Kolumnen

Die Busch-Trommel Der Tanz auf dem Vulkan

Die Konjunkturkrise kommt nach den Staaten im Süden Europas nun auch Schritt für Schritt im Ländle an. An den Börsen ist jedoch von Abschwung nichts zu spüren, denn hier feiern Anleger munter die Party des billigen Zentralbankgeldes. Das böse Erwachen lässt aber möglicherweise nicht mehr lange auf sich warten.

Friedhelm Busch, Börsenkommentator bei n-tv

Friedhelm Busch, Börsenkommentator bei n-tv

Eigenartig, da bereiten sich die deutschen Unternehmen auf eine deutliche Abkühlung der Konjunktur vor, planen bereits wieder Kurzarbeit oder gar eine Verringerung ihrer Beschäftigten, doch den Dax kümmert das kaum. Sicher, die Kurse geraten bei schlechten Meldungen aus der Wirtschaft hin und wieder unter Druck, doch in der Regel wird der Aufwärtstrend nach kurzen Gewinnmitnahmen sehr schnell fortgesetzt.

Dabei hätten die privaten Anleger Anlass genug, gerade jetzt besonders vorsichtig zu sein: In den USA wird bis zu den Präsidentenwahlen nur leeres Stroh gedroschen, und für die Zeit danach haben weder der amtierende Präsident noch der republikanische Herausforderer ein Rezept, der hohen Arbeitslosigkeit und gleichzeitig der weiterhin wachsenden Staatsverschuldung Herr zu werden. Mit anderen Worten: Die US-Wirtschaft wird ihren internationalen Handelspartnern wohl auch im nächsten Jahr wenig Grund zur Freude bieten.

Und wer in Deutschland noch all seine fünf Sinne beisammen hat, sieht, dass auch die deutsche Wirtschaft seit Wochen nicht nur wegen der angeschlagenen USA in stürmisches Gewässer geraten ist: So ist die Krise im Süden Europas nun auch in den Auftragsbüchern unserer erfolgsverwöhnten Exportwirtschaft angekommen. Das Rekordhoch der Arbeitslosigkeit in der Eurozone und der Einbruch der Binnenkonjunktur in Griechenland, Spanien oder Portugal infizieren jetzt auch relativ gesunde Lände. Dazu kommt bei uns die ohne Not losgetretene Kostenlawine der Energiewende. Jetzt erweist sich, dass diese im vorgesehen Zeitrahmen überhaupt nicht machbar und in der jetzigen Konstruktion unbezahlbar sein wird. Was aber ideologieerprobte Politiker kaum interessiert. Egal, wer uns nach der nächsten Bundestagswahl regieren wird, wir werden uns auf deutliche Steuererhöhungen einstellen müssen, mit welcher vorgeschobenen Begründung auch immer. Und selbst die staatlichen Mehreinnahmen werden nicht verhindern, dass die Bundesbürger den plötzlichen Ersatz der Atomenergie durch die erneuerbare Energie durch höhere Stromrechnungen bezahlen müssen. Letztlich aber werden höhere Steuern und Abgaben dann auch in Deutschland den Binnenkonsum abwürgen.

Blinde Zuversicht

Genug Gründe also, mit wachsender Sorge auf die Börsen zu schauen. Auf dem gegenwärtigen Kursniveau mögen die Aktien der großen deutschen Unternehmen mit Blick auf die vergangenen Gewinne und Dividendenausschüttungen zwar billig erscheinen, aber dieses Argument verliert an Wert, wenn die Gewinne des kommenden Jahres – und damit auch künftige Dividenden - geringer ausfallen werden. Und was machen die Anleger? Sie kümmern sich einfach nicht um diese negativen Aspekte. Im Gegenteil: Je schlechter die fundamentalen Daten aus der Wirtschaft, desto entschiedener setzen die großen Finanzinvestoren auf steigende Kurse. Woher diese blinde Zuversicht? Die Antwort kommt von den Notenbanken. Sie wollen durch ihre Kreditmilliarden zu Mini-Zinsen mit Gewalt die Konjunktur beleben, doch die Unternehmen spielen nicht mit. Sie schlagen dieses wohlfeile Geld aus, weil sie angesichts der verfahrenen weltweiten Lage keinen Mut zu Investitionen haben. Stattdessen nutzen die internationalen Finanzmärkte die Geldgeschenke der Notenbanken für eine einzige weltweite Börsenparty. Solange das Geld vorhanden ist, wird weiter getanzt. Nicht trotz der dümpelnden Wirtschaft, sondern gerade wegen der weltweiten Konjunkturflaute.

