Wirtschaft

Sekt oder Selters? Tesla macht Kasse - so oder so

... im Anschluss an die Veranstaltung auch fahren durfte. So jedenfalls die Einladung von ...

An Tesla scheiden sich die Geister: Die einen vergöttern Gründer Elon Musk, stellen ihn auf eine Stufe mit Apple-Ikone Steve Jobs. Die anderen schauen auf die nackten Zahlen des E-Autobauers - und warnen. Wer hat recht?

"Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust. Die eine will sich von der andern trennen …" (Faust I). Keine Angst, die Rede soll hier nicht sein vom Ringen des Doktor Faustus um den richtigen Weg zum Glück, sondern von Tesla und seinem Erfinder Elon Musk. Und davon, was von beiden zu halten ist: von den Elektroautos der Marke Tesla, gegründet 2003 in Palo Alto einerseits und von dessen Erfinder Elon Musk, dem Unternehmer und Daniel Düsentrieb des 21. Jahrhunderts, andererseits.

Tesla Motors (USD)
Tesla Motors (USD) 168,29

Die Bandbreite im Urteil sowohl über Tesla als auch über Musk könnte breiter nicht sein: Für die einen ist Musk der neue Messias der Automobilität. Ein automobiler Heilsbringer mit dem Hang zum Größenwahn, der seit 2008 mit rein elektrisch betriebenen Autos die etablierten Hersteller jäh aus dem Tiefschlaf gerissen hat. Musk will schon 2018 500.000 und bereits 2020 eine Million Elektroautos pro Jahr bauen und verkaufen und damit den etablierten Premium-Platzhirschen Audi, BMW und Daimler den Angstschweiß auf die Stirn treiben.

Helmut Becker schreibt als Autoexperte und Volkswirt für teleboerse.de und n-tv.de eine monatliche Kolumne rund um den Automarkt.

Helmut Becker schreibt als Autoexperte und Volkswirt für teleboerse.de und n-tv.de eine monatliche Kolumne rund um den Automarkt.

Aber damit nicht genug: Laut "Forbes" ist Tesla 2015 das weltweit innovativste Unternehmen. Musk plant neben dem Ausbau der Elektromobilität gleichzeitig als Milliardenprojekt eine Turboschnellbahn, die Reisende mit Überschallgeschwindigkeit von Los Angeles nach San Diego transportieren soll, während in München seit Jahren um den Bau einer zweiten U- und S-Bahn-Stammstrecke gerungen wird. In erfolgreicher Erprobung ist bereits eine wiederverwendbare Weltraumrakete für die Nasa zur Verbilligung der Raumfahrt. Und der letzte Innovations-Coup von Tüftler Musk: der Bau einer Gigafactory für Elektrobatterien in der Wüste Nevada, mit der sich auf einen Schlag die heutige Weltkapazität zum Bau von Batteriezellen verdoppeln wird.

Musk verkauft Träume

Für die anderen ist Musk ein genialer Marketingmann, für Anleger und Aktionäre der neue Finanz-Messias, dem es gelungen ist, den Börsenkurs von Tesla Motors in kurzer Zeit massiv in die Höhe zu treiben. Musk hat die ohnehin risikoverliebten US-Anleger immer wieder mit neuen Visionen dazu angeregt, ihr Geld in alte wie neue Tesla-Aktien zu stecken. Wie schwäbisch und spröde nimmt sich gegenüber einer solchen Einstellung das Bekenntnis von Daimler-Chef Dieter Zetsche aus, "mit Elektroautos nur einmal Geld verdient zu haben, nämlich beim Verkauf von Tesla-Aktien".

Fakt ist, dass Tesla Motors seit seiner Gründung 2003 nie Gewinne geschrieben hat und dass die Verluste mit jeder neuen Modellreihe größer geworden sind. So sind allein im ersten Quartal 2016 Verluste von 250 Millionen Euro angefallen, gegenüber 110 Millionen Euro ein Jahr zuvor.

