Kolumnen

Inside Wall Street Amis versuchen Verbraucherschutz

Mit kreativen Gebühren und Tricks werden US-Bürger systematisch über den Tisch gezogen. Nun soll eine neue Verbraucherschutzbehörde für die Rechte des kleinen Mannes eintreten.

Wer bei US-Fluggesellschaften seine Bonusmeilen gegen höheren Komfort eintauschen will, muss dafür Bares auf den Tisch legen.

Wer bei US-Fluggesellschaften seine Bonusmeilen gegen höheren Komfort eintauschen will, muss dafür Bares auf den Tisch legen.

(Foto: REUTERS)

Unter den zahlreichen Positionen in der Finanzmarktreform, auf die sich der US-Kongress scheinbar geeinigt hat, ist eine besonders spektakulär: Nach jahrelanger Diskussion soll eine Verbraucherschutzbehörde eingeführt werden – und dafür ist es höchste Zeit. Denn der Verbraucher wird in Amerika von allen Seiten abgezockt, vor allem mittels unerhörter Gebühren.

Es sind die üblichen Verdächtigen, die sich mit neuen Gebühren und ähnlichen Tricks besonders kreativ zeigen: die Banken und die Fluggesellschaften. Beide Branchen haben in den letzten Jahren herbe Einbrüche erlitten, wollten sich über Preisnachlässe attraktiver machen und bessern jetzt die schmalen Margen im Kleingedruckten auf. Dabei lässt man sich manch dreisten Weg einfallen, den ahnungslosen Kunden um ein paar Dollar zu bringen.

Einige Finanzriesen verlangen etwa nicht nur Geld für das Benutzen von Kreditkarten, sondern auch für das Nicht-Benutzen. Wer etwa eine Kreditkarte der Citibank besitzt, sollte darüber im Jahr mindestens 2400 Dollar abrechnen, sonst ist eine ganz neue Strafgebühr von 60 Dollar fällig. Eine Visa-Karte der US-Bank zieht automatisch 40 Dollar ab, wenn sie zwölf Monate land nicht benutzt wird. Citibank-Sprecher Samuel Wang begründet die Gebühren in einem Interview mit dem amerikanischen Nachrichtensender CNN mit den "steigenden Kosten in der Branche".

Gebührenfalle Hauskredit

Auch anderswo im Kreditsektor lauern Gefahren. In Amerika ist es etwa üblich, ein Haus regelmäßig neu zu beleihen, um schnell und direkt vom steigenden Wert der Immobilie zu profitieren. Viele Hausbesitzer haben eine oder mehrere "lines of credit", und es empfiehlt sich – vor allem mit Blick auf die verheerenden Folgen der jüngsten Immobilienkrise – diese nach und nach abzubezahlen. Doch da macht manche Bank nicht mit: einzelne Finanzhäuser berechnen zwischen 250 und 700 Dollar Gebühr, wenn Hausbesitzer ihre Kredite vor der geplanten Laufzeit abzahlen wollen.

Eine wahre Goldmine für Banken sind die Strafgebühren, die beim Überziehen eines Kontos fällig werden. Wer etwa per Scheck seine Rechnungen bezahlt, was in den USA üblich ist, sollte aufpassen, dass genug Geld auf dem Konto ist. Für jeden Scheck, der den Kontostand ins Negative bringt, verlangt die Bank bis zu 30 Dollar. Dabei werden grundsätzlich hohe Schecks zuerst abgerechnet, um ein Maximum an Gebühren einzusacken.

Bisher konnten sich Konto-Inhaber recht einfach gegen solche Gebühren sichern, in dem sie ihr Scheck-Konto etwa an ein Spar-Konto koppelten. Rutschte das Scheck-Konto ins Minus, lieferte im Notfall das Spar-Konto frisches Geld – doch auch dass soll ab sofort kosten. Zwischen 10 und 20 Dollar wollen die Banken künftig einstreichen, wenn Geld automatisch von einem zum anderen Konto verschoben wird.

Kreative Luft-Buchungen

Genug vom Banken-Horror. Bei den Fluggesellschaften geht man ähnlich dreist vor. An die Extrakosten für jeden aufgegeben Koffer haben sich viele Reisende mittlerweile grummelnd gewöhnt. Grund für manche Airlines, noch einmal aufzuschlagen. Sie verlangen zu den Koffer-Gebühren noch einmal bis zu 10 Dollar, wenn der Kunde nicht vorab online bezahlt hat, sondern erst am Schalter den Geldbeutel zückt.

US Airways hat sich unterdessen einen weiteren Trick einfallen lassen, die Fluggäste abzuzocken: Wer als Stammkunde etwa seine gesammelten Flugmeilen einlösen will – gegen ein Ticket oder zahlreiche andere Extras – der muss alleine für die Transaktion zwischen 25 und 50 Dollar zahlen. American Airlines, United und Continental berechnen zwischen 50 und 500 Dollar, wenn Kunden ihre Meilen für ein Upgrade in die Business-Klasse nutzen wollen.

Ein ähnliches Bonus-System wie die Fluggesellschaften haben bekanntlich die Kreditkarten-Firmen. Und auch sie bemühen sich, nicht allzu großzügig Punkte zu vergeben. So zieht etwa Diner's Club Kunden, die ihre Rechnungen zu spät bezahlen, bereits verdiente Punkte ab. Wer sie wiederhaben möchte, zahlt eine Gebühr zwischen 15 und 29 Dollar.

Kündigen kostet

Wer von den Spielchen mancher Firmen genug hat und seine Geschäftsbeziehung aufkündigen will, wird oft auch dafür zur Kasse gebeten. Führende Online-Broker, darunter Fidelity, Schwab und Wells Trade, berechnen zwischen 50 und 200 Dollar, um ein Broker-Konto zu schließen. Finanzexperte Benjamin Poor urteilt: "Das ist, als bekäme man im Restaurant schlechtes Essen und müsse dann zahlen, um das Lokal verlassen zu dürfen."

Branchenübergreifend macht sich in den USA zurzeit eine neue Unsitte breit. Danach müssen Kunden jetzt dafür zahlen, um am Service-Telefon mit einem echten Angestellten telefonieren zu dürfen. Nachdem die Unternehmen in den letzten Jahren ihren Kundendienst vollautomatisiert und damit gänzlich unerträglich gemacht haben, kassieren sie jetzt extra, wenn Kunden ihre Probleme von Menschen gelöst haben wollen. Der Fernseh-Provider DirecTV berechnet etwa 5 Dollar, wenn Kunden einen Film telefonisch bestellen – zusätzlich zum Film-Preis, versteht sich. Und der Finanzriese HSBC sackt 15 Dollar ein, wenn Kunden ihre Kreditkartenrechnung am Telefon bezahlen.

Die Crux mit sämtlichen Gebühren: Sie sind durchweg legal, zumal sie im Kleingedruckten eines jeden Vertrags erklärt werden. Werden neue Gebühren eingeführt, wird der Kunde auch informiert. Doch auch das geschieht in seitenweise Kleingedrucktem, das in dicken Umschlägen im Briefkasten liegt und für den Kunden realistisch nicht zu verarbeiten ist.

Die neue Verbraucherschutz-Behörde soll sich künftig um solche Praktiken kümmern. Sie dürfte allerhand zu tun haben.

Quelle: ntv.de

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