Kolumnen

Inside Wall Street Der letzte Schrei

Munch-Versteigerung bei Sotheby's: Die wirklich großen Gebote kommen per Telefon.

Munch-Versteigerung bei Sotheby's: Die wirklich großen Gebote kommen per Telefon.

(Foto: Reuters)

In unsicheren Zeiten suchen schwerreiche Anleger Schutz in bewährten Anlageformen: Doch in den New Yorker Auktionshäusern sitzen US-Amerikaner und Europäer längst nicht mehr alleine, schreibt n-tv Korrespondent Lars Halter. Geld aus Asien entdeckt die Kunst.

Der berühmte "Schrei": "Ein Gemälde kann nicht bankrott gehen."

Der berühmte "Schrei": "Ein Gemälde kann nicht bankrott gehen."

(Foto: Reuters)

Es soll ja Leute geben, denen die jüngsten Gewinne am Aktienmarkt suspekt sind. Finanztitel sind außer Rand und Band, Industrie-Aktien klettern trotz schwächelnder Konjunktur, und bei den Hightechs droht sich eine Blase aufzubauen … Viele machen sich Sorgen um die Stabilität der Märkte. Umso mehr erfreut sich eine andere Anlageform für schwerreiche Investoren neuen Interesse: die Kunst.

In New York floss das große Geld in den letzten Tagen in Gemälde, Zeichnungen, Skulpturen. Sämtliche bedeutenden Auktionshäuser haben in dieser Woche mit sensationellen Versteigerungen Schlagzeilen gemacht, allen voran Sotheby's, wo am Vorabend " " von Edvard Munch für fast 120 Mio. Dollar einen neuen Besitzer fand und damit zu einem der teuersten Gemälden aller Zeiten wurde.

In derselben Auktion fanden sich neben dem Munch-Klassiker – übrigens einem von vier Bildern der Serie – auch , Miró, Cezanne, Matisse, Magritte, Schiele und Soutine, die teilweise schon lange vor dem Verkauf auf zweistellige Millionenbeträge taxiert worden waren. Am Vorabend hatte Christie's bereits 22 Klassiker versteigert, darunter ebenfalls Picasso, Cezanne und Monet.

Versteigerungen alter Meister gehören zu den meist beobachteten Auktionen im Kunstsektor, und eine so große Vielfalt weltberühmter Werke gab es seit vielen Jahren nicht.

Das liegt nicht zuletzt an gewaltigen Summen, die vor allem Sammler aus dem asiatischen und arabischen Raum in letzter Zeit in Kunst investiert haben. Rekordbeträge haben manchen Privatsammler veranlasst, sich nach Jahrzehnten von geliebten Werken zu trennen und Kasse zu machen – die Käufer wiederum müssen sich um die weitere Wertsteigerung ihrer Werke keine Sorgen machen. Anhaltend steigende Kurse für die Meister seien nahezu garantiert, heißt es bei Sotheby's.

Kunst-Boom im Weltkrieg

"Vor allem in instabilen Zeiten hat sich Kunst immer als sehr solide und preisstabile Anlageform erwiesen", meint Michael Plummer von Artvest, der nicht zuletzt die Wertentwicklung von Kunstwerken während des Zweiten Weltkriegs kennt. "Die Pariser Kunstmessen in 1942 und 1943, mitten im Krieg, gehörten zu den erfolgreichsten überhaupt."

Und der New Yorker Hedgefond-Manager James Rickards verweist ganz kühl auf eine Besonderheit: "Ein Gemälde kann nicht bankrott gehen." – Will heißen: Kunst ist allemal eine stabilere Geldanlage als etwa Aktien, deren Wert nicht zuletzt von Management und Miss-Management einer Reihe von Vorständen abhängig ist.

Zahlen belegen, dass Kunstwerke langfristig stets starker performt haben als Aktien. Und angesichts der Vermögen, die aus Fernost in westliche Bilder fließen, ist die Lage heute aussichtsreicher als je zuvor. Laut einem Branchenreport von "European Fine Art" hat sich zu einem Schwergewicht in Kunst und Antiquitäten gemausert – allein im laufenden Jahr dürfte die fernöstliche Großmacht auf einen Marktanteil von 30 Prozent kommen.

Rekorde werden auch immer wieder aus dem arabischen Raum gemeldet, zuletzt etwa aus , wo die königliche Familie vor wenigen Wochen 250 Mio. Dollar für Cezannes "Kartenspieler" ausgab – eine frühe Studie dieses Werkes fand sich nun auch in der jüngsten Sotheby's-Versteigerung.

Dominiert wurde die aber ganz klar von Edvard Munch – und manch einem Investor dürfte angesichts der Preisentwicklung letztlich selbst ein "Schrei" über die Lippen gekommen sein.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen