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Raimund Brichta Nicht gewusst, aber geahnt

"Hinterher sind alle schlauer", schreibt Annette Eimermacher zur "überraschenden" Absage des Opel-Verkaufs an Magna. Nun, zu denen, die es schon immer gewusst haben, gehöre ich nicht. Aber geahnt habe ich es schon. Am 10. September zum Beispiel, bevor die Opel-Treuhand ihre knappe Entscheidung FÜR Magna traf, saß ich beim Kollegen Christoph Teuner im Studio und äußerte meine Zweifel daran, dass General Motors überhaupt noch an einem Opel-Verkauf interessiert sei.

Raimund Brichta

Raimund Brichta

Mein damaliges Argument war genau das gleiche, das jetzt als ein Grund für die Entscheidung genannt wird: Die Welt ist inzwischen eine andere als zu der Zeit, als über die Verträge verhandelt wurde. General Motors steht nicht mehr mit dem Rücken zur Wand, sondern kriegt im Gegenteil vom amerikanischen Staat den Rücken gestärkt. Die Wirtschaft erholt sich langsam, und außerdem profitieren beide, also GM und Opel, von einer Sonderkonjunktur dank diverser Abwrackprämien. Warum sollte General Motors also Opel jetzt noch loswerden wollen?

Das galt bereits im September genauso wie jetzt. Insofern war die damalige Entscheidung FÜR Magna also die eigentliche Überraschung. Aber im Nachhinein betrachtet, war es ohnehin nur ein weiteres Hinauszögern, ein Spielen auf Zeit. Um die Bundestagswahlen verstreichen zu lassen und vielleicht auch, um zu schauen, wo man das Geld locker machen kann, um Opel selbst weiterzuführen. Damals war man offenbar noch nicht so weit.

Dazu kommt, dass ein definitiver und unwiderruflicher Verkauf ohnehin nicht zum Verhaltensmuster von Amerikanern gepasst hätte. Amerikanische Investoren geben nichts freiwillig für immer aus der Hand, was sie später einmal gerne wieder besitzen würden. Sollte es aber doch einmal passieren, wie es vor über 20 Jahren mit dem Verkauf von Celanese an Hoechst passiert ist, dann wird es eben irgendwann wieder rückgängig gemacht.

Übrigens muss unter diesem Aspekt auch der Kauf der ehemaligen Voicestream durch die Deutsche Telekom kein Kauf auf ewig sein. Blackstone - also jene Heuschrecke, die auch Celanese wieder zurück nach Amerika geholt hat - könnte sich mit ihrer Beteiligung an der Telekom dafür schon in Position gebracht haben. Man hat aber Zeit, muss nichts überstürzen und kann auf eine günstige Gelegenheit warten.

Für Opel heißt das: Mit einem Verkauf hätte sich General Motors nach meiner Einschätzung nur dann abgefunden, wenn die realistische Chance auf einen späteren Rückkauf bestanden hätte. Oder die Bundesregierung hätte vor einem Jahr auf dem Höhepunkt der Krise beherzt zugreifen müssen, als Opel tatsächlich zu haben war. Aber damals fehlte ihr der Schneid dazu - ein Schneid, den die US-Regierung bei der Quasi-Verstaatlichung von General Motors hatte.

Quelle: ntv.de, Raimund Brichta

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