So hält Fed-Chef Bernanke, von seiner offensichtlichen Erfolglosigkeit unbeirrt, an seiner Politik des billigen Geldes fest, und die EZB unter der Führung Draghis folgt seinem Beispiel. Erst unlängst hat der italienische EZB-Chef seine Bereitschaft erklärt, auf jeden Fall den Euro zu retten. Die hoch verschuldeten Euro-Länder haben diese Garantieerklärung seitens der EZB natürlich mit Erleichterung zur Kenntnis genommen. Nach ihrer Interpretation hat die EZB damit angedeutet, schon bald die Staatsanleihen überschuldeter Stabilitätssünder wie Griechenland oder Spanien und Italien aufzukaufen, um ihnen künftig eine Verschuldung zu niedrigeren Zinsen zu ermöglichen. Dass diese Länder dadurch weniger Grund sehen könnten, ihre hohen Schulden tatsächlich abzubauen, scheint die EZB nicht zu sorgen, auch nicht, wenn durch noch weiter geöffneten EZB-Schleusen der Sinn der europäischen Stabilitätspolitik vollends auf den Kopf gestellt würde; übrigens für Deutschlands Steuerzahler hätte diese Kehrtwende der EZB die gleichen negativen Konsequenzen wie die Einführung von Euro-Bonds oder die beabsichtigte Einrichtung des umstrittenen Rettungsschirms ESM.

Euro-Crash vertagt

Die Proteste der Bundesregierung und der Opposition aus SPD und Grünen halten sich dennoch in einem überschaubaren Rahmen, passt doch diese Politik des billigen Geldes insgeheim in ihr politisches Kalkül , weiterhin zu extrem niedrigen Zinsen die deutschen Staatsschulden zu erhöhen, um die jeweils eigene Wählerklientel zu bedienen. Auch dies haben die Finanzmärkte längst durchschaut. Sie zählen schon seit Monaten darauf, dass die europäische Politik, vielleicht abgesehen von den Finnen und den Niederländern, mit welchen vorgeschobenen oder belastbaren Argumenten auch immer, weiterhin das Geld ihrer Steuerzahler zur vorgeblichen Rettung und Sanierung Griechenlands, Spaniens oder auch Italiens und Frankreichs verteilt, ein Zusammenbruch der Eurozone folglich auf absehbare Wahlkampf-Zeiten vertagt wird.

Diese Erwartungen stehen hinter den jüngsten Kursgewinnen an den Aktienmärkten. Nicht gerade solide Argumente für einen langfristigen Börsenaufschwung. Denn wer jetzt fröhlich auch weiterhin auf das billige Geld der Notenbanken hofft, tanzt reichlich sorglos am Rande eines brodelnden Vulkans. So könnte schon in wenigen Tage, ohne Rücksicht auf Herrn Draghi und die politischen Machthaber in Europa, das Bundesverfassungsgericht den geplanten ESM-Rettungsfonds als grundgesetzwidrig von den Schienen kippen und damit die übermütigen Anleger in den Vulkan stoßen. Ob sich die Karlsruher Richter zu einem derartigen Kraftakt durchringen können, steht zwar in den Sternen, doch zumindest bis nach ihrem Entscheid ist das Geld der kleinen Anleger in risikofreien Geldmarktanlagen besser aufgehoben.

Quelle: ntv.de

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