Kolumnen

Inside Wall Street Hindenburg-Omen: Quatsch oder Logik?

Lakehurst bei New York am 6. Mai 1937: Der Rumpf des Luftschiffs LZ 129 "Hindenburg" fängt bei der Landung auf den Luftschiffhafen Feuer. Insgesamt 36 Passagiere und Besatzungsmitglieder kommen bei der Katastrophe ums Leben. Der 100 Tonnen schwere, zu seiner Zeit weltgrößte Zeppelin brennt bis auf das Gerippe aus.

Lakehurst bei New York am 6. Mai 1937: Der Rumpf des Luftschiffs LZ 129 "Hindenburg" fängt bei der Landung auf den Luftschiffhafen Feuer. Insgesamt 36 Passagiere und Besatzungsmitglieder kommen bei der Katastrophe ums Leben. Der 100 Tonnen schwere, zu seiner Zeit weltgrößte Zeppelin brennt bis auf das Gerippe aus.

(Foto: picture alliance / dpa)

Ein ominöses Kurs-Phänomen sorgt an der New Yorker Wall Street für Unruhe: Besorgte Anleger befragen Analysten, was von dem sogenannten Hindenburg-Omen zu halten ist. Droht den Börsen wirklich der nächste große Crash?

Kein Grund zum Fürchten: Bislang liegt die Trefferquote des Hindenburg-Omens unter 50 Prozent.

Kein Grund zum Fürchten: Bislang liegt die Trefferquote des Hindenburg-Omens unter 50 Prozent.

(Foto: REUTERS)

Die Bilder im Internet sprechen für sich: Der Zeppelin "Hindenburg" geht in Flammen auf, der blinde Börsenexperte Jim Miekka trainiert auf einem Schießstand in Maine. Klarer Fall: Es droht Unheil! Zweimal in den letzten zwei Monaten wurde an den US-Börsen das "Hindenburg Omen" ausgelöst, ein sicherer Hinweis auf einen baldigen Crash – oder auch nicht. Denn der Indikator ist höchst umstritten.

Das "Hindenburg Omen" mag einen dramatischen Namen haben – sonst würde es vermutlich auch keinen interessieren. Der Vergleich zu der Luftfahrtkatastrophe von 1937 soll aber laut seinem Schöpfer Jim Miekka durchaus angebracht sein. Schließlich, so erklärt der gelernte Physiklehrer und Herausgeber eines eigenen Börsenbriefs, der das Omen 1995 erstmals beschrieb, könnten einige technische Marktindikatoren auf einen katastrophalen Absturz der Märkte hinweisen, falls sie sich zur gleichen Zeit einstellen.

Wichtigstes Kriterium zur Erkennung des Warnzeichens ist der Blick auf die täglichen Höchst- und Tiefstände bei einzelnen Aktien an der New York Stock Exchange. Das Hindenburg-Omen ist auf die Leitbörse an der Wall Street gemünzt, mit minimalen Anpassungen lässt er sich aber eigentlich auf jeden anderen Finanzmarkt übertragen.

An den Börsen, meint Miekka, ist es üblich, dass eine gewisse Anzahl notierter Aktien an einem gegebenen Tag neue Hochs oder neue Tiefs erreicht. Besorgniserregend sei es jedoch, wenn an einem einzelnen Tag sowohl die Zahl der Hochs als auch die Zahl der Tiefs ungewöhnliche Höhen erreichen. Stets deute dies auf ungewöhnliche Volatilität hin und auf ein strukturelles Problem im Markt.

Ein echtes Omen ist das wohlgemerkt noch nicht. Dazu bedarf es im Falle des Hindenburg-Phänomens noch einiger anderer Hinweise: Dazu gehören ein bärischer McClellan-Oszillator (ein Kursindikator aus der technischen Analyse), ein steigender 10-Tages-Durchschnitt aller Nyse-Papiere und ein recht kompliziert berechnetes Verhältnis zwischen Höchst- und Tiefständen. Alles in allem ist das Hindenburg-Omen eigentlich nur per Computer-Analyse zu erkennen.

Diese läuft allerdings jeden Tag im Stillen mit. Zuletzt schlug der Alarm zweimal an: am 15. April und am vergangenen Freitag, dem 29. Mai. Laut Miekka ist spätestens dann mit Gefahr zu rechnen, wenn das Omen mehrfach auftaucht. Er selbst warte noch auf eine nette Eintages-Rally, um dann Gewinne mitzunehmen, auf Höchststand aus dem Markt zu gehen und möglicherweise den Gesamtmarkt zu shorten. Das zumindest kündigte Miekka unter anderem gegenüber dem US-Finanzsender CNBC an.

Marktmagie oder Marketing?

Dass Miekka sein Hindenburg-Omen so ernst nimmt, liegt nicht nur daran, dass er es selbst entdeckt hat. Miekka sieht sich in seinen Berechnungen bestätigt, weil das Omen bereits zweimal dramatische Einbrüche am Markt angekündigt haben soll: 1997 und 2008.

Experten halten dagegen, dass es sich bei Miekkas Ansammlung technischer Hindenburg-Indikatoren lediglich um ein Sammelsurium negativer Indizien handele, in deren Umfeld es zwar hin und wieder zu einem Crash kommen könnte – aber keineswegs muss. So hätten die Märkte schon oft das gefürchtete Hindenburg-Omen signalisiert, ohne dass es danach irgendwelche nennenswerten Verluste gegeben habe.

Ein Blick auf die Börsendaten seit 1995 – jenem Jahr, in dem das Hindenburg-Omen erstmals beschrieben wurde – zeigt tatsächlich: Drei Viertel aller Warnungen waren glatter Fehlalarm.

Damit bleibt Miekkas "Omen" eine Trefferquote von 25 Prozent – auch nicht schlecht. Ob es notwendig ist, gleich einen Bunker zu suchen und in Deckung zu gehen, bleibt zwar ungewiss. Aber wer seit 2009 mit angesehen hat, wie der Dow Jones ohne eine nennenswerte Korrektur von 6000 Punkten auf mehr als 15000 Punkte kletterte, dem dürfte zumindest eine gesunde Portion Vorsicht nicht schaden.

Dass irgendwann eine massive Kurskorrektur bevorsteht, ist klar: ob sie nun vom "Hindenburg-Omen" vorausgesagt oder von der US-Notenbank eingeleitet wird.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen