meiner Einschätzung nach noch nicht reif.

Zur Begründung lohnt sich erneut ein Blick in die Vergangenheit: Denn wenn man den Kursverlauf des deutschen Aktienmarktes zurückverfolgt, erkennt man, wie er sich in ganz langfristigen Zyklen bewegt. So ging es nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs steil bergauf bis Anfang der 60er Jahre. Danach folgte - quasi zum Verschnaufen nach dieser Klettertour - eine etwa 20-jährige Phase, in der es in Wellenbewegungen nur noch hoch und runter ging, ohne dass die Kurse auf neue Höchststände stiegen. Erst Anfang der 80er Jahre schloss sich daran wieder ein fulminanter Aufschwung an, der erneut zwei Jahrzehnte dauerte und in dem sich der Dax von rund 1.000 auf gut 8.000 Punkte verachtfachte.

Was danach kam, wissen Sie: Seit Anfang 2000 läuft die Börse erneut lediglich im Auf und Ab des Wellenmodus, der keine neuen Höchststände bringt. Und das ist auch gut so, denn schließlich muss die vorangegangene Klettertour wieder verdaut werden - genauso wie damals. Ob das Verschnaufen erneut 20 Jahre dauern muss wie in den 60er und 70er Jahren, sei einmal dahingestellt. Aber die 13 Jahre, die bis jetzt zurückgelegt sind, erscheinen mir unter dem Zyklenaspekt nicht auszureichen, um schon jetzt zum nächsten großen Aufschwung zu blasen. Zumal auch die Faustregel gilt: Je länger die Verschnaufpause dauert, desto stärker fällt anschließend der Anstieg aus. Bis es also soweit ist, dürfte der Dax noch ein paar Jahre brauchen - wir sollten ihm die Zeit gönnen. Beim nächsten oder übernächsten Anlauf wird er den Ausbruch dann bestimmt schaffen, meint Ihr

Raimund Brichta

P.S. Um Missverständnissen vorzubeugen: Ja, ich rechne im Lauf des Jahres mit deutlich fallenden Kursen! Die jüngsten Kursschwankungen interpretiere ich bereits als Zeichen dafür, dass wir uns in einer Phase befinden, in der die sogenannten starken Hände verkaufen, jene Anleger also, die zu viel tieferen Schnäppchenkursen eingestiegen sind. Damit wechseln die Aktien in die eher schwachen Hände jener Anleger über, die dem Markt jetzt noch hinterherzulaufen versuchen. Welcher Anlass letztlich der Auslöser für den erwarteten Abschwung sein wird, ist unerheblich. Denkbare Anlässe dafür gibt es jedenfalls viele.

Quelle: ntv.de

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