Kolumnen

Inside Wall Street Eine Wall-Street-Weihnacht

Die bereits heiß ersehnte Weihnachtsrally scheint in Gang gekommen zu sein. Das lassen zumindest die jüngsten kräftigen Kursaufschläge an Wall Street vermuten.

Die bereits heiß ersehnte Weihnachtsrally scheint in Gang gekommen zu sein. Das lassen zumindest die jüngsten kräftigen Kursaufschläge an Wall Street vermuten.

(Foto: REUTERS)

In New York mag es bitterkalt sein, aber angesichts der jüngsten Börsen-Rallye wird zumindest Anlegern warm ums Herz. Banker genießen dieses Jahr im Stillen. Zugunsten einer besseren Außenwirkung fallen die Weihnachtsfeiern mager aus. Hinter den Kulissen gibt es dafür dicke Boni.

Weihnachten und die Wall Street ist in Festtagsstimmung: Fast 1000 Punkte hat sich der Dow-Jones-Index seit Ende November nach oben katapultiert – eine Santa-Claus-Rallye? Wohl eher weniger. Es bleibt volatil an den Märkten, doch das soll die Stimmung nicht trüben.

Banker können dank üppiger Bonuszahlungen weiter auf großen Fuße leben.

Banker können dank üppiger Bonuszahlungen weiter auf großen Fuße leben.

(Foto: REUTERS)

Der weihnachtlichen Aura kann man dieser Tage in der Tat kaum entgehen: An jedem U-Bahn-Schacht stehen die Sammler der Heilsarmee und bimmeln Weihnachtslieder, die Fenster im Einzelhandel sind festlich dekoriert und dank margenerschütternder Schnäppchen drängen sich auch in der Krise Kunden mit dicken Einkaufstaschen durch die Gänge. Vor der New York Stock Exchange steht ein gewaltiger Weihnachtsbaum mit dicken, bunten Kugeln...ach, schön ist's: Weihnachten in New York.

Und doch fehlt so manches. Wer schon länger im Geschäft ist und das Finanzviertel kennt, erinnert sich an Zeiten, an denen nicht nur Weihnachtsbäume vom nahenden Fest kündigten, sondern vor allem überschwängliche Parties mit lauten DJs, hämmernden Bässen und Martini-Bars. Die sucht man derzeit vergeblich. Zur Weihnachtsparty der Nyse erschien vor ein paar Jahren noch Aretha Franklin, in diesem Jahr kam nur noch das wesentlich billigere Pop-Sternchen Aaron Carter vorbei. Bei Goldman Sachs traten vor der Krise Bette Midler und Harry Connick Jr. auf, in diesem Jahr fiel die Xmas-Sause zum dritten Mal in Folge aus. Ebenso bei Morgan Stanley, wo man 2007 noch mehrere Etagen des damaligen Szene-Nightclubs "Lotus" belagerte.

Soll doch niemand sagen, die amerikanischen Finanzhäuser hätten aus der Krise nichts gelernt. Eines haben sie mitgenommen: Wer Milliarden verzockt, die Wirtschaft einer Weltmacht an die Wand fährt, sich vom Steuerzahler retten lässt, der sollte nicht allzu laut feiern. Das kommt nicht gut an. Verkauft sich schlecht … die Außenwirkung eben. Man feiert ein wenig kleiner. Bei den Branchenriesen gibt es nur noch innerhalb einiger Abteilungen Parties, und die werden von den Mitarbeitern selbst bezahlt. Die können sich das wohlgemerkt leisten.

Alljährlich grüßen die Banker-Boni

Denn während das Management den Miet-Nikolaus absagt und die Bar schließt, zahlt man sich wieder zig Milliarden an Boni aus. Hinter den Kulissen weihnachtet es, dass es kracht. Das Wall Street Journal berichtet zwar, dass die Sonderzahlungen zum Jahresende um 20 bis 30 Prozent unter dem Niveau des Vorjahres liegen, doch bleiben dem durchschnittlichen Direktor oder Abteilungsleiter noch immer rund 900.000 US-Dollar. Im gehobenen Management liegen die Boni nach wie vor im Millionenbereich.

Dabei floss das Geld im gesamten Jahr 2011 schon ganz gut. Bei den sieben größten amerikanischen Finanzhäusern sind die Gehälter gestiegen, wie unabhängige Umfragen in der Branche zeigen. Rund um die Wall Street sind die Zahlungen um durchschnittluch 3,7 Prozent gestiegen, bei einzelnen Banken noch wesentlich stärker: die Bank of America etwa hat ihre Löhne und Gehälter schon in den ersten drei Quartalen des Jahres um 7 Prozent angehoben – und das während der Aktienkurs unter 5 US-Dollar fiel.

Bei Goldman Sachs, wie immer König der Wall Street, ging der durchschnittliche Angestellte in den ersten neun Monaten des Jahres mit 362.862 US-Dollar nach Hause – zum Vergleich: der Durchschnitts-Ami kam im gleichen Zeitraum auf 26.364 US-Dollar, etwa ein Dreizehntel also. Welchen Betrag der Goldman-Sachs-Weihnachtsmann noch im Sack hat, ist nicht bekannt. Fest steht aber, dass zum Jahresende die Stimmung an der Wall Street nicht besser sein könnte – von der Bewegung der Märkte ist man längst nicht mehr abhängig.

Quelle: ntv.de

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