Kolumnen

Die Busch-Trommel Scheinheilige Brandstifter

Friedhelm Busch

Friedhelm Busch

Man trägt wieder "Empörung": Politiker und Bürger zeigen sich schockiert über die erneute Gier mancher Bankmanager, die eben noch mit dem Geld der Steuerzahler gerettet werden mussten und sich jetzt schon wieder mit horrenden Sondervergütungen die Taschen füllen. Zudem befeuern die Banken die Spekulationen an den Wertpapier- und Rohstoffmärkten, statt der Wirtschaft mit billigen Krediten zu helfen.

Dieses Lamento über die Banker war vorhersehbar. Gleichwohl ist viel Scheinheiligkeit dabei im Spiel. Denn letztlich haben die Regierungen im Schulterschluss mit den Notenbanken selbst die Saat gelegt für die jüngsten Finanzmarktexzesse: Die Staatsmacht bringt Anleihen in Billionenhöhe unters Volk, um die ausufernden öffentlichen Ausgaben zu finanzieren. Gleichzeitig versorgen die Notenbanken die Bankenwelt nahezu zinslos mit Krediten.

Wer so mit dem Geld um sich schmeißt, der darf sich nicht wundern, dass diese Geldflut auch von Spekulanten und den Banken selber genutzt wird. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Wenn einzelne Finanzinstitute schon wieder Milliardenboni ausschütten, dann ist das - ob rechtens oder nicht - unbegreiflich. Dieses Triumphgeschrei aus der angelsächsischen Finanzwelt ist außerdem dumm! Denn natürlich provoziert solches Gockel-Gehabe öffentliche Reaktionen. Großbritannien mit seiner Strafsteuer auf Bonuszahlungen ist vermutlich nur der Anfang. Frankreich will folgen.

Die jüngsten Ermittlungen gegen Führungskräfte der Landesbank Baden-Württemberg fügen sich nahtlos in dieses Zerrbild vom Bankmanager, der leichtfertig, weil nur auf den eigenen Profit bedacht, jedes Verlustrisiko akzeptiert und im Falle des Scheiterns nach staatlicher Hilfe ruft. Aber hat nicht die Führung dieser staatlich kontrollierten Bank 2006 und später mit dem Kauf verbriefter Kredite genau das getan, was deutschen Finanzinstituten noch im September 2006 aus dem Bundesfinanzministerium sogar schriftlich empfohlen worden war - um den Finanzplatz Deutschland "effizienter" zu gestalten?

Zentrale Figur auf sicherem Posten

Damaliger "Ratgeber" und Bankenkontrolleur war Jörg Asmussen, Steinbrücks späterer Staatssekretär. Heute berät dieser Finanzmarktexperte den neuen Bundesfinanzminister. Gleichzeitig erregt sich die Kanzlerin publikumswirksam natürlich auch über Bankerboni und findet die britische Strafsteuer zwar verfassungsrechtlich bedenklich aber – aufgepasst ihr Wähler in Nordrhein-Westfalen! - doch ganz "charmant".

Dass die aktuellen hiesigen Sonderzahlungen, sofern es sie denn überhaupt gibt, weitgehend freiwilligen Beschränkungen unterliegen und vom Ausmaß wenig gemein haben mit den angelsächsischen Absurditäten, spielt offenkundig keine Rolle. Im selben Atemzug mahnt Frau Merkel die deutschen Banken, gefälligst günstige Kredite an die Wirtschaft zu vergeben. Und das, obwohl gerade jetzt die Verlustrisiken steigen, weil die Pleitewelle nun erst so richtig ins Laufen kommt. Und obwohl durch eine derartig generöse, wenn nicht gar leichtfertige Kreditvergabe alle zusätzlichen Sicherheiten in den Bankbilanzen, die man ja nach dem Ausbruch der Finanzkrise bewusst verstärken wollte, ad absurdum geführt würden.

Die Staatsanwälte in ganz Deutschland scharren wahrscheinlich schon mit den Hufen. Aus politischer Sicht ist diese Unlogik sogar nachvollziehbar: Sollte nämlich der keimende Aufschwung aller politischen Gesundbeterei zum Trotz wieder welken, und vieles spricht dafür, empfiehlt es sich, bereits heute die gierigen Spekulanten aus den Führungsetagen der Banken als Schuldige durchs Dorf jagen.

Wer aber zu den wirklichen Brandstiftern zählt, diese Frage geht in dem lauten Geschrei der Empörung unter. Unsere Regierung predigt zwar das Sparen, um ihre künftige Handlungsfähigkeit zu gewährleisten, gleichzeitig aber verteilt sie weiterhin mit vollen Händen das Geld, das sie sich bei den Banken leiht. Wie diese Schulden jemals getilgt werden sollen, interessiert nicht. Noch nicht! In gar nicht so ferner Zukunft könnte auch der deutsche Sozialstaat angesichts seiner Schuldenlast unregierbar werden. Griechenlands Straßen lassen grüßen.

Quelle: ntv.de

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