Wirtschaft

Die Busch-Trommel Dieses schreckliche W-Wort

Griechenland hält Amerikanern und Europäern nur den Spiegel vor.

Griechenland hält Amerikanern und Europäern nur den Spiegel vor.

(Foto: REUTERS)

Ganz Europa und den USA wird das Wasser schneller bis zum Hals stehen als ihnen lieb ist. Irgendwann ist auch bei ihnen die Schuldenparty vorbei und sie müssen umschulden, so wie es jetzt den Griechen bevorsteht. Und das schreckliche Wort Währungsreform wird die Finanzmärkte umtreiben.

Friedhelm Busch

Friedhelm Busch

Im Grunde ist  egal, ob das griechische Parlament  den von den Retterstaaten  geforderten   Sparkurs wirklich akzeptiert oder nur pro forma abnickt, die Finanzhilfen werden weiterhin in das von der Pleite bedrohte Land fließen. Auch mit dem Segen Deutschlands. Erschreckt von den Weltuntergangsszenarien  der Bundeskanzlerin, betäubt vom Lärm der  Paniktrommeln der Massenmedien  wird sich die Mehrheit der Bundestagsabgeordneten  ergeben hinter der Bundesregierung scharen, in der vagen Hoffnung damit Europa und den Euro vor dem Untergang zu bewahren. Ohne nach dem Sinn der Finanzhilfen zu fragen und ohne Rücksicht auf die Bundesbürger, die fassungslos und ohnmächtig mit ansehen müssen, wie die  herrschende Politkaste  dabei ist, ihnen Finanzlasten in unbegrenzter Höhe auf die Schultern zu laden.

Unbestritten besteht die  Gefahr, dass eine  Zahlungsunfähigkeit Griechenlands weitere europäische  Länder mit in den Abgrund reißen  könnte. Und am Ende auch Deutschland selbst.  Insofern ist die Angst der Bundesregierung verständlich. Doch lassen wir uns nicht von der Politik und ihrem inszenierten Medienrummel  ablenken, in Wirklichkeit geht es längst nicht mehr nur um die von der griechischen Politik selbst verschuldete Zahlungsunfähigkeit des Landes und die davon ausgehenden Ansteckungsgefahren. Die meisten westlichen Industrieländer, das gilt gleichermaßen für Europa wie für die USA,  sind doch längst infiziert. Sie leiden an einer Krankheit, die bereits seit Jahrzehnten wie ein Krebsgeschwür  die  Zukunft ihrer Bürger von innen zerfrisst. Es geht um die weltweit explodierende Staatsverschuldung.

Die Illusion vom  Leben auf Pump

Der bevorstehende Zusammenbruch Griechenlands  sollte Warnung genug sein. Ein Leben auf Pump mag über Jahrzehnte  geräuschlos  und zur Zufriedenheit der Bürger  funktionieren, weil die Hoffnung auf ein ausreichendes Wirtschaftswachstum die  Illusion nährt, eines Tages die Schulden wieder abbauen zu können. Aber irgendwann schlägt die Gleichung Wohlstand durch Wachstum in ihr Gegenteil um, schafft Wachstum mehr Nachteile als Vorteile; irgendwann kann der gewohnte Wohlstand nur noch über steigende  Schulden finanziert werden. Bis die Wirtschaftskraft eines Landes schließlich nicht einmal mehr ausreicht, die Zinsen auf das geliehene Geld zu zahlen.

Spätestens dann ist der Staat in der Schuldenfalle gefangen, wie jetzt  Griechenland. Die eh schon geringe  Ertragskraft des Landes reicht nicht mehr aus, seine Schuldenlast zu tragen. Und jeder Politiker, jeder Unternehmer,  jeder, der  jetzt die Bürger in Europa aufruft, den Griechen mit weiteren Krediten zu helfen,  weiß im Grunde, dass dadurch in dem Land nur noch mehr  Schulden aufgetürmt  werden, allein zu dem Zweck, alte Schulden zu bezahlen. Ein milliardenschwerer Unsinn. Besser wäre es, dem Land dabei zu helfen, die eigene Wirtschaft  an die internationale Wettbewerbsfähigkeit  heranzuführen, bei einem gleichzeitigen deutlichen Schuldenschnitt. Nicht nur eine sanfte Verlängerung der Zahlungsfristen bei gleichbleibenden Zinslasten. Richtig: Für die Gläubiger wäre das ein Ende mit Schrecken, aber immerhin ein Ende des Schreckens, den wahrscheinlich die meisten privaten Investoren durch entsprechende Abschreibungen in ihren Bilanzen längst berücksichtigt haben.

Das Damoklesschwert aus Athen

Doch warum sträuben sich die Retterstaaten so vehement gegen diese Einsicht? Vielleicht, weil die meisten Regierungen, auch die Retter selber, von der Droge "Wohlstand auf Pump" abhängig sind und ihnen bald das Schicksal der Griechen blühen könnte. Mit einer Schuldenlast von mehr als 140 Prozent  des eigenen Bruttoinlandsproduktes sind die Griechen zwar Spitzenreiter in Europa, aber soweit sind die Italiener mit einer Gesamtverschuldung von 119 Prozent nicht mehr von ihnen entfernt. Nebenbei: Die aktuellen Staatsschulden der USA liegen derzeit bei 14,3 Billionen US-Dollar und entsprechen damit fast dem jährlichen Wirtschaftsprodukt des Landes. Selbst für Deutschland schrillen die Alarmglocken immer lauter, sie werden nur von dem Getöse im Süden Europas übertönt. Noch! Mit weiter steigender Tendenz bewegt sich  unsere Gesamtverschuldung, also die Verschuldung des Bundes, der Länder, der Kommunen und der Sozialversicherungen in Richtung 85 Prozent. 

Einhalt verspricht zwar ab 2016 die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse beim Bundeshaushalt, doch kennt die Politik vermutlich genügend Notausgänge, diesem Sparzwang zu entkommen. Schon ein Konjunkturabschwung gäbe dem Bundesfinanzminister freie Hand, mehr Schulden zu machen als von der Verfassung grundsätzlich erlaubt. Ebenso bei Naturkatastrophen oder in anderen außergewöhnlichen Notsituationen. Wetten, dass die Politik schon jetzt die Rettungswege in noch mehr Schulden gekennzeichnet hat? Energiewende, Gesundheitspolitik, öffentlich-rechtliche Rentenansprüche, Rettungspakete für Europa und den Euro, für die schon wieder kränkelnde Weltwirtschaft und die deutsche Konjunktur und die maroden Staatsbanken im Besonderen; alles zusammen genommen  bieten diese kommenden Lasten  Gründe genug, die Staatsschulden auch künftig auszudehnen. Logisch, dass kein Finanzminister, egal von welcher Regierung, einen Spielraum für Steuersenkungen sieht. Gegenwärtig nicht und nicht in Zukunft! Damit müssen wir uns abfinden. Basta!

Es ist durchaus vorstellbar, dass wir uns eines fernen Tages, wie heute schon die Griechen in der Schuldenfalle wiederfinden,  unsere Steuerzahlungen nicht einmal mehr ausreichen, die Zinslasten und feste Verpflichtungen zu bezahlen. Spätestens dann  hilft  Europäern wie Amerikaner nur noch eine gemeinsame  Umschuldung, wie sie jetzt den Griechen bevorsteht. Das schreckliche Wort von der Währungsreform könnte schneller als gedacht auf der Tagesordnung der Finanzmärkte erscheinen. Die gegenwärtige Flucht großer Geldvermögen in den Schweizer Franken spricht eine deutliche Sprache.

Quelle: ntv.de

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