Kolumnen

Die Busch-Trommel Die griechische Tragödie

Zuerst die harten Zeiten des Sparens, danach hat Griechenland vielleicht wieder eine Zukunft.

Zuerst die harten Zeiten des Sparens, danach hat Griechenland vielleicht wieder eine Zukunft.

(Foto: REUTERS)

Die Milliarden für Griechenland fließen, die Wirtschaft kommt nicht auf die Beine. Die jüngsten Wahlergebnisse zeigen laut n-tv Börsenkommentator Friedhelm Busch überdeutlich: Dieses Land ist nicht regierbar. Athen droht ein langer, steiniger Weg über einschneidende Reformen.

Selbst, wenn die kantigen Parolen aus den Zeiten der Wahlkämpfe danach in der Regel von der Realität rund geschliffen werden, die Wahlergebnisse in Frankreich und Griechenland und die ersten Reaktionen darauf sprechen eine eindeutige Sprache:

Die Mehrheiten in der Eurozone sind gegen das Sparen und für noch mehr Schulden. Der Fiskalpakt siecht dahin, auch wenn es in den nächsten Tagen vereinzelt, vor allem in Deutschland, verzweifelte Wiederbelebungsversuche geben wird: Die vorschnell versprochene Rückkehr der Euroländer zu einer vernünftige Haushaltspolitik in Europa hat sich als Illusion erwiesen. Die von Brüssel vielfach schon als vollzogen gemeldeten Reformvorhaben der Stabilitätssünder entpuppen sich zunehmend als politische Fensterreden, die offenbar nur das Ziel verfolgt haben, einen schnellen Zugang zu den europäischen Hilfsprogrammen und den Milliarden des IWF zu ermöglichen.

Griechenland ohne Zukunft

Eine durchaus erfolgreiche Strategie, wie die jüngsten Milliarden-Zahlungen an Griechenland belegen. Die Milliarden sind geflossen, doch leider ohne die geringste Wirkung, was die Verbesserung der ökonomischen Basis dieses Landes betrifft. Griechenland hat in der jetzigen Verfassung seiner Gesellschaft keine Zukunft, das Land ist unregierbar, egal wie häufig noch in den kommenden Monaten die Griechen an die Wahlurnen gerufen werden.

Friedhelm Busch, Börsenkommentator bei n-tv

Friedhelm Busch, Börsenkommentator bei n-tv

Gleichwohl werden auch hierzulande sozialistische Politiker, Gewerkschaften und ihnen nahestehende Wissenschaftler nicht müde, weitere Milliarden für schnelle Konjunkturhilfen in Griechenland und anderen hochverschuldeten Ländern zu fordern. Jetzt sei nicht die Zeit für rigides Sparen, trommeln sie, jetzt müsse schnelle Hilfe für schnelles Wirtschaftswachstum geleistet werden - notfalls auch durch die Aufnahme neuer Schulden. Auf jeden Fall aber sei das Spardiktat des Fiskalpaktes geradezu kontraproduktiv.

Und selbst die einstigen Sparapostel nicken dazu. Vom EZB-Chef Draghi bis zur deutschen Bundeskanzlerin. Wobei Frau Merkel erstmal ganz allgemein und vorsichtig für mehr Wirtschaftswachstum plädiert. Aber nur neben dem "alternativlosen" Sparen, versteht sich. Von neuen Schulden für schnelle Konjunkturhilfen, womöglich finanziert durch Eurobonds, will sie - noch - nichts wissen. Die Einsicht in diese Notwendigkeiten kommt wohl noch.

Aber nicht aufregen, auch für diesen Fall hat die Politik Tröstliches für die deutschen Steuerbürger parat: Diese Schulden werden doch zurückgezahlt, sobald die Konjunkturspritzen wirken, sobald also das Wirtschaftswachstum es wieder zulässt.

Dieses Argument grenzt, mit Verlaub, an Beleidigung. Als ob jemals irgendwo in Europa das Wachstum so hoch gewesen wäre, dass die verantwortlichen Politiker aufgelaufene Schulden hätten tilgen wollen. Aber neben diesem Geschwätz von späteren Schuldentilgungen, die Befürworter neuer Konjunkturprogramme auf Pump sollten zumindest erst einmal sagen, in welchen Bereichen denn mit Milliardenhilfen von heute auf morgen Wirtschaftswachstum generiert werden kann, um Arbeitsplätze zu schaffen!