Verantwortlich für die aktuellen Verluste machte Musk immer wieder unzureichende Auslieferungen aufgrund von Produktionsschwierigkeiten beim Tesla S aufgrund technischer Probleme bei der Produktion - oder wie beim Modell X, Versäumnisse und unzureichende Lieferqualität bei wichtigen Zulieferern. Die Folge: Im ersten Quartal 2016 liefen nur 15.510 Tesla vom Band statt der geplanten 20.000.

Marketing ist nicht alles

Und wieder trommelt Musk bei den Investoren für Teslas Zukunft, denn er will mehr Geld in Personal, Fertigung und Entwicklung investieren. Im Frühjahr 2016 ist der Kapitalbestand des Elektropioniers aus früheren Kapitalerhöhungen auf 1,44 Milliarden Dollar geschrumpft. Musk geht aber davon aus, dass er 2016 2,25 Milliarden Dollar benötigt, um seien Pläne zu realisieren. Was niemand für möglich gehalten hat, Musk setzt es durch:

Am 31. März 2016 präsentiert er seine Pläne für das lange angekündigte und von vielen mit Spannung erwartete erste reine Elektroauto für den Massenmarkt. Zum Basispreis von rund 35.000 Dollar können die Kunden das Model 3 sofort bestellen, auf die Straße kommen wird es aber nicht vor 2017. Der Knüller: Jeder Besteller muss eine Reservierungsgebühr von 1000 Dollar entrichten. Quasi ein zinsloses Darlehen der Kunden an Tesla Motors. Bei rund 400.000 Bestellungen spült das 400 Millionen Dollar in die Kassen. Da Musk mit einem Preis von 42.000 Dollar bei einer durchschnittlichen Ausstattung des Model 3 rechnet, verheißen allein die Vorbestellungen innerhalb weniger Tage einen zukünftigen Umsatz von 17 Milliarden Dollar.

Mit dem Model 3 verspricht Tesla ein cooles, ein sauberes Auto. Der rein batteriebetriebene Viertürer mit nach hinten abfallendem Glas-Coupédach wird unter anderem gegen den i3 von BMW und den kommenden Chevrolet Bolt EV positioniert. Besonders wichtig für viele Kunden dürfte aber die versprochene Mindestreichweite von 346 Kilometern (215 Meilen) sein. Das würde die Konkurrenz in der Tat erschrecken!

Eines aber ist sonnenklar ...

Aber: Experten sind sich sicher: Das Model 3 wird später auf den Markt kommen - und mehr kosten als versprochen. Ob Tesla dann mit diesem Automobil, das die automobile Welt in der Tat verändern würde, auch Gewinne erzielen kann, lässt Musk aber bisher offen. Wichtiger noch: Er verspricht es noch nicht einmal! Im Gegenteil, das Erreichen der Gewinnschwelle wurde den Aktionären bei anderer Gelegenheit auf 2020 vertagt.

Stattdessen nutzt Musk den Hype um die Vorbestellungen des Model 3 geschickt aus: Er kündigt eine riesige Kapitalerhöhung von mindestens 1,4 Milliarden Dollar zum Ausbau der Produktionskapazitäten des Model 3 an. Zudem verkauft er einen Teil seiner Aktien.

Der neuste Coup von Musk: Der Kauf von Soldarcity für 1.5 Milliarden Dollar durch Bezahlung mit eignen Aktien, also mit dem Geld seiner Aktionäre in Form einer Kapitalerhöhung.

Das Urteil über Tesla und seinen Erfinder Musk bleibt zwiespältig. Aber eines ist letzten Endes klar: Musk hat mit dem Einstieg in die Automobilindustrie mithilfe einer völlig neuen Technologie gezeigt, dass man als selbst als Greenhorn einer eher verkrusteten Traditionsbranche mit innovativer Elektrotechnik einen Impuls geben und der Branche neue Zukunfts- und Wachstumschancen eröffnen kann. Musk nimmt dabei die Rolle ein, die Joseph Schumpeter den "schöpferischen Zerstörern" zuschreibt, die Altes einreißen und Neues schaffen und dabei Wachstum und Wohlstand für die Massen erzeugen. Und natürlich auch für sich selbst.

Quelle: ntv.de

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