Kolumnen

Drohen heftige Kursverluste? Todeskreuz trifft tote Katzen

Die Kurse im Blick: Händler an der Wall Street.

Die Kurse im Blick: Händler an der Wall Street.

(Foto: REUTERS)

Wenn Charttechniker und Fundamental-Analysten einer Meinung sind, sollten Anleger hellhörig werden. Das ist derzeit der Fall. Und was die Börsenprofis in Sachen Wall Street vorhersagen, ist unerfreulich.

Es kommt einem das kalte Grausen, wenn man dieser Tage die Marktberichte und Analysen an der Wall Street liest: Von toten Katzen ist die Rede, von Todeskreuzen… und die gruseligen Ideen kommen ausgerechnet von den sonst so trockenen Statistikern. Umso mehr muss man sich vor ihren Worten fürchten.

Die technische Analyse ist unter Anlegern nicht unumstritten. Es gibt Investoren, die schwören auf die ständige Betrachtung von Charts und deren Interpretation – für andere stehen fundamentale Betrachtungen im Vordergrund. Umso schlimmer, dass an den internationalen Finanzmärkten zur Zeit beide Ansätze in die gleiche Richtung weisen: nämlich auf weitere herbe Kursverluste.

Die Techniker sehen seit Tagen Todeskreuze in allen möglichen Charts. Zunächst für alle Laien: Ein Todeskreuz hat nichts mit dem Leiden Christi zu tun, sondern beschreibt schlicht und einfach, wenn der 50-Tage-Durchschnitt einer Aktie oder eines Index unter den 200-Tage-Durchschnitt fällt. Beim Dow Jones war das am 11. August der Fall, eine Woche später beim S&P 500, dann war die Aktie von Apple dran. Jetzt zieht der Russell 2000 nach – das heißt: Wenn die Kreuzung der beiden Verlaufslinien tatsächlich einen langfristigen Abwärtstrend signalisiert, dann betrifft das nicht nur die großen Werte, sondern amerikanische Aktien quer durch alle Branchen. Das ist umso bedenklicher, warnen Statistiker, dass sich das Todeskreuz mittlerweile auch bei Werten einstellt, deren Umsatz und Gewinn komplett in den USA erwirtschaftet werden, die ihre aktuelle Schwäche also nicht auf die angespannte Lage in China zurückführen können.

Als abergläubisches Phänomen kann man das Todeskreuz übrigens nicht abtun: Als etwa der Russel 2000 die Chart-Formation im vergangenen Jahr zuletzt sah, ging es binnen der nächsten drei Wochen um mehr als 7 Prozent nach unten.

Anleger haben dennoch Chancen

Auch ein anderes Wall-Street-Phänomen zitiert den Tod: In den vergangenen Tagen wurden Anleger Zeugen eines klassischen "dead cat bounce" – so bezeichnet man nach steilen Kursverlusten eine Erholung, die nicht anhält. Die letzten Handelstage im August dürften genau das gezeigt haben. Satte 1000 Punkte machten die Blue Chips zeitweise gut, nur um den September erneut mit steilen Einbrüchen zu beginnen... klarer Fall: für eine wirkliche, nachhaltige Erholung fehlt dem Markt die Kraft. Das sagen auch die Händler auf dem Parkett, die auch über den Tag hinaus die Auftragslage und die Laune ihrer Investoren einschätzen können.

Todeskreuz, tote Katzen... wer das alles für Unsinn hält und lieber auf eine fundamentale Analyse setzt, steht zur Zeit nicht viel besser da. Aus China kommen katastrophale Wirtschaftsdaten, und mit dem größten Handelspartner schwächelt eben die gesamte amerikanische Industrie. Der niedrige Ölpreis hingegen mag einigen Unternehmen und dem Verbraucher helfen, erschüttert aber mit dem Öl-Sektor eine der mächtigsten Branchen des Landes, gefährdet Investitionen und sorgt für Massenentlassungen. Das wiederum schlägt auf den Arbeitsmarkt – wirklich optimistisch kann man dem Ganzen wirklich nicht zusehen.

Für Anleger bieten sich wohlgemerkt trotzdem Chancen. Aktien werden billiger, man findet Schnäppchen... und man sollte laut Experten nicht einmal versuchen, eine Bodenbildung abzuwarten. Fakt ist: Den billigsten Kurs treffen auch Experten nicht. Hingegen haben Untersuchungen immer wieder gezeigt, dass scheue Anleger, die sich vor der Bodenbildung nicht in den Markt trauen, auch lange danach noch auf ihrem Cash sitzen. Zumindest für geduldige Investoren ist also zumindest Licht am Ende des Tunnels.

Quelle: ntv.de

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