Das Gespenst vom "Kaputtsparen"

In Brüssel liegen seit Jahren umfangreiche Hilfsmittel für Griechenland bereit, die nicht abgerufen werden, weil es in der Industrie offenbar keine unmittelbare Verwendungsmöglichkeiten gibt. Wer dennoch jetzt für neue Schulden trommelt und für den Verzicht auf Haushaltskonsolidierung, wer das Gespenst vom "Kaputtsparen" an alle verfügbaren Wände pinselt, wer das Sparen gar als Ursache der Krise diffamiert, der hat nichts begrifffen.

So bedrückend es für die griechische Bevölkerung ist, von jetzt auf gleich auf die einstigen Wahlgeschenke ihrer korrupten Politiker verzichten zu müssen, so sehr die einfache Bevölkerung jetzt unter dem Steuerbetrug der vermögenden Klasse im Lande zu leiden hat, mehrheitlich haben sich die Griechen - wie übrigens auch die Spanier - jahrzehntelang für diese politischen Betrüger entschieden und von ihnen profitiert. Korruption und Steuerhinterziehung war und ist nicht nur ein Hobby der Reichen.

Wer in diesen Ländern nach einem bequemen und schnellen Weg aus der Krise sucht, der wird ihn nicht finden. Und wer ihn jetzt nach den Wahlen verspricht, ist entweder dumm oder ein Scharlatan. Zu dem langen, steinigen Weg über einschneidende Reformen auf dem Arbeitsmarkt, im Bereich der Renten, der Gesundheit, in der staatlichen Verwaltung oder auch im Steuerrecht gibt es keine Alternativen.

Nehmen wir doch Deutschland als Beispiel. Aus dem kranken Mann in Europa haben die Sozialdemokraten unter Schröder mit der Agenda 2010 und die Gewerkschaften mit ihrer vernünftigen Tarifpolitik die erfolgreiche Wirtschaftsmacht geformt, die jetzt von allen anderen EU-Mitgliedern aufgerufen wird, den Karren aus dem Dreck zu ziehen.

Dass nun diese sozialdemokratische Partei wiederum Seit an Seit`mit den Gewerkschaften gerade diese Agenda 2010 auf den Müll kippen möchte, weil sie vorgeblich gegen "die soziale Gerechtigkeit" verstößt, zeigt, dass auch Deutschland nichts aus der Krise in den südeuropäischen Ländern gelernt hat: Mit steigender Staatsverschuldung bleibt zuerst die soziale Gerechtigkeit auf der Strecke. Und wo die Staatsüberschuldung endet, das zeigen die Schreckensbilder aus dem unregierbaren Griechenland, die Einbruchserien in Spanien, beweist der Verfall von Ordnung und Sicherheit in diesen europäischen Regionen. Den Bürgern in den von Schulden gewürgten südeuropäischen Ländern kann die brutale Rosskur eines kalten Entzugs unbezahlbarer Staatshilfen nicht erspart bleiben. Jetzt mit weiteren Milliarden-Schulden die Massen auf den Straßen ruhigzustellen, würde allenfalls einen vorübergehenden Effekt haben, würde letztlich die Ordnung in ganz Europa gefährden, wäre im höchsten Maße verantwortungslos.

Aber so weit wird es vermutlich gar nicht kommen. Denn im Gegensatz zur Politik werden die Finanzmärkte sehr schnell  begreifen, dass die neue Heilslehre "Wachstum vor Sparen" im Grunde nur eines bedeutet: Neue Kredite zu steigenden Zinsen.

Angesichts dieser unausweichlichen Konsequenz besteht also durchaus die Hoffnung, dass Spanien, Italien und bald auch Frankreich und Deutschland davor zurückschrecken, den Griechen auf ihrem Marsch in den Abgrund zu folgen. Vielleicht lernen sie ja doch noch aus der griechischen Tragödie.

Quelle: ntv.de

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